Ausbau-Stopp in Berlin - Verkehrssenatorin will in zwei Wochen Klarheit über Radwege-Pläne haben
Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) hat den kurzfristig verhängten Finanzierungstopp für Radwege verteidigt. Projekte, die bereits in der Umsetzung seien, würden als erste angeschaut, damit es nicht zu einem zeitlichen Verzug komme. Von Christoph Reinhardt
"Wir brauchen jetzt einfach zwei Wochen, um uns über die laufenden Projekte ganz kurzfristig einen Überblick zu verschaffen", sagt Berlins Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) am Dienstag. Von einem "Stopp" wolle sie ausdrücklich nicht sprechen, sondern von einem "ganz normalen Arbeitsschritt", der nun für "helle Aufregung" sorge. Projekte, die bereits in der Umsetzung seien, würden als erste angeschaut, sagte Schreiner dem rbb, damit es nicht zu einem zeitlichen Verzug komme.
In der vergangenen Woche hatte die Berliner Verkehrsverwaltung mehrere Bezirke über die beabsichtigte Prüfung der bisherigen Radwege-Planungen informiert. Die Reinickendorfer Verkehrsstadträtin Julia Schrod-Thiel (CDU) hatte daraufhin die Eröffnung des bereits fertiggestellten Radwegs an der Ollenhauerstraße gestoppt und dies damit begründet, dass die Planungen unter der Zuständigkeit des alten Senats begonnen worden seien.
Verkehrssenatorin Schreiner wollte allerdings nicht bestätigen, dass diese Maßnahme in ihrem Sinne sei: "Ich weiß gar nicht, wie die Situation vor Ort ist". In einem weiteren Schreiben an alle Bezirke hatte die Verkehrsverwaltung am Dienstag zwar klargestellt, dass die Hausleitung bereits erteilte Finanzierungszusagen auch "für das laufende und alle künftigen Haushaltsjahre temporär außer Kraft" gesetzt habe. Dies gelte aber ausdrücklich nicht für Baumaßnahmen, "für die vor dem heutigen Tag bereits Bau- oder Sanierungsleistungen beauftragt wurden", heißt es in dem Schreiben, das dem rbb vorliegt.
Für Bezirke bleiben viele Fragen offen
Während die Grünen und Linken im Berliner Abgeordnetenhaus in einer gemeinsamen Stellungnahme von einer "immensen Verunsicherung" sprachen und das Vorgehen der Verkehrssenatorin als "unvernünftig und grob gesetzwidrig" kritisierten, meldeten sich auch die Grünen Verkehrsstadträtinnen von Mitte, Almut Neumann, und Friedrichshain-Kreuzberg, Annika Gerold, zu Wort.
In ihrem Bezirk könnten "mehr als 10 Projekte" betroffen sein, teilte Gerold auf rbb-Anfrage mit. Die Kommunikation mit der Senatsverwaltung lasse aber "viele Fragen offen". Auch die Verkehrsstadträtin vom Mitte, Almut Neumann, zeigte sich irritiert über das Vorgehen der Verkehrsverwaltung. Sie habe von dem geplanten Stopp zunächst nur durch eine Pressemitteilung erfahren. Dies habe zu großer Verunsicherung und Aufregung bei den beteiligten Planern gesorgt. "Das setzt ein ganz falsches Signal an die Mitarbeitenden – das ist einfach nicht sehr wertschätzend". Selbst wenn die Sperrung der Finanzmittel in zwei Wochen wieder aufgehoben werde, könne dies Auswirkungen auf den Zeitplan haben, sagte Neumann.
Bezirke fürchten Verlust von Bundesmitteln
Alle Maßnahmen würden außerdem durch den Bund gefördert. "Es droht ein Mittelverlust, wenn wir die Mittel nicht dieses Jahr verausgaben". Allein im Bezirk Mitte gehe es um mehr als eine Million Euro, davon rund 582.000 Euro für das bereits fertiggeplante, aber noch nicht beauftragte Projekt an der Beusselstraße. Neumann schloss aus, dass Mitte nach dem Vorbild Reinickendorfs bereits begonnene oder fertiggestellte Radwege wieder zur Disposition stelle.
So werde das Projekt an der Chausseestraße fertiggestellt, auch die Fahrradstraße in der Trift- und Gerichtsstraße werde wie geplant am Freitag eröffnet. Neumann forderte die Verkehrsverwaltung auf, mit den Bezirken unverzüglich das Gespräch zu suchen und für Klarheit zu sorgen. So nehme das Schreiben ausdrücklich alle Maßnahmen "im Zusammenhang mit der Schulwegsicherung" aus – dies sei aber bei allen Projekten in Mitte der Fall. "Deswegen wäre meine Argumentation, dass nach dem Wortlaut des Schreibens von Frau Schreiner eigentlich gar nichts gestoppt werden dürfte".
Kein Stopp, sondern Priorisierung
Klärungsbedarf dürfte die neue Verkehrssenatorin auch bei der Zusammenarbeit in ihrer eigenen Verwaltung haben. Gegenüber dem rbb bestritt Schreiner, selbst einen Stopp veranlasst zu haben. "Von der Hausleitung ist nichts gestoppt worden, sondern es ist nur gesagt worden: Wir nehmen für uns die Priorisierung vor." Bis das erfolgt sei, werde sie sich nicht öffentlich äußern.
Auch die schriftliche Anfrage des rbb, ob das Projekt an der Schönhauser Allee bereits zu denen zählte, bei denen Bauaufträge vergeben seien und darum weitergeführt werden könnte, wollte die Verkehrsverwaltung nicht beantworten.
Sendung: rbb24 Inforadio, 21.06.2023, 16:25 Uhr
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