Lehramtsstudium startet in Senftenberg - Neue Lehrer für die Lausitz

Mo 13.03.23 | 15:48 Uhr
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Symbolbild:Eine Lehramtsstudentin unterrichtet eine Grundschulklasse.(Quelle:dpa/Westend61)
Video: Brandenburg aktuell | I. Alboga/J. Jahn | 13.03.2023 | Bild: dpa/Westend61

An der BTU in Senftenberg werden ab Herbst die ersten neuen Grundschullehrer ausgebildet. Bildungsministerin Britta Ernst setzt darauf, dass möglichst viele der Studierenden später in der Lausitz bleiben. Von Michael Schon

  • Studiengang "Lehramt Primarstufe" startet zum Wintersemester an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU)
  • Fokus auf Praxisbezug und Fachdidaktik
  • Pädagogen sollen Schulen in der Lausitz stärken
  • Erste Absolventen frühestens in sechs Jahren

Als Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) von Senftenberg spricht, klingt sie fast ein bisschen wie die Chefin des Stadtmarketings: Wassersport, ein Landestheater, günstige Wohnungen – ideale Bedingungen für angehende Grundschullehrer seien das. Ab Herbst gibt es dann auch den passenden Studiengang dazu: Lehramt Primarstufe, oder etwas weltläufiger: Bachelor of Education.

Zum Start gibt es 50 Studienplätze. Die Kapazitäten sollen schrittweise auf mehrere Hundert erhöht und die Fächerkombinationen ausgebaut werden, denn im ersten Semester wird eine Ausbildung lediglich in den Mangelfächern Mathematik und Deutsch angeboten. Später kommen Englisch, Kunst, Musik, Sachunterricht und Sport dazu. "In sehr schneller Folge", so BTU-Vizepräsident Peer Schmidt, werde man nun den anschießenden Master-Studiengang aufsetzen. Nur so werden in Senftenberg voll ausgebildete Lehrkräfte die Uni verlassen können.

Neuer Studiengang in Rekordzeit aufgestellt

An der BTU ist man stolz darauf, den neuen Studiengang in Rekordzeit aus dem Boden gestampft zu haben. Ende November erst hatte der Landtag die nötigen Mittel frei gemacht. Innerhalb von drei Monaten seien die nötigen Voraussetzungen geschaffen worden, um im Wintersemester zu starten, sagt Schmidt. Studien- und Prüfungsordnung liegen vor. Sie wurden mit Unterstützung des Zentrums für Lehrerbildung und Bildungsforschung an der Universität Potsdam erstellt. In den nächsten Wochen sollen die ersten Professorinnen und Mitarbeiter eingestellt werden.

Das Besondere am Studium in Senftenberg soll die starke Praxisorientierung sein: Bereits im ersten Semester startet das erste Schulpraktikum, die Anwendung von theoretisch erlerntem Wissen in der Schule soll sich durch das ganze Studium ziehen. "Wir haben die Rufe vernommen", sagt Schmidt. Immer wieder hatten Interessenvertretungen wie Pädagogenverband und Lehrergewerkschaft GEW moniert, dass angehenden Lehrkräften der Realitätscheck fehle. Auch Fachdidaktik – also die Wissensvermittlung an Schülerinnen und Schüler – soll eine zentrale Rolle im Studium einnehmen.

Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) verbindet mit dem Studium eine klare Vorstellung: "Wir hoffen, dass die Lehrer, die hier ausgebildet werden, auch in der Region bleiben." Bislang bildet in Brandenburg nur die Universität Potsdam Lehrkräfte aus. Es habe sich herausgestellt, dass Potsdamer Lehramtsanwärter nicht so einfach für einen Job in der Lausitz begeistert werden könnten, so Ernst.

Wir hoffen, dass die Lehrer, die hier ausgebildet werden, auch in der Region bleiben

Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD)

Kein schnelles Mittel gegen Lehrermangel

Was der neue Studiengang allerdings nicht kann: Den Lehrermangel in Brandenburg schnell lindern. Bis die erste voll ausgebildete Lehrkraft die Universität in Senftenberg verlässt, vergehen mindestens sechs Jahre. Dabei werden eigentlich schon im Schuljahr 2023/24 mehr als 600 neue Grundschullehrer gebraucht, wie aus der aktuellen Lehrermodellrechnung des Bildungsministeriums hervorgeht, die rbb24 vorliegt. In Potsdam werden nach Angaben des Pädagogenverbandes derzeit gerade einmal 200 Grundschullehrerinnen und -lehrer pro Jahr ausgebildet.

Die Lehrergewerkschaft GEW sieht den neuen Studiengang in Senftenberg grundsätzlich positiv. "Wir begrüßen es sehr, dass es neben der Universität Potsdam nun einen zweiten Standort gibt", sagt GEW-Chef Günther Fuchs. Wichtig sei auch, dass in Senftenberg Reformansätze für mehr Praxisorientierung diskutiert würden. Man werde sich das Konzept der BTU aber genau anschauen, vor allem mit Blick auf die Betreuung der Studenten und Studentinnen: Angesichts der hohen Abbrecherquote unter Lehramtsstudierenden von rund 30 Prozent sei eine intensive Begleitung im Studium unabdingbar. "Dafür braucht es nicht nur Professoren, sondern auch einen akademischen Mittelbau", so Fuchs - also wissenschaftliche Mitarbeiter als Ansprechpartner.

Studium mit Jobgarantie

Weil die Zahl der Studenten im ersten Jahr auf 50 begrenzt ist, startet der neue Studiengang mit Zulassungsbeschränkung. Das Bewerbungsverfahren beginnt am 20. April. Wer einen der Plätze in Senftenberg ergattert, dürfte allerdings mit Jobgarantie studieren: Brandenburg rechnet damit, dass auch in Zukunft jedes Jahr zwischen 300 und 400 neue Grundschullehrer gebraucht werden.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 13.03.2023, 19:30 Uhr

6 Kommentare

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  1. 6.

    Ein Studiengang in SFB wird in Aussicht gestellt und das Ganze ab Herbstsemester 2023. Wow, wie schnell?! ABER es wird jetzt erst einmal die Notwendigkeit gesehen, eine Ausschreibung zu erstellen um Lehrkräfte für diese Ausbildung einstellen zu können. Da ja überall Fachkräftemangel besteht, kann ich noch nicht glauben, dass genügend kompetente Leute (keine Quereinsteiger) vorhanden sein werden, um Pädagogen mit entsprechender Methodik und Didaktik auszubilden.
    Ich (ehemals als Lehrerin tätig) lasse mich gern eines besseren belehren.

  2. 5.

    Daumen hoch für diese Maßnahme vs. Lehrermangel.

  3. 4.

    Von denen gehen dann nochmal die Hälfte in eine Großstadt, weil es sich da einfach besser lebt als in Kleinkleckersdorf in der Lausitz und Lehrer überall händeringend gesucht werden.

  4. 3.

    In der DDR basierte die Grundschullehrerausbildung auf einem Fachhochschulstudium (z.B. am Institut für Lehrerbildung) - ich vermute mal für nur 3 Jahre - und das trotz der Zusatzzeit für die obligatorische "Rotlichtbestrahlung". Dass diese Absolventen unterqualifiziert wären, kann man eher nicht sagen.
    Solange es an den Unis aber keine Lehramtsfakultäten gibt, wo die Didaktiker - und nicht die "unterrichtsahnungslosen" Fachprofs das Sagen haben, wird sich nichts ändern!

  5. 2.

    Bei 50 Startern und 30% Abbrecherquote hat man in 6 Jahren 35 neue Lehrer. Ein Tropfen auf den heißen Stein. Selbst wenn viel mehr Studienplätze angeboten werden, was macht man, wenn niemand in die Lausitz zum Studieren kommen will?

  6. 1.

    In 5-6 Jahren hofft man... :-(
    Und es zeigt, dass die SPD-Versäumnisse in der Bildungs(nicht)prirorisierung vor 5-6 Jahren nicht aufzuholen sind. Die Steuern „für gute Bildung“ und lauter „Gute-Gesetze“ hat man aber uns für Bildung abgenommen. Als Begründung für notwendige Steuererhöhungen. Das sollte nicht vergessen werden. Bei den nächsten Wahlen. Steuererhöhung ja, Bildung nein?

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