Forstreform in Brandenburg - Zu wenig Axt im Walde

Mo 02.01.23 | 06:12 Uhr | Von Hanno Christ
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Ein Förster steht mit einem Tablet in einem Fichtenwald. (Quelle: dpa/Friso Gentsch)
Bild: dpa/Friso Gentsch

Klimakrise. Dürre. Hitze. Der Wald Brandenburgs ist eine der größten Baustellen des Landes. Helfen soll die Forstreform. 2023 gibt es zusätzliches Personal und eine bessere Ausbildung. Doch die Herausforderungen des Waldumbaus sind immens. Von Hanno Christ

  • Der Forstbetrieb kann künftig mit deutlich mehr Personal arbeiten.
  • Bezahlung und Ausbildung werden attraktiver.
  • Die Opposition kritisiert die Reform als bürgerfern.
  • Der Waldumbau stellt den Forstbetrieb weiter vor große Herausforderungen.

Er genießt es. Für Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) ist es eine sichtliche Genugtuung, wenn er über die Forstreform sprechen kann. Immerhin ist ihm etwas gelungen, woran unter anderem sein heutiger sozialdemokratischer Vorgesetzter, Ministerpräsident Dietmar Woidke, einst gescheitert war. Der hatte sich – damals noch als Landwirtschaftsminister - am komplexen Geflecht von Förstereien, Oberförstereien, von Waldarbeitern und Waldbesitzern, von Waldbrandüberwachern und Waldpädagogen die Zähne ausgebissen.

Die Forstreform, so dringend notwendig sie war, gehört in Brandenburg zu den heißen Eisen der Regierungsarbeit. Und das blieb lange ungeschmiedet liegen. Nun kann sich Vogel die Reform wie einen Orden ans Revers heften. Durchgesetzt ist sie, jetzt muss sie noch umgesetzt werden. 2023 soll es losgehen.

Mehr Personal und Material sollen Arbeit erleichtern

Statt der ursprünglich vorgesehenen 1.150 Stellen kann der Landesbetrieb Forst künftig mit 1.300 rechnen. Ein Wachstum, das in Zeiten knapper Kassen und steigender Schulden keine Selbstverständlichkeit ist. Künftig wird jeder Landkreis eine Oberförsterei haben, die private und kommunale Waldbesitzer berät. Nach zähen Debatten wird es auch in jedem Landkreis Waldpädagogik-Angebote geben.

Waldarbeiter müssen nicht mehr ihre private Motorsäge nutzen

Ein Kernpunkt der Reform ist die Stärkung der Ausbildung, um den Forstdienst dauerhaft attraktiver zu machen. Zwar wird es in der Waldarbeitsschule Kunsterspring nicht mehr Auszubildende geben, dafür aber sichere Perspektiven. Wer nicht mit einem schlechteren Notenschnitt als 3,0 abschneidet, hat einen Job im Landesbetrieb sicher.

Auch die Försterausbildung wird gestärkt, unter anderem mit einem dualen Studium. Die Bezahlung der Beschäftigten wird verbessert. Zum Spitzenreiter wird das Land damit im bundesweiten Vergleich noch lange nicht, verlässt aber die hinteren Tabellenränge.

Dass sich Brandenburgs Forstverwaltung finanziell aufhübscht, hat auch damit zu tun, dass sich nicht nur der Wald lichtet, sondern auch die Zahl geeigneter Bewerber. Wie auch andere Branchen ist die Forstverwaltung von Fachkräftemangel und demographischem Wandel in ihrer Substanz bedroht. Jedes Jahr scheiden nach Angaben des Ministeriums bis zu 60 Mitarbeiter aus. Daran lässt sich leicht ablesen, dass vor dem Wald wohl die Behörde gestorben wäre. Reagiert wird nun mit einer späten Aufwertung des Dienstes. Andere waldreiche Bundesländer suchen ebenfalls schon händeringend nach Personal – und bieten teils bessere Konditionen.

Bis 2025 sollen außerdem Forstbetriebshöfe eingerichtet werden, Stützpunkte mit Betriebsfahrzeugen und sanitären Einrichtungen – und Motorsägen. Bislang schleppten Waldarbeiter oft ihre eigenen Motorsägen an. Die konnten sie zwar auch privat nutzen, nun aber soll das wichtigste Gerät der Waldarbeit auch vom Arbeitgeber gestellt werden.

Linke: Reviere zu groß und bürgerfern

Während Umweltminister Vogel an die Chance glaubt, den Forstbetrieb in der Ausbildung nun zu einem Vorbild zu formen, sieht Thomas Domres (Linke) die Reform aus Oppositionssicht mit einem lachenden und weinenden Auge. Er begrüßt, dass es endlich mehr Personal geben wird, hätte sich aber mehr als nur 30 Auszubildende gewünscht.

Die neue Behörden-Struktur hält er zudem für ungeeignet für ein Flächenland wie Brandenburg. "Sorgen machen wir uns um die Größe der Reviere", sagt Domres. "Ob man da noch von einer bürgernahen Forstverwaltung in der Fläche reden kann, wage ich zu bezweifeln." Zu bürokratisch hält er außerdem den Weg, den Waldbesitzer einschlagen müssen, um an Fördermittel - etwa für den Waldumbau - zu gelangen. Der führt sie künftig zur Investitionsbank des Landes, nicht mehr zum Landesbetrieb Forst. "Eine klare Fehlentscheidung", meint Domres, weil damit die fachliche Beratung zu kurz komme.

Herausforderung Waldumbau ist gewaltig

Die Mitarbeiter des Landesforstbetriebes stehen vor einer gewaltigen Aufgabe. Noch wurzeln in Brandenburg mehr als 800 Millionen Bäume, verteilt auf etwa 37 Prozent der Landesfläche. Sie sind in der Hand von zehntausenden Privatbesitzern, der Großteil aber gehört Land und Kommunen.

Umbau ist Wettlauf gegen die Zeit

Die Mark hat eines der größten Waldgebiete der Republik – aber auch eines der anfälligsten für Schädlinge, Trockenheit und das Feuer.

Forscher und Ministeriumsmitarbeiter warnen, dass dem Land mit seinem Sandboden in nicht mehr allzu ferner Zukunft in Teilen die Versteppung droht. Um das zu verhindern, soll der Wald möglichst rasch ein anderes Gesicht bekommen, weg von der Nadel, hin zu mehr Laub. Die Monokulturen von Fichten und Kiefern – bislang die prominentesten Bäume Brandenburgs – müssen trockenheitsresistenten und feuerhemmenden Arten weichen. Dafür muss nicht nur viel Holz geschlagen werden, sondern auch neues gepflanzt und gehegt werden.

Durch die rapide Erwärmung des Klimas und verschleppte Reformen ist der Umbau zu einem Wettlauf gegen die Zeit geworden, um den Wald vor Feuer, Schädlingen und Wassermangel zu retten. Um dieses Ziel zu erreichen hat sich Waldminister Vogel viel vorgenommen: Nach der Forstreform soll 2023 auch das Waldgesetz novelliert werden. Mit dem Jagdgesetz, das junge Bäume durch mehr Bejagung vor knabberndem Wild schützen sollte, beißt er sich gerade die Zähne an Landesjagdverband und Koalitionspartnern aus. Das Projekt hat keine Mehrheit und dürfte zu einer Bauchlandung Vogels führen. Wohl auch deshalb unterstreicht er nun den Erfolg der Forstreform.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 01.01.23, 19:30 Uhr

Beitrag von Hanno Christ

9 Kommentare

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  1. 9.

    Umbau, Wende usw. sind gewaltige Begriffe die etwas Schaffendes beinhalten. Ob bei bestimmten Ideologen diese Wörter auch mit Taten ausgefüllt werden oder doch eher das was andere zu tun haben gemeint ist? Wie weit wird man so kommen?

  2. 8.

    Schönes Foto aus dem Grünheider Teslawald. So stellt sich Herr Vogel die Zukunft unseres Waldes vor.

  3. 7.

    Teilweise richtig, zBsp durch Kahlschlag, legal sind 2 ha ohne Genehmigung. Eine unnötige Gesetzeslücke, wird schamlos ausgenutzt. Einfach einen Kahlschlag 2ha, eine Baumreihe stehen lassen dann die nächste 2 ha, unendlich legal fortsetzbar.
    Wer macht sowas, hauptsächlich Spekulanten also Heuschrecken. Wenn Du dass als Waldbauer machst bist Du sehr dumm. 20 Jahre lang keine Durchforstung möglich. Also minus weil Grundsteuer und BG laufen weiter.

  4. 6.

    einen "aufgeräumten" Wald sollte es in Zukunft nicht mehr geben, das Totholz verbessert den Waldboden, ist Nahrung von tausenden Kleinstorganismen, sowie ein Wasserspeicher.

  5. 5.

    So eine Schnellbesohlung für die Kettensäge kostet rd. 100 Euro (in Bayern sind z.B. um die 1000 Kurse p.a. kostenlos und Bayer muss man dazu nicht sein). Das Geld hat man nach drei RM schnittfrischem Holz wieder drin. Gemessen an den deutlich gesunkenen Zahlen bei verletzten Birkenstockförstern hat dieser Schein, ebenso wie die vorgeschriebene Schutzkleidung schon seine Berechtigung. Wer keinen Schein hat, kann, z.B. wie in Luckenwalde, formlos eine Holzssammelgenehmigung beantragen und gegen Axt und Handsäge ist nichts zu sagen und reicht i.d.R. für Totholz allemale.

  6. 4.

    Einige Kommentartoren sollten erstmal nachlesen, was „Wald“ im Kontext des Klimawandels und der Tatsache das Zehnmal soviel Holz, als überhaupt nachwächst, entnommen wird:

    https://www.quarks.de/umwelt/klimawandel/so_geht_es_unserem_wald/

  7. 3.

    Gebt mal denn Menschen das Recht im Wald ,,Totholz""" raus zu holen und die Wälder (Plantagen)werden wieder ein bisschen sauber. Lg.

  8. 2.

    Sehe ich das richtig? Jedes Jahr scheiden 60 Arbeitnehmer:innen aus, und es gibt jährlich 30 Azubis, von denen ja nicht zwangsläufig alle bleiben, und in allen anderen Ländern wird auch gesucht, mit teils besseren Angeboten? Und gleichzeitig sollen aber 150 neue Stellen besetzt werden?
    Lässt sich sicher zum Teil damit erklären, dass per Studium qualifizierte Menschen eingestellt werden sollen auf bestimmten Stellen, aber da bleibt doch eine große Lücke, oder?

  9. 1.

    Früher konnte man sich einen Schein ohne Sägekettenschein beim Förster holen und selbst Holz schlagen. Aber durch eben diese Pflicht zum Sägekettenschein hat es sich für viele erledigt. Er ist schlechthin zu teuer. Würde man diese Pflicht wieder abschaffen, würden auch viel mehr Leute Holz aus dem Wald holen und ein großes Problem in der Waldwirtschaft würde sich von selbst lösen!!!!

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