Union vor Spitzenspiel in Dortmund - Duell der Bayernverfolger mit Katerstimmung
Sowohl Union Berlin als auch Borussia Dortmund sind vor dem direkten Duell aus dem DFB-Pokal ausgeschieden. Nicht nur deshalb hat das Spitzenspiel der tabellarischen Bayern-Verfolger einen Hauch von Krisengipfel.
Unions Thema der Woche
Das Ausscheiden im Pokal gegen Eintracht Frankfurt hatte vor allem zwei Gründe: Eine wackelige Defensive und eine inzwischen schon fast gewohnt schwache erste Hälfte. Gegen die Eintracht fehlten vor allem zu Beginn die Aggressivität und Kompaktheit, die Union sonst auszeichnen. Das beschäftigt Trainer und Mannschaft. "Du kannst dir nicht erlauben, immer eine Halbzeit her zu schenken", sagte Trainer Urs Fischer ungewohnt deutlich auf der Pressekonferenz vor dem Spiel. Mittelfeldspieler Janik Haberer stellte fest, dass der Trend kein Zufall sein könne: "Es kann ein Mal passieren, in der Häufigkeit ist es aber nicht normal". Das Problem habe man deshalb ausführlich besprochen, sagt Haberer.
Was genau besprochen wurde, das verrieten die Beteiligten nicht, Urs Fischer sagte nur: "Ich glaube, Old School wäre: Man sollte die Spieler mal bestrafen". Der Schweizer machte allerdings deutlich, dass er nicht "old shool" ist und deshalb keine derartigen Maßnahmen zu erwarten seien. "Die Mannschaft wendet immer auf, man kann den Jungs keinen Vorwurf machen", sagte Fischer und hatte noch eine Lebensweisheit parat: "Lauter werden heißt auch nicht zwingend, dass es dann besser wird". Das sei ein "Trugschluss".
Dennoch haben die vergangenen Wochen mit den schwachen Spielhälften und ungewohnten Defensivlücken ihre Spuren hinterlassen. Obwohl Union immer noch auf Platz drei steht, sechs Punkte Vorsprung auf einen Europa League-Platz hat und mit einem Sieg sogar Zweiter werden könnte, sagt der Trainer: "Das Wort Champions League müssen wir nicht in den Mund nehmen, dann musst du anders auftreten, nicht so wie in den letzten Spielen." Die Zielsetzung "Internationales Geschäft" sei deshalb richtig formuliert - auch über die zweite Europa League-Teilnahme in Folge würde man sich in Köpenick freuen. Die zwischenzeitlichen Ausfallerscheinungen in der Abwehrarbeit allerdings (wie zuletzt in Frankfurt) wird Trainer Fischer nicht mehr lange verzeihen.
Der Gegner
Auch Borussia Dortmund ist in einer äußerst merkwürdigen Situation: Der BVB ist das beste Rückrundenteam der Bundesliga, hat nur zwei Punkte Rückstand auf Tabellenführer Bayern und steckt trotzdem plötzlich in einer kleinen Krise. Innerhalb einer Woche verspielte der BVB mit zwei schwachen Leistungen erst seine gute Ausgangslage für den Liga-Endspurt (durch die Niederlage im direkten Duell fiel man hinter den FC Bayern zurück) und schied anschließend im Pokal bei RB Leipzig aus. Kapitän Marco Reus sagte nach dem Spiel im ZDF, die Leipziger hätten Dortmund dabei "aufgefressen", Edin Terzic sprach von einer "katastrophalen" ersten Hälfte. Dortmund blieb vor allem Offensiv komplett harmlos, vielleicht ein Mutmacher für die zuletzt wackelige Defensive der Eisernen.
Unions Mittelfeldspieler Janik Haberer leitet aus diesen Rückschlägen für den Gegner allerdings keine Hoffnungen ab, im Gegenteil: "Das ist immer gefährlich - nach solchen zwei Spielen jetzt ein Heimspiel für sie. Es ist sehr gefährlich, da müssen wir gewappnet sein und sehr, sehr kompakt stehen", sagte Haberer in einer Medienrunde vor dem Spiel. Der Faktor Heimspiel könnte in der Tat eine Rolle spielen. Denn bis in den Signal-Iduna-Park hat sich die BVB-Krise noch nicht ausgeweitet: Zu Hause ist der BVB seit August ungeschlagen und hat in der Liga bislang zehn von zwölf Heimspielen gewonnen.
Personell wird Dortmunds Trainer Edin Terzic auf die Rückkehr seines Stürmers Sebastien Haller hoffen. Bei der Pokalniederlage gegen Leipzig fehlte der Ivorer aufgrund von Knieproblemen, ohne ihn wirkten die Dortmunder Offensivbemühungen fast orientierungslos. Zurückkehren in die BVB-Startelf dürfte ziemlich sicher Jude Bellingham, den Ausnahmekönner hatte Terzic im Pokal zunächst geschont. Auch der deutsche Nationalspieler Karim Adeyemi könnte nach langer Verletzungspause sein Comeback feiern und mit seinem Tempo eine Gefahr für die Unioner Abwehr darstellen.
Zum Angeben
Dortmunds Ex-Unioner kennt jeder, klar. Erst im Winter erst wechselte Julian Ryerson überraschend zur Borussia. Aber wussten Sie, dass auch Union einen ehemaligen Dortmunder im Kader hat? Sven Michel wechselte als 13-jähriger in die Jugend des BVB. Michel kommt aus einem Dorf im Siegerland (Alchen), rund 100 Kilometer entfernt von Dortmund. In einem 11 Freunde Interview (externer Link) erzählte Michel mal, er habe zwar als Kind den Schwarz-Gelben die Daumen gedrückt, sagte aber auch: "ein echter Fan war ich nie".
Er blieb dann auch nur ein Jahr bei Borussia Dortmund, bis 2004 und wechselte anschließend zu SuS Niederschelden, wo er im Amateurfußball seine Karriere begann, bevor er als 19-jähriger zu den Sportfreunden Siegen wechselte. Der Rest ist dem informierten Fan bereits bekannt: Über die zweite Mannschaft von Gladbach ging es zu Energie Cottbus, von da nach Paderborn und schließlich im Januar 2022 zum 1. FC Union.
In Dortmund hat Michel schon zwei Mal gespielt, mit dem SC Paderborn - in der Liga gab es damals ein 3:3, im Pokal verloren Michel und der SCP 2:3 nach Verlängerung.
Die Aufstellung
Die gute Nachricht für Union Berlin: Torwart Frederik Rönnow wird wahrscheinlich zurückkehren. Urs Fischer sagte, alles sehe "sehr positiv aus" für einen Einsatz seiner Nummer eins. Auch sonst hat der Schweizer kaum Personalsorgen. Nur für Andras Schäfer kommt das Spiel in Dortmund noch zu früh.
Gut möglich, dass Trainer Fischer zum Ende der Englischen Woche auch auf einigen Positionen im Feld rotiert. Im Mittelfeld bieten sich Aissa Laidouni und Morten Thorsby als Ersatz für den im Pokal schwachen Paul Seguin an, im Sturm könnte Jordan mal wieder eine Chance von Beginn kriegen, Kevin Behrens dafür als Joker von der Bank kommen. Auf der linken Außenverteidigerposition dürfte ein Linksfuß zurückkehren.
So könnte Union beginnen: Rönnow - Leite, Knoche, Doekhi - Roussillon, Haberer, Khedira, Laidouni, Juranovic - Jordan, Becker
Die Prognose
In Dortmund war für Union bislang noch nichts zu holen, alle Bundesligaspiele und die Aufeinandertreffen im DFB Pokal gingen verloren. Der BVB muss das Spiel gewinnen, um im Titelrennen der Bundesliga zu bleiben und kann auf seine Heimstärke vertrauen. Die Dortmunder werden versuchen, Union in der Anfangsphase mit viel Druck und der Kulisse des größten Stadions Deutschlands einzuschüchtern. Entscheidend wird deshalb die Anfangsphase des Spiels sein. Gelingt es den Köpenickern die ersten Dortmunder Angriffe abzuwehren, haben sie eine Chance, etwas zählbares mitzunehmen. Ansonsten könnte es laufen wie in Frankfurt, als das Spiel gefühlt schon früh entschieden war.
Rbb|24 Tipp: Union kann in Dortmund wieder nichts zählbares mitnehmen und verliert mit 0:3.
Sendung: rbb24, 06.04.2022, 18 Uhr