Lehrkräftemangel - Brandenburg-Stipendium lockt nicht genug Lehrernachwuchs aufs Land
Etwa 1.800 neue Lehrkräfte braucht Brandenburg, wenn in wenigen Wochen das neue Schuljahr beginnt. Besonders groß ist der Bedarf auf dem Land. Seit zwei Jahren gibt es das "Landlehrer-Stipendium". Doch noch mangelt es an der Nachfrage. Von Amelie Ernst
Für Marie Hahn war eigentlich schon seit Beginn ihres Lehramtsstudiums klar: Sie will später mal an einer kleinen Grundschule unterrichten - am liebsten in der Nähe ihrer Heimatstadt Fürstenberg/Havel. "Es ist ein bisschen familiärer als an großen Schulen und in großen Städten. Man kennt einfach das Kollegium, man kennt die Kinder und auch die Eltern. Einfach eine angenehmere Arbeitssituation."
Zum Glück fand Marie eine passende Schule in Fürstenberg. Nach ihrem Bachelorstudium begann sie dort, an zwei Tagen pro Woche zu unterrichten - neben dem Studium in Potsdam. Ihre Fächer: Englisch und Kunst.
600 Euro und ein sicherer Arbeitsplatz
Wie Hahn haben sich bisher knapp 50 Lehramtsstudierende für das sogenannte "Brandenburg-Stipendium" entschieden. Sie erhalten während ihres Masterstudiums 600 Euro pro Monat, wenn sie sich verpflichten, Praxissemester, Referendariat und weitere Stunden in einer der Bedarfsschulen auf dem Land zu absolvieren und auch nach dem Studium dort anzufangen.
Die praktischen Erfahrungen seien ein echter Pluspunkt beim Stipendium, sagt Stipendiatin Marie Hahn. Außerdem schätze sie den sicheren Referendariats- und Arbeitsplatz. Und natürlich seien auch 600 Euro im Monat ein Argument. Auch wenn Hahn an "Schultagen" nun wieder zuhause bei ihren Eltern wohnt.
Doch helfen 600 Euro wirklich, junge Lehrer aufs Land zu locken, wenn sich vor allem die dafür interessieren, die ohnehin vom Land kommen oder dahin zurückwollen? Wenke Vogt von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung betreut das Stipendienprogramm und sieht trotzdem positive Effekte.
Nicht immer wird es die Wunschschule
Natürlich entschieden sich viele der Stipendiatinnen und Stipendianten für die Region, in der sie ohnehin später arbeiten wollten. Allerdings werde es dann nicht unbedingt die Wunschschule, sondern eine der derzeit 95, die einen besonders großen Bedarf angemeldet hätten.
Außerdem sei etwa jeder vierte Bewerber komplett flexibel, was die Region betrifft, in der er oder sie später eingesetzt wird. "Die sagen einfach: Ich möchte an eine kleine Dorfschule. Wo, ist mir eigentlich egal. Oder sie sagen: Ich möchte explizit an eine Förderschule, ich möchte mit Kindern mit einer Lernbeeinträchtigung arbeiten. Weil es das in anderen Bundesländern nicht gibt."
Werbeverbot in anderen Bundesländern
Schwierig sei allerdings, dass Brandenburg nicht in anderen Bundesländern für das Stipendium werben dürfe. Das Problem sieht auch Linken-Bildungspolitikerin Katrin Dannenberg. Aber auch sonst müsse das Bildungsministerium bei der eigentlich guten Stipendien-Idee noch nachsteuern. So müssten aus 600 Euro 1.000 werden, ähnlich wie beim Landärzte-Stipendium. "Damit (600 Euro) kann man eben nicht sein Lebensunterhalt absichern."
Außerdem müsse das Geld gleich ab dem Beginn des Studiums gezahlt werden, fordert die Linken-Politikerin – nicht erst nach dem Bachelorabschluss. "Und die neue Richtlinie für das Landlehrer-Stipendium wurde erst im Juli 2023 veröffentlicht - was erwarten wir dann?"
Der späte Termin und die begrenzten Werbemöglichkeiten könnten ein Grund sein, warum kurz vor Bewerbungsschluss am 31. Juli noch etwa die Hälfte der 40 neuen Stipendienplätze für das kommende Schuljahr unbesetzt ist. Das Bildungsministerium und die Schulen hoffen auf viele Last-Minute-Bewerbungen.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 26.07.2023, 19:30 Uhr