Zehn-Milliarden-Euro-Investition - Wie der Energiekonzern Leag die grüne Wende schaffen will
Noch laufen die Lausitzer Tagebaue auf Hochtouren, bis 2038 könnte die Kohle weiter eine wichtige Rolle spielen - doch parallel dazu arbeitet der Energiekonzern Leag bereits an seiner neuen, grünen Ausrichtung. Die Pläne gefallen nicht allen gefallen. Von Sascha Erler
Der Energiekonzern Leag will grüner werden. Auch, wenn die Braunkohleverstromung aktuell noch eine wichtige Rolle spielt, ist der Kohleausstieg bis 2038 beschlossene Sache. Deshalb soll laut dem Vorstandsvorsitzenden Thorsten Kramer ab 2023 die neue Leag entstehen. Sie werde mit Blick auf die Mitarbeiter und Vorstände so aussehen wie heute. "Wir werden uns nur nicht mehr mit Braunkohleverstromung beschäftigen, sondern Strom aus Solaranlagen und Windanlagen erzeugen", sagte Kramer am Montag dem rbb vor der Barbarafeier, bei der der Konzern traditionell zurück und nach vorn blickt.
Die Leag will zum größten Erzeuger Erneuerbarer Energien in Deutschland werden. Auf einer Fläche von 33.000 Hektar ehemaliger Tagebaue sollen die Anlagen entstehen. Rund zehn Milliarden Euro will der Konzern in den Umbau investieren. Laut Kramer soll bei der Leag bis zum Jahr 2030 der Strom aus Wind und Sonne in der gleichen Größenordnung erzeugt werden, wie er aktuell aus den Kraftwerken ans Netz gebracht wird, also mit sieben Gigawatt.
Ambitionierte Pläne für sieben Jahre
Um dieses Ziel zu erreichen, müssen in den kommenden Jahren Millionen Solarplatten und hunderte Windräder aufgestellt werden. Auch die Stromspeicher sollen ausgebaut werden. Die Pläne sind ambitioniert, aber laut Kramer schaffbar. "Sie finden in keinem Bundesland die Voraussetzungen, die die Lausitz bietet, um solche PV- und Windparks ans Netz zu bringen, Strom erzeugen zu lassen in einer Größenordnung, die europaweit einmalig sein wird."
Damit meint Kramer die Tagebaufolgeflächen, auf denen die neuen Parks entstehen sollen - und das ohne große Planungsverfahren, denn der Bundestag hat dafür extra in der vergangenen Woche eine Gesetzesänderung für ein vereinfachtes Baurecht verabschiedet. Demnach soll es in Zukunft deutlich schneller gehen, erneuerbare Energien auf ehemaligen Tagebauflächen aufzubauen. Diese seien so weitläufig, dass sich wohl keine Anwohner gestört fühlen würden, so die Begründung. Der Bundesrat muss dem Vorhaben am 16. Dezember noch zustimmen.
Kritik an Gesetzänderung
Kritik kommt unter anderem vom Umweltverband Grüne Liga. Mit der ursprünglich vereinbarten Nachnutzung der Folgelandschaft habe das nicht mehr viel zu tun, sagte René Schuster von der Grünen Liga dem rbb am Montag. "Wenn man diese Ankündigung in Fläche umrechnet, bleibt von den Kippen gar nichts mehr übrig. Vielfältige Bergbaufolgelandschaft ist dann nicht mehr möglich." Die Grüne Liga ist der Ansicht, dass auch bei der Ausweisung von Wind- und Solarflächen auf Tagebaukippen die Anwohner beteiligt werden sollten. Darüber hinaus befürchtet der Verband eine Marktverzerrung zugunsten der Leag, teilte er bereits in der vergangenen Woche mit. Außerdem werde die Planungshoheit der Kommunen und der zuständigen Regionalplanung eingeschränkt.
"Unsichtbarer" Solarpark stößt auf Kritik
Dass Natur und Solarpark zusammen funktionieren, will der Energiekonzern Leag gerade in Dissen (Spree-Neiße) demonstrieren. Dort soll ein sogenannter "grüner Solarpark" entstehen, mit 200 Megawatt Leistung und viel Abstand zwischen den Modulen. Hecken und Bäume sollen den Park nach außen verdecken. Dissen habe laut Bürgermeister Fred Kaiser (parteilos) sofort Gefallen an dem Projekt gefunden.
"Wir brauchen erneuerbare Energien, schnellstens," so Kaiser. Für jeden Gemeindevertreter sei es ein gutes Gefühl, die Energiewende mitzugestalten. "Und wenn es uns jetzt noch gelingt, sowohl für die Bewohner als auch für Durchreisende, die die Landesstraße langfahren, den Park quasi unsichtbar zu machen, grün zu machen, dann haben wir doch vieles erreicht." Der Bürgermeister rechnet auch damit, dass die Artenvielfalt zunehmen wird. Darüber hinaus werde sich der Boden in 25 bis 30 Jahren erholen, so Kaiser. "Man tut also auch viel Gutes für die Tier- und Pflanzenwelt."
Bei den Gemeindevertretern stößt das Projekt auch wegen der zu erwartenden Gewerbesteuern von jährlich rund 300.000 Euro auf Zustimmung. Außerdem könne eine Beteiligung an der Einspeisevergütung ausgehandelt werden, so Kaiser. "Das wollen wir natürlich auch in Anspruch nehmen."
Allerdings gibt es gegen diesen Solarpark auch bereits eine Bürgerinitiative. Den Unterstützern ist der Park noch zu nah an Wohn- oder Erholungsgebieten. "Es war damit zu rechnen, dass das nicht alle gut finden", so der Bügermeister. "Die, die dort ein Stückchen Fläche haben, sehen das mit anderen Augen als die, die nichts haben." Er verweist aber auf den Mindestabstand von 250 Metern - und die Aussicht auf finanzielle Entlastungen bei Gebühren, zum Beispiel für Kitaplätze. Das Einfachste wäre, den Grundsteuerhebesatz zu senken, "damit jeder in der Gemeinde etwas davon hat."
Sendung: Antenne Brandenburg, 05.12.2022, 16:40 Uhr