Tierheim Berlin - Neue Quarantänestation für Katzen soll Tierleid mindern
Tausende Katzen leben auf den Straßen Berlins, viele davon sind krank. In der neuen Quarantänestation im Tierheim Berlin werden sie separiert, untersucht und aufgepäppelt. Doch jetzt drohen erhebliche Sparmaßnahmen. Von Juliane Kowollik
- 1.500 Katzen werden jährlich im Tierheim Berlin im Ortsteil Falkenberg abgegeben
- Tiere werden in neuer Quarantänestation separat gepflegt
- Sorgen des Tierheims um Kürzungen im Berliner Haushalt
Bengalkater Lord ist einer der ersten Bewohner der neuen Quarantänestation im Berliner Tierheim. Er wurde vor zwei Tagen gefunden und im Tierheim abgegeben. Neugierig schnuppert er an seiner Übergangsbehausung, einem kleinen Gehege mit Fress- und Trinknapf, auch eine Rückzugsbox steht in der Ecke bereit - eher für die schüchternen Katzen, Lord ist stattdessen erkundungsfreudig. Er begrüßt die Pfleger mit einem lauten Maunzen.
Vermutlich ist dieser kleine Fell-Lord etwa drei Jahre alt und wirkt nach den ersten Untersuchungen fit und gesund. Da er weder gechippt, noch bei Tierregisterportalen wie "Tasso" oder "Findefix" registriert ist, lässt sich nicht nachvollziehen, wohin oder wem er gehört. Etwa die Hälfte der Fundtiere sind nicht gechippt. In ein paar Tagen kann Lord die Quarantänestation verlassen und ins Vermittlungshaus. Dort könnte er von neuen Haltern ausgesucht und mit nach Hause genommen werden.
Quarantänestation ist wie ein Krankenhaus für Menschen
Die neu gebaute Quarantänestation für Katzen wirkt fast wie ein Krankenhaus für Menschen: kahle Flure, Edelstahlablagen, der Geruch von Desinfektionsmittel liegt in der Luft, die Tierärzte tragen weiße Kittel und Handschuhe. In einer Futterküche füllen die Pfleger Katzenfutterdosen in Näpfe um. Spezialnahrung für Katzen mit Allergien oder Diabetes gibt es auch.
In den Quarantänegehegen sind die Katzen allein, aber es gibt auch Zimmer für mehrere pflegebedürftige, aber nicht ansteckende Tiere, eingerichtet mit Kletterbäumen, Katzenklo und Kuscheldecken.
Die neue Station soll es dem größten Tierheim Europas ermöglichen, der Fülle an Katzen Herr zu werden. 1.500 werden hier jedes Jahr abgegeben. Auf Station untersucht sie ein Veterinärmediziner nach Flöhen, Bandwürmern, Katzenschnupfen oder Blasenentzündung, ohne dass die Gefahr besteht, andere Tiere anzustecken.
Eva Rönspieß, Vorstandsvorsitzende des Tierheims sagt, das erleichtere den Alltag sehr. "Die Tiere kommen in ganz unterschiedlichen Gesundheitszuständen hier bei uns an. Manche Halter sind verstorben oder können sich die Tierarztkosten für ihre chronisch kranken Tiere nicht mehr leisten und geben sie hier ab. Wir haben auch schon Katzen gefunden, die gequält wurden, denen etwa die Ohren abgeschnitten wurden", so Rönspieß. "Neulich kam eine Katze zu uns, der wurde mit Absicht Säure ins Gesicht gespritzt. Diesen Tieren können wir jetzt viel besser helfen."
Tierheim rechnet mit "Katzenwelle" im Sommer
120 Plätze hat die neue Station für kranke, verletzte oder traumatisierte Katzen. Sie sollen hier in Ruhe genesen, abseits des trubeligen Tierheimalltags. Im Sommer erwarten die Mitarbeiter hier erneut eine Flut an Neuankömmlingen, vor allem Katzenbabys.
Dann können die Häuser auch mal kurzfristig bis zu 800 Tiere aufnehmen. Wer ein Tier auf der Straße findet, dem es scheinbar nicht gut geht, dem empfiehlt Rönspieß, es dem Veterinäramt oder bei den Tierschutzberatern des Tierheims Berlin zu melden. Straßenkatzen seien nicht zahm und würden die Flucht ergreifen. Eine Fachkraft könne da tierschutzgerecht mit einer Lebendfalle das Tier einfangen.
Für alle Tiere mit Freigang gilt ohnehin in Berlin die Pflicht zur Kastration, zum Chippen und zum Registrieren. Daran sollten sich alle Besitzer zum Wohle des Tieres halten, so Rönspieß. Es sei ganz einfach: Tier beim Tierarzt chippen lassen und dann online registrieren. So sei es schnell möglich, entlaufende Tiere wieder ihrem Besitzer zurückzubringen.
Berliner Sparmaßnahmen: "Genickbruch" für Tierschutz
Der Bau des schlichten, grauen, unverputzten Flachbaus dauerte ein Jahr und hat vier Millionen Euro gekostet. Das Meiste muss über Spenden finanziert werden, der Senat steuerte eine halbe Million Euro hinzu. Nun drohen massive Kürzungen durch den Berliner Senat im Bereich Tierschutz. Laut der Beschlussvorlage, die dem rbb vorliegt, sind Einsparungen von 80 Prozent in diesem Jahr möglich.
Denn um das Haushaltsdefizit von rund 550 Millionen Euro aufzulösen, mussten alle Berliner Senatsverwaltungen bis Ende Mai ihre Listen mit Sparvorschlägen an die Finanzverwaltung schicken. Der Tierschutz fällt in den Bereich der Justiz- und Verbraucherschutzverwaltung. Eine Reduzierung der Zuschüsse würde auch dazu führen, dass entweder nur noch die Tiertafel oder das Tierheim gefördert werden kann. Für beides reiche das Geld nicht mehr.
Eva Rönspieß ist entsetzt: "Das ist ein Genickbruch für den Tierschutz. Allein für den Posten Tierschutz waren für dieses Jahr 250.000 Euro eingeplant: für das Tierheim, für die Tiertafel und für viele andere tolle Initiativen. Und hier sollen 200.000 Euro eingespart werden. Dann blieben 50.000 Euro - das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, so macht man keinen Tierschutz in einer Weltstadt." Rönspieß hofft, dass bei den anstehenden Beratungen im Hauptausschuss der Tierschutz doch noch besser wegkommt.
Sendung: rbb 88.8, 05.06.2024, 17:18 Uhr