Personalnot - Fast zehn Prozent der ärztlichen Bereitschaftsdienste in Berlin unbesetzt

Mi 30.10.24 | 07:08 Uhr | Von Sabine Müller
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Symbolbild: Ein Hausarzt untersucht einen Patienten. Quelle: picture alliance/dpa/Bernd Weißbrod)
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Audio: Inforadio | 30.10.2024 | Sabine Müller | Bild: picture alliance/dpa/Bernd Weißbrod

Ein Urteil zur Sozialversicherungspflicht hat das eingefahrene System des Kassenärztlichen Notdienstes in Berlin in Unruhe gebracht. Die Folge sind große Lücken in den Dienstplänen. Die KV Berlin sieht das Wohl der Patienten aber gesichert. Von Sabine Müller

In Berlin müssen Patientinnen und Patienten, die abends oder am Wochenende einen nicht-lebensbedrohlichen Notfall haben, eventuell länger in der Notdienstpraxis oder auf den Hausbesuch warten. Fast jede zehnte Schicht konnte in diesem Jahr beim ärztlichen Bereitschaftsdienst nicht besetzt werden.

Längere Wartezeiten bei Behandlungen und Untersuchungen

Die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) teilte dem rbb auf Anfrage mit, von Januar bis September seien in den Notdienstpraxen, bei der Telefonhotline und beim fahrenden Bereitschaftsdienst insgesamt 8.674 Dienste angesetzt gewesen. 812 davon seien unbesetzt geblieben, das sind knapp 9,4 Prozent. Laut einer Sprecherin der KV kann es deshalb sein, dass Patientinnen und Patienten "im Einzelfall länger auf eine Behandlung oder einen Hausbesuch warten müssen". Die KV versichert aber, "das Patient:innenwohl" sei "stets gewährleistet".

Grund für die vielen unbesetzten Schichten ist, dass die Kassenärztliche Vereinigung in den Bereitschaftsdiensten aktuell praktisch keine sogenannten Poolärztinnen und -ärzte mehr einsetzt, also Medizinerinnen und Mediziner, die nicht in einer Kassenpraxis arbeiten, sondern etwa in Kliniken und Betrieben oder die bereits im Ruhestand sind. Bis Ende 2023 waren sie auf Honorarbasis tätig.

Laut einem Gerichtsurteil vom Herbst 2023 müssen diese gut 100 Poolärztinnen und -ärzte sozialversichert werden. Die Berliner KV hält dies aber bürokratisch und finanziell für nicht leistbar.

Vor allem Schichten für Hausbesuche betroffen

In Berlin blieben in den ersten neun Monaten dieses Jahres vor allem Schichten beim fahrenden Ärztlichen Bereitschaftsdienst, der für Hausbesuche zuständig ist, unbesetzt. Laut KV waren es knapp 14 Prozent. Deutlich besser sah es in den anderen Bereichen aus. In den Notdienstpraxen für Erwachsene konnten 2,8 Prozent der Dienste nicht besetzt werden, bei den Notdienstpraxen für Kinder und der Patienten-Hotline 116 117 waren es jeweils gut 1,6 Prozent.

Die Befürchtung, die Berliner Notdienstpraxen müssten eventuell ihre Öffnungszeiten einschränken, hat sich bisher nicht bewahrheitet. Laut KV sind alle elf Praxen sowohl am Freitagnachmittag/-abend als auch an Wochenenden und Feiertagen zu den gewohnten Zeiten erreichbar.

Ärzte an der Telefonhotline nicht sozialversicherungspflichtig

An der Telefonhotline sind nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung seit Anfang April wieder alle geplanten Schichten besetzt, weil dort seitdem wieder Poolärztinnen und -ärzte aktiv sind. Ihre Einsätze wurden unter anderem durch mobiles Arbeiten so verändert, dass sie nun nicht mehr als sozialversicherungspflichtig gelten.

Das Modell lässt sich allerdings nicht auf die Schichten in den Notdienstpraxen und beim fahrenden Bereitschaftsdienst übertragen. Dort müssten jetzt "andere Lösungsansätze erarbeitet werden", heißt es von der KV. Sie hat die Bundesregierung bereits mehrfach aufgefordert, alle Poolärztinnen und -ärzte "umgehend" von der Sozialversicherungspflicht zu befreien.

Sendung: rbb24 Inforadio, 30.10.2024,

Beitrag von Sabine Müller

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11 Kommentare

  1. 11.

    Stellt Euch darauf ein , Old Germany rutscht in die Pleite.
    Warum ?
    Dies kann jeder jeden Tag sehen .

  2. 10.

    Quatsch mit Soße!
    Wir brauchen mehr Ärztinnen - es müssen mehr ausgebildet werden und auf'm Land mit lukrativen Angeboten die jüngeren Ärztinnen angelockt werden!

  3. 9.

    Hier muss den Selbständigen und Unternehmern endlich wieder mehr Freiheit zugestanden werden - diese ganze SV-Thematik behindert uns in unserer zukünftigen Entwicklung! Weniger ist mehr, also weniger staatliche Vorgaben! Mehr Freiheit und Selbstverantwortung. Passt auch besser in die heutige Zeit.

  4. 8.

    Oh Gott! Wir brauchen MEHR Ärztinnen!!!

  5. 7.

    Sie vergessen, dass das nicht für den Arzt selbst ist, sondern für die Solidargemeinschaft. Dort wird Geld verdient, also gehört ein entsprechender Anteil in die Sozialversicherung. Sofern es nicht selbständig oder oberhalb der Versicherungsgrenze ist. Genau so wird wohl auch das Urteil gelautet haben.

  6. 6.

    Linu, die Ärzte auf Rente oder die Selbständigen ohne Kassenzulassung oder die Klinikärzte benötigen nicht NOCH eine Sozialversicherung, sie sind auch ohne Dienst auf der 116117 versichert oder verrentet. Freiberufler oder Minijobber fallen da raus.

  7. 5.

    Juti, also 100 Poolärzte sozial-zu-versichern ist BÜROKRATISCH aufwändiger und kostet mehr als tausende am Abend / in der Nacht krank Werdende in die Notaufnahmen der Kliniken zu treiben, wo die Ärzte offenbar billiger sind und mangels Beschäftigung rumhocken???????? Oder sollen die Kranken wieder wie vor 2 oder mehr Jahren den RTW rufen, die dann jede Schicht in den Ausnahmezustand gehen? Genau DAS wollte man doch beseitigen/vermeiden... ?

  8. 4.

    „ Ihre Einsätze wurden unter anderem durch mobiles Arbeiten so verändert, dass sie nun nicht mehr als sozialversicherungspflichtig gelten.
    Sie hat die Bundesregierung bereits mehrfach aufgefordert, alle Poolärztinnen und -ärzte "umgehend" von der Sozialversicherungspflicht zu befreien.“
    Das sollte sich mal irgendeine Firma trauen…. Der Aufschrei wäre noch am Nordpol zu hören…

  9. 3.

    Ist: Die Deutsche Rentenversicherung hat ein Urteil zur Sozialversicherungspflicht des KV-Notdienstes- wie für viele andere Freiberufliche Tätigkeiten auch-erstritten . Der Gesetzgeber ändert nichts und die Krankenkassen wollen die Zusatzkosten nicht tragen. Warum soll die KV das Geld von anderen Kassenpraxen wegnehmen? Sollen die Wartezeiten auf Arzttermine noch länger werden?

  10. 2.

    Die KV umgeht die Sozialversicherungspflicht? Weil, das sei zu bürokratisch und nicht finanzierbar? Die KVen unterhalten selber einen irren Bürokratieaufwand, und allein die Vorstandsgehälter sind nicht ohne. Die KV lebt von Sozialabgaben. Vielleicht gibt es da mal irgendwo in einer Ecke der Bude einen hellen Kopf, der ein mögliches Beschäftigtenverhältnis für die Notdienste findet, das SV-Abgaben von Ärztehonoraren ermöglicht, ohne daß die arme KV daran zugrunde geht. Die Bundesregierung auffordern... ist denen das nicht peinlich?

  11. 1.

    Wie so häufig, hat die KV wieder eine „kluge“ Entscheidung getroffen. Trotz Ärztemangel, schafft man auch noch die Poolärzte ab und vergrößert damit den Mangel. Ich habe gelegentlich den Verdacht dass diese Politik bewusst betrieben wird oder es ist Dummheit.

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