Rechtsstreit mit Bund und Brandenburg - Hohenzollern wollen auf Teil von Entschädigungsforderungen verzichten
Georg Friedrich Prinz von Preußen hat in einem Interview angekündigt, dass das Haus Hohenzollern auf Entschädigungsansprüche für Tausende Kunstwerke verzichtet. Darunter sind auch zahlreiche Objekte, die sich in Brandenburg befinden.
Im jahrelangen Rechtsstreit zwischen dem Haus Hohenzollern und der öffentlichen Hand über die umstrittene Entschädigung von nach 1945 enteigneten Gegenständen und Immobilien will das Haus Hohenzollern einem Medienbericht zufolge einen Teil seiner Forderungen an den deutschen Staat aufgeben. Entsprechend äußerte sich Georg Friedrich Prinz von Preußen in einem Interview mit der "Welt".
Demnach verzichten die Hohenzollern auf rund 4.000 Objekte, "Kunstwerke und Ausgleichszahlungen", wie von Preußen der "Welt" sagte. Zur Begründung führte er an, ein gerichtliches Verfahren werde vermutlich noch weitere Jahre dauern. Zudem wolle er den "Weg freimachen für eine unbelastete Debatte". Im Streit um die Entschädigungen hatte das Haus Hohenzollern auch Wissenschaftler und Journalisten verklagt.
In dem Verfahren ist entscheidend, ob der Kronprinz Wilhelm von Preußen während des NS-Regimes die Nationalsozialisten maßgeblich unterstützt hat. Laut Gesetz bekommt keinen Ausgleich, wer dem NS-System "erheblichen Vorschub geleistet hat". Wilhelm von Preußen ist der Urgroßvater von Georg Friedrich Prinz von Preußen, der die Familie nach außen vertritt.
Gericht: Klagen noch nicht zurückgezogen
Dem Potsdamer Verwaltungsgericht lag nach Angaben seines Sprechers am Mittwoch allerdings noch kein Rückzug der Klagen seitens der Hohenzollern vor, berichtete die Deutsche Presse-Agentur. Dort ist für die Klage auf Entschädigung für die enteigneten Immobilien ein Verhandlungstermin am 13. Juni angesetzt worden.
Juristischer Streit neu aufgeflammt
Der Bund sowie die Länder Brandenburg und Berlin verhandeln mit den Hohenzollern seit 2014 über die Rückgabe von zahlreichen Kunstobjekten und über Entschädigungen; unter anderem geht es um Inventar aus den Schlössern Rheinsberg und Schloss Cecilienhof in Potsdam. Die Gespräche ruhen, seitdem Brandenburg einen seit 2015 laufenden Prozess um enteignete Immobilien wieder aufgenommen hat. Das Land hatte eine Entschädigung auf Basis des Einigungsvertrages abgelehnt. Dagegen klagen die Hohenzollern. Es geht um 1,2 Millionen Euro.
Georg Friedrich Prinz von Preußen werde die Klagen in zwei Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam nun zurückziehen, berichtete die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch unter Berufung auf die in Potsdam sitzende Generalverwaltung des Hauses. Von Preußen werde seine Entscheidung während einer am Donnerstag in Berlin geplanten Veranstaltung zur Geschichte der Familie bekanntgeben.
Nicht abschließend geklärt ist zurzeit, auf welche Ansprüche das Haus Hohenzollern nicht verzichtet.
"Gordischer Knoten durchschlagen"
Die Brandenburger Finanzministerin Katrin Lange begrüßte die Ankündigung für den Verzicht. "Mit dieser Entscheidung ist nun gewissermaßen der Gordische Knoten im Hohenzollern-Komplex durchschlagen worden", teilte die SPD-Politikerin mit. "Es wird damit eine höchst verwickelte und im Einzelnen für Außenstehende kaum mehr nachvollziehbare Debatte um Entschädigungsansprüche verschiedener Art beendet, die es ohne das historische Glück der Deutschen Einheit gar nicht gegeben hätte und auf der auch immer weniger Segen lag für das Ansehen des Hauses Hohenzollern und seinen Platz in der Geschichte." Weitere Streitfragen, etwa zu Leihgaben des Hauses Hohenzollern, seien nun "sicherlich leichter zu klären", zeigte sich Lange überzeugt.
Die Fraktion Die Linke im Landtag bezeichnete die Entscheidung als Erfolg von mutigen Historikerinnen und Historikern, die trotz drohender Verfahren nicht über die historische Verantwortung der Hohenzollern geschwiegen hätten. Nach Ansicht der kulturpolitischen Sprecherin Isabelle Vandre sei es allerdings ein "Wermutstropfen", dass die Frage der Vorschubleistung der Hohenzollern für das NS-Regime nun nicht gerichtlich geklärt werde. "Dem Haus Hohenzollern darf es auf Grund der Verzichtserklärung weder gelingen, sich reinzuwaschen, noch als großer Gönner zu inszenieren", so Vandre.
Auch gegenüber dem Bund hatte von Preußen zuvor entsprechende Schritte angekündigt, wie der DPA am Mittwoch in Berlin bestätigt wurde. Kulturstaatsministerin Claudia Roth begrüßte die Ankündigung. Es sei ein wichtiger Schritt, wenn von Preußen nun bereit sei, "die historischen Fragen von den Fragen des zukünftigen Umganges mit dem kulturellen Erbe des Hauses Hohenzollern zu trennen", sagte die Grünen-Politikerin dem "Spiegel".