Film "Dune" - Potsdamer Gerd Nefzer gewinnt Oscar für visuelle Effekte

Mo 28.03.22 | 08:03 Uhr
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Brian Connor (l), Paul Lambert, Gerd Nefzer, und Tristan Myles (Quelle: dpa/Jordan Strauss)
Video: Abendschau | 25.03.2022 | Tim Jaeger | Bild: dpa/Jordan Strauss

Wenn Schiffe versinken oder Sandstürme peitschen sollen, meldet sich Hollywood bei Gerd Nefzer. Er hat in "Dune" auch Sandwürmer zum Leben erweckt - unter anderem dafür hat er in der Nacht auf Montag einen Oscar gewonnen. Von Ivo Ziemann

Gerd Nefzer ist ein bescheidener, bodenständiger Typ. In Jeans und Pullover wirkt er wie der nette Mann von nebenan. Seine Firma hat ihren Sitz auf dem Gelände von Studio Babelsberg, und nichts weist auf den ersten Blick darauf hin, dass der Laden bereits einmal mit einem Oscar dekoriert wurde - für Spezialeffekte in dem Film "Blade Runner 2049". Das war 2018.

Jetzt hat Nefzer mit seinen "Special Effects" den zweiten Oscar gewonnen - in der Kategorie Visuelle Effekte für den Science-Fiction-Film "Dune", wie die US-Filmakademie in der Nacht zum Montag in Los Angeles bekanntgab.

Und obwohl er das alles schon kennt, war er vor der Bekanntgabe der Preisträger aufgeregt. "Das ist absoluter Wahnsinn. Also es ist irre und schon der Weg dahin und der Weg zum roten Teppich, ist einmalig. Ich bin schon ein bisschen aufgeregt", beschreibt er seine Gefühle rund um die Verleihung in der Nacht von Sonntag auf Montag.

Wenn von Special Effects die Rede ist, sind nicht etwa Computereffekte gemeint - Nefzer ist Handwerker. Für das Kino-Epos "Dune" hat er tief in die Trickkiste gegriffen, und das hat seiner Firma einiges abverlangt. Mehrere Monate lang haben die Mitarbeiter an den vielen Spezialeffekten getüftelt.

Männer, die im Sand versinken

Der Film spielt auf einem Wüstenplaneten, und da mussten unter anderem Männern im Sand versinken. Sowas gab es bisher noch nie und es war richtig knifflig. Die Lösung waren Stahlplatten im Wüstensand. "Unter die Platten haben wir starke Vibrationsmotoren gebaut, die man regulieren konnte. Die haben wir dann einen halben Meter tief in der Wüste vergraben. Durch die Vibrationen gehen die Körner auseinander und sind nicht mehr verdichtet und dann versinkt der Mensch langsam im Sand", erklärt Gerd Nefzer.

Das war Handwerk, Einfallsreichtum und ein bisschen Glück, dass es am Ende auch wirklich geklappt hat. Das Ergebnis hat er selbst erst auf der Leinwand gesehen: "Wir haben gedacht das sieht ganz okay aus. Ganz hundertprozentig waren wir aber nicht überzeugt davon. Aber wenn ich es jetzt im Film sehe, dann ist es einfach super und viele Menschen sprechen darüber, weil es auch einfach so eine geniale Idee war".

Corona auskuriert

Bis zuletzt stand seine Reise zu den Oscars wegen einer Corona-Infektion auf der Kippe - aber nun war Gerd Nefzer doch persönlich dabei. Nach einem negativen Test am Freitag sei er am Samstag noch schnell von Deutschland nach Los Angeles geflogen, teilte der gebürtige Schwabe nach seiner Ankunft in Kalifornien der Deutschen Presse-Agentur mit.

Palmen brennen drehtagelang

In einer anderen Szene sollten 20 Palmen lichterloh brennen - und zwar über mehrere Drehtage hinweg. Unmöglich, so viele echte Palmen niederzubrennen - es musste also ein Weg gefunden werden. Nefzers Lösung: Es wurden 300 Palmblätter aus Stahl angefertigt und mit Hilfe von Gas, das darumgeleitet wurde, scheinbar in Brand gesetzt. Letztlich war es dann eine gigantische Aufgabe: Bei dem Dreh mussten zwei 5.000-Liter-Propangastanks und Alkoholpumpen bedient werden. Um das Feuer am Brennen zu halten, waren 25 Mitarbeiter nötig.

Aber warum muss es überhaupt noch so aufwändig sein, wenn man doch heutzutage alles am Computer machen kann? Es sei immer noch etwas ganz anderes, wenn ein Raumschiff wirklich im Sandsturm verschwinde und wirklich da sei, statt vor einer grüner Wand zu stehen, sagt der 56-Jährige: "Auch für die Schauspieler ist es ein anderes Gefühl, die Szene wirklich an einem echten Ort zu spielen."

Inzwischen hat Nefzer die Kunst der Film-Effekte perfektioniert. Darin stecken fast 30 Jahre Erfahrung, denn so lange gibt es die Firma in Babelsberg schon. Alles fing mit einer angemieteten Garage für ein paar Nebelmaschinen an. Die Firma wuchs und wuchs, immer mehr große Aufträge kamen dazu und inzwischen sind die Nefzers aus Babelsberg nicht mehr weg zu denken, freut sich der ehemalige Agrartechniker, der die Firma gemeinsam mit seinem Schwager Uli leitet. An praktisch allen Babelsberger Produktionen der vergangenen 29 Jahren waren die Nefzers beteiligt. In der Fachpresse werden er und seine Mitarbeiter dafür gefeiert - es war also nicht ganz abwegig, dass es jetzt den zweiten Oscar gab.

Der Film "Dune" war nicht umsonst für gleich zehn Oscars nominiert und Gerd Nefzer hoffte sehr für sein ganzes Team auf diese tolle Auszeichnung. Schließlich hatten alle viele Monate darauf hingearbeitet.

Und ganz nebenbei sei es auch noch ein unglaubliches Gefühl selbst dabei zu sein, sagte Nefzer vorab. "Man erfährt es dann wirklich an dem Abend, wenn derjenige den Zettel aus dem Kuvert zieht und sagt "The Oscar goes to...". Das ist dann auch der bewegendste Moment. Wenn dann der Name kommt und man hat gewonnen - das ist einfach Glücksmoment, Gänsehaut, ganz toll."

Die Oscar-Gewinner in den 23 Kategorien:

- Bester Film: "Coda" von Siân Heder

- Regie: Jane Campion für "The Power of the Dog"

- Hauptdarsteller: Will Smith in "King Richard"

- Hauptdarstellerin: Jessica Chastain in "The Eyes Of Tammy Faye"

- Nebendarstellerin: Ariana DeBose in "West Side Story"

- Nebendarsteller: Troy Kotsur in "Coda"

- Internationaler Film: "Drive My Car" von Ryusuke Hamaguchi

- Kamera: Greig Fraser für "Dune"

- Original-Drehbuch: Kenneth Branagh für "Belfast"

- Adaptiertes Drehbuch: Siân Heder für "Coda"

- Schnitt: Joe Walker für "Dune"

- Filmmusik: Hans Zimmer für "Dune"

- Filmsong: "No Time To Die" von Billie Eilish and Finneas O'Connell

- Produktionsdesign: Patrice Vermette, Zsuzsanna Sipos für "Dune"

- Ton: Mac Ruth, Mark Mangini, Theo Green, Goug Hemphill, Ron
Bartlett für "Dune"

- Visuelle Effekte: Paul Lambert, Tristan Myles, Brian Connor, Gerd
Nefzer für "Dune"

- Animationsfilm: "Encanto" von Byron Howard, Jared Bush

- Animations-Kurzfilm: "The Windshield Wiper" von Alberto Mielgo und
Leo Sanchez

- Dokumentarfilm: "Summer of Soul (...Or, When the Revolution Could
Not Be Televised)" von Ahmir "Questlove" Thompson, Joseph Patel,
Robert Fyvolent and David Dinerstein

- Dokumentar-Kurzfilm: "The Queen of Basketball" von Ben Proudfoot

- Make-up/Frisur: Linda Dowds, Stephanie Ingram, Justin Raleigh für
"The Eyes of Tammy Faye"

- Kostümdesign: Jenny Beavan für "Cruella"

- Kurzfilm: "The Long Goodbye" von Aneil Karia und Riz Ahmed

Sendung: Inforadio, 28.03.2022, 06:00 Uhr

6 Kommentare

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  1. 6.

    Danke für die Zustimmung.
    Es sind aber im Grunde ZWEI Gründe, warum ich solche Hitparaden ablehne:
    Einmal die Tatsache, dass hier (wie erwähnt) letztendlich den Ausschlag gibt, was eine bestimmte Personengruppe wie sehr mag.
    Und dann noch der Zufallsfaktor:
    Mal muss man einen Durchschnittsfilm zum Sieger krönen, weil halt nichts besseres geboten wurde, dann wieder geht der eine oder andere tolle Streifen leer aus, weil zufälligerweise gerade die Konkurrenz zu stark war/ist.
    Übrigens hätte ich "Coda" schon deshalb nicht zum besten Film gewählt, weil er nur ein Remake der sympathischen französischen Komödie "Verstehen Sie die Béliers?" ist (die ich besonders an einem schönen Frühlingstag nur empfehlen kann); von einem "Film des Jahres" erwarte ich mehr Originalität.

  2. 5.

    Wie vieles im Leben ist auch eine Priesverleihung immer sehr subjektiv. Sie haben recht: so ziemlich jeder nominierte Film hätte auf seine Weise einen Preis verdient. Aber: Es kann nur Einen geben, so ist das eben.
    Ich gratuliere jedenfalls wieder den Babelsbergern für ihre Leistungen und Kreativität. Schön, dass noch echtes Handwerk geschätzt wird und nicht nur digitale special effects. Mir personlich hat "Dune" sehr gut gefallen.

  3. 4.

    Herzlichen Glückwunsch an unsere beiden Goldjungs. Ich finde die Oscar Verleihung immer wieder spannend und dieses Jahr gab es dank Will Smith mal wieder einen handfesten Skandal......und was Kommentator Nr 2 als lächerlich sieht ist für viele etwas ganz wichtiges.
    Man braucht sich die Verleihung weder anschauen noch andere Medien dazu konsumieren wenn einem das nicht gefällt.

  4. 3.

    Korrektur: Den Oscar für "Feuerball" bekam John Stears natürlich erst 1966.

  5. 2.

    Finde ich lustig, dass der sonst so gern geschmähte Hollywood-Kommerz so gern bundesdeutsche Mendiendominanz erhält, wenn mal wieder ein Deutscher (dieses Jahr sogar mal ZWEI Deutsche) einen Oscar erhält.
    (Was vielleicht mal erwähnt werden sollte: Den letzten Effekte-Oscar für eine Einzelperson hat 1965 "Feuerball" gewonnen.)
    Und geradezu lächerlich ist dieses Hochjubeln, wenn es um unwichtige Goldjungen geht, an deren Vergabe sich in Hollywood ein paar Tage später kaum noch jemand erinnern kann (bester Kurzfilm, bester ausländischer Film etc.).
    "Dune" mag den Oscar für die besten Spezialeffekte verdient haben, doch zeigt gerade dieser Preis für mich die Widersinnigkeit desselben auf.
    Denn JEDER der nominierten Filme hätte diesen Oscar mehr als verdient.
    Letztenendes wird nach Geschmack entschieden.

  6. 1.

    And the Oscar goes to......na dann drücke ich mal ganz fest die Daumen. Viel Glück heute Nacht in L.A. Ich habe meine erste Oskar Übertragung gesehen als der Film "Das Schweigen der Lämmer" ausgezeichnet wurde . Ein starker Film und großartige Schauspieler. Das war spannend.

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