Kommentar - Die bittere Entwicklung der Berliner Linken

Do 24.10.24 | 17:02 Uhr | Von Jan Menzel
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Archivbild: Katina Schubert, scheidende Berliner Landesvorsitzende von Die Linke, und Klaus Lederer, ehemaliger Berliner Senator für Kultur und Europa und Mitglied des Berliner Abgeordetenhauses, nehmen am Landesparteitag von Die Linke Berlin teil. (Quelle: dpa/Soeder)
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Audio: rbb24 Inforadio | 24.10.2024 | Jan Menzel | Bild: dpa/Soeder

Fünf prominente Mitglieder haben in dieser Woche die Berliner Linke verlassen. Der Exodus trifft nicht nur eine Linke, die sich gegen den Abwärtsstrudel stemmt. Der Zerfallsprozess der Linken hat auch Auswirkungen auf die Machtverhältnisse in Berlin. Ein Kommentar von Jan Menzel

Wir sehen das Pulverisieren und die Selbstzerfleischung einer Partei. Und das ist dramatisch, denn die Linke in Berlin ist kein x-beliebiges Polit-Konglomerat. Sie war im besten Sinne staatstragend.

Als vor über 20 Jahren erstmals ein rot-rotes Bündnis unter Klaus Wowereit die Stadt regierte, strafte das nicht nur alle Rote-Socken-Kampagnen Lügen. Senatoren wie Harald Wolf stellten unter Beweis, dass Linke - damals noch als PDS - sehr wohl regieren und mit Geld umgehen können. Rot-Rot symbolisierte das Zusammenwachsen der noch gar nicht so lange wiedervereinigten Stadt.

Vom Kurs abgekommen

Die Partei zeigte beachtliche Integrationskraft, fusionierte mit der WASG, bot ehemaligen Piraten eine neue Heimat, war offen für Initiativen aus der Stadtgesellschaft. Konsequent setzte sich die Linke in Berlin für Interessen der Mieter ein. Als einzige der im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien unterstützte sie 2021 den Volksentscheid "Deutsche Wohnen und Co enteignen" ohne Wenn und Aber – und lag damit ganz auf der Linie der Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner.

Das Erfolgsrezept dieser linken Politik: Bei allen radikalen Forderungen immer auch das Machbare im Blick behalten. Pragmatisch agieren, regieren wollen und natürlich: kompromissfähig sein. Von diesem Kurs ist die Linke zuletzt immer mehr abgekommen, auch innerparteilich. Auch dafür steht der Abgang der fünf Schwergewichte.

Nun kann man trefflich darüber streiten, ob der Austritt ein Hilferuf, das Eingeständnis des Scheiterns, Ausdruck von Resignation, bockiges Hinwerfen oder gar Verrat ist. Der Schritt trifft eine Partei, der noch immer die Abspaltung der Wagenknecht-Leute in den Knochen steckt. Und die Austritte stärken unweigerlich die Kräfte in der Linkspartei, die lieber protestieren als regieren wollen.

Weitere Austritte könnten folgen

So wie es aussieht, ist diese Zerfaserung der Linken noch nicht zu Ende: Dem Abgang von Lederer und Co werden sehr wahrscheinlich weitere Austritte folgen, die die Linke empfindlich in ihrer Breite treffen werden. Völlig unklar ist auch, ob die ehemaligen Parteimitglieder weiter in der Fraktion im Abgeordnetenhaus bleiben oder es auch hier zur Spaltung kommt.

Eine Linke aber, die nicht mehr regieren kann oder will, hat Auswirkungen auf das gesamte politische Gefüge in der Stadt. Mehrheiten – wie noch vor anderthalb Jahren mit Rot-Grün-Rot - werden immer unwahrscheinlicher, wenn sich die Partei knallhart auf Oppositionsarbeit im Parlament oder außerhalb verlegt. Vor dem Hintergrund der Geschichte der Linken in Berlin ist die Pulverisierung der Partei eine bittere Entwicklung.

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.10.2024, 16:10

Beitrag von Jan Menzel

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51 Kommentare

  1. 51.

    Sehr schön ironisch geschrieben. Man könnte fast meinen der Autor meint es ernst.

  2. 50.

    Nein, ich bin kein Fan der Linken, aber dennoch ist sie wichtig in der Parteienlandschaft. Wer, wenn nicht die Linken, soll dem furchtbaren Rechtsruck in immer Gesellschaften Paroli bieten?

  3. 49.

    Mit der Biologie ist das so eine Sache. Wenn man sich z.B. die Vita der Frau Pau ansieht, ist eine frühere Mitgliedschaft in der SED und der FDJ nicht zu leugnen. Über die PDS ist auch der Bezug zu "Die Linke" herzustellen. Über ihr politisches Wirken vermag ich nichts zu sagen, jedoch ist wahrlich nicht jeder Kritiker gleich in die rechte Schmuddelecke einzuordnen. Es sind halt nur reine Fakten.

  4. 48.

    Der Kommentator klingt wie ein abgewiesener Liebhaber. Gut, dass »Die Linke« bald in der Versenkung verschwindet und zwar hoffentlich für immer.

  5. 47.

    Wie lange und wie oft wird eigentlich noch über diese unbedeutende Truppe berichtet ? Die "Linke" ist sowas von überflüssig und zerlegt sich in Einzelteile .

  6. 46.

    1. Wieso nur der Berliner Linken? Die Entwicklung für die Linken ist bundesweit „bitter“. Ebenso die der Sozen und Grünen. Niemand braucht deren Politik.
    2. Die Entwicklung ist auch nicht „bitter“, sondern folgerichtig. Siehe Punkt 1, Satz 2.

  7. 44.

    Was ist denn hier los? Was hat das noch mit dem Thema zu tun? Das ist eine mediale Hinrichtung.

  8. 43.

    Das kommt davon, wenn sich Grüne und LInke in den unter-5%-Abgrund stürzen, anstatt zum Bündnis gegen Rechts (BGR) zu fusionieren - selber schuld.

  9. 42.

    Die Linke hat ihre klassische Wählerschaft zugunsten von Randgruppen sträflich vernachlässigt. Nun sollte sie sich nicht wundern, dass diese jetzt BSW wählt.

  10. 40.

    Ich bin der wirkliche Chronos. Mein Name wird hier für linke Propaganda mißbraucht!

  11. 38.

    "Ihre Rechtschreibung verrät sie obendrein."

    Auch schon 100 Mal gehört.

  12. 37.

    Benutzen Sie doch einfach die Antworten-Funktion. Sollten Sie doch kennen. So wie Sie Steffen kennen. Sieht doch keiner mehr durch bei Ihnen. Ordnen Sie Ihre Gedanken.

    Aber selbst dann interessiert es keinen ...

  13. 36.

    Und dazu benutzen sie dann meinen Nick? Wer Die Linke mit der SED gleichsetzt der ist ein Geschichtsrevisionist.

    Ihre Rechtschreibung verrät sie obendrein.

  14. 35.

    Ach wissen sie, wer hier minütlich seinen Nick ändert, den kann ich eh nicht ernst nehmen. Also ist es völlig unerheblich unter welchen Namen sie etwas absondern.

  15. 34.

    "Wenn sie mich schon kopieren wollen müssen sie ihren rechtsextremen Inhalt und rechtsextreme Propagandalügen wie "Stasi- und Mauerschützenpartei SED." besser kaschieren."
    Muss ich nicht, denn, was Sie als "rechtsextremen Inhalt und rechtsextreme Propagandalügen" denuzieren, ist die Verblendung eines Geschichtsresivisonisten eigen.

  16. 33.

    Na wieder mal unterwegs? Immer die gleichen Phrasen. Immer die gleichen haltlosen Vorwürfe. Immer die gleichen "Argumente". Sie hyperventilieren aktuell ohne es zu merken. Keiner nimmt Sie mehr ernst.

    Alle anderen haben Pseudonyme ist der lustigste Teil von allen. Bemitleidenswert, wenn man so die Entwicklung verfolgt.

  17. 32.

    Sie haben heute gar nicht aufmerksam die Tagesschau geschaut. Das sieht man an den Kommentarzeiten. Woher wissen Sie dann, was Sie denken sollen?

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