Tierheim Berlin - Neue Quarantänestation für Katzen soll Tierleid mindern

Do 06.06.24 | 10:37 Uhr | Von Juliane Kowollik
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Katzen in der neuen Katzenquarantäne-Station im Tierheim Berlin.(Quelle: rbb/Kowollick)
Audio: Antenne Brandenburg | 05.06.2024 | Juliane Kowollik | Bild: rbb/Kowollick

Tausende Katzen leben auf den Straßen Berlins, viele davon sind krank. In der neuen Quarantänestation im Tierheim Berlin werden sie separiert, untersucht und aufgepäppelt. Doch jetzt drohen erhebliche Sparmaßnahmen. Von Juliane Kowollik

  • 1.500 Katzen werden jährlich im Tierheim Berlin im Ortsteil Falkenberg abgegeben
  • Tiere werden in neuer Quarantänestation separat gepflegt
  • Sorgen des Tierheims um Kürzungen im Berliner Haushalt

Bengalkater Lord ist einer der ersten Bewohner der neuen Quarantänestation im Berliner Tierheim. Er wurde vor zwei Tagen gefunden und im Tierheim abgegeben. Neugierig schnuppert er an seiner Übergangsbehausung, einem kleinen Gehege mit Fress- und Trinknapf, auch eine Rückzugsbox steht in der Ecke bereit - eher für die schüchternen Katzen, Lord ist stattdessen erkundungsfreudig. Er begrüßt die Pfleger mit einem lauten Maunzen.

Vermutlich ist dieser kleine Fell-Lord etwa drei Jahre alt und wirkt nach den ersten Untersuchungen fit und gesund. Da er weder gechippt, noch bei Tierregisterportalen wie "Tasso" oder "Findefix" registriert ist, lässt sich nicht nachvollziehen, wohin oder wem er gehört. Etwa die Hälfte der Fundtiere sind nicht gechippt. In ein paar Tagen kann Lord die Quarantänestation verlassen und ins Vermittlungshaus. Dort könnte er von neuen Haltern ausgesucht und mit nach Hause genommen werden.

Quarantänestation ist wie ein Krankenhaus für Menschen

Die neu gebaute Quarantänestation für Katzen wirkt fast wie ein Krankenhaus für Menschen: kahle Flure, Edelstahlablagen, der Geruch von Desinfektionsmittel liegt in der Luft, die Tierärzte tragen weiße Kittel und Handschuhe. In einer Futterküche füllen die Pfleger Katzenfutterdosen in Näpfe um. Spezialnahrung für Katzen mit Allergien oder Diabetes gibt es auch.

In den Quarantänegehegen sind die Katzen allein, aber es gibt auch Zimmer für mehrere pflegebedürftige, aber nicht ansteckende Tiere, eingerichtet mit Kletterbäumen, Katzenklo und Kuscheldecken.

Die neue Station soll es dem größten Tierheim Europas ermöglichen, der Fülle an Katzen Herr zu werden. 1.500 werden hier jedes Jahr abgegeben. Auf Station untersucht sie ein Veterinärmediziner nach Flöhen, Bandwürmern, Katzenschnupfen oder Blasenentzündung, ohne dass die Gefahr besteht, andere Tiere anzustecken.

Eva Rönspieß, Vorstandsvorsitzende des Tierheims sagt, das erleichtere den Alltag sehr. "Die Tiere kommen in ganz unterschiedlichen Gesundheitszuständen hier bei uns an. Manche Halter sind verstorben oder können sich die Tierarztkosten für ihre chronisch kranken Tiere nicht mehr leisten und geben sie hier ab. Wir haben auch schon Katzen gefunden, die gequält wurden, denen etwa die Ohren abgeschnitten wurden", so Rönspieß. "Neulich kam eine Katze zu uns, der wurde mit Absicht Säure ins Gesicht gespritzt. Diesen Tieren können wir jetzt viel besser helfen."

Eröffnung Katzenquarantäne-Station im Tierheim von Berlin.(Quelle: rbb/Kowollick)Einweihung der Katzenquarantänestation durch Eva Rönspieß, Vorstandsvorsitzende des Tierheims.

Tierheim rechnet mit "Katzenwelle" im Sommer

120 Plätze hat die neue Station für kranke, verletzte oder traumatisierte Katzen. Sie sollen hier in Ruhe genesen, abseits des trubeligen Tierheimalltags. Im Sommer erwarten die Mitarbeiter hier erneut eine Flut an Neuankömmlingen, vor allem Katzenbabys.

Dann können die Häuser auch mal kurzfristig bis zu 800 Tiere aufnehmen. Wer ein Tier auf der Straße findet, dem es scheinbar nicht gut geht, dem empfiehlt Rönspieß, es dem Veterinäramt oder bei den Tierschutzberatern des Tierheims Berlin zu melden. Straßenkatzen seien nicht zahm und würden die Flucht ergreifen. Eine Fachkraft könne da tierschutzgerecht mit einer Lebendfalle das Tier einfangen.

Für alle Tiere mit Freigang gilt ohnehin in Berlin die Pflicht zur Kastration, zum Chippen und zum Registrieren. Daran sollten sich alle Besitzer zum Wohle des Tieres halten, so Rönspieß. Es sei ganz einfach: Tier beim Tierarzt chippen lassen und dann online registrieren. So sei es schnell möglich, entlaufende Tiere wieder ihrem Besitzer zurückzubringen.

Berliner Sparmaßnahmen: "Genickbruch" für Tierschutz

Der Bau des schlichten, grauen, unverputzten Flachbaus dauerte ein Jahr und hat vier Millionen Euro gekostet. Das Meiste muss über Spenden finanziert werden, der Senat steuerte eine halbe Million Euro hinzu. Nun drohen massive Kürzungen durch den Berliner Senat im Bereich Tierschutz. Laut der Beschlussvorlage, die dem rbb vorliegt, sind Einsparungen von 80 Prozent in diesem Jahr möglich.

Denn um das Haushaltsdefizit von rund 550 Millionen Euro aufzulösen, mussten alle Berliner Senatsverwaltungen bis Ende Mai ihre Listen mit Sparvorschlägen an die Finanzverwaltung schicken. Der Tierschutz fällt in den Bereich der Justiz- und Verbraucherschutzverwaltung. Eine Reduzierung der Zuschüsse würde auch dazu führen, dass entweder nur noch die Tiertafel oder das Tierheim gefördert werden kann. Für beides reiche das Geld nicht mehr.

Eva Rönspieß ist entsetzt: "Das ist ein Genickbruch für den Tierschutz. Allein für den Posten Tierschutz waren für dieses Jahr 250.000 Euro eingeplant: für das Tierheim, für die Tiertafel und für viele andere tolle Initiativen. Und hier sollen 200.000 Euro eingespart werden. Dann blieben 50.000 Euro - das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, so macht man keinen Tierschutz in einer Weltstadt." Rönspieß hofft, dass bei den anstehenden Beratungen im Hauptausschuss der Tierschutz doch noch besser wegkommt.

Sendung: rbb 88.8, 05.06.2024, 17:18 Uhr

Beitrag von Juliane Kowollik

12 Kommentare

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  1. 12.

    Die Tiere werden nicht ewig in Käfigen gehalten. Das Das Bild zeigt Boxen der neuen Quarantänestation. Quaratäne sagt Ihnen was? Nee, wie man liest offensichtlich nichts.
    Und lesen Sie das TSchG! Tiere dürfen ohne zwingenden Grund wie unheilbare Krankheit, Unfall, Schmerzen ohn Linderung etc. nicht getötet werden.

  2. 11.

    So lange das Tierheim die hohen Ansprüche bei der Vermittlung von Tieren nicht ändert, wird das Heim weiterhin aus allen Nähten platzen. Wie auch schon andere geschrieben haben, was spricht dagegen, ältere Tiere auch an ältere Menschen zu vermitteln?

  3. 10.

    Finde es traurig, dass Rentner ab einem bestimmten Alter kein Tier aus dem Tierheim bekommen. Muss ja nicht ein Jungtier sein.
    Wir sind zu Hause, haben eine Aufgabe und enorm viel Zeit und Liebe. Wie lange sind Berufstätige aus dem Haus bzw. Es ist chic einen kleinen Hund oder anderes Tier zu haben. So .... und dann?

  4. 9.

    Das wäre natürlich auch ne feine Sache aber für den von Ihnen angesprochenen Zeitraum von 15 Jahren muss sich ja jemand um die armen Tiere kümmern und dazu brauchen die Stellen Geld.

  5. 8.

    Genau so schlimm ist es, dass ältere Menschen kein Tier bekommen, auch wenn die Voraussetzungen (langjährige Erfahrungen in der Tierhaltung, persönliche Gesundheit des Adoptionswilligen, Haus, Grundstück ,Zeit für das Tier ) gegeben sind. Warum sollte ein älterer Mensch und ein älteres Tier nicht noch eine schöne gemeinsame Zeit verbringen .

  6. 7.

    Was bitte haben Parkgebühren mit Etat für Tierschutz zu tun? Ja, natürlich: Alles hängt mit Allem zusammen. Bloß wie?

  7. 6.

    Bevor die Hundesteuer eine Zweckbindung erhält, sollte darauf eher verzichtet werden und die Anschaffung neuer Hunde und Katzen im Stadtgebiet verboten werden. Die Problematik mit den Bestandstieren würde sich in ca. 15 Jahren von selbst lösen. Damit wäre dem Tierwohl am meisten gedient: Keine Tierhaltung bedeutet keine Tierquälerei.

  8. 5.

    Das Tierheim könnte die Katzen auch einfach vermitteln. Ich habe dort keine Katze bekommen, da ich meine Katze rauslassen wollte. Lebe am Stadtrand in reiner 30 er zone. Habe mir dann eine vom Bauernhof irgendwo in Brandenburg geholt, ihr geht es sehr gut.

  9. 4.

    Eva, weil Einnahmen wie hier die Hundesteuer durchaus zweckgebunden sein können. Und die Zweckbindung "Einnahmen Hundesteuer für Finanzierung von Tierwohl" durchaus logisch ist.

  10. 3.

    Ist zwar hart, aber einschläfern ist das Beste, Tiere ewig im Käfig zu halten ist viel schlimmer.

  11. 2.

    Was hat denn die Hundesteuer mit den Tierheimen zu tun? Ganz genau: überhaupt nichts. Warum soll das eine das andere bezahlen?

  12. 1.

    Eine Schande sondersgleichen, aber bei nem Schwarz-geführten Senat nicht anders zu erwarten: Gewinne privatisieren, Kosten sozialisieren! Bloß nicht den Kfz-Haltern ans Geld gehen - siehe kostendeckende Parkgebühren.
    Tierschutz ist Staatsaufgabe lt. GG Artikel 20a. Das heißt nicht, dass die Verantwortung dafür auf's kostenlose Ehrenamt abgeschoben weren darf.
    Mit 50.000 € finanziert man eine Stelle - eine!
    Von den Einnahmen aus der Hundesteuer, das dürften ca. 13 Millionen € sein, muss die Arbeit und der Unterhalt des Tierheimes gewährleistet werden!

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