Werk in Grünheide - Grenzwerte von Phosphor und Stickstoff in Tesla-Abwasser überschritten

Di 27.02.24 | 20:24 Uhr
  58
Archivbild: Außenansicht der Teslafabrik in Grünheide am 22.02.2024. (Quelle: picture alliance/Halil Sagirkaya)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 27.02.2024 | Studiogast: Martin Krauss | Bild: picture alliance / Halil Sagirkaya

Seit rund zwei Jahren leitet das Tesla-Werk offenbar zu viel Phosphor und Stickstoff in das Abwassersystem. Der Wasserverband drängt nun darauf, Tesla bis auf Weiteres die Abwasserleitung zuzudrehen.

  • Tesla bestreitet überhöhte Messwerte nicht
  • Wasserverband Strausberg-Erkner lädt am Freitag zu außerordentlicher Sitzung
  • Berliner Wasserbetriebe: kein Einfluss auf Trinkwasserqualität
  • Linke und Freie Wähler kritisieren Landesregierung

Tesla hat ein Abwasserproblem: Das geht aus einem Schreiben des Wasserverbands Strausberg-Erkner (WSE) hervor, das dem "Stern" [Bezahlinhalt] und RTL vorliegt. Auch die "Märkische Oderzeitung" [Bezahlinhalt] berichtet darüber.

So soll es beim Sanitär-Abwasser des Tesla-Werks in Grünheide (Oder-Spree) erhebliche Grenzwertüberschreitungen gegeben haben – teilweise um das Sechsfache.

Die Messwerte belegen, dass Tesla seit rund zwei Jahren "ständig und in erheblicher Weise" zu viel Phosphor und Gesamtstickstoff ins Abwassersystem einleite. "Mehrere Aufforderungen und Abmahnungen blieben ergebnislos", heißt es in dem Papier. "Eine Abhilfe wurde für die Zukunft weder angegangen noch in Aussicht gestellt." Von einem Produktionsstopp, wie vom "Stern" berichtet, ist nach rbb-Recherchen aber noch nicht auszugehen.

Grenzwerte teilweise um das Sechsfache überschritten

Die Überschreitungen der Grenzwerte sollen in Beprobungen eines Fachlabors festgestellt worden sein, so die "Märkische Oderzeitung". Der Grenzwert für Phosphor wurde demnach bei 0,5 Milligramm pro Liter festgesetzt, im Schmutzwasser von Tesla wurden teilweise Werte von 2,47 bis 3,37 Milligramm pro Liter gemessen. Beim Stickstoff seien Spitzenwerte von 220 und 240 Milligramm pro Liter gemessen worden, obwohl der Grenzwert bei 50 Milligramm pro Liter liege.

Phosphor und Stickstoff sind zwei Pflanzennährstoffe. Beide sind für Menschen lebenswichtig. Das Bundesinstitut für Risikobewertung [bfr.bund.de] empfiehlt für Erwachsene eine Phosphormenge von 700 Milligramm am Tag. Gesunde Erwachsene können jedoch bis zu 3.000 Milligramm pro Tag ohne Gesundheitsschäden tolerieren.

Wasserverband will Tesla Abwasserleitung temporär zudrehen

Der WSE lädt die Bürgermeister und Vertreter der Mitgliedsgemeinden am Freitag zu einer außerordentlichen Sitzung. In einem Brief an die Bürgermeister der Region drängt der Verband darauf, Tesla bis auf Weiteres die Abwasserleitung zuzudrehen. Andernfalls drohten dem Verband Mehrbelastungen in Millionenhöhe. Beratung und Beschluss sollen nicht öffentlich stattfinden.

In einer Stellungnahme hat Tesla die erhöhten Messwerte nicht bestritten. "Es gibt punktuelle Überschreitungen, diese führen weder zu einer Beeinträchtigung noch zu einer Gefährdung der öffentlichen Kläranlage in Münchehofe." Die Fabrik verfüge über eine Abwasseraufbereitungsanlage. Im Wesentlichen leite der Konzern noch Abwasser der sanitären Anlagen und Küchen in das kommunale Netz ein. Dadurch ergebe sich "keine negative Auswirkung" auf die Kläranlage, so eine Sprecherin des Unternehmens.

Man habe auch "keinerlei Anhaltspunkte dafür", dass die für den WSE geltenden Grenzwerte für die Einleitung in das Netz der Berliner Wasserbetriebe (BWB) "nicht eingehalten werden". Zudem heißt es: "Die für die Einleitung der Abwässer aus der Gigafactory geltenden Einleitparameter bewegen sich zudem durchweg unterhalb der für den WSE selbst geltenden Einleitgrenzwerte."

Auch Behördenkreise aus Märkisch-Oderland und Oder-Spree haben dem rbb bestätigt, dass punktuell Grenzwerte überschritten worden seien. Das gewählte Vorgehen des WSE erscheine dabei inhaltlich wie verfahrensseitig unausgewogen und von einseitigen Aspekten getrieben, heißt es weiter. Weder liege der für eine rechtskonforme Bescheidung benötigte Datenpool vor, noch sei der vorliegende Datenpool umfassend und fachlich ausgewogen interpretiert. Nach dem gegenwärtigen Stand sei keine Entscheidungsgrundlage gegeben.

"Kein Einfluss auf die Berliner Trinkwasserqualität"

Der WSE lässt einen Großteil seines Abwassers, darunter auch das von Tesla, im Klärwerk Münchehofe (Dahme-Spreewald) der Berliner Wasserbetriebe reinigen. Die erhöhten Phosphor- und Stickstoffwerte hätten "keinen Einfluss auf die Berliner Trinkwasserqualität", teilten die Wasserbetriebe auf rbb-Anfrage mit. Es handle sich bei Stickstoff und Phosphor um natürliche Nährstoffe, die Pflanzenwachstum im Gewässer begünstigen würden. Weil das unerwünscht sei, werden sie in Klärwerken weitgehend entfernt.

Eine Quelle für Phosphor seien laut Mitteilung Reinigungsmittel. Ob bei Tesla weitere Quellen für Phosphor in Frage kommen, wüssten die Wasserbetriebe nicht. Der Stickstoff stamme aus dem Sanitärabwasser. Grund für die hohen Werte dieser Substanz sei offenbar die Nutzung einer Abwasserrecyclinganlage, wodurch das Wasser "dicker" werde, also stickstoffreicher.

Die Überschreitung der Grenzwerte könnten rein theoretisch zu einer möglichen Einleitungssperre führen. "Aber wir sehen aus dem Verbandsgebiet des WSE keine Überschreitungen", teilten die Berliner Wasserbetriebe weiter mit.

Linke und Freie Wähler kritisieren Landesregierung

Nach den Medienberichten über die hohen Phosphor- und Stickstoffwerte im Tesla-Abwasser haben Linke und Freie Wähler die Landesregierung scharf kritisiert. "Bereits seit Baubeginn erleben wir, dass Tesla Gesetze und Vorgaben der Behörden bewusst ignoriert und übergeht", sagte Linken-Fraktionschef Sebastian Walter. Mit der mutmaßlichen Gefährdung der Wasserversorgung habe Tesla eindeutig eine rote Linie überschritten, so der Linken-Politiker.

Die Landesregierung müsse endlich die Interessen der Bürger und nicht die von Tesla und Elon Musk in den Vordergrund stellen, sagte Péter Vida, Landesvorsitzende von BVB/Freie Wähler, dem rbb. "Wir erwarten hier vom Ministerium, dass es zum Schutz der Bevölkerung eingreift", so Vida.

Sendung: Antenne Brandenburg, 27.02.2024, 10:30 Uhr

Die Kommentarfunktion wurde am 27.02.2024 um 22:04 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

58 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 58.

    Haben Sie überhaupt den Artikel verstanden? "Das gewählte Vorgehen des WSE erscheine dabei inhaltlich wie verfahrensseitig unausgewogen und von einseitigen Aspekten getrieben, heißt es weiter. Weder liege der für eine rechtskonforme Bescheidung benötigte Datenpool vor, noch sei der vorliegende Datenpool umfassend und fachlich ausgewogen interpretiert. Nach dem gegenwärtigen Stand sei keine Entscheidungsgrundlage gegeben."
    und
    "Die Fabrik verfüge über eine Abwasseraufbereitungsanlage. Im Wesentlichen leite der Konzern noch Abwasser der sanitären Anlagen und Küchen in das kommunale Netz ein. Dadurch ergebe sich "keine negative Auswirkung" auf die Kläranlage, so eine Sprecherin des Unternehmens."
    und
    "Aber wir sehen aus dem Verbandsgebiet des WSE keine Überschreitungen", teilten die Berliner Wasserbetriebe weiter mit.

  2. 57.

    Warum ist das so? Wenn das nur Sanitärabwasser ist, sollten die Beschäftigten einfach drei, viermal spülen, dann sollten die Werte verdünnt werden. Wassersparen wird offenbar übel genommen.

  3. 56.

    Aber mal ehrlich, nicht nur Tesla hat ein Abwasserproblem.

    Auch im Abwasser vom Bundestag sollen schon so einige eigenartige Substanzen gefunden worden sein.
    Soll das bei Tesla anders sein? Alle Abwassersubstanzen von Tesla sind wohl noch nicht untersucht.
    Nach dem Motto, was mein Chef nimmt, kann doch nicht verkehrt sein.
    Was ist uns noch nicht bekannt bzw. wird uns vorenthalten?

    Seit 2019 wird von uns TESLA Kritikern immer wieder auf die Wasser- und Abwasserprobleme intensiv hingewiesen.
    Übrigens, was sagt denn das LfU?

    Interessant, seit Jahren, ja seit Jahren soll das Tesla Abwasser Probleme haben. Das ist Tesla Eigenkontrolle oder was?

  4. 55.

    Aber mal ehrlich, nicht nur Tesla hat ein Abwasserproblem.

    Auch im Abwasser vom Bundestag sollen schon so einige eigenartige Substanzen gefunden worden sein.
    Soll das bei Tesla anders sein? Alle Abwassersubstanzen von Tesla sind wohl noch nicht untersucht.
    Nach dem Motto, was mein Chef nimmt, kann doch nicht verkehrt sein.
    Was ist uns noch nicht bekannt bzw. wird uns vorenthalten?

    Seit 2019 wird von uns TESLA Kritikern immer wieder auf die Wasser- und Abwasserprobleme intensiv hingewiesen.
    Übrigens, was sagt denn das LfU?

    Interessant, seit Jahren, ja seit Jahren soll das Tesla Abwasser Probleme haben. Das ist Tesla Eigenkontrolle oder was?

  5. 54.

    Was DIE LINKE und Freie Wähler erwarten, weiß ich nicht. Von Tesla wird jedenfalls erwartet, dass der Konzern sich an vertragliche Festlegungen und Vereinbarungen hält. Wenn Tesla im Vorfeld Abwassergrenzwerte akzeptiert hat, so hat der Konzern auch die Pflicht zu verhindern, dass die nicht überschritten werden. Wenn er dazu nicht in der Lage ist, dann darf er nicht produzieren bzw. muss seine Produktion zurückfahren. Wenn Tesla den Mund zu voll genommen haben sollte, dann muss das Werk eben schließen. Herr Musk hat ja noch die Option, wie einst propagiert, die Bude in einen Rave-Schuppen umzuprofilieren. Er sollte sich jedoch vorher vergewissern, ob er dann möglicherweise gegen Läermschutzvorgaben verstößt.

  6. 53.

    Rbb24 beruft sich auf den „Stern“, „RTL“ und die „MOZ“ und schreibt: „Tesla hat ein Abwasserproblem.“

    Ich korrigiere, der Satz stimmt so nicht, denn Tesla hat kein Problem, sondern der Konzern macht anderen große Probleme, dem WSE, den BWB und den Menschen in der gesamten Region zwischen Erkner und Strausberg, die am Ende die Zeche für die entstandenen Schäden bezahlen müssen. Tesla ignoriert vorgegebene Abwassergrenzwerte und Mahnungen seit offiziellem Produktionsstart im März 2022. Die Aufsichtsbehörde schreitet trotz vieler Einwende und kritischer Hinweise nicht dagegen ein. Die Politik hält sich da ebenfalls lieber heraus. Nicht dass Jemand auf die Idee kommt, dass die Fehlentwicklung in Freienbrink der Truppe Woidke und CO zu verdanken ist. Statt heute in Strausberg die Suppe auszulöffeln, die sie Grünheide eingebrockt haben, labern sie lieber auf der sogenannten Infrastrukturkonferenz in Cottbus rum, um das dort nächste Unheil vorzubereiten.

  7. 52.

    Sobald das Arbeitsamt Platz für ca. 11000 Leute hat ! Was wollen die überhaupt bei Tesla, sich ausbeuten lassen? Sollen doch Stütze kassieren!
    Ironie aus-

  8. 51.

    Die Bedeutung der Grenzwertüberschreitungen ist so etwas Unbedeutendes, dass Fragen zur Seriosität aufkommen.
    Es lenkt auch ab... von der politischen Standortfehlentscheidung für eine solche Größenordnung, trotz Experten-Warnungen. Das ist auch nicht heilbar, wie die immer mehr stückweise Wasserrationierungen zeigen. Ab 2025 sind die Bestandsbauten dran...

  9. 50.

    Die Bedeutung der Grenzwertüberschreitungen ist so etwas Unbedeutendes, dass Fragen zur Seriosität aufkommen.
    Es lenkt auch ab... von der politischen Standortfehlentscheidung für eine solche Größenordnung, trotz Experten-Warnungen. Das ist auch nicht heilbar, wie die immer mehr stückweise Wasserrationierungen zeigen. Ab 2025 sind die Bestandsbauten dran...

  10. 49.

    Na so eine Überraschung!

    Nicht.

  11. 45.

    Erwarten Linke und Freie Wähler, dass Tesla das Abwasser wieder mit Trinkwasser verdünnt, damit es nicht zu dreckig in der Kläranlage landet?

  12. 44.

    "Sanitär-Abwasser"
    Was essen die da bloß?

  13. 43.

    "Warum tut man das? Vielleicht weil das Abwasser pro m³ bezahlt wird?" Wie wäre die einfache Lösung. Man kann das zurückgewonnene Wasser als Prozeßwasser einsetzen oder für die Sanitäranlagen und vermeidet dadurch einen noch höheren Wasserbedarf.

  14. 42.

    Ich sehe jetzt nicht das Problem - als Analytischer Chemiker. Das ist Abwasser und läuft mit anderen Abwässern in eine Kläranlage. Welche Annahmegrenzwerte hat denn die Kläranlage?

  15. 41.

    Die erhöhten Messwerte sind vermutlich gar nicht so schlimm, kann man sicher in Münchehofe im Klärwerk beseitigen, bevor das Wasser dann in die Spree geht. Phosphor und Stickstoff fördern -lediglich- das Pflanzenwachstum im Gewässer.

    Der Schaden wird vermutlich bei der WSE liegen, da sie lt. Beitrag Mehrausgaben in MIllionenhöhe befürchten. Schließlich lässt sich Berlin den erhöhten Kläraufwand bezahlen.

  16. 39.

    "Phosphor und Stickstoff sind zwei Pflanzennährstoffe und für Menschen wichtig"-Zitat rbb s.o.
    Na da bedanken wir uns doch bei Elon das er uns im Übermaß Nährstoffe zukommen lässt. Natürlich wird wieder gemeckert, wo bleibt eigentlich unser Tesla Experte Alfred Neumann?

Nächster Artikel