Klare Niederlage gegen Bochum - Tief im Westend, wo die Hoffnung verstaubt

So 22.01.23 | 09:44 Uhr | Von Marc Schwitzky
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Enttäuschte Gesichter bei den Spielern von Hertha BSC Berlin nach der Niederlage gegen den VfL Bochum. (Quelle: imago images)
Audio: rbb24 Inforadio | 22.01.2023 | Astrid Kretschmer | Bild: imago images

Mit großer Hoffnung ist Hertha BSC aus der Wintervorbereitung zurückgekehrt. Die hochverdiente 1:3-Niederlage bei Tabellenkonkurrent Bochum fühlt sich für die Berliner daher wie eine kalte Dusche an. Die Baustellen sind eklatant. Von Marc Schwitzky

Spätestens nach 22 gespielten Minuten werden Hertha-Fans sich die WM-Pause zurückgewünscht haben. Exakt 70 Tage hatten sie Zeit, sich von einem abermals belastenden, von Nervenkitzel geprägten Fußballjahr ihrer "alten Dame" zu erholen. Immerhin sollte die Wintervorbereitung Hoffnung machen. Die Mannschaft schien noch enger zusammenzuwachsen und den Fußball von Trainer Sandro Schwarz weiter aufzusaugen. Die Arbeit in Florida sollte die Basis dafür sein, in der Bundesliga nach all den liegengelassenen Chancen endlich Ergebnisse und damit Punkte einzufahren. Es fehlen ja vermeintlich nur ein paar Prozent, um das Ruder herumzureißen.

Doch die bereits angesprochenen 22 Minuten in Bochum reichten bereits aus, all diese wohlig-warmen Hoffnungsschimmer von einer weitaus trüberen Realität pulverisieren zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt der Partie gegen den VfL Bochum hatte Hertha einen eigenen Führungstreffer vermutlich zu Unrecht aberkannt bekommen und selbst das 0:1 durch ein kollektiv schwaches Abwehrverhalten kassiert. Spätestens dann waren alle Träumereien von einer sorgenfreieren Restsaison wie durch ein Fingerschnipsen beendet.

Einzig auf den Videobeweis einzuhauen, wäre zu einfach

Es hätte doch aber alles so schön beginnen können. Mit dem ersten gut ausgespielten Angriff gingen die Berliner beim VfL Bochum in Führung. In der 10. Spielminute kombinierte sich Hertha in den gegnerischen Strafraum. Eine sehenswerte Hackenvorlage Marco Richters fand Lucas Tousart, der den Ball von der rechten Strafraumkante unhaltbar in das Gehäuse unterbrachte. Die Freude über das vermeintliche 1:0 hielt jedoch nicht lange, denn der Treffer wurde durch den Videobeweis zurückgenommen. Der Ball soll vor dem Tor bereits vollumfänglich im Toraus gewesen sein. Allerdings passierte eben jene Szene deutlich vor Tousarts Schuss, eigentlich hatte sich bereits eine neue Spielsituation ergeben, sodass der VAR nicht mehr hätte eingreifen dürfen.

Nun gibt es dazu jedoch unterschiedliche Meinungen und es ist ohnehin müßig, lange darüber zu diskutieren – auch wenn Hertha in der laufenden Saison nicht das erste Mal vom Videobeweis benachteiligt worden wäre. Es ist müßig, da es für die Folgeminuten keine Rolle spielte. Nach dem zurückgenommenen Treffer zeigte Hertha nämlich eine beinahe schon erschreckend schwache Leistung.

In der 22. Minute kassierten die Blau-Weißen den 0:1-Rückstand. Nach einem eigenen Angriff musste Hertha einen Bochumer Konter verteidigen, jedoch funktionierte in der Abstimmung der Rückwärtsbewegung rein gar nichts, sodass defensiv gänzlich der Zugriff fehlte und Bochum sich beinahe ungestört in Flankenposition kombinieren konnte. Torschütze Philipp Hofmann hatte dann leichtes Spiel. Ein kollektives Abwehrversagen.

Herthas Baustellen werden einmal mehr ersichtlich

Danach zog sich Bochum etwas zurück und überließ Hertha die Spielgestaltung – und genau das war das Problem. Sobald Hertha in die Situation kommt, das Spiel aufziehen zu müssen, wird es äußerst zäh – so auch gegen den VfL. Durch fehlende Kreativität, Laufwege und vor allem unnötige technische Unsauberkeiten bei Pässen und Ballannahmen machten sich die Hauptstädter das Leben selbst schwer.

Das disziplinierte tiefe Stehen Bochums reichte bereits, um Herthas Offensive den Zahn zu ziehen. Da es auch an individuellen Momenten fehlte, wurde eine weitere Baustelle offensichtlich: Die Abhängigkeit von Dodi Lukebakio. Der Belgier ist mit neun Torbeteiligungen mannschaftsintern der absolute Topscorer, in Bochum fehlte er jedoch gelbgesperrt. Ohne seinen Spielwitz und sein Tempo kann Hertha kaum Gefahr entwickeln. Ein alarmierendes Problem.

In der 44. Minute zeigte sich ein weiteres Defizit: das Verteidigen von Standardsituationen. Vor dem Spiel am Samstag hatte Hertha ganze acht seiner insgesamt 22 Gegentreffer nach Eckbällen oder Freistößen kassiert. Auch gegen Bochum sollte ein Gegentreffer nach ruhendem Ball fallen: Bochums Keven Schlotterbeck wurde nach einer Ecke unerklärlich frei gelassen, sodass er am zweiten Pfosten keinerlei Schwierigkeiten hatte, den Ball zum 0:2 einzunicken.

Und so wäre es eben zu einfach, sich aus Hertha-Sicht auf das aberkannte 1:0 zu versteifen, denn sowohl offensiv als auch defensiv war es viel zu wenig, als dass der Schiedsrichter das Hautproblem gewesen wäre. "Das war nicht gut genug von uns – die Gegentreffer nach einer Flanke und einer Ecke", fand auch Torhüter Oliver Christensen.

"Wir bekommen ein richtiges Kacktor"

"Wir haben nach der Pause gut angefangen, bekommen aber ein richtiges Kacktor", fügte Christensen noch an. Tatsächlich war zu Beginn der zweiten Halbzeit eine leichte Verbesserung bei Hertha zu sehen, mit etwas mehr Druck in den eigenen Aktionen wurde Bochum in seine Hälfte gedrängt. Doch die Bemühungen halfen nicht, denn in der 56. Minute wurden die Gäste erneut ausgekontert und erneut war es Hofmann, der – dieses Mal zum 0:3 – verwandelte. Nun kam zum allem Überfluss sogar Slapstick hinzu, da Maximilian Mittelstädt Hofmanns vermutlich eher ungefährlichen Schuss unglücklich so abfälschte, dass der Ball über Christensen hinweg ins Tor fiel.

Mit jenem Tor war die Partie gelaufen, Herthas letztes Zucken in einer ansonsten unspektakulären Endphase sorgte in Person von Joker Suat Serdar zumindest noch für das 1:3. Ergebniskosmetik, nicht mehr. Der Start in die Restsaison fiel mit der deutlichen Niederlage gegen einen VfL Bochum, der vor dem Spieltag noch hinter Hertha stand, mehr als ernüchternd aus. Hertha ist auf dem harten Boden der Realität angekommen.

Ein Spielverlauf, der an schlimme Zeiten erinnert

Pech im Spielverlauf, ein durch defensive Mängel kassierter Rückstand, dem bemüht aber hilflos hinterhergehechelt wird, eklatante Defizite im Angriffsspiel und dem Verteidigen einfachster Situationen – Hertha spielte in Bochum die Missstände der vergangenen, so düsteren Saisons noch einmal im Schnelldurchlauf ab und vermittelte dabei einen üblen Gesamteindruck.

Die Chance, gegen einen direkten Konkurrenten zu punkten, wurde kläglich vertan – stattdessen sind neue Zweifel aufgekommen. Das 1:3 in Bochum, es ist die kalte Dusche, die klarmacht, welch beschwerlichen Weg Hertha wohl über die volle Distanz der noch ausstehenden Saison zu gehen hat. Nun stehen Partien gegen den VfL Wolfsburg, der den SC Freiburg am Samstag mit 6:0 zerlegt hat und gegen Stadtrivale Union Berlin an. Es wird hier ein deutlich anderes Gesicht brauchen, um das Bochum-Spiel als schmerzhaften Ausrutscher verbuchen zu können – denn sonst beginnen Unruhe und Diskussionen, die in Florida so weit weg schienen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 21.01.2023, 21:00 Uhr

Beitrag von Marc Schwitzky

42 Kommentare

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  1. 42.

    Diese "Retro-Diskussion" führt doch zu nichts, Stefan. Denn "Ostberlin" war nun mal faktisch der administrative Sitz der DDR Regierung. Das haben die westlichen Mächte, wenn vlt. auch anfangs zähnekrischend akzeptiert. Und dass Westberlin als szn. Enklave einen besonderen Sonderstatus inne hatte, ist auch klar.

    Um das mal abschließen bekunde ich hier meine große Freude über die `89er Wende, die uns wieder zusammengebracht hat. Und dass der FCU und Hertha für jeweils "Ost" und "West" (mit 'Aufweichungen') stehen und in der Buli konkurrieren, finde ich gut. Denn Berlin ist groß und ob seines "Gefüges" besonders genug, diese spezielle Rivalität zu leben.

  2. 41.

    Hier hätte ich mehr von Ihnen erwartet, Gerd. Selbstverständlich konnte Ost-Berlin nicht Hauptstadt von irgendetwas sein, auch nicht der DDR, da Berlin gar nicht regulärer Teil der Staaten Bundesrepublik Deutschland oder DDR war, sondern aufgrund des Viermächteabkommens einen Sonderstatus hatte. Das galt auch für den Ostteil als einer von vier Sektoren der Stadt, was die DDR natürlich konsequent ignoriert hat. Die Westberliner dagegen nahmen nicht direkt an der Bundestagswahl teil und leisteten auch keinen Wehrdienst. Aber Geschichte ist wohl dazu da vergessen zu werden. Was die Größe betrifft: Ich bemesse die Größe einer Stadt nicht nach ihrer Fläche. 1989 hatte West-Berlin eine Einwohnerzahl von 2.130.525, Ost-Berlin hatte 1.279.212 Einwohner, was ziemlich genau 60 % von West-Berlin entsprach.
    Ansonsten ist es mir ein völliges Rätsel, warum hier Leute unkritische Fan-Attitüde aus meinen Beiträgen herauslesen. Hatte ich mich so undeutlich ausgedrückt?

  3. 40.
    Antwort auf [BCC-Fan] vom 23.01.2023 um 11:32

    Leider keine Ahnung, was?
    Christensen ist genauso Nationaltorwart wie Rönnow, beide sind Ersatz für Schmeichel.

  4. 39.

    Mein lieber Hertha Fan Stefan, solche Diskussionen bringen doch nichts. Wobei Sie diese ja selbst mit angestachelt haben, indem Sie etwas behaupteten, was nicht zutrifft. So hat sich das damalige Ostberlin zwar tatsächlich als "Hauptstadt", allerdings mit dem Zusatz "der DDR" bezeichnet, was ja auch zutraf. Und btw. war Ostberlin mitnichten nur etwa halb so große wie Westberlin, sondern nur knapp 15% kleiner - wenn ich das gerade mal richtig überschlagen habe. ;)

    Und was Hertha betrifft, hat man im Spiel gegen Bochum gesehen, wer den Abstiegskampf bereits angenommen hat und wer nicht. Bei den Gegentoren standen die Charlottenburger z. T. einfach nur dabei - von 'Reinknien' keine Spur. Das wird noch hartes Brot im Kampf um den Klassenerhalt.

  5. 38.
    Antwort auf [BCC-Fan] vom 23.01.2023 um 11:32

    Sie können sich über Hertha auslassen, wie Sie wollen, vom sportlichen Standpunkt her ist harsche Kritik berechtigt. Wenn Sie dabei jedoch ein Geschichtsbild vertreten, dass die unwahre Propaganda eines Unrechtsstaats ungefiltert wiederkäut, wirft das Fragen zu Ihrer Motivation auf. Seien Sie im Übrigen versichert, dass ich Presseerzeugnisse mit Balkenlettern nicht mit der Beißzange anfasse.

  6. 37.

    Spieler und Trainer harmonieren nicht? Was ist das denn für ne dumme Behauptung. Dann hört euch die Spieler an,was sie sagen. Einfach nur billig, alles auf den Trainer und Bobic zu schieben. Merkt ihr nicht,dass Hertha mit Absicht nur schlecht gemacht wird? Besonders von den Medien?Auch ohne Grund?Die können machen was sie wollen....Wird nur gemeckert. Und die tollen Kommentare hier von den ach so treuen FANS. Nur Fan sein,wenn der Erfolg da ist....dann lasst es gleich

  7. 36.

    sind wir doch mal ehrlich:

    Es würde so gut wie niemanden außerhalb der Herthablase groß kratzen, wenn der Verein absteigt, denn Berlin hat einen anderen erfolgreichen Bundesligisten.

    Hertha steht nicht überraschend da, wo sie stehen, denn der Kader ist mitlerweile auf dem Niveau eines Absteigers, der Trainer ist auch nicht besonders und Bobic hatte in Frankfurt das immer benötigte Glück und Ben Manga. Die haben in Frankfurt nicht ohne Grund jetzt ohne Bobic so viel Erfolg!

    Es wird dieses Jahr ganz eng für Hertha, realistisch betrachtet gibt es maximal 4 Teams die schlechter sein könnten am Ende: Schalke, Bochum, Stuttgart und Augsburg.....3 davon ist genauso gut ein besserer Platz zuzutrauen, wie man Samstag wieder eindrucksvoll sehen konnte.

  8. 35.

    Da ich als Anwohner unmittelbar zum Olympiastadion von den Horden der krassen Fans welche sonst keinen Sinn am Wochenende habe, unmittelbar betroffen bin werde ich weiterhin die Frage stellen, was der Fan davon hat das dort Millionäre spielen. Aber wie man an der Feindschaft zwischen Hertha und Union sieht geht es immer nur Männlichkeit zeigen und saufen

  9. 34.

    Nur zur Information:
    Bin kein Union-Fan.
    Doch was Union spielerisch bringt ist absolut
    Klasse im Gegensatz zur „alten Dame“.
    Ich hoffe und wünsche mir nur dass aUnion weiterhin die Nummer 1 in Berlin bleibt.
    Wenn Hertha einen neuen Trainer geholt hat,
    dann war das doch sofort „der Mann des Tages“.
    Was hat denn Herr Bobic bisher großartiges
    geleistet??

  10. 32.

    Wenn Sie Fußball nicht interessiert, dann gucken Sie doch einfach nicht und schreiben keine unwissenden Kommentare. Die Analyse war mal wieder auf den Punkt, auch wenn’s mir weh tut. Ich schreibe übrigens aus Ost-Berlin, scheint ja bei einigen wieder eine Rolle zu spielen…

  11. 29.

    Wegen diesem Vergleich Hertha BSC mit meinem FCK bin ich vor einem Jahr noch teilweise belächelt worden ,aus verschiedenen Gründen
    Provinzclub usw.
    Für mich ist der FCK ein Traditionsclub , ( wie Hertha BSC auch ) der die Halbe Weltmeisterelf von 1954 in Bern gestellt hat, 4 mal Deutscher Meister wurde und 2 mal Pokalsieger wurde und mehrmals international vertreten war
    Schön das man in Kaiserslautern auf dem richtigen Weg ist, nach vielen schlechten Jahren
    Das hoffe ich für Hertha BSC auch
    Übrigens ist es mir egal ob ein Fußballverein aus einer 3.5 Millionenstadt kommt oder aus einer Stadt mit 10000ü Einwohner wie Kaiserslautern

  12. 28.

    Ich frage mich nur, warum Bobic in Frankfurt so reüssiert hat. Was ist denn bei Hertha anders?

  13. 27.

    @rbb: schöne und passende Headline !

  14. 26.

    Dann schauen sie mal die finanziellen Voraussetzungen von der alten Dame an gegenüber den Eisernen an. Dann sieht man die Fehler von Hertha und Bobic.

  15. 25.

    Irgendwie ist unter Bobic der Wurm drin. Schließlich redet er bei der Trainerbesetzung und Spielerauswahl vermutlich viel mit. Spieler und Trainer harmonieren einfach nicht. Solange das nicht gegeben ist wird sich die Situation auch nicht verbessern.

  16. 24.

    Ach Mucki, der BCC Superstarclub muss von Keinem etwas lernen. Der Laden muss nur absteigen - und zwar steil. Das passt dann schon.

  17. 23.

    Hier stimme ich vollständig zu. Deswegen habe ich auch wenig Hoffnung auf Besserung und einen (verdienten) Klassenerhalt "meiner" Hertha. Kader, Trainer und Moral (natürlich alles miteinander verwoben)sind offensichtlich unzulänglich. Vielleicht ist es eben an der Zeit für einen wirklichen Umbruch, der nur nach einem Abstieg erfolgen kann. Die Wiederkehr des 1. FCK nach so vielen Jahren macht Hoffnung, dass auch aus dem größten Elend heraus langfristig etwas wachsen kann.

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