S-Bahn-Sperrungen - Kaputter Fahrstuhl an S-Bahnhof zwingt Menschen mit Behinderung zu Umwegen

Di 29.10.24 | 19:27 Uhr
  9
Berliner S Bahnhof Pankow-Heinersdorf mit fahrender S-Bahn am 07.02.2020. (Quelle: IMAGO/Jürgen Ritter)
Bild: IMAGO/Jürgen Ritter

Dass der Aufzug nicht fährt, ist an Berliner Bahnhöfen nichts Ungewöhnliches. Für Menschen, die auf ihn angewiesen sind, ist das ein großes Problem. In Heinersdorf gibt es wegen Bauarbeiten gerade Ersatzverkehr - und das macht die Sache noch schwieriger.

Menschen mit eingeschränkter Mobilität am S-Bahnhof Pankow-Heinersdorf haben momentan wegen eines defekten Fahrstuhls größere Probleme, mit dem ÖPNV ins Berliner Zentrum zu gelangen. Das liegt an Bauarbeiten der S-Bahn im Berliner Norden, die seit Montag laufen. Ein betroffener Nutzer machte rbb|24 auf das Problem aufmerksam, die S-Bahn bestätigte den Fall am Dienstag auf Anfrage.

Die S-Bahn hat wegen der Bauarbeiten einen Schienenersatzverkehr auf der Strecke der S2 zwischen Pankow-Heinersdorf und dem Nordbahnhof eingerichtet. Der Fahrstuhl am S-Bahnhof ist allerdings seit dem Sommer immer wieder kaputt. Das zeigen Daten des Portals "BrokenLifts", das mit Hilfe von Informationen der S-Bahn und der BVG aktuell defekte Fahrstühle im Berliner ÖPNV bekannt gibt [brokenlifts.org].

Neue S-Bahn-Sperrungen ab Montag. (Quelle: rbb)
Seit Montag gibt es auf der S2-Strecke südlich von Heinersdorf nur Ersatzverkehr.Bild: rbb

Bauarbeiten bis 13. November geplant

Demnach wurde der Defekt am 18. Juni gemeldet, als repariert galt er dann am 12. Juli. Eine Viertelstunde danach kam die nächste Meldung: wieder kaputt. Diesmal dauerte es bis zum 23. August, einen Tag später war wieder Schicht im Schacht. Seitdem fährt nichts.

"Damit gibt es für Fahrgäste aus Blankenburg, Karow, Buch usw. keinerlei Möglichkeit, zum Schienenersatzverkehr zu gelangen, sofern man mit der S-Bahn in Pankow-Heinersdorf ankommt und auf einen Fahrstuhl angewiesen ist", kritisiert der rbb|24-Nutzer, der selbst auf den Fahrstuhl angewiesen ist - wie beispielsweise auch ältere Menschen und Eltern mit Kinderwagen. Wegen der Bauarbeiten gebe es anders als bei den anderen zahlreichen Fahrstuhldefekten keine Umfahrungsmöglichkeit. Die Arbeiten sollen - wenn alles nach Plan läuft - bis 13. November abgeschlossen sein.

Rufbus soll Betroffene von Ersatzverkehrshalt zu barrierefreiem Bahnhof bringen

Ein Sprecher der S-Bahn sagte dem rbb, der Aufzug werde gerade erneuert. "Beim Abbau des alten Aufzugs sind vorher nicht absehbare Schäden zutage getreten. Deswegen konnte die Modernisierung nicht wie geplant bis zum Beginn der Sperrpause abgeschlossen werden", sagte er.

Die S-Bahn hat eigenen Angaben zufolge einen Rufbus eingerichtet, damit Reisende mit eingeschränkter Mobilität den Ersatzverkehr barrierefrei nutzen können. Laut des Sprechers können ihn Fahrgäste unter der Telefonummer 030/86096660 anfordern. Der Rufbus soll dann zwischen dem jeweiligen Ersatzverkehrshalt und dem nächsten Bahnhof mit barrierefreiem Zugang (lies: funktionierendem Fahrstuhl) fahren.

Bis es am S-Bahnhof Heinesdorf wieder per Knopfdruck nach oben und unten geht, wird es laut der S-Bahn noch mehrere Wochen dauern. Der neue Aufzug werde "voraussichtlich Ende November in Betrieb gehen können".

Neues Zugsicherungssystem wird eingeführt

Laut einer Erhebung im Auftrag des Senats nutzen etwa 75 Prozent der Menschen mit Behinderungen in Berlin häufig den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) [institut-fuer-menschenrechte.de]. Ende 2023 lebten in Berlin insgesamt 333.320 schwerbehinderte Menschen [statistik-berlin-brandenburg.de], denen ein Grad der Behinderung von mindestens 50 zuerkannt wurde. Wieviele Menschen in Berlin nicht oder nur eingeschränkt gehen können, lässt sich nur schätzen, da nicht alle ein amtliches Feststellungsverfahren zur Ermittlung eines Behinderungsgrads durchlaufen haben.

Für alle Fahrgäste der S-Bahn ist die Fahrt durch den Norden wegen der Arbeiten gerade komplizierter. Die Strecke Nordbahnhof – Bornholmer Straße – Alt Reinickendorf/Pankow-Heinersdorf, die von der S25 bzw. S2 bedient wird, wird seit Montag nicht mehr mit Zügen befahren. Zwischen Nordbahnhof und Pankow-Heinersdorf bzw. Nordbahnhof und Alt-Reinickendorf fahren Schienenersatzbusse. Zwischen Heinersdorf und Blankenburg fährt ein Pendelzug im 10-Minuten-Takt. Die Ringbahn-Strecke zwischen Greifswalder Straße und Wedding ist schon länger gesperrt. Grund für die Einschränkungen ist die Inbetriebnahme des Zugsicherungssystems ZBS. Das System überwacht die Züge während der Fahrt und ersetzt künftig die wartungsintensiven mechanischen Fahrsperren.

Kommentar

Bitte füllen Sie die Felder aus, um einen Kommentar zu verfassen.

Kommentar verfassen
*Pflichtfelder

Aus datenschutzrechtlichen Gründen werden Kommentare, bei denen die E-Mail-Adresse in den Feldern Name, Wohnort oder Text geschrieben wurde, nicht freigegeben. Mit Nutzung der Kommentarfunktion stimmen Sie unserer Netiquette sowie unserer Datenschutzerklärung (Link am Ende der Seite) zu. Wir behalten uns vor, Kommentare, die nicht zu einer konstruktiven Diskussion beitragen, nicht freizugeben oder zu löschen. Wir geben keine Auskunft über gelöschte oder nicht freigegebene Kommentare. Mit der Abgabe eines Kommentars erklären Sie sich mit diesen Regeln und den Kommentarrichtlinien des rbb einverstanden.

9 Kommentare

  1. 9.

    "Mit einem Rollstuhl eine Rampe hoch zu fahren, ist ein echter Kraftakt, mehrere Stockwerke wie an Bahnhöfen, nicht zu schaffen. Ebensowenig wie mit Kinderwagen..
    Es redet ja nun auch keiner von mehreren Stockwerken. Echt, wer was nicht will, der findet aber auch immer Gründe... :-)
    Rollstuhl kann ich nicht beurteilen, aber den Kinderwagen habe ich schon viele Bahnhofsrampen hinaufgeschoben (in der Schweiz gang und gäbe), und ich kann Ihnen versichern, es war zu schaffen... :-))

  2. 7.

    Es gibt aber nicht nur Rollstuhlfahrer. Es gibt auch Muttis mit Kinderwagen, Fahrradfahrer, Menschen mit Rollkoffern, etc...
    Sie alle könnten Rampen benutzen. Ja, Rampen sind für alle ein Kraftakt. Aber es ist leistbar, im Zweifel mit Hilfe anderer. Ich kann einen Rolli zur Not schieben, tragen nicht. Also daher TEAM RAMPE!!!

  3. 6.

    Nun, zumindest die Rampen aus Vorwendezeiten am S-Bahnhof Buch und - ich glaube - Mehrower Allee ermöglicht auch Menschen, die auf Rollatoren und Rollstühlen angewiesen sind, einen Zugang zum Bahnsteig. Das gilt natürlich auch für Kinderwagen schiebende Mütter oder Väter. Ich glaube es ist eher eine Frage des Raumes, der für eine Rampe benötigt wird. Technisch unanfälliger und fast wartungsfrei ist eine Rampe allemal.

    Grüße
    Navan

  4. 5.

    Das mit den Rampen ist definitiv eine gute Sache - aber es kommt auch auf die Bauweise an. Diverse Bahnhöfe z.B. der Linie U5 stadtauswärts wurden zu DDR Zeiten geplant und gebaut. Hier wurde der nötige Platz berücksichtigt, der für eine nicht zu hohe Steigung nötig ist. Ein Fahrstuhl braucht sicher weniger Platz, ist aber bekanntlich recht störanfällig und von daher auf Dauer auch wesentlich teurer.

  5. 4.

    Antwort auf "Deborah " vom Dienstag, 29.10.2024 | 19:55 Uhr
    "Rampen! Funktionieren 24/7, kein "Technik", auch für Nichtbehinderten viel angenehmer zu benutzen als Treppen." Mit einem Rollstuhl eine Rampe hoch zu fahren, ist ein echter Kraftakt, mehrere Stockwerke wie an Bahnhöfen, nicht zu schaffen. Ebensowenig wie mit Kinderwagen oder Rollator.
    Es wird schon seine Gründe haben, warum diese Variante nicht mehr verwendet wird.

  6. 3.

    Das Grundproblem gerade bei technische Hilfsmitteln wie Fahrstühle (oder für andere Rolltreppen) besteht m. E. darin, dass keine vorsorgende Instandhaltung betrieben wird, die Anlagen auf Herz & Nieren prüft, sondern eine Politik der Wiederinbetriebsetzung gefahren wird, nachdem der einkalkulierte Ausfall eingetreten ist.

    Dann dauert es, bis die Ersatzteile herangeschafft werden, denn auch die Lagerhaltung ist de facto abgeschafft worden, aus vordergründigen Kosteneinsparungsgründen. Das betrifft dann Menschen mit Mobilitätseinschränkungen im Besonderen.

    Das ist m. E. Barrierefreiheit unter Vorbehalt, für die die Werbung dafür unterlassen werden sollte.

  7. 2.

    Kein Rufbus auf der ganzen Welt bringt einen Rollstuhlfahrer von egel welchem Gleis herunter, wenn akut der Lift ausfällt.

  8. 1.

    Es gibt eine Alternative der bei Modernisierung und Neubau berücksichtigt werden könnte.

    Rampen!

    Funktionieren 24/7, kein "Technik", auch für Nichtbehinderten viel angenehmer zu benutzen als Treppen.

    Viele ostberliner Bahnhöfe haben Rampen noch aus der DDR Zeit. Viele Bahnhöfe haben aber leider neue Treppen bekommen wo Rampen möglich wären. Wuhlheide, zum Beispiel.

    Rampen bauen wo möglich würde auch im Vergleich zu Aufzüge viel CO2 bzw Energie sparen.

Nächster Artikel