Forstreform in Brandenburg - Zu wenig Axt im Walde
Klimakrise. Dürre. Hitze. Der Wald Brandenburgs ist eine der größten Baustellen des Landes. Helfen soll die Forstreform. 2023 gibt es zusätzliches Personal und eine bessere Ausbildung. Doch die Herausforderungen des Waldumbaus sind immens. Von Hanno Christ
- Der Forstbetrieb kann künftig mit deutlich mehr Personal arbeiten.
- Bezahlung und Ausbildung werden attraktiver.
- Die Opposition kritisiert die Reform als bürgerfern.
- Der Waldumbau stellt den Forstbetrieb weiter vor große Herausforderungen.
Er genießt es. Für Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) ist es eine sichtliche Genugtuung, wenn er über die Forstreform sprechen kann. Immerhin ist ihm etwas gelungen, woran unter anderem sein heutiger sozialdemokratischer Vorgesetzter, Ministerpräsident Dietmar Woidke, einst gescheitert war. Der hatte sich – damals noch als Landwirtschaftsminister - am komplexen Geflecht von Förstereien, Oberförstereien, von Waldarbeitern und Waldbesitzern, von Waldbrandüberwachern und Waldpädagogen die Zähne ausgebissen.
Die Forstreform, so dringend notwendig sie war, gehört in Brandenburg zu den heißen Eisen der Regierungsarbeit. Und das blieb lange ungeschmiedet liegen. Nun kann sich Vogel die Reform wie einen Orden ans Revers heften. Durchgesetzt ist sie, jetzt muss sie noch umgesetzt werden. 2023 soll es losgehen.
Mehr Personal und Material sollen Arbeit erleichtern
Statt der ursprünglich vorgesehenen 1.150 Stellen kann der Landesbetrieb Forst künftig mit 1.300 rechnen. Ein Wachstum, das in Zeiten knapper Kassen und steigender Schulden keine Selbstverständlichkeit ist. Künftig wird jeder Landkreis eine Oberförsterei haben, die private und kommunale Waldbesitzer berät. Nach zähen Debatten wird es auch in jedem Landkreis Waldpädagogik-Angebote geben.
Waldarbeiter müssen nicht mehr ihre private Motorsäge nutzen
Ein Kernpunkt der Reform ist die Stärkung der Ausbildung, um den Forstdienst dauerhaft attraktiver zu machen. Zwar wird es in der Waldarbeitsschule Kunsterspring nicht mehr Auszubildende geben, dafür aber sichere Perspektiven. Wer nicht mit einem schlechteren Notenschnitt als 3,0 abschneidet, hat einen Job im Landesbetrieb sicher.
Auch die Försterausbildung wird gestärkt, unter anderem mit einem dualen Studium. Die Bezahlung der Beschäftigten wird verbessert. Zum Spitzenreiter wird das Land damit im bundesweiten Vergleich noch lange nicht, verlässt aber die hinteren Tabellenränge.
Dass sich Brandenburgs Forstverwaltung finanziell aufhübscht, hat auch damit zu tun, dass sich nicht nur der Wald lichtet, sondern auch die Zahl geeigneter Bewerber. Wie auch andere Branchen ist die Forstverwaltung von Fachkräftemangel und demographischem Wandel in ihrer Substanz bedroht. Jedes Jahr scheiden nach Angaben des Ministeriums bis zu 60 Mitarbeiter aus. Daran lässt sich leicht ablesen, dass vor dem Wald wohl die Behörde gestorben wäre. Reagiert wird nun mit einer späten Aufwertung des Dienstes. Andere waldreiche Bundesländer suchen ebenfalls schon händeringend nach Personal – und bieten teils bessere Konditionen.
Bis 2025 sollen außerdem Forstbetriebshöfe eingerichtet werden, Stützpunkte mit Betriebsfahrzeugen und sanitären Einrichtungen – und Motorsägen. Bislang schleppten Waldarbeiter oft ihre eigenen Motorsägen an. Die konnten sie zwar auch privat nutzen, nun aber soll das wichtigste Gerät der Waldarbeit auch vom Arbeitgeber gestellt werden.
Linke: Reviere zu groß und bürgerfern
Während Umweltminister Vogel an die Chance glaubt, den Forstbetrieb in der Ausbildung nun zu einem Vorbild zu formen, sieht Thomas Domres (Linke) die Reform aus Oppositionssicht mit einem lachenden und weinenden Auge. Er begrüßt, dass es endlich mehr Personal geben wird, hätte sich aber mehr als nur 30 Auszubildende gewünscht.
Die neue Behörden-Struktur hält er zudem für ungeeignet für ein Flächenland wie Brandenburg. "Sorgen machen wir uns um die Größe der Reviere", sagt Domres. "Ob man da noch von einer bürgernahen Forstverwaltung in der Fläche reden kann, wage ich zu bezweifeln." Zu bürokratisch hält er außerdem den Weg, den Waldbesitzer einschlagen müssen, um an Fördermittel - etwa für den Waldumbau - zu gelangen. Der führt sie künftig zur Investitionsbank des Landes, nicht mehr zum Landesbetrieb Forst. "Eine klare Fehlentscheidung", meint Domres, weil damit die fachliche Beratung zu kurz komme.
Herausforderung Waldumbau ist gewaltig
Die Mitarbeiter des Landesforstbetriebes stehen vor einer gewaltigen Aufgabe. Noch wurzeln in Brandenburg mehr als 800 Millionen Bäume, verteilt auf etwa 37 Prozent der Landesfläche. Sie sind in der Hand von zehntausenden Privatbesitzern, der Großteil aber gehört Land und Kommunen.
Umbau ist Wettlauf gegen die Zeit
Die Mark hat eines der größten Waldgebiete der Republik – aber auch eines der anfälligsten für Schädlinge, Trockenheit und das Feuer.
Forscher und Ministeriumsmitarbeiter warnen, dass dem Land mit seinem Sandboden in nicht mehr allzu ferner Zukunft in Teilen die Versteppung droht. Um das zu verhindern, soll der Wald möglichst rasch ein anderes Gesicht bekommen, weg von der Nadel, hin zu mehr Laub. Die Monokulturen von Fichten und Kiefern – bislang die prominentesten Bäume Brandenburgs – müssen trockenheitsresistenten und feuerhemmenden Arten weichen. Dafür muss nicht nur viel Holz geschlagen werden, sondern auch neues gepflanzt und gehegt werden.
Durch die rapide Erwärmung des Klimas und verschleppte Reformen ist der Umbau zu einem Wettlauf gegen die Zeit geworden, um den Wald vor Feuer, Schädlingen und Wassermangel zu retten. Um dieses Ziel zu erreichen hat sich Waldminister Vogel viel vorgenommen: Nach der Forstreform soll 2023 auch das Waldgesetz novelliert werden. Mit dem Jagdgesetz, das junge Bäume durch mehr Bejagung vor knabberndem Wild schützen sollte, beißt er sich gerade die Zähne an Landesjagdverband und Koalitionspartnern aus. Das Projekt hat keine Mehrheit und dürfte zu einer Bauchlandung Vogels führen. Wohl auch deshalb unterstreicht er nun den Erfolg der Forstreform.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 01.01.23, 19:30 Uhr