Aufruf der Gewerkschaften - Arbeitsgericht untersagt unbefristeten Kita-Streik in Berlin

Fr 27.09.24 | 19:58 Uhr
  134
Archivbild: Erzieherinnen und Erzieher haben sich versammelt unter dem Motto: "Kita-Demo für pädagogische Qualität und Entlastung". (Quelle: dpa/dts)
Video: rbb24 Abendschau | 27.09.2024 | S. Shabhani | Bild: dpa/dts

Am Montag sollte an den städtischen Kitas in Berlin ein unbefristeter Streik starten. Doch der Senat wehrte sich juristisch gegen die Pläne - mit Erfolg. Verdi geht zwar in Berufung, weiß aber schon jetzt: Am Montag wird definitiv nicht gestreikt.

  • Berliner Arbeitsgericht verbietet Kita-Streik - Begründung: Es gelte noch Friedenspflicht
  • Verdi legt beim Landesarbeitsgericht Berufung ein
  • Fest steht aber schon jetzt laut Verdi: Am Montag kann nicht gestreikt werden
  • Senat reagiert erleichtert, betont zugleich Gesprächsbereitschaft

Das Arbeitsgericht hat den unbefristeten Kita-Streik in Berlin ab Montag untersagt. Die Gewerkschaft Verdi muss ihren Aufruf zu Arbeitsniederlegungen zurücknehmen, entschieden die Richter am Freitagnachmittag.

Als Begründung führte das Gericht unter anderem eine noch gültige Friedenspflicht nach der letzten Tarifvereinbarung 2023 an. Damals wurden Zulagen für Erzieherinnen und Erzieher festgeschrieben.

Zudem könne sich das Land Berlin auf die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) berufen: Diese habe bereits beschlossen, Berlin auszuschließen, wenn das Land an der TdL vorbei in Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften einzutreten. Das müsse Berlin nicht riskieren, so das Gericht.

Verdi: Am Montag kann definitiv nicht gestreikt werden

Verdi kündigte umgehend an, vorm Landesarbeitsgericht in Berufung gehen zu wollen. Mit einer Entscheidung wird im Laufe der nächsten Woche gerechnet. "Für uns war das Urteil überraschend", sagte Verdi-Sprecher Kalle Kunkel dem rbb. Am Montag könne nun definitiv nicht gestreikt werden. Man wolle die Gerichtsentscheidung nun analysieren und warte auf die ausführliche schriftliche Begründung, sagte Kunkel. Seine Gewerkschaft werde jetzt ihre Mitglieder über die neue Lage informieren.

Die Bildungsverwaltung erklärte für den Senat, das Gericht habe eine verantwortungsvolle Entscheidung getroffen. "Wir begrüßen diese Entscheidung ausdrücklich, da sie im Sinne der Kinder und Familien in Berlin getroffen wurde", sagte ein Sprecher. Am Freitag seien zudem Gespräche zwischen Verdi und der Bildungsverwaltung wieder aufgenommen worden, teilte ein Behördensprecher mit. Diese seien "konstruktiv" gewesen, hätten aber noch kein Ergebnis gebracht.

Die Gewerkschaft hatte ihre Mitglieder nach einer Urabstimmung zu einem unbefristeten Streik aufgerufen, der am Montag beginnen sollte. Gespräche zwischen dem Senat und Verdi waren am Mittwoch gescheitert, beide Seiten machten sich gegenseitig dafür verantwortlich. Folglich erneuerte Verdi am Donnerstag den Streikaufruf. Die Gewerkschaften Verdi und die GEW fordern einen Entlastungstarifvertrag. Darin sollen unter anderem ein Mindestpersonalschlüssel und ein Freizeit- oder Geldausgleich bei hohen Belastungen festgeschrieben werden.

Finanzsenator: Gute Nachrichten für tausende Familien

Finanzsenator Stefan Evers (CDU) teilte mit: "Das sind gute Nachrichten für tausende Familien in Berlin. Ich wiederhole aber gerne: Die Türen für konstruktive Gespräche über realistische Wege zur Entlastung von Kita-Beschäftigten stehen weiter offen." Evers hatte beim Arbeitsgericht Berlin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht. Denn der Streikaufruf beeinträchtige Kinder und Eltern in unverhältnismäßiger Weise, hatte er begründet.

Kritik an diesem Schritt übte Verdi: Mit diesem Schritt setze der Senat seine Strategie fort, eine "Kita-Krise" zu leugnen und zugleich engagierte Beschäftigte und ihre Gewerkschaft zu attackieren, erklärte die Verdi-Landesbezirksleiterin Andrea Kühnemann. "Die Probleme in den Kita-Eigenbetrieben werden nicht vor Gericht oder mit markigen Worten im Parlament gelöst", sagte sie weiter. Bei der Gewerkschaft Verdi sei man gesprächs- und verhandlungsbereit. Einer Gerichtsentscheidung sehe man gelassen entgegen.

Am Mittwoch hatten sich Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) und Vertreter von Verdi getroffen. Dabei gab es keine Einigung über den Umfang einer Notbetreuung während des Streiks. Wie Günther-Wünsch am Donnerstag in der rbb24 Abendschau sagte, habe Verdi bei dem Treffen keine inhaltlichen Vorschläge gemacht und ohne Begründung das Treffen abgebrochen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.09.2024, 16 Uhr

Die Kommentarfunktion wurde am 28.09.2024 um 08:40 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema
beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

134 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 134.

    Besten danke für eine Stimme aus der Realität. Steuergeld ist eben auch für die kleinsten da und nicht nur für sinnlose Projekte, zur Rettung kriselnder Unternehmen die sich verzockt haben oder für diejenigen, die sowieso schon mehr als genug haben. Wenn Deutschland weiter so mit Kindern und Familien (besonders Frauen) umgeht, wird die Geburtenrate bestimmt steigen. Backt euch eure Fachkräfte für Schlüsselbranchen dann gern selbst.

    Ich fordere umgehend bessere Bedingungen für mein Kind!

  2. 133.

    Ich möchte Ihrer realistischen Betrachtung beipflichten. Und finde, die Gerichtsentscheidung richtig. Betroffene Eltern, die berufstätig sind, wüssten weder weder ein noch aus, wenn das Gericht den Streik nicht untersagt hätte.

  3. 132.

    Ne, es geht um eine Verteilungsfrage - schlicht und einfach. Dass der CDU die Kinder in den Kitas reichlich wenig Wert sind, erleben wir betroffenen Eltern ja nun eineindeutig.

    Wofür Geld in Berlin großzügig ausgegeben wird und wofür nicht, können wir gern mal ausarbeiten. Schwarzbuch Steuerverschwendung ist nett dafür, oder Schwebebahnträume, Olympialust, Ausbau100... Flughafendesaster, wirtschaftliche Goodies hier und dort... Aber natürlich für Kitas ist einfach gar kein Geld da. Schulen sind übrigens auch nicht sooo wichtig. Traurig. Man kann sich den Nährboden einer Wissensgesellschaft auch selbst entziehen oder ist das etwas eine Art Selektion? Kinder von Ottonormalverdienern brauchen nicht so viel Bildung und Betreuung? Man muss den Kakao nicht auch noch trinken, durch den man gezogen wird! #demokratie

  4. 131.

    Für ausgefallene Leistungen müsste der Senat den Eltern Schadensersatz zahlen müssen. Leidtragende(r) des Streiks ist ja im Moment nicht die Stadt, sondern die Familien sind es. Bei einem Schadensersatzanspruch würde sich das umkehren. Auch ein kostenloser Kita-Platz hat ja einen Wert. Sicher wäre dann schon bei den Verhandlungen eine Lösung gefunden, ganz ohne teuren Streik.

  5. 130.

    Wie kommst du darauf, dass es im Hort nur um Betreuung geht? Im Hort gibt es auch einen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Leider kann der nicht immer umgesetzt werden. Wir haben 468 Hortkinder und 20 Erzieher. Davon fehlen meist 1 bis 2, wegen Frühdienst und Krankheit. Jetzt wird es wird kalt und nass. Die Kinder kommen in Sommersachen und sind dann krank. Aber sie werden uns immer untergejubelt. Und schon sind die Erzieher krank. Und schon fallen unsere Angebote und Themenraumöffnungen weg. Somit auch unser Bildungsauftrag. Vielleicht vorher mal überlegen.

  6. 129.

    Ganz so einfach ist es nicht.
    Der AG muss einen Grund für die Überprüfung haben… also z.B. jemand wurde gekündigt und am nächsten Tag ist er krank mit Krankschreibung bis zum Kündigungsdatum.
    Beauftrag der AG den MDK… sagt dieser dem AN komm mal bitte am (Termin) vorbei.
    Sie merken schon … das dauert ein Weilchen.
    Melden sich z.B. alle am Montag, Dienstag, Mittwoch krank (3 Tage) braucht es nicht einmal eine Krankschreibung (in der Regel) … und wie will man da im Nachhinein etwas feststellen ?

  7. 128.

    Alles klar. Dann kümmern Sie sich im Alter aber bitte um sich selbst bzw. ihre eigenen Kinder müssen sich rund um die Uhr um Sie kümmern, sofern sie welche haben. Ansonsten leider Pech gehabt.
    Der Staat hat sich um die Betreuung unseres aller Nachwuchses (und eigentlich auch seiner Alten, die erwirtschaftet haben) zu kümmern. Dafür gibt es bereits nicht unerhebliche Steuern (auch von Eltern zu zahlen), man muss mit dem durchaus vorhandenen Berg Geld halt die richtigen Prioritäten setzen und nicht das x-ten Sondervermögen auf die Beine stellen.

  8. 127.

    Der Senat kann sich kein Personal backen, der Job ist für viele Menschen einfach zu anstrengend und es gibt zahlreiche Möglichkeiten wie man sein Geld leichter verdienen kann. Als Follower bekommt man reichlich Geld, vorausgesetzt man versteht das Geschäft. Man kann aber auch in einer Verwaltung untertauchen, auch dort muss man sich nicht abrackern, hat keine kranken und weinenden Kinder um sich und kann jederzeit sein Päuschen machen. Den einen oder anderen Weg erledigt man auch nebenbei.

  9. 126.

    Unattraktiv an dem Beruf sind in erster Linie die Bedingungen. Es wird verlangt Kindern auf vielen Ebenen Wissen zu vermitteln. Kitas sind am Ende Bikdungseinrichtungen. Wenn man nun in einer Gruppe sitzt - 2 Erzieher, 25 Kinder, davon vielleicht noch 1 mit I-Status und 4 die auffällig sind, man dort aber durch den Schlüssel der einem vorgibt dass das schon so passt nicht richtig arbeiten und fördern kann, so viel es gewollt und gewünscht ist, ist das extrem frustrierend. Die meisten Erzieher wechseln den Job nicht wegen der Bezahlung sondern genau deswegen.
    Abgesehen davon gibt es keine Ferien sondern Urlaub, wie in jedem anderen Beruf auch und leider sehr wohl sehr belastende körperliche Arbeit.
    Die Kinder leiden mit und ohne Streik, aber auf Dauer sicherlich ohne noch mehr.

  10. 125.

    Arbeiten Sie in einem Hort? Meine Kollegen und ich begleiten fast täglich den Unterricht und versuchen das aufzufangen was die Lehrer nicht abdecken können. Am Nachmittag versuchen wir unserem Bildungsauftrag gerecht zu werden und eben nicht " nur" zu betreuen. In einem Hort wird gefördert, begleitet, unterstützt, angeleitet und auf das zukünftige Leben vorbereitet. Wenn Sie im Hort "nur" betreuen, machen Sie Ihren Job nicht richtig.

  11. 124.

    Und wo soll das zusätzliche Personal herkommen? Denn das wird in großem Maße gebracht.

    Der Senat kann kein Personal backen. Genau das vergessen die Gewerkschaften.

    Letztlich ist die Abschaffung der kostenlosen Kita-Betreuung sofort fällig.

  12. 123.

    Ne, es geht um eine Verteilungsfrage - schlicht und einfach. Dass der CDU die Kinder in den Kitas reichlich wenig Wert sind, erleben wir betroffenen Eltern ja nun eineindeutig.

    Wofür Geld in Berlin großzügig ausgegeben wird und wofür nicht, können wir gern mal ausarbeiten. Schwarzbuch Steuerverschwendung ist nett dafür, oder Schwebebahnträume, Olympialust, Ausbau100... Flughafendesaster, wirtschaftliche Goodies hier und dort... Aber natürlich für Kitas ist einfach gar kein Geld da. Schulen sind übrigens auch nicht sooo wichtig. Traurig. Man kann sich den Nährboden einer Wissensgesellschaft auch selbst entziehen oder ist das etwas eine Art Selektion? Kinder von Ottonormalverdienern brauchen nicht so viel Bildung und Betreuung? Man muss den Kakao nicht auch noch trinken, durch den man gezogen wird! #demokratie

  13. 122.

    Ihr Ernst? Es gibt einige Einrichtungen - einfach mal schlau machen - die Überkapazitäten haben. zB unsere mit 127% mehr Personal als lt Personalschlüssel finanziert u. trotzdem wird die Betreuung immer wieder reduziert. Der Träger will die Überhänge bald abbauen, d.h. dann wird es noch regelmäßiger Gruppenschließungen oder verkürzte Öffnungszeiten geben. Akut bessere Personalschlüssel würden also akut helfen und wären gedeckt. Gleichzeitig könnte es ja möglicherweise sein, dass diverse Fachkräfte in Teilzeit - hohe Quote, einfach schlau machen - bei besseren (weniger auslaugenden) Bedingungen auch wieder Vollzeit arbeiten. Abgewandertes Personal, auch hier gibt es Analysen, könnte wiedergewonnen werden, wenn der Job attraktiver wird... Am Ende geht es hier eben nicht um Lohn, die Fachkräfte streiken für bessere Rahmenbedingungen für unsere Kinder! Frau Freistühler hatte im AGH übrigens stolz von hunderten Bewerbungen in wenigen Wochen gesprochen.. Ausbildungsoffensive wäre doch was..

  14. 121.

    Kennen Sie vielleicht nicht, dass ist Betroffenheit! Mein Kind geht in eine Eigenbetriebskita und was ich dort seit einigen Jahren als vollzeitarbeitende Mama erlebe, hat mit Bildung kaum was und mit Aufbewahrung sehr viel zu tun. Nicht weil die vorhandenen Fachkräfte nicht wollen würden - schlicht weil sie immer wieder viel zu wenige sind. Im Gegensatz zu ihnen habe ich auch schon mehrfach ausgeholfen in der Gruppe, weil im November/Dezember nur noch eine Fachkraft da war ( bei zwei Statuskids!)... Also bitte, welche Erfahrungen haben sie vorzuweisen, um sich hier so aus dem Fenster zu lehnen?

  15. 120.

    Sie sollten einen Gang herunter schalten. Es stellt sich doch für jeden neutralen Beobachter die Frage, warum in Berlin die Probleme so groß sind und Verdi weit über die Bemessung der anderen Bundesländer hier seine Vorstellungen zu Lasten der Eltern mit den Mitteln des Arbeitskampfes durchsetzen will.

  16. 119.

    Ich arbeite seit 46 Jahren in diesem Beruf und mir reicht es langsam,Steuergeld Bezahlung hin oder her.Ich stehe jeden Tag mit einem Bein im Knast oder vor dem Rauswurf.Ihr habt doch alle keine Ahnung, was dieser Beruf mit sich bringt.Also seid einfach nur still.

  17. 118.

    Kann mich jemand aufklären: mit der Hauptstadtzulage zum TV-L konnte Berlin auch auf Kriegsfuß mit der Tarifgemeinschaft der Länder gehen und haben sogar den Rausschmiss riskiert? Aber wenn es um Entlastung der Erzieher:innen geht, geht das nicht? Für mich hört sich das an nach, man will nur nicht?

  18. 117.

    Dem stimme ich voll und ganz zu, aber außerdem müssen endlich Mittel freigegeben werden die sinnfreier Weise in der ganzen Welt verteilt werden und lieber hier in Deutschland investiert werden sollten.

  19. 116.

    Das Ganze ist noch lange nicht zu Ende. Da kommt noch was. Ist schon erstaunlich wie so ein Gericht urteilt. Neutral????

  20. 115.

    Endlich eine vernünftige Entscheidung vom Gericht

Nächster Artikel