Grußkarten-Produktion in Hennigsdorf - "Über eine Karte aus dem Briefkasten freut man sich mehr"

Sa 03.12.22 | 13:05 Uhr | Von Karsten Zummack
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Eine Frau packt Geschenke ein, während ein Mann Grusskarten schreibt (gestellte Szene) (Quelle: dpa/Christin Klose)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 03.12.2022 | Bild: dpa/Christin Klose

"Frohe Weihnachten" oder "Schöne Adventszeit": Sekundenschnell sind solche Botschaften per Handy versendet. Doch auch die gute alte Grußkarte ist immer noch nicht ausgestorben. Davon profitiert auch ein Grußkartenproduzent aus Hennigsdorf. Von Karsten Zummack

Ein permanentes Rattern und Klappern schallt aus allen Ecken durch die riesige Fabrikhalle in einem Industriegebiet am Rande von Hennigsdorf (Oberhavel). Da füttert eine Mitarbeiterin eine eckige Industrieanlage stapelweise mit Grußkarten. Hier werden sie verpackt — 75 Stück pro Minute. Und natürlich werden die Produkte hier gedruckt und bedruckt.

Immer der Zeit voraus

Mediengestalter Marvin Hänisch steuert per PC einen großen digitalen Drucker an. Der spuckt lang gezogene Bögen aus. Auf jedem befinden sich vier Weihnachtskarten, bunt mit roten Häusern und grünen Tannen. Doch es handelt sich hier keineswegs um eine Last-Minute-Produktion für Kurzentschlossene, versichert der junge Mitarbeiter.

Stattdessen ist das Unternehmen mit seiner Herstellung der Zeit sogar voraus, in der Regel ein Jahr. Die Karten sind bereits für Weihnachten 2023. "Das hat mit langen Entscheidungswegen zu tun", erklärt Hänisch. Er verweist darauf, dass ein Entwurf entstehen muss. Anschließend gehe es an die Umsetzung, Dateien müssen angelegt werden. Deshalb spuckt der Drucker eben jetzt schon Weihnachtskarten aus, die wohl erst im kommenden Herbst den Weg in den Handel finden dürften.

Lottoläden-Sterben schmälern Vertriebswege

Seit 87 Jahren bereits stellt die Kurt Eulzer Druck GmbH Grußkarten und Ähnliches her. Gegründet in Berlin, ist das Unternehmen 1997 nach Hennigsdorf umgezogen. Hier beschäftigt es aktuell etwa 90 Mitarbeiter. Sie stellen mithilfe moderner Maschinen etwa zehn Millionen Grußkarten im Jahr her, die im gesamten deutschsprachigen Raum verkauft werden.

Doch das Geschäft ist deutlich schwieriger geworden, nicht nur wegen neuer technischer Möglichkeiten. Auch ein Teil der Absatzmöglichkeiten ist weggebrochen. "Es gab früher 27.000 Lottoläden in ganz Deutschland, jetzt sind es 17.000. Dadurch fallen potenziell einige Kunden weg", beklagt Unternehmens-Juniorchef Benjamin Nowozin. Dieser Rückgang kann durch andere neu entstandene Geschäfte teilweise kompensiert werden. Zunehmend verkauft das Unternehmen ihre Produkte außerdem über Supermärkte.

Über eine persönliche Karte, die man aus dem Briefkasten nehmen kann oder die persönlich übergeben wird, freut man sich mehr.

Benjamin Nowozin, Junior-Chef der Kurt Eulzer Druck GmbH

Inspirationen durch digitale Nachrichten

Nicht nur die Vertriebswege ändern sich, sondern natürlich auch die Geschmäcker. Noch immer stellt das Hennigsdorfer Unternehmen die ganze Bandbreite an Grußkarten her. Die sind für Geburtstage bestimmt, für Glückwünsche zur Babygeburt, für traurige Anlässe sowie natürlich für Ostern und Weihnachten.

Doch kaum etwas scheint älter als die Grußkarte vom vergangenen Jahr. Deshalb müssen sie sich in so einem Verlag ständig neu erfinden. In der Grafikabteilung werden die Emotionen auf Papier entworfen, überarbeitet, hier wird experimentiert. "Die Zeiten sind schnelllebiger geworden", sagt Grafikerin Ramona Siegert mit Blick auf die vielen neuen Medien. Durch die per Handy verbreiteten Bilder müsse auch auf den Grußkarten "immer Neues zu sehen sein". Deshalb fließen Trends aus Whatsapp, Facebook oder Instagram inzwischen mit ein in die Hennigsdorfer Grußkartenproduktion.

Investitionen in die Zukunft

Nach einer Flaute zu Beginn der 2000er-Jahre hat sich das Geschäft inzwischen stabilisiert. Das Hennigsdorfer Unternehmen setzt acht Millionen Euro im Jahr um. Und obwohl heute fast jeder ein Smartphone zum ganz schnellen Grüße-Versenden in der Tasche hat, glauben sie hier fest an die Zukunft ihrer Branche.

"Eine Grußkarte ist ein sehr emotionales Produkt. Über eine persönliche Karte, die man aus dem Briefkasten nehmen kann oder die persönlich übergeben wird, freut man sich mehr", glaubt Juniorchef Benjamin Nowozin. Das aktuelle Weihnachtsgeschäft macht ihm da Mut. Deshalb will das Unternehmen weitere zwei Millionen Euro investieren in die eigene Zukunft und die Weihnachtskarten von morgen.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 03.12.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Karsten Zummack

6 Kommentare

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  1. 5.

    Das Geschäft in der Reichsstrasse kuz vor dem U-Bahnhof Neu Westend ist eine reise wert.....

  2. 4.

    Das hört sich ja sehr gut an.
    Und besten Dank für den Tipp, Heike!

  3. 3.

    Ich schreibe persönlich auch gerne mal per WhatsApp z. B. aus dem Urlaub z.B. an Kollegen, aber an die Familie, Freunde und Bekannte gibt es egal zu welchen Anlass immer noch ganz "Old school " eine nette Karte oder einen Brief.
    Ich selber freue mich auch immer noch riesig wenn ich eine Karte oder einen Brief bekomme.
    Und obwohl das Karten und Briefeschreiben ein bisschen aus der Mode gekommen ist, gibt es zum Beispiel in der Reichstraße noch ein wunderbares Fachgeschäft wo man tolles Briefpapier und sehr schöne Karten kaufen kann. Oder auch im KADEWE.

  4. 2.

    Es ist tatsächlich so: Grüße per WhatsApp oder Mail empfinden viele Menschen als gedankenlos hingetippte Textbausteine. Ein Kartengruß hingegen zeigt, dass man gerne etwas Mühe auf sich genommen hat, um dem Adressaten etwas zukommen zu lassen.

  5. 1.

    Das stimmt! Ich verschicke jedes Jahr Weihnachtskarten oder zu Geburtstagen. Das ist zwar aufwändiger, aber man macht immer wieder große Freude. Weiter so!

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