Grüne Woche 2023 - "Wir sind zufrieden, aber nicht euphorisch"
Am Sonntag endete die erste Grüne Woche nach der Pandemie. Es waren weniger Aussteller als noch 2020 vor Ort. Wie haben sie und die Besucher die Messe in Zeiten von Inflation und Ukraine-Krieg erlebt? Johannes Frewel mit einem Stimmungsbild.
- Messe zählt deutlich weniger Aussteller und Besucher als 2020
- Konsumzurückhaltung nur an manchen Ständen bemerkbar
- Kritik an der "spartanischen" Blumenhalle
- Viele Aussteller wollen 2024 zurückkehren
Blasmusik und Bier beim Entenwirt in der Bayern-Halle, gleich nebenan in der Brandenburg-Halle floss der Gerstensaft zu Klängen des Landespolizeiorchesters. Das Besucherinteresse sorgte nicht nur dort für teils rappelvolle Gänge. "Normalität wieder, als hätte es Corona nie gegeben", freute sich eine Besucherin. Nach Pommes, Schweinelende aus Polen, Softeis und zwei Schnäpsen war sie gut gelaunt auf der Suche, "mal sehen, was ich noch mitnehmen kann."
Neustart besser als befürchtet
Die längste Häppchenmeile Europas lockte weniger Besucher als noch vor zwei Jahren an. Thomas Köhler, Braumeister in der Kleinbrauerei des Forsthaus Templin zwischen Potsdam und Caputh, gehört mit 20 Jahren Messebeteiligung in der Region Berlin-Brandenburg zu den erfahrenen Ausstellern auf der Grünen Woche.
Er bewertet die Grüne Woche 2023 mit Zuversicht. "Ich habe es mir ehrlich gesagt viel schlimmer vorgestellt", lautet das Braumeister-Resümee zum Messeneustart, "es ist eher angenehmer, weil wenn es so ganz voll ist und sich alle Leute nur durchschieben, kann man den Kunden nur schwer erreichen."
Grüne-Woche-Messechef Lars Jaeger hatte die Messen 2021 und 2022 für den Papierkorb geplant. Wegen Corona mussten sie als Präsenzmessen ausfallen und fanden lediglich digital statt. Wegen der anhaltenden Unsicherheit und der in Krisen angeschlagenen Unternehmen fanden diesmal nur 1.400 Aussteller den Weg nach Berlin, 400 weniger als unmittelbar vor der Pandemie.
Jaeger verweist auf wirtschaftliche Probleme etwa durch die Energiekrise, auf die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine und auf die hohe Inflation, "das hat sicher einige Aussteller zum Aufgeben bewogen, andere haben das Risiko gescheut." Die Grüne Woche 2023 zählte rund 300.000 Besucher, 100.000 weniger als im Rekordjahr vor der Pandemie.
Berliner Aussteller: Besuchern saß das Geld lockerer
Die meisten Aussteller zeigten sich dennoch zufrieden mit ihrem Geschäft in zehn Messetagen. Generelle Konsumverweigerung war nicht feststellbar. "Bei uns ist es genau umgekehrt", bilanziert in Maus-Kostümierung eine Mitarbeiterin der Aseli-Schaumzuckermäuse-Manufaktur in Berlin-Reinickendorf. "Durch die zwei Jahre, die die Messe ausgesetzt war, haben wir dieses Jahr mehr Umsatz auf der Grünen Woche als die Jahre davor, die Leute haben uns die Bude eingerannt."
Ähnlich fällt das Fazit von Daniela Tulezi vom Schokoladenhaus Rausch am Berliner Gendarmenmarkt aus. "Es war die ganze Zeit rappelvoll bei uns", fasste sie das Käuferinteresse zusammen, "wir knüpfen an den Erfolg von 2020 an und sind sogar noch etwas zufriedener."
Bei etwas höherpreisigen Waren wie edlen Weinen war die Pandemiezäsur hingegen spürbar. "Das Interesse ist wieder da", beschreibt Winzer Jochen Funk aus Friedelsheim in der Pfalz seine Umsatzzahlen auf der Schlemmermesse. "20 bis 25 Prozent weniger Besucher, das merkt man einfach, das ist ganz klar." Er sei nicht unzufrieden, "aber auch nicht euphorisch, dass ich sage, es ist sehr gut."
Blumenhalle wegen Inflation nur "spartanisch"
"Ein bisschen betrübt war man über die Blumenhalle", zeigte sich eine Besucherin enttäuscht, die mit ihrem Mann durch die Messehallen bummelte. "Sehr spartanisch, die war nicht so wie man sie kennt." Viel Rollrasen, wenige Tulpen, aber immerhin einige Tiernachbildungen aus bunten Blüten.
Statt einer ganzen gab es diesmal nur weniger als eine halbe Blumenhalle. "Wir haben das gleiche Geld für die Blumenhalle zur Verfügung gestellt wie 2020", erklärt Grüne-Woche-Chef Lars Jaeger. "Durch die Inflation bekommt man natürlich nicht dasselbe für das Geld." Immerhin gelang es dem Veranstalter, die Eintrittspreise auf dem Niveau von 2020 stabil zu halten – ohne Inflationseffekt.
Viele Aussteller wollen 2024 zurückkehren
Die nächste Grüne Woche findet vom 19. bis 28. Januar 2024 in Berlin statt. Der Verkauf der Ausstellerflächen hat bereits begonnen. Die meisten Aussteller, die in diesem Jahr da waren, wollen 2024 wiederkommen. Zudem bemüht sich die Messe, Aussteller zurückzugewinnen, die es diesmal nicht nach Berlin schafften.
"Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg, beide Länder haben glaubhaft signalisiert, 2024 wieder mit dabei zu sein", zeigt sich Jaeger zuversichtlich, "und so zieht sich das wie ein grüner Faden durch unsere Gespräche, dass wir positives Feedback für 2024 haben."
Sendung: rbb24 Abendschau, 29.01.2023, 19:30 Uhr