Umstrukturierung der Produktion - Gubener Kunstfaser-Hersteller Trevira baut weitere 210 Arbeitsplätze ab

Do 26.09.24 | 16:26 Uhr
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Eine Arbeiterin im Textilfaserwerk in Guben (Bild: dpa/Pleul)
Audio: Studio Cottbus | 26.09.2024 | Florian Ludwig | Bild: dpa-Zentralbild

Erst im letzten Jahr kündigte der Trevira-Mutterkonzern Indorama einen Abbau von rund 100 Stellen im Gubener Werk an - nun sollen bis nächstes Jahr weitere 210 Mitarbeiter gehen. Der Bürgermeister spricht von einem "Stich ins Herz".

Beim Kunstfaser-Hersteller Trevira in Guben (Spree-Neiße) soll die Produktion umgestellt und Hunderte Arbeitsplätze dabei abgebaut werden. Das hat der thailändische Mutterkonzern Indorama am Donnerstag mitgeteilt.

In der Mitteilung heißt es, Indorama passe seine Produktionsanlagen in Guben an das "wettbewerbsintensive Marktumfeld in der Chemiefaser-Industrie" an. So soll die Produktion von Polyester-Filamentgarnen (Filamente = Fasern, Anm.d.Red.) eingestellt und von den italienischen Standorten des Konzerns übernommen werden. Der Standort Guben soll sich dagegen auf die Polykondensation konzentrieren. Das soll bei der Weiterentwicklung nachhaltiger PET-Filamente helfen, heißt es in der Mitteilung.

Mitarbeiter am Donnerstag informiert

Bis Mitte 2025 sollen laut Indorama rund 210 Arbeitsplätze abgebaut werden, überwiegend in der Gubener Produktion. Er sei sich der Auswirkungen dieser Entscheidung bewusst, lässt sich der Geschäftsführer von Indorama Germany, Klaus Holz, in der Mitteilung zitieren. "Gleichzeitig erfordert der hohe wirtschaftliche Druck unser Handeln, und wir glauben, dass eine fokussierte Produktion in Italien der beste Weg für das Geschäft und unsere Kunden ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben", heißt es.

Die Mitarbeiter seien am Donnerstag über die Situation informiert worden. Der Stellenabbau soll "so sozialverträglich wie möglich" gestaltet werden. Unternehmens- und Arbeitnehmervertreter sollen in den kommenden Wochen einen Sozialplan aushandeln.

Gubens Bürgermeister Fred Mahro (CDU) äußerte sich auf rbb-Anfrage enttäuscht. "Wenn man jetzt die Zahl der anstehenden Entlassungen sieht, dann trifft es jetzt auch Arbeitnehmer, die hier in Guben ihr ganzes Leben bei Indorama, Trevira, bei allen Werken davor verbracht haben", so Mahro. Das Werk sei das Herz des Gubener Industriegebietes, so Mahro, "dieses Herz hat jetzt einen richtigen Stich bekommen, der sicher noch lange in Guben wirken wird", so der Bürgermeister.

Rund 550 Mitarbeiter sind im Gubener Textilfaserwerk beschäftigt. Erst zu Beginn des Jahres waren rund 100 Menschen entlassen worden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 26.09.2024, 15:30 Uhr

16 Kommentare

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  1. 16.

    Der Energiekrieg von Putin hat zwar Energiepreise steigen lassen. Mittlerweile sind die auch dank Habeck wieder gesunken und liegen im EU-Mittelfeld. Man konnte aber mal Lindner fragen, wie er mit dem Bürokratieabbau voran kommt. Sein Ministerium ist auf Bundesebene für knapp die Hälfte des Aufwands verantwortlich.

  2. 15.

    Man kann es Kapitalismus nennen oder auch Weltwirtschaft. Oder eben ein normales menschliches Denken: wie viele Leute kaufen ihre Klamotten eben auch da, wo es besonders "billig" ist. Diese Transformationen gehören zu unserer Gesellschaftsform, kann man mögen oder auch nicht. Konzentriert ist das im Ruhrgebiet zu sehen: die so "traumatische Wende der DDR" ist dort kein einmaliges Ereignis sondern Alltag seit Bestehen der BRD und meist ohne jahrzehntelange Übergänge (siehe Milliarden für die Lausitz). Vorteile (ja, gibt es tatsächlich) sind eine hohe Flexibilität und die Stärkung der Selbstverantwortung und Eigeninitiative. Der Ruf nach "dem Führer" ist dort kaum zu hören - die Leute packen einfach an, so wie damals 1000 m unter der Erde im Bergbau!

  3. 14.

    In Italien ist ja auch besseres Wetter und es gibt EU-Freizügigkeit. Niemand muss in Guben bleiben, wer den Job mag lernt italienisch.

  4. 13.

    Der Energiekrieg von Putin hat zwar Energiepreise steigen lassen. Mittlerweile sind auch dank Habeck wieder gesunken und liegen im EU-Mittelfeld. Man konnte aber mal Lindner fragen, wie er mit dem Bürokratieabbau voran kommt. Sein Ministerium ist auf Bundesebene für knapp die Hälfte des Aufwands verantwortlich.

  5. 12.

    Jetzt sind noch 550 Mitarbeiter dort beschäftigt. Erst zu Beginn des Jahres waren rund 100 Menschen entlassen worden. Nun sollen weitere 210 Mitarbeiter gehen. Sieht nach einer schleichenden Stilllegung des Gubener Werkes aus. Leider geht aus dem Artikel nicht hervor, was die Gründe hierfür sind. Es wird von hohem wirtschaftliche Druck gesprochen, der eine teilweisen Verlagerung der Produktion an das italienische Werk erforderlich mache, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Unter dem Strich ist festzustellen, dass es immer mehr Gründe gibt, aus Deutschland abzuwandern.

  6. 11.

    Muss nicht sein.
    Bei energieintensiven Unternehmen werden die Energieversorgung meist kurzfristig über Tagespreise beschafft. Hier sind die Preise in den letzten Jahren gestiegen, da die Verfügbarkeit generell zurück gegangen ist. z.Bsp. musste Frankreich dieses Jahr AKWs runterfahren, wegen Wassermangel in den Gewässern zur Kühlung der Anlagen, Norwegen seine Wasserkraftreserven sind gesunken, wegen Magel am Niederschlägen im Winter. Es sind also nicht nur geopolitische Probleme, aber auch die USA hatten zwischenzeitlich ihr Frackinggas lieber nach Asien geschickt, da die besser zahlten.
    Durch permanent steigenden Energieverbrauch durch z.Bsp. Digitalisierung und KI kommt es auch zu Verknappung, so dass auch langfristige Verträge teuer geworden sind.
    Zusätzlich gibt es Umweltabgaben, die sich auf die Energiekosten niederschlagen, welche in Italien ggf nicht vorhanden sind und die Versorgungssicherheit ist dort größer, da es andere Möglichkeiten hat, Energie zu beziehen.

  7. 10.

    Das ganze hat nichts mit Politik zu tun. Die Energieintensivste Abteilung die Poly bleibt ja bestehen genauso wie die Produktion in Bobingen

  8. 9.

    "Aber wohl an den extrem gestiegenen Preisen für Energie, die eine Produktion in Deutschland nicht mehr rentabel macht."

    Sind die denn extrem gestiegen? Also ja, als Russland und den Gashahn zugedreht hat. Das ist ja nun aber auch schon ein Weilchen her. Und ich weiß jetzt nicht, welche Energie die zur Produktion brauchen - Strom oder Gas; aber es gibt ja auch spezielle Preise für die Industrie.

    Und wenn ich lese, dass sie Produktion nach Italien verlagert wird.... Strom ist da genauso teuer

  9. 8.

    Das sind nicht nur die hohen Energiepreise/Kosten sondern die total verpfehlte Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung mit den nicht vorhandenen Rahmenbedingungen sowie die Bürokratie bei Vergabe von irgendwelchen Genehmigungen für die einzelnen Unternehmen.

  10. 7.

    Die Schließung der PET-Anlage in Rotterdam hatte Indorama im Juli mit „steigenden Arbeits-, Rohstoff- und Energiekosten sowie Billigimporten und strukturellen Veränderungen in der Industrie“ begründet. Für Guben sind es vermutlich die gleichen Gründe.

    Traurig für die betroffenen Beschäftigten, denen ich alles Gute wünsche.

  11. 6.

    Aber wohl an den extrem gestiegenen Preisen für Energie, die eine Produktion in Deutschland nicht mehr rentabel macht.

  12. 5.

    Die Wahl hat damit wohl nichts zu tun. Ausländische Firmen ticken manchmal anders als deutsche Firmen. P.S.: ....und die Grünen sind auch nicht schuld an den Kündigungen.

  13. 3.

    Natürlich hat INDORAMA nur auf diesen Wahl-Sonntag gewartet...so ein Quatsch

  14. 2.

    Kommt jetzt die Realität nach der Wahl?

  15. 1.

    Der Mitarbeiter ist immer das schwächste Glied in der Kette wenn die Zahlen nicht mehr stimmen. Da kommt dann ganz schnell die Kündigung.

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