Berufungsprozess in Berlin - Boateng-Äußerungen über Ex-Freundin: Gericht schlägt Vergleich vor

Do 08.08.24 | 17:51 Uhr
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Jerome Boateng, Fußball-Profi, betritt den Gerichtssaal im Landgericht. (Quelle: dpa/Peter Kneffel)
Audio: rbb24 Inforadio | 08.08.2024 | Angela Ulrich | Bild: dpa/Peter Kneffel

Der Berliner Fußballprofi Jérôme Boateng hat sich in einem Interview abfällig über seine verstorbene Ex-Freundin geäußert. Deren Mutter drängt auf Wiedergutmachung. Das Berliner Kammergericht will eine gütliche Einigung erreichen.

  • Boateng hatte sich eine Woche vor dem Tod seiner Ex-Freundin abfällig über sie geäußert
  • Eine Äußerung musste er per Gerichtsurteil schon unterlassen
  • Der Mutter der verstorbenen Ex-Freundin geht es auch um die anderen fünf Äußerungen
  • Das Berliner Kammergericht schlägt beiden Parteien einen Vergleich vor

Im Streit um Äußerungen des ehemaligen Fußball-Nationalspielers Jérôme Boateng über seine Ex-Partnerin Kasia Lenhardt ist das Berliner Kammergericht um eine gütliche Einigung bemüht. Der Vorsitzende Richter Oliver Elzer schlug bei der mündlichen Verhandlung am Donnerstag im Berufungsprozess einen Vergleich vor: Boateng würde demnach eine Unterlassungserklärung abgeben, die Klägerin müsste dafür die Kosten des aktuellen Verfahrens übernehmen.

Die Anwälte reagierten zunächst zurückhaltend, wollen sich jedoch mit ihren Mandanten beraten. Sollte es nicht in den nächsten Wochen zu einem Vergleich kommen, wird das Gericht in ein Urteil sprechen.

Mutter von Ex-Freundin kämpft vor Gericht

Das Gericht prüft in zweiter Instanz eine Unterlassungsklage der Mutter des Models, das im Februar 2021 gestorben ist - sieben Tage nach der Veröffentlichung des Interviews. Das Berliner Landgericht hatte Boateng im November 2022 eine Äußerung untersagt. Der Mutter geht es in der Klage jedoch um fünf weitere Aussagen. "Ihr geht es darum, Äußerungen über ihre verstorbene Tochter, die Unwahrheiten beinhalten, zu unterbinden", erklärte Rechtsanwalt Markus Hennig.

In dem Interview hatte Boateng unter anderem über Auseinandersetzungen in der Beziehung gesprochen. Seine Aussagen verfälschten das Lebensbild von ihrer Tochter, argumentiert die Klägerin.

Boatengs Anwältin Stephanie Vendt erklärte erneut vor Gericht, der Fußballspieler bedauere das Interview. Er beabsichtige nicht, die Äußerungen zu wiederholen. Man sei grundsätzlich zu einem Vergleich bereit, so die Anwältin.

Gericht äußert Zweifel am Erfolg der Klage

Strittig ist jedoch, wie weit dieser Vergleich gehen soll. Aus Sicht der Klägerseite kommt er allenfalls in Betracht, wenn Boateng eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt. Heißt: Hält sich der 35-Jährige nicht daran, müsste er eine Strafe bezahlen. Das Gericht könnte sich dabei eine Summe von 25.000 Euro vorstellen, wie Richter Elzer sagte.

Boatengs Anwältin sieht so eine umfassende Erklärung skeptisch und sie sieht dafür wenig Gründe. Das Gericht hatte in der Verhandlung Zweifel am Erfolg der Klage geäußert. Hintergrund ist das sogenannte postmortale Persönlichkeitsrecht.

Um dieses nach dem Tod durchsetzen zu können, seien nach der bisherigen Rechtsprechung "grobe Verletzungen" der Würde betroffener Personen nötig. "Hier äußert sich ein Mann böse über seine Ex-Freundin. Das ist verletzend", so Richter Elzer. Der Senat sei jedoch bislang der Auffassung, dass das Maß einer groben Verletzung nicht erreicht sei.

Kläger-Anwalt: Rechtsprechung ist veraltet

"Die bisherige Rechtsprechung trägt dem digitalen Zeitalter nicht Rechnung", argumentiert dagegen Kläger-Anwalt Hennig. Bislang sind die Hürden für Hinterbliebene höher, als wenn Betroffene selber zu Lebzeiten gegen Äußerungen vorgehen.

Lenhardt war 2012 Finalistin bei "Germany's Next Topmodel" und zuletzt mit Boateng liiert. Kurz bevor dessen Interview erschien, hatte sich das Paar getrennt. Am 9. Februar 2021 gab ihre Familie über einen Anwalt bekannt, dass Kasia Lenhardt tot sei. Die Polizei in Berlin bestätigte damals einen Einsatz, bei dem eine leblose Person gefunden worden war. Es gebe keine Anzeichen für Fremdeinwirkung, hieß es seinerzeit.

Boateng-Anwalt: Gericht ist falscher Ort für Aufarbeitung

Der Sprecher des Profi-Sportlers, Thomas Knipp, erklärte nach der Verhandlung, Boateng wisse, dass das Interview ein "Riesen-Fehler" gewesen sei. Es sei vor dem Hintergrund eines Sorgerechtsstreits entstanden. Der 35-Jährige habe sich dafür bei der Familie entschuldigt. "Es geht der Familie ganz offenbar um eine Aufarbeitung. Doch dafür ist der Gerichtssaal nicht der richtige Platz."

Zuletzt hatte ein Strafprozess gegen Boateng für Schlagzeilen gesorgt. Das Landgericht München I verwarnte ihn wegen vorsätzlicher Körperverletzung und verhängte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 5.000 Euro unter Vorbehalt. Ähnlich wie bei einer Freiheitsstrafe auf Bewährung muss der 35-Jährige diese 200.000 Euro nur zahlen, sollte er gegen seine Auflagen verstoßen. Die Münchner Staatsanwaltschaft akzeptiert das Urteil allerdings nicht und hat Revision eingelegt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 08.08.2024, 9:30 Uhr

8 Kommentare

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  1. 7.

    Ich frage mich zudem, ob das Gericht die Sachlage anders einschätzen würde, wenn es sich beim Beklagten um einen z.B. Handelsvertreter mit alpinaweisser Hautfarbe handeln würde.

  2. 6.

    Hier wäre es wichtig, die Anlaufstellen zur Hilfe für suizidgefährdete Menschen anzugeben unter dem Artikel

  3. 5.

    Das Sommerloch lässt grüßen.
    Gibt es in dieser Stadt nichts, was interessanter ist als die privaten Eskapaden eines viel zu sehr gehypten Ex-Profis, der sicher demnächst im Dschungel Känguruhhoden essen wird oder ähnlich bedeutsame Dinge tun?

  4. 4.

    Das war auch mein erster Gedanke, total ungerecht wenn es diesen 'Vergleich' geben sollte. Wieso soll die Mutter die Kosten übernehmen? Dieses 'Rechtsverständnis' ist wohl kaum zu verstehen!

  5. 3.

    Was ist das für eine Gerechtigkeit dieser "Vergleich"?
    Die Mutter, die um die Reputation ihrer toten Tochter kämpft soll bezahlen, während sich der Frauen schlagende Millionär mit einer Unterschrift davon macht?

  6. 2.

    Und Sie können sich nicht etwa vorstellen, dass ein von beiden Seiten akzeptierter Vergleich nicht nur die Justiz entlastet, sondern auch dem Steuerzahler einiges erspart, Igel?

  7. 1.

    Das Gericht schlägt gerne einen Vergleich vor. Drei Zeilen für die Akte und fertig. Ein Urteil muss Hand und Fuß haben, also Arbeit.

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