Neuer Caterer - Massive Probleme mit Schulessen in mehreren Berliner Schulen

Do 05.09.24 | 15:49 Uhr
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Symbolbild: Essensausgabe in einer Schule. (Quelle: dpa/Jens Büttner)
Video: rbb24 Inforadio | 05.09.2024 | Michael Mellinger und Sebastian Schöbel | Bild: dpa/Jens Büttner

Mehrere Schulen haben seit Beginn des neuen Schuljahres einen neuen Anbieter für die Versorgung mit Schulessen. Doch es hakt vielerorts - Essen wird teilweise zu spät geliefert, nicht ausreichend oder es fehlt gänzlich.

  • große Probleme mit Schulessen in Berlin nach den Ferien
  • teils wird Essen nicht ausgeliefert
  • im Sommer hatte ein neuer Caterer den Auftrag zur Belieferung der Schulen bekommen
  • Bezirke drohen mit rechtlichen Schritten

Mehrere Berliner Schulen haben zum Start des neuen Schuljahres massive Probleme mit dem Mittagessen gemeldet. Den rbb erreichten Beschwerden über das Cateringunternehmen "40 seconds": In vielen Fällen sei gar kein Essen oder nur ein Teil der Bestellung geliefert worden, in anderen Fällen habe die Qualität nicht gestimmt.

So teilten unter anderem das Primo-Levi-Gymnasium in Pankow, das Heinz-Berggruen-Gymnasium in Charlottenburg-Wilmersdorf und die Modersohn-Grundschule in Friedrichshain-Kreuzberg auf rbb-Nachfrage am Mittwoch mit, dass sie am Montag und Dienstag zu spät oder gar nicht beliefert wurden. Nach Angaben der Schulen soll es unter anderem Probleme mit der Kühlkette gegeben haben oder es habe Personal gefehlt.

"Die Performance des Caterers ist inakzeptabel"

In Neukölln wurden laut Bezirksamt fünf Schulen gar nicht mit Essen beliefert, an anderen Schulen sei das Essen bis zu zwei Stunden zu spät gekommen, so dass keine Kinder mehr anwesend waren. "In weiteren Fällen fehlten hunderte Portionen", so eine Sprecherin, "und in einem Fall wurde das Essen durch die Schule nicht angenommen, da das Gemüse schimmelte". Zudem habe Personal gefehlt, sowie Technik und Reinigungsmaterial. Der Caterer habe bis Montag Zeit bekommen, die Probleme abzustellen, so die Sprecherin weiter, zudem prüfe man rechtliche Schritte "bis hin zur fristlosen Kündigung". Das Bezirksamt Reinickendorf teilte auf rbb-Nachfrage mit, dass sechs der neun durch "40 seconds" belieferten Grundschulen im Bezirk Beschwerden eingereicht hätten.

Auch in Spandau, wo "40 seconds" sechs Schulen beliefert, gab es zum Teil die selben gravierenden Probleme. "Rechnungen werden für nicht erfolgte Lieferungen nicht bezahlt", stellte eine Sprecherin des Bezirks Pankow klar. Auch hier wird bereits eine Kündigung des Vertrages mit "40 seconds" in Erwägung gezogen. Auch die Senatsverwaltung für Bildung teilte dem rbb mit, man nehme die Situation sehr ernst und prüfe die Vorwürfe. "Die derzeitige Performance des Caterers entspricht in vielen Fällen nicht den Verträgen und ist nicht akzeptabel", sagte der Schulstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Andy Hehmke, dem rbb.

Schulessen für 50.000 Schüler - Staatssekretär übt Kritik

"Ich ging bereits vor den Ferien davon aus, dass diese Firma das neue Aufkommen nicht bewältigen kann", so der Schulleiter des Primo-Levi-Gymnasiums, Uwe Schramm. "Leider wurde meine Vermutung bestätigt." Das Unternehmen, das in Berlin neben dem Cateringbetrieb auch zwei Restaurants und eine Bar betreibt, hatte den Zuschlag für die Versorgung von 108 Schulen mit insgesamt rund 50.000 Schülerinnen und Schülern erhalten.

Die Grünen forderten den Senat auf, die Beschwerden mit Hilfe der Qualitätskontrolle für das Schulessen aufzuarbeiten. "Wenn Essen aktuell nicht geliefert wird, müssen die Schulen die Möglichkeit bekommen, den Kindern anderweitig Essen anzubieten, ohne dass dadurch Mehrkosten für die Schulen entstehen", so die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Silke Gebel.

Bildungsstaatssekretäre Torsten Kühne (CDU) kritisierte die Probleme als inakzeptabel. Er selbst werde am Freitag mit der Geschäftsführung sprechen, sagte Kühne im Bildungsausschuss des Abgeordnetenhauses am Donnerstag. Zudem sagte er den Bezirken für weitere Schritte rechtliche Unterstützung zu.

Probleme mit dem neuen Caterer habe es bereits zum Start des Auftrags am 1. August gegeben, diese seien aber von dem Unternehmen behoben worden. Das Unternehmen sei bereits im Cateringgeschäft tätig, so Kühne, auch an Schulen, und habe versichert, "massiv investiert" zu haben. "Insofern gehen wir davon aus, dass es Anlaufschwierigkeiten sind, die schnellstmöglich jetzt korrigiert werden müssen." Sollte dies nicht geschehen, so Kühne, könne das zur Kündigung des Vertrages führen.

Auftragsvergabe erst während der Ferienzeit

Der Chef des Catering-Unternehmens, Thorsten Schermall, teilte in einer Stellungnahme auf der Webseite von "40 seconds" mit, dass der Zuschlag für die Essenslieferung vieler Schulen "erst während der Ferienzeit", erfolgt sei. Die späte Beauftragung sei auch darauf zurückzuführen, dass "einige Mitbewerber versucht haben, mit den gegebenen rechtlichen Möglichkeiten die finalen Vergaben herauszuzögern". Schermall warf den Konkurrenzunternehmen vor, die Auftragsvergabe damit absichtlich in die Länge gezogen zu haben. "Dadurch bedingt konnten wir erst kurzfristig reagieren." Auf eine rbb-Anfrage hat sich das Unternehmen bislang nicht gemeldet.

Staatssekretär Kühne bestärkte "40 seconds" in der Kritik. Die Vorgänger-Unternehmen hätten an einzelnen Standorten versucht, dem neuen Caterer "möglichst viele Steine in den Weg zu legen". So hätten einige Unternehmen ihren Auszug aus Schulen oder Kitas "bis zur letzten Sekunde rausgezögert", teilweise mehr Ausstattung mitgenommen als vereinbart und die Abwerbung von Personal behindert. Der Auftrag sei sehr lukrativ. "Es wird mit allen Mitteln gekämpft, mit juristischen aber auch mit nicht-juristischen."

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.09.2024, 13:20 Uhr

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116 Kommentare

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  1. 116.

    Aber doch nicht in der Schulspeisung. Das war/ist/bleibt immer irgendwie Systemgastronomie. Da können Sie große Mengen an Frikadellen, gekocht oder gebraten, besser wuppen als Eisbeine, Steaks Schnitzel oder Hühnerbeine. Und dann sind ja noch die Knochen. Auch Fisch, außer vielleicht Stäbchen, ist schwierig bei so 'ner Menge an Portionen. Am Besten sind Eintöpfe. Aber essen die Kinder das?

  2. 115.

    "Schulküchen wie früher statt Massenware vom Caterer. "

    Das wäre die geeignete Lösung aber mit einem cDU geführten Senat nicht machbar. Das ist ein Bombengeschäft.

  3. 114.

    War eben Wahlessen. Entweder man isst es oder man isst es nicht. Das war die Wahl.:-)

  4. 113.

    Arbeitssklaven ?? Ihr habt doch alle das so gewollt. Der Deutsche Arbeitnehmer ist für den Deutschen Wirtschaftsstandort überzahlt unbrauchbar deswegen benötigen wir billige Arbeitskräfte aus den Ausland.

  5. 112.

    Und Wurst nur auf Zuteilung. Eine Scheibe von jeder Sorte pro Kind. Wir waren Schule mit Internat. Und ich war der absolute King, weil ich einmal im Jahr, nämlich im November, reichlich Hack sowie frische Blut- und Leberwurst von der eigenen Hausschlachtung mitgebracht habe. Da konnten sich meine Klassenkameraden mal so richtig satt essen. Nein, wir sind in der "DDR" sicher nicht verhungert aber der Mangel war täglich sichtbar. Unsere Erzieherin wußte immer, wo wir unbedingt einkaufen sollten.

  6. 111.

    Schulküchen wie früher statt Massenware vom Caterer. Was soll da gesundes bei herauskommen? Um 4.00 gekocht, dann ausgeliefert. So gut es mit kostenlosem Mittag gedacht ist, das Ergebnis ist sicher so nicht gewollt

  7. 110.

    BeDonnerstag, 05.09.2024 | 17:58 Uhr
    "Funktioniert in dieser Stadt überhaupt mal irgendetwas"

    Ja. Notorisch, mehrheitlich die falschen Parteien aus den falschen Gründen wählen. Ganz zu schweigen vom parlamentarischen Arm des Rechtsterrorismus AfD.

    Sich dann aber lautstark über die Ergebnisse beschweren, die man selbst wählte.

  8. 109.

    Also immer Klopse, Bratwurst und Erbsensuppe, war das auf die Dauer nicht langweilig?

  9. 108.

    Die Mitbewerber haben sich über die fehlerhafte und gewisse Anbieter bevorzugende Ausschreibung beschwert. Die Aussicht dass durch die Beschwerden die Vergabe rechtswidrig ist und somit wiederholt werden muß ist hoch.

    Berliner Mitglieder des Verbands Deutscher Schul- und Kitacaterer e.V. (VDSKC) haben deshalb ein Nachprüfverfahren bei der Vergabekammer beantragt.

    Da wurde kräftig gemauschelt. Staatssekretär Kühne lügt also dreist.

  10. 107.

    Über die Ferien mal schnell die Kapazität verzehnfachen? Wieviel Koks muss man nehmen um sich als Unternehmer so zu überschätzen!? Das ist doch schon wieder klar, dass der Deal bei nem Glas Prosecco von Günther Wünsch, Wegner und den 40seconds Inhabern eingefädelt wurde. Die Kantine war in vielen Schulen das EINZIGE was bisher gut funktioniert hat. Warum braucht es eigentlich immer nur 5 min nach Amtsantritt bis eine CDU Regierung einen Weg findet irgendwelchen Amigos Aufträge zuzuschieben. Gab's vermutlich im Paket mit ein paar restlichen Masken zu 15,- EUR das Stück.

  11. 105.

    Dass das Essen nicht kommt, ok. Das kann wirklich an kurzfristigen Planungsproblemen liegen. Aber dass das gelieferte Essen dann SCHIMMELT, ist durch nichts zu rechtfertigen.

  12. 104.

    "Hab ich von meiner viel arbeitenden Großmutter übernommen, hat man früher so gemacht."

    Ja sicher. Frauen machen die Carearbeit umsonst. Doppel-Dreifach-Vierfach-Belastung,
    vor der zeit der Krank, ausgepowert.

    Klar so hat man das früher gemacht. In Stalingrad wären wir froh gewesen wenn....

    Klingt nach prima Maßstäben im 21. Jahrhundert.

  13. 103.

    Was sind das für Zustände in unserer Stadt. Warum werden solche Aufträge nicht an verschiedene Cateerer in machbarer Größenordnung vergeben? Ein förderlicher Wettbewerb um die beste Qualität könnte das Ziel sein. Stattdessen werden Großaufträge vergeben, die nur einem Geschäftsführer zu Gute kommen. Und was will die Senatsverwaltung machen. Vertrag für 50.000 Essen am Tag! kündigen... Da ist man sprachlos!

  14. 102.

    Ach Gottchen Herr Nepomuk,
    ich entscheide mich jetzt Mal für die Version, bei der Sie besser dastehen: Sie verstehen weder meinen Satz, noch verstehen Sie mein Grundsätze und Haltungen zu Pädagogik und zum Bildungssystem einer republikanischen, sozialen Demokratie.

    Schon das ist keine Grund für Ihren Affekt mir "krude Schwurbelei" vorzuwerfen.

    Ich will gar nicht darüber spekulieren, was der politsch-weltanschauliche Grund sein könnte.

  15. 100.

    Funktioniert in dieser Stadt überhaupt mal irgendetwas

  16. 98.

    Am Romain-Rolland-Gymnasium gab es Montag und Dienstag auch kein Essen, Mittwoch Wasser- Milchreis und heute trockene Nudeln ohne Soße. Mehr als 1 Allergie wird bei diesem Caterer auch nicht berücksichtigt.

  17. 97.

    Sind seit August 2024 nicht in der Lage für die Kita unserer Kinder das Essen zu liefern, geschweige denn kindergerecht nach Vorgaben zu kochen. Leider ist das anscheinend nicht ein Einzellfall wie man aus den Rezensionen lesen kann. Unsere Kinder gehen in die KITA-Wutzkyallee, das Essen wird entweder zu wenig, gar nicht oder an die naheliegende Schule angeliefert. Ebenfalls wird oft das Esse statt zur Mittagszeit erst mit zwei Stunden Verspätung geliefert. Der alte Caterer war da zuverlässiger und professioneller. Wenn das so weiter geht kann man sich das Essensgeld von 23€ auch sparen. Ich frage mich auch wie der Zuschlag an die 40 Second GmbH gegangen ist, bzw. kann es nur erahnen wenn man sich die gemeinsamen Bilder vom Geschäftführer Herrn Thorsten Schermall und unserem Bürgermeister Herrn Kai Wegner in den sozialen Medien anschaut. Ist meiner Meinung nach bestimmt ein Fall für die Berliner Staatsanwaltschaft odermansch ivestigativ reporter!!!

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