Rathaus in Dahme/Mark nicht barrierefrei - Wenn der Gang zum Bürgerservice zur Tortur wird

Di 23.07.24 | 11:17 Uhr
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Das Rathaus von Dahme/Mark aufgenommen im Jahr 2014.(Quelle: Imago Images/Liane Matrisch)
Bild: Imago Images/Liane Matrisch

Im Rathaus von Dahme/Mark gibt es weder Fahrstuhl noch Treppenlift. Der Gang zum Bürgerservice ist daher für einige Menschen unmöglich. Sie müssen in eine Außenstelle ausweichen. Besserung ist kurzfristig nicht in Sicht.

Das Rathaus im Amt Dahme/Mark (Teltow-Fläming) ist ein ansehnlicher Bau. Das Gebäude wurde 1893 nach einem Entwurf des Architekten Max Jacob in Backsteinbauweise errichtet. Ins Auge sticht sofort der 47 Meter hohe Turm, der alle Nebengebäude überragt.

Im Inneren des Rathauses zeigt sich aber direkt hinter der Eingangstür ein großes Problem. Das Gebäude ist nicht barrierefrei - der Bürgerservice im ersten Obergeschoss ist nur über eine lange, historische Treppe zu erreichen. Einen Fahrstuhl suchen die Gäste vergeblich. Es gibt auch keinen Treppenlift.

Die Treppe des Rathauses von Dahme/Mark, aufgenommen im Juli 2024. (Quelle: rbb)
Treppe im Inneren des Rathauses Amt Dahme/MarkBild: rbb

Auflagen der Denkmalbehörde müssen beachtet werden

"Es wird selten darüber gesprochen", sagt Ursula Richter dem rbb vor Ort. "Irgendwie hat man immer das Gefühl, das ist nicht so interessant." Die 67-Jährige hat Probleme mit den Knien, das Laufen fällt ihr zunehmend schwer. Wackelig und langsam muss sie jede einzelne Stufe erklimmen - der Gang zum Bürgerservice ist für Richter, die vorsorglich ein Schmerzmittel eingenommen hat, eine Tortur. "Wenn ich die anderen Damen sehe, die noch schlimmer dran sind, die gar nicht mehr laufen können: Die schaffen es gar nicht", erklärt Richter weiter.

Dem Amtsdirektor von Dahme/Mark, David Kaluza (parteilos), ist das Problem bekannt. Einfach zu lösen, sei es aber nicht: "Wir werden hier keinen barrieregerechten Zugang hinbekommen - wir haben überall Höhenunterschiede, wir haben eine alte historische Treppe, die den heutigen Anforderungen nicht mehr entspricht." Es sei bereits versucht worden, einen Treppenlift zu installieren. Das ist in der Vergangenheit nach Angaben von Kaluza aber an Auflagen der Denkmalbehörde gescheitert.

Außenstelle liegt 20 Auto-Minuten entfernt

Besonders problematisch wird es, wenn Rollstuhlfahrer oder Rollstuhlfahrerinnen einen neuen Ausweis im Rathaus beantragen wollen. Sie haben quasi keine Möglichkeit ins erste Obergeschoss zu gelangen. In solchen Fällen müsse die Außenstelle genutzt werden, so Kaluza: "Dort gibt es einen barrierefreien Zugang." Das ist für die Bürgerinnen und Bürger aber mit einem deutlichen Mehraufwand verbunden, denn die Außenstelle liegt 20 Auto-Minuten entfernt.

Langfristig soll in Dahme/Mark die frühere Post - ein Nebengebäude des Rathauses - barrierefrei umgebaut werden. Voraussetzung ist allerdings, dass das Amt Fördermittel von Bund und Land bekommt. Dann könnten die ersten Bauarbeiten im Jahr 2026 starten. Bis dahin bleiben die Treppenstufen für viele Menschen ein nur schwer zu überwindendes Hindernis auf dem Weg zum Bürgeramt.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 23.07.2024, 19:30 Uhr

7 Kommentare

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  1. 7.

    Das ist in der Tat der tiefsitzende Grundgedanke. Zudem resultiert er auch aus der Menschenwürde heraus, was das Bundesverfassungsgericht seinerzeit in einer Urteilsbegründung auch in etwa skizzierte.

    Dagegen steht die typisch-deutsche Missgunst, dass Misstrauen, die selbstgeschürte Angst, ständig von anderen "über den Löffel balbiert" zu werden. Mithin: Da, wo ohnehin schon Kontrolle ist, muss auch noch der klitzekleinste Türspalt kontrolliert werden, gut beschäftigt i. S. einer Art Perpetuum Mobile.

    Ein bGE räumte mit all dem auf. Deshalb die Hysterie von der "spätrömischen Dekadenz", von der "Hängematte". Am Können kann ein Land gewinnen, nicht am Müssen. ;-

  2. 6.

    Deswegen finde ich ein bedingungsloses Grundeinkommen überfällig. Knapp (1) über einem strengen Existenzminimum vom Baby bis zum Rentner. Als Sicherheitsnetz. Dafür ALLES andere weg. Von Steuerklassen über Zuschüsse und Freibeträge bis Kindergeld und Bafög. Kein Anspruch auf 60m² in Friedrichshain Kreuzberg. Wer das will muss arbeiten gehen. Wer Urlaub, iPhone, Markenklamotten, Restaurant mehr Rente will, muss arbeiten gehen. Wer mehr will, der muss auch arbeiten. Diese gesamte Verwaltung mit ihren Gebäuden und IT, Büroequipment fiele weg und sparte viel Geld und es würden Mitarbeiter für Sachen frei, wo es nötiger ist. Etwa im Warteschlangen Bürgeramt.
    Man sollte es nicht so Eng sehen, denn das Geld bekommen "sie" ja jetzt auch schon, nur mit dem ganzen Aufwand und anderen Namen. Außer es in den Supermarkt zu schleppen bleibt keine Luft.

  3. 5.

    Sie reden diese Forderungen mit der Begründung als unredlich, weil sie ,,kostenintensiv'' sind!? Gehts in Ihrem Leben nur um Zahlen? Hier gehts um Menschen und ihre Ausgrenzung aus Kostengründen!!! Sie sollten den Gut nehmen.

  4. 4.

    So sehr ich auch Verständnis für die Betroffenen habe, allerdings kann doch nicht jede Verwaltung barrierefrei werden. Selbst für jeden Bahnhof ist das wohl schwierig und kostenintensiv. Da muss es,auch unkomplizierter gehen.

  5. 3.

    Weshalb die zuständigen Denkmalbehörden in Dahme/Mark so völlig andere Grundsätze haben als in Berlin, wird mir ewig unerfindlich bleiben. Selbstverständlich ist ein Hinzufügen eines Bauteiles möglich, soweit es den Charakter des Gesamtbaus nicht verändert. Ein gläserner Fahrstuhl - innen oder außen - wäre so eine Möglichkeit. Das ist in Berlin bspw. an mehreren Hochbahnstationen der U-Bahn zu betrachten. Dazwischen liegen keine Welten.

  6. 2.

    Was für eine Frage! Wenn das so einfach wäre, hätte man es doch schon längst für 2028 anberaumt. Ok, Spaß beiseite, wo ist denn bitte die Nebenstelle, wie kommt man dorthin, wenn von 20 Autominuten die Rede ist? Kann man dort dann alles erledigen? Findet sich tatsächlich im Erdgeschoss keine kleine Butze, die im IT-Zeitalter mit ein paar nötigen Anschlüssen Abhilfe schaffen kann?

  7. 1.

    Kann der Bürgerservice evtl. im Tausch mit weniger publikumsfrequentierten Abteilungen ins EG umziehen?

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