Konzertkritik | Tems im Tempodrom - Auf dem Weg nach ganz oben

Di 09.07.24 | 08:44 Uhr
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Die nigerianische Sängerin Temps am 06.07.2024 in Roskilde, Dänemark. (Quelle: dpa/Gonzales Photo/Erling Brodersen)
Audio: rbb24 Inforadio | 09.07.2024 | Hendrik Schröder | Bild: dpa/Gonzales Photo/Erling Brodersen)

Die Musikerin Tems aus Nigeria ist derzeit der neue Stern am Afrobeat-Himmel. Bei ihrem Konzert in Berlin stimmte alles: die Stimme, die Band, die Inszenierung. Von Hendrik Schröder

Wie aus dem Nichts steht Tems da: Auf einem Showpodest, mitten in Sträuchern, Büschen Gestrüpp. "Born in the wild" heißt ihr im Juni erschienenes Debütalbum und so heißt auch diese Tour, das Motto wird im Bühnenbild offenbar optisch illustriert. Eine Art goldene Schärpe weht um sie herum, die Bühnenbüsche hinter ihr zittern im Ventilatorwind. Tems steht in einem nebelwabernden Lichtkegel und haut sich derart in den Song, dass es aussieht, als würde sie den Mond ansingen. Fast schon ein bisschen viel Inszenierung, aber es funktioniert. Die geschätzt 3.000 Leute im knackvollen Tempodrom machen sofort mit.

"Du sprichst wie ein Frosch"

Dann schreitet Tems die kleine Showtreppe herunter, als hätte nie sie etwas anderes gemacht. Dabei ist das ihre erste große Tour. "It's my first time in Berlin", ruft sie. Klar, in der zweiten Reihe ist sie schon länger eine große Nummer. Hat mit Drake gearbeitet, mit Rihanna. Und macht seit sechs Jahren nur noch Musik. Zwei EPs hat sie veröffentlicht, immer mehr Klicks bekamen ihre Songs, sie war auch in den vergangenen Jahren keine Unbekannte. Aber ihr erstes eigenes ganzes Album, ihre erste dicke Headliner-Tour, das ist jetzt neu.

Und ein paar Songs und Moves reichen, um zu sagen: Da hat jemand das Potenzial zu etwas Großem. Die Frau ist echt speziell, mit so viel Bass und Gefühl und Rhythmus in der Stimme. "Du sprichst wie ein Frosch", haben sie früher, in ihrer Kindheit in Nigeria zu ihr gesagt, weil ihre Stimme nicht hoch und süß war. Erst Jahre später erkannte einer ihrer Musiklehrer, dass hinter der auffälligen Stimme ein Ausnahmetalent steckt und ermutigte sie, weiterzumachen. Jetzt ist Tems Ende 20 und auf dem Weg nach ganz oben.

Komplexer Afrobeat statt Musik von der Stange

Spannend ist auch, dass Tems sich musikalisch für einen durchaus anspruchsvollen Afrobeat entschieden hat und nicht zum Beispiel für leicht wegzusnackenden und charttauglichen RnB. Fast nichts kommt vom Band, alles wird live gespielt. Bei ihr auf der Bühne steht eine ganze Band, mit Percussion und E-Bass und Gitarre und Schlagzeug und spielt ganz schön komplexe Grooves. Nicht bei allen kann das Publikum sofort mit, so sehr es doch will.

Die meisten im Publikum sind unter 30, haben sich in enge Kleider oder Basketballklamotten geworfen, die Haare hochgetürmt und wegen der ganzen Vorfreude einen Spritzer zu viel Duft aufgetragen. Sie sind auf jeden Fall nicht gekommen, um hier nur interessiert rumzustehen oder gar zu sitzen. Und wenn dann mal ein Beat gut knallt und Tems sich mit beiden Händen am Mikroständer festhält und ihre Hüften nach links, nach rechts schmeißt, dann geht ein Raunen, ein Zucken, ein Juchzen durch die Menge und alle machen mit. Dann hoppelt und singt der ganze Laden. Mehr Animation braucht es gar nicht, das geht wie von alleine. Tems - sollte man sich merken.

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.07.2024, 08:55 Uhr

3 Kommentare

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  1. 3.

    Entstanden ist der Name "Afrobeat" in Nigeria. Der bekannte Feta Kuli gründete die Band Lobitos, er beteiligte sich in London bei einem Musikstudium. Er ging zurück nach Nigeria, bekam mit Funk Kontakte, weiter mit Ideen der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und nahm sich die Chance sie in seine Musik mit einfließen zulassen. Er bezeichnete einige Zeit später seine Musik als „Afrobeat“. Als Afrobeat - Liebhaber war mir diese Bezeichnung schon bekannt. Nachlesbar außerdem gut zu erfahren, für noch Unwissende im digitalen Netz.

  2. 2.

    Sowohl den Stil als auch den Begriff hat dessen "Erfinder" Fela Kuti geprägt. Insofern finde ich die Bezeichnung "Afrobeat" nicht schwierig.

  3. 1.

    Ich finde die Bezeichnung „Afrobeat“ schwierig.

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