Angespannte Versorgungslage in Berlin - Gesundheitsverwaltung sieht keine eigenen Fehler in Kinderkliniken

Mo 05.12.22 | 14:57 Uhr
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Symbolbild: Ein Frühchen mit einem Gewicht von 980g, das in der 25. Schwangerschaftswoche geboren wurde, liegt am 13.12.2012 auf der Frühchenstation (Neonatologie) im Helios-Klinikum Berlin-Buch. (Quelle: dpa/Franziska Gabbert)
Audio: rbb24 Inforadio | 05.12.2022 | Magdalena Dercz | Bild: dpa/Franziska Gabbert

Wegen einer Welle von Atemwegsinfektionen bei Kindern warnen Mediziner in Berlin vor akuten Engpässen in Kinderkliniken. Sie fordern, dringend Personal aufzubauen. Die Gesundheitsverwaltung schiebt derweil die Schuld auf den Bund.

Die Berliner Gesundheitsverwaltung weist Kritik von Kinderärzten zurück, die Politik unternehme nichts gegen die aktuellen personellen Engpässe in den Kinderkliniken der Stadt. In einem Brandbrief an die Senatsverwaltung hatten die Mediziner auf eine gefährdete Versorgungslage in Krankenhäusern und Kinderarztpraxen gewarnt. Grund dafür sei die derzeit hohe Zahl von Atemwegserkrankungen unter Kindern.
 
"Was wir als Land machen können, das tun wir bereits - und wir gehen dieser wirklich dramatischen Situation nach", sagte Armaghan Naghipour (parteilos), Staatssekretärin in der Berliner Gesundheitsverwaltung, am Montag im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses. Der Senat habe nach einem ersten offenen Brief von Ärzten zu dem Thema bereits viele Schritte in die Wege geleitet.

Senatsverwaltung verweist auf den Bund

Verantwortlich für die aktuelle Situation sei die "strukturelle Unterfinanzierung der Kinder- und Jugendmedizin in Verantwortung des Bundesministeriums für Gesundheit", ein Mangel an Pflegekräften und "aktuell verschärfend" eine Vielzahl an Atemwegsinfektionen.

Auch Thomas Götz (Grüne), ebenfalls Staatssekretär in der Berliner Gesundheitsverwaltung, wies am Sonntagabend auf eine Unterfinanzierung der Kinderärzte durch den Bund hin. "Die Situation ist durchaus dramatisch, nicht nur in Berlin", sagte er der rbb24 Abendschau. Im Moment gehe es darum, die akute Belastung von den Kliniken wegzubekommen.

Langfristig müssten aber andere Lösungen gefunden werden. "Die Fachkräfte sind letzten Endes Mangel", so Götz. Man versuche dem abzuhelfen, indem zum Beispiel ausländische Fachkräfte ihre Abschlüsse schneller anerkannt bekämen. Zudem sollen Betten, die wegen akuten Pflegekräftemangels stillgelegt sind, durch den Einsatz von "mixed Teams" aus Erwachsenen- und Kinderkrankenpflegern wieder in Betrieb genommen werden, so Götz.

Brandbrief an Gesundheitssenatorin

Zuvor hatten mehrere Kinderärzteverbände in einem Brandbrief an die Gesundheitssenatorin vor "unverantwortbaren Zuständen" in den Kinderarztpraxen sowie in den Krankenhäusern gewarnt. Schon jetzt gebe es Tage, "in denen in keiner der Berliner Kinderkliniken mehr ein freies Bett zu finden ist und Eltern für ihr Neugeborenes keine/n Kinder- und Jugendarzt/-ärztin finden", heißt es in dem Schreiben, das dem rbb vorliegt. Wegen der schlechten Versorgungslage kämen Kinder in Berlin schon jetzt zu Schaden oder müssten nach Brandenburg verlegt werden.

Zu den Ursachen der aktuellen Krise und den notwendigen Maßnahmen gibt es derweuil verschiedene Ansätze. Beatrix Schmidt, Chefärztin der Kinderklinik im St. Joseph-Krankenhaus in Tempelhof, sieht dringenden Handlungsbedarf schon bei der Ausbildung: "Es gibt einen Abbau der Medizin-Studienplätze, obwohl es einen Anstieg der Bevölkerung gibt", sagte sie dem rbb. Wenn man jetzt bei der medizinischen Ausbildung vorausschauend plane, könne man das Ruder in drei bis sechs Jahren rumreißen, so Schmidt. Denn so lange bräuchten die Ausbildungen von Ärzten und Pflegepersonal.

Klemens Raile, Vorsitzender Berliner Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (BGKJ), forderte im rbb, das Thema Kinder und Jugendliche und deren Gesundheit ganz oben auf die Agenda zu setzen. "Herr Lauterbach muss eindeutig für die auskömmliche Finanzierung der Pädiatrie sorgen und das möglichst ab Januar 2023", sagt er. Es sei nicht auszuschließen, dass es im pädiatrischen Bereich irgendwann richtige Blackouts gebe.

Experten rechnen mit stärkerer Ausbreitung von RSV

Zurzeit kommen besonders viele mit RSV erkrankte Kinder auf Intensivstationen. Zuletzt hatte die Berliner Charité am Donnerstag angekündigt, angesichts der angespannten Situation ein Netzwerk für Kindermedizin mit den anderen Kinderkliniken Berlins einzurichten.

RSV steht für Respiratorisches Synzytial-Virus, ein Erreger von akuten Atemwegserkrankungen. Es wird von Mensch zu Mensch verbreitet, vor allem durch Tröpfcheninfektion. Der Nachweis von RS-Viren erfolgt nach einem Abstrich im Labor.

Das Robert Koch-Institut rechnet damit, dass sich akute Atemwegserkrankungen in den nächsten Wochen noch deutlich stärker ausbreiten als bisher. In der vergangenen Woche sei die Zahl der erfassten Fälle auf sieben Millionen gestiegen, schreibt das RKI in seinem Wochenbericht. Die sogenannten RSV-Infektionen führen dazu, dass vor allem Säuglinge und Kleinkinder ins Krankenhaus kommen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.12.2022, 10:33 Uhr

23 Kommentare

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  1. 23.

    stimmt , aber Lauterbach verkündet nun : " Lauterbach verspricht "Revolution"

  2. 22.

    Schenken Sie sich Ihre,"an allem sind die Ungeimpften Schuld" Gesänge al'a Lauterbach. Das zog vielleicht letztes Jahr bei der Masse, als er damit Betten und Personalabbau übertünchen wollte. Das Pferd ist tot geritten.

  3. 21.

    Klar Fehler machen immer die anderen. Die davor dran waren vielleicht? Oder das Personal das sich vielleicht nicht impfen lassen wollte? Oder die Geimpften, die jetzt ständig krank sind? Fehler machen nur die anderen.

  4. 20.

    Klar, schuld sind immer die Anderen, aber nur nicht der Berliner Senat. Der ist Top, genau wie bei der Problemlösung beim Rettungsdienst.

  5. 19.

    Was piept wird geliebt! :-) und lieber den Oberstabsarzt am Krankenbett , als Politikerausreden im Fernsehen.

  6. 18.

    Na super! Bei der Diätenerhöhung ist man voll moriviert, aber bei der Übernahme von Verantwortung
    für ein nicht funktionierendes Gesundheitssystem, ist man nicht so engagiert . Ich dachte immer, die von uns gewählten Politiker/ innen sind zuerst diesem Land und seiner Bevölkerung verpflichtet. Das scheint wohl nicht ins politische Bild zu passen.

  7. 16.

    Was hätte wohl ein Helmut Schmidt gemacht? San - Battalion in der Blücher Kaserne aktiviert, auf die Stationen verteilt, und danach den Gesundheitsminister gefeuert. Er fehlt mir!

  8. 15.

    Dem Senat von Berlin, also den Bürger*Innen gehören gleich 2 Medizin-
    Konzerne in Berlin.
    Da können böswillige Menschen*Innen und
    16jährige Erstwähler auf den Gedanken
    kommen, es müsste Personal abgelöst
    werden.

  9. 14.

    Wie von mir schon vor zwei Jahren erwartet sind die Kinder nun die Verlierer der corona-maßnahmen, vielen Dank an die Regierung noch mal im Nachhinein.

  10. 13.

    Wenn ich mir die Kommentare anschaue, komme ich zu der Erkenntnis dass Problem ist bekannt, Lösungen stehen auch zur Diskussion. Nur wer soll es umsetzen? Die Parteienlandschaft, die seit 30 Jahren genau diese Probleme geschaffen hat? Wohl kaum. Keine dieser Leute wird sich hinstellen, und zugegeben, es verbockt zu haben. Niemand wird verantwortlich sein. Schlimmstenfalls verabschiedet man sich in den Aufsichtsrat einer Firma, der man zugespielt hat. "Neue..... braucht das Land"

  11. 12.

    Auch wenn es hier um die Berliner Kliniken geht, möchte ich folgendes anmerken. Es gibt auch in Berlin Landeskliniken, dort wurden die Verantwortlichen seitens der Politik dazu aufgefordert Tichterunternehmen zu gründen. Auslagern hieß die Devise um Angestellte aus dem Tarifvertrag zu drängen. So einfach wie es sich nun die Verwaltung macht ist es wohl nicht. Meine ganz ehrliche Meinung dazu ist, wer Kliniken dazu zwingt am Jahresende "schwarze Zahlen" schreiben zu müssen ist verkehrt. Soziale Einrichtungen in welcher Form auch immer gehören nicht in diesen Bereich. Wohin diese Politik führt haben wir bei Corona erlebt und erleben wir nun wieder. Und immer schön auf dem Rücken der Angestellten austragen. Ob Senat/Land oder Bund, ihr solltet euch schämen. Und dann kommt noch:"Ich war es nicht, das waren immer die anderen".

  12. 11.

    Es wird Zeit, dass der Gesundheitsminister gefeuert wird
    - verfehlte Corona-Politik
    - fehlendes Pflegepersonal
    - Verschlechterung der Situation bei Aufnahme neuer Patienten bei Hausärzten und nun
    - auch das noch mit unseren Kindern
    Ärzte sind dazu da, um Patienten gesund zu machen, nicht aber die Taschen der Unternehmen voll zu machen.

  13. 10.

    Hin und herschieben der Verantwortung, und auf der Strecke bleibt unsere Zukunft, die Kinder. Nur dahin muss investiert werden und nicht in irgendwelche undurchsichtigen Quellen.

  14. 9.

    "Mediziner warnen vor gefährlichem Personalmangel in den Kinderkliniken" - klingt wie eine Dauerschleife, ausgelöst seinerzeit, als Lauterbach als Lobbyist der Krankenhausvereinigung, aggressiv den Abbau von Krankenhausbetten, Personal und die Schließung von Krankenhäuser voran trieb.

  15. 8.

    Das deutsche Gesundheitssystem bietet zwar umfassende Leistungen auf hohem Niveau, ist aber teurer als das der meisten anderen EU-Länder. Die Gesundheitsergebnisse entsprechen dagegen nur dem europäischen Durchschnitt. Das geht aus einer Analyse der EU-Kommission hervor (Bericht „State of Health: Die Gesundheitssysteme in D.")

    Wir müssen uns auf eine geringere Basisversorgung in MVZ und geringere Fragmentierung des Systems sowie einer besseren Koordination der Patientenbehandlung schnell einigen. Wer mehr will, muss privat ergänzend abs. Im Bericht heißt es, weil ein Gatekeeping-System fehle, komme es nicht nur zu einer hohen Inanspruchnahme ärztl. Leistungen, sondern auch zu Brüchen zwischen allgemein- und fachärztlicher Versorgung. Ineffizienzen durch Informationsverluste und Doppeluntersuchungen ergäben sich auch an der Schnittstelle zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern. Auch bei der Digitalisierung fehlt immer noch flächendeckend die elektronische Patientenakte

  16. 7.

    Ja, und zwar seit über 30 Jahren. Schon in den 80ern war das Problem, dass die Boomer in Rente gehen, bekannt, und wurde auch angemahnt. Politische Reaktion 0. Privatisierung und outsourcing wurde zum Zauberwort. Alles wird effizient und günstig. Schlechtere Verträge, und Gängelung der Belegschaft, die noch nach BAT mit VBL bezaht wurde, ihre Altverträge auf den Müll zu werfen. Interesse dadurch beim Nachwuchs, wieder 0. Und nun stehen sie da, unsere Leistungsträger.

  17. 6.

    Es liegt ein strukturelles Problem vor, dass seit Jahren betrachtet und ...
    Nunmehr könnte eine kausale Kette zwischen der Finanzierung der Gesundheit und Sterbefälle bei den Patienten nachgewiesen werden und somit ein Tatbestand des Strafgesetzbuches? Ich glaube es ist schneller nachzuweisen, dass der eine den anderen aus der gemeinsamen AStA ZEIT kennt.
    Weiter zu schreiben ist zwecklos. Seit Jahren ist es bekannt und seit Jahren schaffte es kein Gesundheit Ministerium die Gesundheit hier in Mitteleuropa ordentlich zu organisieren.
    Frage wer hat welche interesse und zweitens...
    Diese Krankheitswelle denkt nur auf, dass alles auf kante genäht ist und wenn..., ... nee der Gedanke geht nicht!

  18. 5.

    "Mediziner warnen vor gefährlichem Personalmangel in den Kinderkliniken" - klingt wie eine Dauerschleife, ausgelöst seinerzeit, als Lauterbach als Lobbyist der Krankenhausvereinigung, aggressiv den Abbau von Krankenhausbetten, Personal und die Schließung von Krankenhäuser voran trieb.

  19. 4.

    Die Misere in den Krankenhäusern und das Affentheater mit der Fallpauschale verdanken wir doch auch einer SPD Regierung, ist zwar ein bisschen her. Hier beweist sich wieder einmal die Unfähigkeit der Politik, erkannte Fehler zu beseitigen.

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