Internationales Debüt der Vatikan-Frauen - Wie ein Berliner Frauen-Fußballteam in Rom Geschichte schreibt
Zwei Fußball-Teams aus Berlin haben am Wochenende - organisiert vom KSV Johannisthal - in Rom gegen den Vatikan gespielt. Es war ein historisches Ereignis. Denn die Frauenfußball-Mannschaft des Vatikan spielte erstmals international. Von Gunnar Leue
Mit einem Sieg, einer Niederlage und einer besonderen historischen Leistung sind zwei Berliner Fußball-Teams aus Rom zurückgekehrt. Sie standen im Mittelpunkt eines historischen Fußball-Abends in der italienischen Hauptstadt. Noch nie hatte es ein Länderspiel einer Frauenauswahl des Vatikanstaats gegeben und die Premiere fand am Samstag gegen ein deutsches Frauenteam statt - gestellt vom Pichanga FC aus Berlin. Als wäre das nicht besonders genug, gewann das Team aus Neukölln die Kleinfeld-Partie gegen eine vatikanische Auswahl auch noch mit 3:1.
Damit war der spektakuläre Fußball-Abend auf dem Sportplatz Petriana außerhalb der Vatikanmauer, der jedoch einen grandiosen Blick auf die Kuppel des Petersdoms bietet, keineswegs beendet. Auf der Sportanlage, auf der die Mannschaften des vatikanischen Fußballverbandes traditionell ihre Spiele austragen, spielten im Anschluss noch die Männer des KSV Johannisthal gegen eine Vatikan-Auswahl, unter anderem mit Kicker aus verschiedenen Einrichtungen wie dem vatikanischen Kinderhospital oder der Schweizer Garde.
Ex-Union-Keeper zwischen den Pfosten
Diese Partie ging zwar 1:7 verloren, aber das war an diesem Abend zweitrangig, wie der Präsident des KSV, Elmar Werner, anschließend sagte. Alleine das Zustandekommen der zwei Begegnungen sei die größte Leistung gewesen.
Werner hatte als evangelischer Pfarrer zusammen mit seinem katholischen Freund Joachim Döring 1980 in Ostberlin die Idee zur Gründung eines kirchlichen Sportvereins gehabt und den unter den kritischen Augen der DDR-Staatssicherheit mit allerlei Underground-Aktionen am Leben gehalten. Unter anderem gab es Spiele gegen Teams westlicher Botschaften, zumeist jedoch in der untersten Ostberliner Fußballliga.
Heute ist die aus nicht mehr sehr jungen Spielern bestehende KSV-Mannschaft weiterhin im unteren Leistungsbereich des Berliner Fußballs aktiv, weshalb sie sich für das Spiel in Rom als Gast den einstigen Union-Keeper und heutigen Torwart-Trainer beim MSV Duisburg, Sven Beuckert (49), dazu geholt hatte.
Hochrangiger Support von der Tribüne
Er konnte die Niederlage gegen die spielstärkeren Vatikan-Kicker nicht verhindern, war aber vom ganzen Drumherum der Partie ebenso angetan wie etliche mitgereiste Partnerinnen der KSV-Spieler sowie einige Fans.
Die beiden Nationalhymen konnten zwar aus technischen Gründen nicht abgespielt werden, der Support von der Zuschauertribüne war dafür hochrangig international. Zu den Zuschauern gehörten auch der Leiter der Deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl, Dr. Bernhard Kotsch, und der Präsident des Vatikanischen Fußballverbandes, Domenico Ruggiero.
Beide hatten bei einem Empfang am Vorabend der Spiele auf die verbindende Kraft des Sports hingewiesen. Was nicht hieß, dass sie den sportlichen Ausgang an Samstagabend auf dem Hügel über der Ewigen Stadt für völlig egal hielten. Sie drückten schon bei den ihren Teams die Daumen und konnten - mit je einem Sieg und einer Niederlage - letztlich beide zufrieden sein.
Pichanga-Spielerin: "Wir haben das heute gerockt"
Beim divers besetzten Team von Pichanga FC, dem Spielerinnen diverser Nationalitäten und Geschlechtsidentität angehören, darunter zwei eigens aus Barcelona angereiste Frauen, löste der Sieg eine ganz spezielle Euphorie aus. Die Mannschaft, trainiert von einer in Berlin lebenden Amerikanerin, war der Einladung des KSV Johannisthal, ihn nach Rom zu begleiten, spontan gefolgt, aber auch etwas tollkühn in das Abenteuer gestartet. Zudem musste es sich noch durch eine Crowdfunding-Kampagne die finanziellen Mittel für die Reise organisieren.
Umso größer war letztlich die Begeisterung, "wie sehr wir das heute gerockt haben", wie Spielerin Johanna Isensee sagte. Dazu beigetragen hatte nicht zuletzt Rebecca Fleming mit ihren beiden Toren gegen die Vatikan-Frauen, bei denen es sich meist um Angestellte sowie Ehefrauen und Töchter von Vatikan-Mitarbeitern handelte. Weil eine Teamfrau kurzfristig ausfiel, stand jedoch ein Mann im Tor. Umgekehrt spielte eine für Pichanga (ein chilenisches Wort für Bolzen) "gecastete" Fußballerin aus Bonn auch teilweise in der Herrenmannschaft des KSV Johannisthal mit.
Hoffnung auf Rückspiele in Berlin
So gab es zwar einige nicht ganz regelkonforme Besetzungen, aber das machte den historischen Römer Fußball-Abend mit Berliner Beteiligung nur noch bunter. Letztlich zeigten sich alle äußerst zufrieden, auch die einstigen Gründer des KSV, die ihr Staunen über das, was da geschah, fast gleichlautend in die Worte fassten: "Unglaublich, wenn uns das jemand vor 43 Jahren gesagt hätte, dass wir mal mit unserem kleinen selbstgründeten Verein beim Vatikan spielen, hätten wir den für verrückt erklärt."
Und nun hoffen sie, dass es tatsächlich im nächsten Jahr zu Rückspielen in Berlin kommt. Der Präsident des Vatikanischen Verbandes wünscht sich das ebenfalls - aber, nun ja, man müsse natürlich schauen, wie man das finanziell gestemmt bekomme. Viele Wege führen zwar nach Rom, aber welcher Weg letztlich von dort nach Johannisthal führt, muss man wohl noch sehen.