Ausbau-Stopp in Berlin - Verkehrssenatorin will in zwei Wochen Klarheit über Radwege-Pläne haben

Mi 21.06.23 | 17:19 Uhr | Von Christoph Reinhardt
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Auf der Ollenhauer Straße sind die Zeichen für den Radweg mit gelben Kreuzen zugeklebt und Autos parken darauf. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Audio: rbb24 Inforadio | 21.06.2023 | Christoph Reinhardt | Bild: dpa/Annette Riedl

Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) hat den kurzfristig verhängten Finanzierungstopp für Radwege verteidigt. Projekte, die bereits in der Umsetzung seien, würden als erste angeschaut, damit es nicht zu einem zeitlichen Verzug komme. Von Christoph Reinhardt

"Wir brauchen jetzt einfach zwei Wochen, um uns über die laufenden Projekte ganz kurzfristig einen Überblick zu verschaffen", sagt Berlins Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) am Dienstag. Von einem "Stopp" wolle sie ausdrücklich nicht sprechen, sondern von einem "ganz normalen Arbeitsschritt", der nun für "helle Aufregung" sorge. Projekte, die bereits in der Umsetzung seien, würden als erste angeschaut, sagte Schreiner dem rbb, damit es nicht zu einem zeitlichen Verzug komme.

In der vergangenen Woche hatte die Berliner Verkehrsverwaltung mehrere Bezirke über die beabsichtigte Prüfung der bisherigen Radwege-Planungen informiert. Die Reinickendorfer Verkehrsstadträtin Julia Schrod-Thiel (CDU) hatte daraufhin die Eröffnung des bereits fertiggestellten Radwegs an der Ollenhauerstraße gestoppt und dies damit begründet, dass die Planungen unter der Zuständigkeit des alten Senats begonnen worden seien.

Verkehrssenatorin Schreiner wollte allerdings nicht bestätigen, dass diese Maßnahme in ihrem Sinne sei: "Ich weiß gar nicht, wie die Situation vor Ort ist". In einem weiteren Schreiben an alle Bezirke hatte die Verkehrsverwaltung am Dienstag zwar klargestellt, dass die Hausleitung bereits erteilte Finanzierungszusagen auch "für das laufende und alle künftigen Haushaltsjahre temporär außer Kraft" gesetzt habe. Dies gelte aber ausdrücklich nicht für Baumaßnahmen, "für die vor dem heutigen Tag bereits Bau- oder Sanierungsleistungen beauftragt wurden", heißt es in dem Schreiben, das dem rbb vorliegt.

Für Bezirke bleiben viele Fragen offen

Während die Grünen und Linken im Berliner Abgeordnetenhaus in einer gemeinsamen Stellungnahme von einer "immensen Verunsicherung" sprachen und das Vorgehen der Verkehrssenatorin als "unvernünftig und grob gesetzwidrig" kritisierten, meldeten sich auch die Grünen Verkehrsstadträtinnen von Mitte, Almut Neumann, und Friedrichshain-Kreuzberg, Annika Gerold, zu Wort.

In ihrem Bezirk könnten "mehr als 10 Projekte" betroffen sein, teilte Gerold auf rbb-Anfrage mit. Die Kommunikation mit der Senatsverwaltung lasse aber "viele Fragen offen". Auch die Verkehrsstadträtin vom Mitte, Almut Neumann, zeigte sich irritiert über das Vorgehen der Verkehrsverwaltung. Sie habe von dem geplanten Stopp zunächst nur durch eine Pressemitteilung erfahren. Dies habe zu großer Verunsicherung und Aufregung bei den beteiligten Planern gesorgt. "Das setzt ein ganz falsches Signal an die Mitarbeitenden – das ist einfach nicht sehr wertschätzend". Selbst wenn die Sperrung der Finanzmittel in zwei Wochen wieder aufgehoben werde, könne dies Auswirkungen auf den Zeitplan haben, sagte Neumann.

Bezirke fürchten Verlust von Bundesmitteln

Alle Maßnahmen würden außerdem durch den Bund gefördert. "Es droht ein Mittelverlust, wenn wir die Mittel nicht dieses Jahr verausgaben". Allein im Bezirk Mitte gehe es um mehr als eine Million Euro, davon rund 582.000 Euro für das bereits fertiggeplante, aber noch nicht beauftragte Projekt an der Beusselstraße. Neumann schloss aus, dass Mitte nach dem Vorbild Reinickendorfs bereits begonnene oder fertiggestellte Radwege wieder zur Disposition stelle.

So werde das Projekt an der Chausseestraße fertiggestellt, auch die Fahrradstraße in der Trift- und Gerichtsstraße werde wie geplant am Freitag eröffnet. Neumann forderte die Verkehrsverwaltung auf, mit den Bezirken unverzüglich das Gespräch zu suchen und für Klarheit zu sorgen. So nehme das Schreiben ausdrücklich alle Maßnahmen "im Zusammenhang mit der Schulwegsicherung" aus – dies sei aber bei allen Projekten in Mitte der Fall. "Deswegen wäre meine Argumentation, dass nach dem Wortlaut des Schreibens von Frau Schreiner eigentlich gar nichts gestoppt werden dürfte".

Kein Stopp, sondern Priorisierung

Klärungsbedarf dürfte die neue Verkehrssenatorin auch bei der Zusammenarbeit in ihrer eigenen Verwaltung haben. Gegenüber dem rbb bestritt Schreiner, selbst einen Stopp veranlasst zu haben. "Von der Hausleitung ist nichts gestoppt worden, sondern es ist nur gesagt worden: Wir nehmen für uns die Priorisierung vor." Bis das erfolgt sei, werde sie sich nicht öffentlich äußern.

Auch die schriftliche Anfrage des rbb, ob das Projekt an der Schönhauser Allee bereits zu denen zählte, bei denen Bauaufträge vergeben seien und darum weitergeführt werden könnte, wollte die Verkehrsverwaltung nicht beantworten.

Sendung: rbb24 Inforadio, 21.06.2023, 16:25 Uhr

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Beitrag von Christoph Reinhardt

65 Kommentare

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  1. 65.

    Ich fordere die Bestrafung derer, welche die Fahrradspur auf dem Adlergestell zwischen Schöneweide und Adlershof zu verantworten haben - und den sofortigen Rückbau dieses Blödsinns. Eine der drei stadtauswärts führenden Spuren der stark beanspruchten Straße wurde als Radweg grün angepinselt und kürzlich noch mit hunderten Pollern dekoriert; koste es was es wolle. Seit Monaten sah ich dort nie ein Fahrrad. Stattdessen kann man den ungenutzten Weg zwischen Bahn und Straße mit einem neuen Belag überziehen und als Radweg deklarieren.

  2. 64.

    Sie: "In sozialen Medien gibt es dazu ebenso Videos"
    -> Soll ich Ihnen mal eine best of compilation von Menschen schicken, die in Berlin ihr Auto als Waffe gg andere Menschen benutzen? Komischerweise hört man von Ihnen dazu nie Kritik, es sind immer die Radrowdies. Ja, die gibt es. Nein die sind nicht das große Problem im Berliner Stadtverkehr.
    Was man von Ihnen stattdessen immer hört ist Kritik an "linksgrün" und insbes. Frau Jarasch. Fassen Sie sich auch mal an die eigene Wählernase? Sie verorten sich sicher zwischen Seeheimer "S"PD'ler und sozialliberalem "C"DU'ler. Die sind natürlich gar nicht für den Jahrzehntelangen Stillstand und die zunehmende Autozentriertheit in unserer Stadt maßgeblich verantwortlich. (Und ich bitte Sie, mit so einer Prise Unterstellung kommen Sie doch locker zurecht, das machen Sie bei anderen Nutzern schließlich auch sehr gern ;) ).

  3. 63.

    Gab es vorher einen Plan? Hatte eher den Eindruck, die alte Senatorin hat aus dem Bauch heraus was durchsetzen wollen. Daher ein richtiger Ansatz der neuen Senatorin. Und die Bezirke betreiben Kleinfürstenspiele. Da gibt es kaum Absprachen über die Bezirksgrenzen hinaus.

  4. 62.

    Sie: "Also den Ball flach halten wenn es um Steuern geht."
    -> einverstanden. Steuer-Ball is am Boden. Wie sieht's denn aber mit den ganzen wunderschönen Kosten aus, die Ihr Töfftöff für die Allgmeinheit so produziert? Die ökonomische, ökologische und gesundheitsbezogene Schadschöpfung des MIV ist um viele Faktoren größer als das, was der Staat in einem Jahr an KfZ-Steuer einnimmt. Der Kosten-Ball ist in der Luft! Nicht fallen lassen!

  5. 61.

    "wer regelmäßig in der Stadt mehr als 50 kmh fährt, der nimmt billigend Opfer in Kauf. Und nahezu jeder fährt schneller ... . Es ist im übrigen nachgewiesenermaßen so, dass die meisten Unfälle durch Pkw verschuldet sind"
    ... Frage: Wie viele Radfahrer halten sich bei Zusatzschild 1022-10 "Radfahrer frei" an die VORGESCHRIEBENE Schrittgeschwindigkeit ???
    Wie viele Radfahrer rasen auch ohne Zusatzschild auf dem Gehweg ???
    Wie viele durch Radfahrer -auf dem Gehweg- angefahrene Fußgänger zeigen diesen Unfall an ???
    ... Ich selbst wurde vor 1 Woche angepöbelt, weil ich mich erdreistete in der Mitte vom reinen Gehweg zu verbleiben, obwohl doch 2 Radfahrer nebeneinander fahrend auf mich zukamen und diese abbremsen mussten um einzeln vorbei zu kommen

  6. 60.

    "Wenn ich König von Berlin wär:" Da die Chance das zu werden einigermaßen gering ist, können Sie sich alternativ politisch engagieren und Bundeskanzler werden.... Schlaue Ideen und Besserwisserei versickern leider, wenn man sie nicht an der richtigen Stelle anbringt....
    Wenn ICH Königin von Berlin wäre, würde ich einen Zaun drumrum bauen und Eintritt nehmen - so eine große Geisterbahn ist weltweit einmalig.

  7. 59.

    Sieben Jahre passierte fast nichts und jetzt geht für die radelnden Wutbürger wegen zwei Wochen die Welt unter. Miteinander sieht anders aus als es die Radlobby will. Die denkt nur an sich.

  8. 58.

    Das Thema Steuern für Fahrräder (Dreiräder, Roller, Fußgänger,…) ist so öde und lange durchgekaut, kann man einfach nicht mehr lesen und erst recht nicht mehr drüber schreiben wollen. Steuern sind zum Steuern da und sollen in dem Fall das Autofahren einfach (noch) ein bisschen teurer machen. Kann man ja abwählen, wenn man eine passende Partei findet, wird man aber nicht, der Status quo ist also wohl Konsens in der Gesellschaft zu sein. Also vielleicht mal die eigenen Gedanken dazu überdenken..

    Freut euch einfach über jeden zusätzlichen Radweg und jeden dadurch neuen Radfahrer, der ein Auto weniger vor euch im Stau bedeutet und hört bitte endlich auf, euch hier gegenseitig den Platz streitig zu machen. Miteinander unterwegs sein, gegenseitige Rücksichtnahme, falsches Verhalten anderer durch eigene Aufmerksamkeit sicher auflösen, wird jedem mal passieren, ja, einfach mal drüber nachdenken, was man eigentlich wirklich will und welche Konsequenzen das hat, bevor man das hier reinkippt..

  9. 57.

    Na ja…. Scheinbar eine Frage der politischen Ausrichtung. Mit etwas mehr Objektivität könnte Dein Kommentar es zutreffend beschreiben. Die bisherige Politik war ideologisch auf die Innenstadt ausgerichtet. Das war das mE größte Desaster.

  10. 56.

    Die Steuern, die sie zahlen, zahlt jeder Autobesitzer ja auch. Dazu kommen dann die Steuern die ein Autobesitzer und Nutzer seines Fahrzeuges ja zusätzlich zahlt. Also den Ball flach halten wenn es um Steuern geht.

  11. 55.

    Es ist der Kreislauf der Politik. Einige Jahre Konservative: Investitionen werden verschleppt, überall bröckelt es, die Gesetze passen nicht mehr zur Realität. Der Bürger wählt Progressive: Probleme werden angesprochen, und mehr oder weniger kompetent bearbeitet. Alles kostet viel Geld, es ändert sich viel auf einmal, eine Menge geht schief, die Probleme sind in der Presse. Der Bürger ist entzürnt und wählt wieder Konservative...

  12. 54.

    Exakt. Und offenbar bestand kein Plan. Sonst müsste man sich jetzt nicht einen Überblick verschaffen. Das chaotische Verhalten des alten Senats war ungeeignet, es war purer Aktionismus. Die jetzige Senatorin ist gut beraten, sich Zeit zu nehmen und einen gesamtstädtischen Plan zu entwickeln. Besonders die Einbindung der Außenbezirke muss stattfinden.

  13. 53.

    Da Radfahrer so und so nicht diese Radwege nutzt, können alle weg. Auf den Strassen sieht man die Fahrräder so und so besser, wenn dann noch die Radfahrer sich an die STVO halten, wäre die Akzeptanz da

  14. 52.

    Derzeit ist die Fußgängerzone in der Friedrichstraße nur ein bedingt sicherer Raum füe Fußgänger - trotzt paralleler Fahrradstraße. In sozialen Medien gibt es dazu ebenso Videos, in denen Passanten Kampfradlern ausweichen müssen wie selbst die Linksalternativen eingesehen haben, dass dort viel zu schnell gerast wird. Die planten deshalb die Freigabe für Radeln in Schrittgeschwindigkeit aufzuheben. Auch Jarasch hat in einem Anflug von Selbstkritik eingestanden, dass deren Tat im Wahlkampf noch mehr polarisiert hat. Der Wahlbezirk rund um die F. ist ein schwarzer Fleck in der Ringbahnblase. Es wohnen dort also doch Menschen, auch wenn die wenig von konzeptloser Symbolpolitik halten und deshalb für manche nicht zu zählen scheinen.

    Arbeitsverweigerkng gab es lange Jahre in der Verkehrspolitik. Warum gibt es kein Konzept für Mitte? Warum wurde an anderen Stellen der Busverkehr bei gleichzeitig sinkendem Fahrzeugbestand ausgebremst, der Fahrplan ausgedünnt und Tramausbau sabotiert?

  15. 51.

    Bisher ist nur Erfolg sichtbar das es extreme Staus verursacht. Radfahrer fahren nach wie vor bei rot und kennen kein rechts vor links.

  16. 50.

    Was für ein planloser Auftakt! Frau Schreiner handelt übereilt und unprofessionell.

  17. 49.

    Wenn ich König von Berlin wär:
    - würden Radfahrer ein Spur auf der Straße bekommen, denn da gehören sie hin, Kinder und ihre Eltern ausgenommen.
    - die TVO endlich gebaut werden
    - A100 zur Storkower, schluss.
    - Kniprode zur Hansa
    - U-Bahn von Rudow nach BER und Jungfernheide nach alt TXL
    - S-Bahn von Wartenberg nach Karow und weiter...
    - Tram, Tram, Tram... Busse kannste vergessen
    - Zäune erst ab ca. 23cm Bodenfreiheit mit maximaler Höhe von 100cm
    - Verkehrsunterricht in der Schule,.. links vor rechts und so, nicht nur Ampelphasen. Die Kinder müssen ihre Rechte und Pflichten kennen lernen.
    - das Kreuz vom neuen Schloss entfernen und stattdessen einen Stern?
    und so weiter und so fort,,,,,,,
    Wenn ICH wenigstens Kurfürst wäre, ..
    -

  18. 48.

    Wie wärs denn mal mit automatischer Strafzettelvergabe, wenn der Tacho in der Stadt mehr wie 50 anzeigt..... . Technisch bei Tesla lösbar ;-).

  19. 47.

    Schaffen Sie eine Radinfrastruktur wie in den Niederlanden, und es gibt die geschilderten Probleme nicht mehr. Und Widerspruch: wer regelmäßig in der Stadt mehr als 50 kmh fährt, der nimmt billigend Opfer in Kauf. Und nahezu jeder fährt schneller ... . Es ist im übrigen nachgewiesenermaßen so, dass die meisten Unfälle durch Pkw verschuldet sind. Das entschuldigt Fehlverhalten Dritter natürlich nicht.

  20. 46.

    Nach ihrer Logik müsste Zuckersteuer zur Förderung des Zuckerkonsum's genutzt werden. Am Rande: die meisten Radler und Fußgänger fahren auch Auto..... .

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