Immobilienkrise - Berlin baut weniger neue Wohnungen als im Vorjahr
20.000 neue Wohnungen pro Jahr hat sich der Senat zum Ziel gesetzt. 2022 wurde das Ziel schon verfehlt, in diesem Jahr sieht es noch düsterer aus. Optimismus für 2024 versprüht Bausenator Gaebler auch nicht. Und aus der Baubranche kommt Kritik.
- Rund 16.000 Wohnungen werden in diesem Jahr neu gebaut, im vergangenen waren es 17.310
- Auch nächstes Jahr wird Zielmarke von 20.000 neuen Wohnungen wohl nicht erreicht
- Baubranche beklagt zu wenige Aufträge und Diskussion über Enteignung
Trotz der hohen Nachfrage nach Wohnraum in der Hauptstadt kommt der Wohnungsbau in Berlin nicht in Schwung. Das Ziel, jährlich 20.000 neue Wohnungen zu schaffen, wird auch in diesem Jahr verfehlt. Wie Bausenator Christian Gaebler (SPD) der Deutschen Presse-Agentur sagte, werden es voraussichtlich nur etwa 16.000 sein. "Das liegt unter dem Vorjahreswert von 17.310. Gemessen an dem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld und auch im Bundesvergleich liegen wir damit aber noch ganz gut", so Gaebler.
Ziel wird wohl auch 2024 nicht erreicht
Im Koalitionsvertrag haben CDU und SPD vereinbart, dass angesichts der Mangelsituation jährlich bis zu 20.000 neue Wohnungen entstehen sollen. "Ja, wir bleiben 2023 unter dem Bedarf von 20.000, sind damit aber nicht alleine. Auch der Bund rechnet damit, sein Ziel von 400.000 Wohnungen zu verfehlen", sagte Gaebler.
Auch für 2024 ist Gaebler pessimistisch: "Ich schätze, dass es nächstes Jahr noch einmal schwierig wird, vielleicht gehen die Zahlen auch noch einmal runter", so der SPD-Politiker. "Danach aber, ab 2025, werden wir eine deutliche Entspannung bekommen. Das sagen mir Projektentwickler und auch die Investitionsbank Berlin." Die Durststrecke halte im nächsten Jahr noch an. "Danach geht es aber wieder aufwärts - das ist die Hoffnung und die Erwartung."
Bauwirtschaft sieht Politik in der Pflicht
Die Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg, die die Interessen des Baugewerbes vertritt, sieht die Politik in der Pflicht. Die Auftragseingänge im Wohnungsbau seien 2023 auf einem erschreckend niedrigen Niveau. "Die Ursachen dafür sind hohe Materialpreise, gestiegene Kreditzinsen, kaum Förderung des energieeffizienten Bauens, aber auch die zu langen Genehmigungszeiten", so Geschäftsführerin Katarzyna Urbanczyk-Siwek.
"Außerdem, wer wie in Berlin nach wie vor über eine Enteignung von Wohnungseigentümern diskutiert, braucht sich in der jetzigen Situation nicht über die Zurückhaltung bei den Investitionen in neue Wohnungsprojekte zu wundern." Aus Sicht des Baugewerbes braucht es entschlossenes Handeln der Politik, damit der Bau nicht komplett zum Erliegen komme.
Der Generalsekretär der Berliner FDP, Lars F. Lindemann, sagte, Schwarz-Rot sei für Fortschritt und Aufbruch angetreten. "So sehen aber die Zahlen im Wohnungsbau nicht aus." Was Berlin brauche, sei eine ambitionierte Neubauoffensive, die Ausweisung von mehr Bauflächen, eine Aufstockungsoffensive und die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren.
Gaebler: Baubranche spürt die Zinsentwicklung
In der Baubranche gebe es bei vielen Unternehmen einen Zinsschock, so Gaebler. "Die sagen: Wir haben ganz anders kalkuliert, was machen wir denn jetzt?" Die aktuellen Bauzinsen seien aber nichts völlig Neues. "Vor 20 Jahren hatten wir das Niveau schon einmal. Aber der Sprung in relativ kurzer Zeit, der hat alle Kalkulationen durcheinandergebracht", sagte Gaebler. "Und weil die Preise sowieso schon relativ hoch sind am Markt, haben die Unternehmen keine Spielräume mehr."
Wohnungsbau müsse sich aber auch rechnen. "Wenn selbst der Vorstand eines großen privaten Wohnungsunternehmens sagt, er baut nicht mehr, weil er nicht zu Preisen von 20 oder 22 Euro den Quadratmeter im Neubau vermieten will, weil er den Anspruch hat, für breitere Schichten der Bevölkerung Wohnungen anzubieten, dann heißt das ja schon was."
Dass der Rückgang der Neubauzahlen 2023 nicht noch stärker ausgefallen ist, war aus Sicht des Senators nicht das Verdienst von Schwarz-Rot: "Wir in Berlin haben bei den fertiggestellten Wohnungen noch einen gewissen Nachlauf, muss man ehrlicherweise sagen. Wenn in Berlin manche Sachen länger dauern, ist das in diesem Fall von Vorteil", sagte Gaebler. "Es liegt aber auch an den landeseigenen Gesellschaften, die weiterbauen und weiterbauen müssen und das bisher auch tapfer getan haben." Hinzu komme, dass es für den privaten Wohnungsbau immer noch attraktiver sei, in Berlin zu bauen als anderswo.
Sendung: rbb24 Inforadio, 11.12.2023, 8:45 Uhr