74. Filmpreis-Verleihung - Goldene Lola geht an Matthias Glasners Familiendrama "Sterben"

Fr 03.05.24 | 22:11 Uhr | Von Ula Brunner
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03.05.2024, Berlin: Das Team vom Film "Sterben" um Regisseur Matthias Glasner (vorn) freut sich bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises über die Lola in Gold. (Quelle: dpa/Sebastian Gollnow)
Audio: rbb24 Inforadio | 03.05.2024 | Michel Anke | Bild: dpa/Sebastian Gollnow

Mit neun Nominierungen war "Sterben" von Matthias Glasner größter Favorit bei der diesjährigen Filmpreis-Verleihung. Nun konnte er die Goldene Lola für den besten Spielfilm entgegennehmen. Von Ula Brunner

Er ging als uneingeschränkter Favorit ins Rennen um die Goldenen Lola - und am Ende konnte Matthias Glasners "Sterben" die wichtige Trophäe als Bester Spielfilm mit nach Hause nehmen. Doch damit nicht genug: Insgesamt vier Preise gewann das dreistündige Familiendrama.

Das Epos mit Corinna Harfouch und Lars Eidinger hatte in neun von insgesamt 17 Kategorien um die begehrten Trophäen konkurriert. Corinna Harfouch wurde zu Recht für die Rolle der Mutter als Beste Hauptdarstellerin geehrt. Hans-Uwe Bauer erhielt die Lola für die Rolle des Vaters in der Kategorie Bester Nebendarsteller. Für die Beste Filmmusik wurde Lorenz Dangel geehrt.

Ausgangspunkt des teilweise autobiografischen Epos ist der Tod des demenzkranken Vaters Gerd, gespielt von Hans-Uwe Bauer. Das zwingt die entfremdeten Familienmitglieder, sich wieder miteinander auseinanderzusetzen.

"Ich muss zugeben, es war ein echt aufregender Abend. Ich bin ganz schön durch den Wind", sagte Matthias Glasner, als er die Trophäe entgegennahm. Lars Eidinger, der als bester Hauptdarsteller für "Sterben" nominiert war, ging leer aus. Er gratulierte per Video-Live-Schalte. Bereits bei der diesjährigen Berlinale hatte Matthias Glasner für das Drehbuch zu "Sterben" einen Silbernen Bären gewonnen.

Breitgefächertes Spektrum an Nominierungen

Insgesamt sechs sehr unterschiedliche Produktionen waren in der wichtigsten Kategorie "Bester Spielfilm" nominiert. Mit der Lola in Silber wurde das Historiendrama "Der Fuchs" von Adrian Goiginger geehrt. Hauptdarsteller Simon Marzé wurde zudem für die Darstellung des Soldaten, der im Zweiten Weltkrieg einen jungen Fuchs aufzieht, als Bester Hauptdarsteller ausgezeichnet.

Die Lola in Bronze ging an den Politthriller "Im toten Winkel" von Ayse Polat, die auch für das Beste Drehbuch und die Beste Regie prämiert wurde. Polat widmete den Preis "allen Frauen, die mutig für Gerechtigkeit und Freiheit kämpfen." "Im toten Winkel" dreht sich um die Schwierigkeiten einer Crew, die im Nordosten der Türkei einen Dokumentarfilm drehen will. Dabei kommt es zu sonderbaren Zwischenfällen.

"Die Theorie von Allem" räumte in den visuellen Kategorien ab: Neben dem Kamerapreis für Roland Stuprich wurde Timm Krögers gekonnter Genremix in Schwarz-Weiß für das Szenenbild und die visuellen Effekte prämiert.

"Ein ganzes Leben" von Hans Steinbichler nach dem gleichnamigen Roman von Robert Seethaler sowie "Elaha" von Milena Aboyan, die Emanzipationsgeschichte einer deutsch-kurdischen Braut, gingen bei dieser Preisverleihung leer aus.

03.05.2024, Berlin: Regisseur Matthias Glasner und Schauspielerin Corinna Harfouch kommen zur Verleihung des Deutschen Filmpreises. (Quelle: dpa/Christoph Soeder)
Bild: dpa/Christoph Soeder

Bester Dokumentarfilm

Als bester Dokumentarfilm machte "Sieben Winter in Teheran" das Rennen beim Deutschen Filmpreis. Darin arbeitet Regisseurin Steffi Niederzoll die Geschichte der ermordeten Iranerin Reyhaneh Jabbari auf. Die damals 19-Jährige erstach einen Mann, der sie vergewaltigen wollte und wurde dafür vom iranischen Regime zum Tode verurteilt. In der Dankesrede erinnerten die Filmemacher:innen an die vielen politischen Gefangenen im Iran: “Sie kämpfen gegen ein Unrechtsregime, gegen die Todesstrafe und für die Rechte der Frauen”. "Sieben Winter in Teheran" wurde auch für den besten Schnitt (Nicole Kortlüke) geehrt.

Diese Preise waren bereits bekannt ...

Wie in jedem Jahr waren zwei Preise bereits vorab bekannt: "Die drei ??? - Erbe des Drachen" wurde als besucherstärksten Film des Jahres 2023 ausgezeichnet.

Den Ehrenpreis der Akademie für ihre herausragenden Verdienste um den deutschen Film erhielt Hanna Schygulla - und sorgte für die längste und unterhaltsamste Dankesrede. Die Fassbinder-Ikone hatte in zahlreichen Produktionen des Kultregisseurs mitgewirkt, für "Die Ehe der Maria Braun" bekam sie 1979 einen Silbernen Bären. Der internationale Star war zuletzt in Yorgos Lanthimos' Film "Poor Things" zu sehen. "Ich trete hier auf als Erinnerungsstück aus der Vergangenheit, aber ich bin noch mit dabei", sagte die Achtzigjährige. "Soviel Ehre - früher konnte ich das Wort gar nicht leiden, aber jetzt fühle ich doch, dass es mir guttut."

So war die Lola-Gala: Preisträger und Highlights des Deutschen Filmpreises

Zur Verleihung waren rund 1600 Gäste in das Theater am Potsdamer Platz eingeladen. Laudatoren waren unter anderem die oscarnominierte Schauspielerin Sandra Hüller und der Regisseur des oscarnominierten Films "Das Lehrerzimmer", Ilker Çatak.

In ihrer Eröffnungsrede erinnerte Kulturstaatsministerin Claudia Roth auch an die internationalen Konfliktherde: "Ich glaube niemand, niemand hier bleibt unberührt vom Elend der Gewalt, von der Verunsicherung, von der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft, den massiven Bedrohungen, denen die Demokratie und auch die Kultur ausgesetzt sind", sagte sie. Doch in keiner Sekunde, in der gefeiert werde, würden die anderen vergessen werden. "So können und sollen wir feiern, denn wir feiern den Film, seine künstlerische, seine erzählerische, seine gesellschaftliche Kraft."

03.05.2024, Berlin: Düzen Tekkal (l-r), Menschenrechtsaktivistin, die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer und Regisseur Wim Wenders stehen bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises auf der Bühne. (Quelle: dpa/Sebastian Gollnow)
Bild: dpa/Sebastian Gollnow

Standing Ovations für Margot Friedländer

Den berührendsten Moment erlebte die glanzvolle Gala, als sich Margot Friedländer an die Gäste wandte: "Ich spreche für alle, die nicht selbst sprechen können. Es gibt kein jüdisches Blut, kein arabisches Blut, es gibt nur menschliches Blut", erklärte die mittlerweile 102-jährige Holocaust-Überlebende. "Als ich vor 14 Jahren zurückgekommen bin, hätte ich es mir nicht träumen lassen, was jetzt in der Öffentlichkeit los ist. So hat es damals auch angefangen", sagte sie. "In diesem Raum sitzen ganz viele Geschichtenerzähler. Ihr habt die Verantwortung, die Kraft des Films zu nutzen, damit so etwas nie wieder passiert." Auf ihren Appell reagierte das Publikum mit Standing Ovations.

Hochdotierter Kulturpreis

Mit rund drei Millionen Euro für Preise und Nominierungen sind die Lolas der höchstdotierte Kulturförderpreis, den Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) zu vergeben hat. Alleine die Spitzenklasse Bester Spielfilm bringt jeder nominierten Produktion 250.000 Euro. Der Gewinnerfilm bekommt noch einmal die gleiche Summe on top dazu, erhält also eine halbe Million Euro. Dass 2023 mit "Im Westen nichts Neues" ausgerechnet eine Netflix-Produktion vielfach nominiert wurde, während Christian Petzolds "Roter Himmel" es nicht in die Vorauswahl schaffte, führte zu heftigen Debatten - und der Änderung des Auswahlverfahrens.

Neues Auswahlverfahren

In diesem Jahr wurde die umstrittene Vorauswahl durch eine kleinere Kommission gestrichen. Die 2.200 Mitglieder der Filmakademie wählten erstmals die Nominierungen direkt aus den eingereichten Produktionen aus. Im zweiten Schritt kürten sie die Preisträger:innen des Deutschen Filmpreises. Das neue Auswahlverfahren sei sehr erfolgreich angelaufen, betonten Schauspielerin Alexandra Maria Lara (45) und Regisseur Florian Gallenberger (52), die Präsident:innen der Akademie.

Wichtiger deutscher Filmpreis

Mit den Lolas ehrt die Deutsche Filmakademie seit 1951 herausragende Filme und Filmschaffende in insgesamt 17 Kategorien. Ihre Vergabe ist alljährlich ein wichtiges Ereignis für die einheimische Filmindustrie: Sie steigert das Ansehen deutscher Filme weltweit. Um die Rahmenbedingungen für Filmschaffende zu verbessern, kündigte Kulturstaatsministerin Roth an, mit einem Steueranreizmodell mehr Filmproduktionen nach Deutschland zu holen.

Deutscher Filmpreis 2024 - Promis auf dem roten Teppich

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.05.2024, 06:10 Uhr

Alle Preise im Überblick

  • Bester Spielfilm

  • Bester Dokumentarfilm

  • Bester Kinderfilm

  • Beste Regie

  • Bestes Drehbuch

  • Beste weibliche Hauptrolle

  • Beste männliche Hauptrolle

  • Beste weibliche Nebenrolle

  • Beste männliche Nebenrolle

  • Beste Kamera/Bildgestaltung

  • Bester Schnitt

  • Beste Tongestaltung

  • Beste Filmmusik

  • Bestes Szenenbild

  • Bestes Kostümbild

  • Bestes Maskenbild

  • Beste visuelle Effekte

  • Weitere Preise

Beitrag von Ula Brunner

3 Kommentare

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  1. 3.

    Nicht ganz so ernst nehmen..., wenn sich eine Branche selbst feiert, die de gesellschaftliche Meinungsverschiedenheit nicht abbildet.

  2. 2.

    Film "Sterben". Wenn man einen tollen Frühlingstag erlebt hat. Wenn man gut gelaunt ein Gläschen Wein genossen hat. Dann muss man unbedingt in diesen Film. Dieses "Meisterwerk" schafft es problemlos den ganzen Tag zunichte zu machen. Ein Film wie ein Teller Gammelfleisch. Wir wollten nicht Gefahr laufen und Suizidgedanken in uns aufsteigen zu lassen und haben nach 50 Minuten diesen Schwachsinn verlassen. Herzlich Glückwunsch zur Lola.

  3. 1.

    Also wieso der Film „Sieger sein“ in der Kategorie Kinderfilm ausgezeichnet wurde erschließt sich mir nicht. Da macht eine Regisseurin mit Migrationshintergrund einen biographischen Film über ihre Migration nach Deutschland und wie es ihr dann hier in der Schule etc. ergeht. Das ist doch eher dokumentarisch als ein Kinderfilm. Der Checker Toby-Film ist ein Kinderfilm, der das Thema Umwelt und wie wir damit umgehen super thematisiert und zwar kindgerecht. Dieser Film hätte den Preis für den besten Kinderfilm viel eher verdient. Der ausgezeichnete Film hätte eher in die Kategorie Bester Dokumentarfilm gehört.

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