Treffen in Potsdam - Abschiebungen aus Brandenburg sollen beschleunigt werden
Ausreisepflichtige Geflüchtete sollen in Brandenburg schneller abgeschoben werden können. Das hat Ministerpräsident Woidke bei einem Treffen mit Vertretern der Kommunen beschlossen. Die Integrationsministerin war nicht anwesend.
- Brandenburg will ausreisepflichtige Flüchtlinge künftig schneller abschieben
- Innenminister Stübgen kündigte an, eigens Ausreisezentren dafür zu schaffen
- Kommunen planen Waffenverbotszonen und mehr Videoüberwachung
- Integrationsministerin Nonnemacher blieb dem Treffen fern
Als Folge aus dem tödlichen Messeranschlag von Solingen sollen Abschiebungen aus Brandenburg künftig besser durchgesetzt und ein Untertauchen von Flüchtlingen verhindert werden.
"Zwei von drei Abschiebungen scheitern", sagte Innenminister Michael Stübgen (CDU) in Potsdam nach Beratungen in der Staatskanzlei mit Landräten und Oberbürgermeistern zur Migrations- und Sicherheitspolitik. Wer vollziehbar ausreisepflichtig ist, aber untertaucht, soll sofort zur Ermittlung des Aufenthalts und zur Fahndung ausgeschrieben werden, wie es in einer gemeinsamen Erklärung heißt.
Waffenverbotszonen und mehr Videoüberwachung
Stübgen sowie Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) verständigten sich mit den Landräten und Oberbürgermeistern auf insgesamt elf Punkte zur Migration und Sicherheit.
Zu den vereinbarten Maßnahmen zählen Waffenverbotszonen in den Kommunen, in denen die Polizei anlasslose Personenkontrollen durchführen kann sowie eine Ausweitung der Videoüberwachung. Zudem sollten Asylverfahren bei den Gerichten mit der Einrichtung einer zentralen Asyldokumentationsstelle beschleunigt werden. Außerdem bietet die Landesregierung für Abschiebungen Rückführungsteams an, die dezentral die kommunalen Ausländerbehörden unterstützen.
Es müssten alle Möglichkeiten genutzt werden, um Menschen, die sich nicht integrieren, kriminell werden und ein Risiko seien, abschieben zu können, sagte Woidke zwei Wochen vor der Landtagswahl. Bereits in einer Sondersitzung des Landtags kurz nach dem Anschlag in Solingen forderte Woidke eine striktere Asylpolitik.
Stübgen will Ausreisezentren schaffen
Innenminister Michael Stübgen (CDU) nannte auch die Einrichtung von bis zu drei Ausreisezentren nach dem Modell von Schleswig-Holstein als Ziel. "Diese Ausreisezentren haben dann auch die Möglichkeit, dass die Abwesenheit oder das Untertauchen von solch einem Ausländer binnen 24 Stunden spätestens erkannt wird", sagte Stübgen. Damit seien solche Fälle wie in Solingen nicht möglich. Vom Bund forderte er, mehr Druck auf Herkunftsländer auszuüben, damit sie ihre Staatsbürger wieder aufnehmen.
Der Vorsitzende des Landkreistages, Landrat Siegurd Heinze (parteilos) sagte zu der getroffenen Vereinbarung: "Wir tragen das nach einiger Diskussion alle mit".
Unmut und Kritik von aktuellen Koalitionspartnern
Die Konferenz rief aber auch Unmut und Kritik hervor. "Eine Landräte-Konferenz darf keine Wahlkampf-Show sein", sagte CDU-Landtagsfraktionschef und Spitzenkandidat Jan Redmann. Landräte seien der falsche Adressatenkreis. Am 22. September wird in Brandenburg ein neuer Landtag gewählt.
Der Grünen-Spitzenkandidat Benjamin Raschke kritisierte: "Mit hektischem Aktionismus und Schnellschüssen im Überbietungswettbewerb erreicht man gar nichts." Brandenburgs Integrationsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) habe entschieden, nicht an der Migrations-Konferenz teilzunehmen, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Woidke kritisierte das und erklärte, es helfe nichts, bei dem Thema den Kopf in den Sand zu stecken.
Der Präsident des Städte- und Gemeindebunds, Oliver Hermann, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Es wird keine schnellen und einfachen Lösungen geben." Wichtig sei aber, dass der neue Landtag die Polizei personell stärke. Bei der Kontrolle von Waffenverbotszonen etwa sei der Staat gefragt, das könnten nicht die Ordnungsämter absichern, sagte Hermann, der Bürgermeister von Wittenberge ist.
Diskussion um die Migrationspolitik entbrannt
Als Folge aus dem tödlichen Messeranschlag von Solingen war bundesweit eine Diskussion um die Migrationspolitik entbrannt. Die Ampel-Regierung in Berlin beschloss ein Sicherheitspaket. Die Bundesregierung will das Waffenrecht verschärfen, die Kompetenzen der Sicherheitsbehörden ausweiten und weitere Maßnahmen zur Beschränkung der illegalen Migration ergreifen. Es gibt jedoch Streit in Beratungen mit der Union über die richtigen Maßnahmen, etwa was die Entscheidung für Zurückweisungen von Migranten an den deutschen Grenzen angeht. Darauf pocht die Union.
2023 wurden nach Regierungsangaben 784 Menschen aus Brandenburg abgeschoben. Die Tendenz sei steigend hieß es. Im ersten Halbjahr 2024 waren es demnach 452 Abschiebungen.
In der Erklärung zur Konferenz von Woidke und den Kommunen wird an die Bundesregierung appelliert, die Dublin-Verordnung auszusetzen, um eine Entscheidungskontrolle an den Grenzen zu haben. Der Verordnung zufolge ist immer nur ein EU-Mitgliedsstaat für die Prüfung und die Abwicklung von Asylverfahren zuständig. Ein Kriterium ist der erste Einreisestaat.
Am Donntagstag hatte ein BrandenburgTrend ergeben, dass für einen großen Teil der Brandenburgerinnen und Branenburger die Themen Flucht und Zuwanderung für die wichtigsten politischen Probleme gehalten werden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 06.09.2024, 18:30 Uhr
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