Zumindest in der Theorie - Wo Bären in Brandenburg passenden Lebensraum finden könnten

Mi 06.11.24 | 06:11 Uhr | Von Philipp Rother
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Europäischer Braunbär oder Eurasische Braunbär (Ursus arctos arctos), ein adultes Weibchen steht am 09.08.2020 in Bieszczady, Polen auf Waldlichtung. (Quelle: Picture Alliance/imageBROKER/Michaela Walch)
Bild: Picture Alliance/imageBROKER/Michaela Walch

Ein idealer Lebensraum für Bären muss eine Kombination aus ruhigen Waldgebieten mit ausreichend Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten für die Winterruhe bieten. Solche Areale gäbe es auch in Brandenburg. Von Philipp Rother

Vor 500 Jahren lebten fast überall in Europa Braunbären. Sie waren weit verbreitet - auch im Gebiet des heutigen Deutschlands. Die Bären wurden im Mittelalter dann aber mit viel Aufwand gejagt.

Nicht nur die Jagd, auch die fortschreitende Rodung der Wälder führte dazu, dass es mit den Jahren immer weniger Braunbären in Deutschland gab. Nach 1750 kamen sie nur noch in kleinen Teilpopulationen in den Mittelgebirgen und im Alpenraum vor.

Die Jagd ging aber weiter - und wurde immer effizienter, so dass die Zahl der Bären immer weiter schrumpfte und sie letztlich vollends verschwanden. Der letzte bekannte wilde Bär wurde in Deutschland im Jahr 1835 in Bayern getötet, in Brandenburg-Preußen nordöstlich von Stettin bereits 1741. Im Spreewald wurde der letzte Bär 1650 geschossen.

Gebiete in Brandenburg laut Experte zu klein

Seitdem hat sich die Landschaft grundlegend geändert. Eine Studie unter der Leitung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) zeigt aber, dass es in Deutschland noch immer Gebiete gibt, in denen keine Bären mehr leben, die sich aber grundsätzlich als Lebensraum eignen würden - darunter auch zwei kleine Areale im Norden Brandenburgs.

Tatsächlich gebe es in Brandenburg kleine Flecken, die als "lokal geeignet für Bären vorhergesagt werden", erklärte Néstor Fernández, Hauptautor der im Fachjournal "Diversity and Distributions" [onlinelibrary.wiley.com] präsentierten Studie, dem rbb auf Nachfrage.

Ein vom Computer ermitteltes Gebiet liegt zwischen Wittstock/Dosse und Neuruppin (beide Ostprignitz-Ruppin). In dem Waldgebiet liegt das Friedensdenkmal Basdorf. Das zweite Areal befindet sich im Barnim nordwestlich von Eberswalde. In dem Gebiet liegt auch der südliche Teil des Werbellinsees.

"Die Gebiete sind jedoch definitiv zu klein, um eine Bärenpopulation zu erhalten, da einzelne Bären oft größere Streifgebiete haben als die als geeignet vorhergesagten Gebiete", so Studienleiter Fernández.

Ansiedlung in Brandenburg "äußerst unwahrscheinlich"

Für die Studie haben die Forscher die Ergebnisse von sechs vorherigen Untersuchungen genutzt. Diese hatten sich jeweils auf ein begrenztes Gebiet konzentriert, in dem Bären leben. Für diese Areale war analysiert worden, welche Ansprüche die Tiere an den Lebensraum haben. Die lokalen Studien wurden nun von den Wissenschaftlern zusammengeführt. Es entstand ein Computermodell, das mögliche weitere Lebensräume für Bären bestimmt hat. In Deutschland gibt es demnach 16.000 Quadratkilometer potenziellen Bären-Lebensraum - darunter der Harz, das Rothaargebirge, der Pfälzer Wald, der Spessart, der Bayrische Wald, der Schwarzwald und die Bayerischen Alpen [idiv.de].

In der Theorie könnten Bären auch in den beiden nur wenige Quadratkilometer großen Gebieten im Norden Brandenburgs leben, realistisch ist das aber nicht: "Ein einzelner Bär müsste sehr weite Strecken über Felder, Flüsse und Autobahnen zurücklegen, um das Gebiet zu erreichen", sagte Fernández. Aber auch das wäre nicht ausreichend, da keine Paarungspartner vor Ort wären. Ein "regelmäßiger Zustrom" von Bären wäre erforderlich. Nur dann könnte sich eine Population etablieren. Das sei aber "äußerst unwahrscheinlich", erklärte Fernández weiter.

Bären brauchen große Wälder und verschiedene Nahrungsquellen

In Europa leben derzeit schätzungsweise zwischen 25.000 und 30.000 Braunbären. Sie sind hauptsächlich in den Karpaten, den Alpen und den skandinavischen Wäldern verbreitet. Die wichtigsten Staaten, in denen Braunbären vorkommen, sind Rumänien, Slowenien, Österreich, Schweden, Finnland, Norwegen, Bulgarien, Kroatien und Italien.

Bären brauchen große Wälder mit heterogener Struktur und verschiedenen Nahrungsquellen wie Bucheckern, Eicheln, Wildfrüchten und Gras. Durch die Gebiete dürfen nur wenige Straßen führen. Darüber hinaus dürfen in dem Areal nur wenige Menschen wohnen. Es muss Rückzugsmöglichkeiten für die Winterruhe und für die ungestörte Jungenaufzucht geben.

All diese Merkmale weisen auch die beiden Waldgebiete in Brandenburg auf. Eine Ansiedlung der Bären ist dennoch unrealistisch: "Ich denke nicht, dass Bären diese Gebiete in naher Zukunft wieder besiedeln werden – sie sind zu klein und zu isoliert", sagte der Hauptautor abschließend: "Zumindest nicht auf der Grundlage der aktuellen Beweise und angesichts der Entfernung zu anderen Populationen zum Beispiel in den nördlichen Karpaten oder den Alpen." Bären in Brandenburg bleiben also eher ein Gedankenspiel.

Beitrag von Philipp Rother

23 Kommentare

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  1. 23.

    Aha, da hat man sich beschäftigt? Es gibt da eine Studienergänzung. Von mir: Im Trentin hat man es vor Jahren probiert. Einen Toten, Andrea Papi, gab es schon. Den Bären nutzt dieses Experiment rein gar nichts...

  2. 22.

    Als nächstes sollen Feuer und Gift speiende Drachen in Brandenburg angesiedelt werden.
    So manch einer hat so einen schon bei sich zu Hause.

  3. 21.

    Wenn hier freie Bären, dann Waffenrecht lockern... ist doch ganz einfach!

  4. 20.

    Warum beschäftigen sich Experten mit sowas unwahrscheinliches bzw sinnloses?

    Wieviel kosten die Überlegungen?

  5. 19.

    Irgendwer sollte diesen „Naturfreunden“ mal klar machen, daß Brandenburg kein Wildtierpark ist. Solche Ideen können die gern für sich behalten. Kommt alles aus der Ecke: Ich hab was ganz tolles vor: Und ihr müsst damit leben und für die Kosten aufkommen.

  6. 18.

    Ist schon irgendwie eigenartig, Berliner wünschen sich immer mehr Arten im Umland. Brandenburg soll der Tierpark für Berliner werden und wehe dem wilde Tiere verirren sich nach Berlin!

  7. 17.

    Als diese Tiere hier lebten gab es auch so ein, zwei Einwohner weniger - nicht wegen der Tiere, sondern überhaupt. Ich möchte den Aufschrei der Möchtegernranger und Innenstadtsurvivalexperten nicht hören wenn Meister Petz und Gevatter Isegrimm anstelle einer löwenstarken Wildsau mal gucken kommt ob lecker Futter da ist. Ja, und ich bin froh, das es nur ein Gedankenspiel ist. Sonst wird wieder sinnentleert und ahnungslos auf die Bauern eingedroschen weil die diesmal keine Herdenschutztiger haben.

  8. 16.

    es ist scheinbar richtig die Population in der Natur geht zurück weil die Tiere verstärkt die Mülltonnen in den Städten Berlin bei Teltow/ Kleinmachnow durch stöbern und da nimmt die Population zu.

  9. 15.

    Toller Kommentar, haben wir nicht noch ein paar Reste der Innerdeutschen Grenzanlage und Mauerreste aus Berlin vielleicht noch von den Selbstschussanlagen, dann muss kein Bauer oder Jäger sich die Hände schmutzig machen. Und wir können uns dann selbst einzäunen. wenn ich mein Bild im Kopf noch erweitere, dann stehen wir im Zoogehege und die Tiere sind die Besucher.

  10. 14.

    Ich verstehe einige Kommentatoren hier nicht. Im Artikel ist nirgendwo die Rede davon, dass der Braunbär durch den Menschen wieder hier angesiedelt werden soll, sondern es geht darum, ob sich Bären hierher verirren und dann hier eine Population entsteht. So kam ja auch der Wolf wieder hier her. Über den Sinn der Studie kann man trotzdem zweifeln. Es geht auch nicht um die Akzeptanz von Wildtieren, sondern schlicht darum, dass der Lebensraum heute für viele Wildtiere nicht mehr gegeben ist. Übrigens: seit ASP geht auch die Zahl der Wildschweine zurück.

  11. 13.

    Ich fand den Beitrag interessant und informativ.
    Eigentlich schade, dass wir es nicht schaffen Wildtiere zu akzeptieren wie z.B. den Wolf, Bär oder Elch. Diese Tiere lebten in unserer Region schon bevor wir Menschen hier siedelten. Gartenbesitzer regen sich über Wildschweine auf. Warum haben wir soviele Wildschweine? Weil denen die natürlichen Feinde fehlen.

  12. 12.

    Bei dem Aufschrei mit den Wölfen und Migration ist eine Re-Migration von Bären sicher schon von daher nicht opportun.
    Die Begegnung Mensch-Bär wäre vorprogrammiert.
    In Canada fängt man Bären in Fallen, die sich zu nah an menschliche Siedlungen trauen und bringt sie in Gebiete ohne Straßen, fernab der Zivilisation. Gibt es hier nicht.
    Also wäre hier wieder nur: abballern.
    Wozu also wieder ansiedeln?
    Um Jäger glücklich zu machen und ihnen zu Trophäen zu verhelfen?

  13. 11.

    Der Wolf zieht nicht mehr, jetzt kommt der Bär.

  14. 10.

    Die Frage stelle ich mir auch. Es wird Zeit, dass der rbb24 auch mal zensiert wird, so wie er es mit seinen (zahlenden!) Kunden tut!

  15. 9.

    Welchen Mehrwert soll dieser Beitrag haben und mit welcher Intention ist dieser verfasst ?

  16. 7.

    Bevölkerung Gebiet Europa:
    1600 ca. 70 Millionen;
    2023 ca. 740 Millionen
    Wir müssen zurück auf 70 Millionen, dan klappt es auch mit den Bären!

  17. 6.

    Früher gab es hier auch Säbelzahn-Tiger. Vieleicht finden wir ja noch ein Plätzchen für Tiger in Deutschland. Ich finde es gut, dass Kinder das Geld für Klassenfahrten gestrichen bekommen und wir Geld für solche Sinnvollen Dinge ausgeben. Ich hätten gern ne Studie darüber, ob Wasser Naß ist und was man dagegen unternehmen kann. Vielleicht Einfrieren?? Ich bin so auf die Ergebnisse gespannt.Oh Herr lass Hirn regnen, platsch daneben ,-)

  18. 5.

    Die sind doch voll geil die Wölfe. Also wenn man einigen hier Glauben schenken will. Da gehen Bären sicher auch noch. Voll Niedlich und harmlos. Da ist doch dann der herrschenden Theorie der Mensch derjenige, der auf dem Planeten eh nichts zu suchen hat. Fragt sich nur wie man das dann den Leuten schmackhaft machen will. So mit Zäunen und Hunden wird schwierig. Aber vielleicht kann man irgendwie aufrüsten? Da sind nämlich auch welche dabei, die das auch toll fänden.

  19. 4.

    Nun, ich sehe den Wert der Untersuchungen darin, dass mit den Mitteln der Informationsverdichtung (ideallebensraum Tier/Ansprüche des Tieres zur Verstetigung)u pc-gestützte Suche nach evtll infragekommenden Gebieten eindeutig geklärt ist, das es nicht sinnvoll ist. V.a. fehlt es an gut strukturierte Waldlandschaften u. wasserreichen Flüssen. Unsere sind viel zu temperiert u. die Wandergebiete sind zu mini. Also ist Ansiedlungs-Projekt Bär - abgehakt. Ansonsten müsste man ja beweisen, dass die Untersuchungen falsch sind, oder bewohnte Orte/Landschaftsräume langfristig "zurückbauen". Wie soll das vermittelbar sein? Wenn's schon in von Natur aus restriktiven Bedingungen(im Hinblick auf menschl. Ansiedlungen/Nutzungsformen)schwer ist, den Bären in den betr. Gebieten zu halten. "Game isch over"! Also schützt ihn besser anderswo- evtl. Alpen, Karpaten; Kanada, USA

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