CDU-Vorstoß für Bebauung -
Grüne und Linke in Berlin kritisieren die geplante Volksbefragung zu einer Teilbebauung des Tempelhofer Felds. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Werner Graf erklärte: "So wird Bürgerbeteiligung auf den Kopf gestellt." Der Senat solle erst einmal mit Vorhaben auf anderen ehemaligen Flughafenarealen vorankommen, statt ständig mit neuen Luftschlössern abzulenken.
Am Wochenende hatte die CDU-Fraktion erklärt, sie wolle eine Volksbefragung zu einer Teilbebauung des Tempelhofer Feldes initiieren. Gegenüber dem rbb hatte Fraktionschef Dirk Stettner eingeräumt, dass rechtlich noch zu klären sei, ob die Regierung eine Volksbefragung einleiten dürfe.
Verfassungsrechtler: Volksbefragung ist kein Volksentscheid
Genau das zweifeln die Linken an: Eine solche Volksbefragung wäre "verfassungswidrig". Aus guten Gründen könnten nur die Bürgerinnen und Bürger durch Abstimmungen von unten Staatsgewalt ausüben, so Sebastian Schlüsselburg (Die Linken). "Für eine Volksbefragung von oben bräuchte es eine Verfassungsänderung", erklärte der rechtspolitische Sprecher, die Linksfraktion stehe dafür nicht zur Verfügung. Das vom Volk beschlossene Gesetz zur Freihaltung des Tempelhofer Feldes gelte und könne auch nicht durch eine vom Senat initiierte Volksbefragung ausgehebelt werden.
Dem widerspricht in Teilen der Verfassungsrechtler Ulrich Battis. Eine Volksbefragung sei keine Entscheidung, sondern nur ein Stimmungsbild, erklärte Battis gegenüber dem rbb. "Das Gesetz gilt", so Battis. Und das Gesetz könne nur durch das Abgeordnetenhaus oder eine Volksinitiative geändert werden. Auch wenn es rechtlich möglich sei, hätten Politiker aber nicht den Mut, einen Volksentscheid zu kippen. Als Beispiel nannte Battis den erfolgreichen Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co. enteignen": Der jetzige Senat halte nichts von der Entscheidung, tue sich gleichzeitig aber sehr schwer damit, das Projekt zu kippen.
"Testballon" für die Stimmung in der Bevölkerung
Auch der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler betonte gegenüber dem rbb, dass eine Volksbefragung nur ein "Testballon" sei. Es könne damit lediglich die Stimmung in der Bevölkerung festgestellt werden. Ähnlich wie Battis erklärte Bröchler, dass es für das Abgeordnetenhaus zwar rechtlich möglich sei, das Tempelhofer-Feld-Gesetz zu ändern. Aber: "Demokratiepolitisch ist es gut zu überlegen."
2014 hatte sich die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner in einem Volksentscheid gegen eine Bebauung des Tempelhofer Feldes ausgesprochen. CDU und SPD wollen diese Frage jetzt wieder durch die Berlinerinnen und Berlin "neu bewerten" lassen: Bereits in ihrem Koalitionsvertrag hatten sie angekündigt, angesichts der zugespitzten Wohnungsnot die Möglichkeiten einer "behutsamen Randbebauung" auszuloten. Mit dem Vorschlag einer Volksbefragung hat die Regierungsfraktion auf einer Klausurtagung in Warschau die Pläne nun weiter konkretisiert. Wie genau diese Volksbefragung aussehen soll, ist bislang unklar.
Sendung: rbb24 Inforadio, 27.11.2023, 19:00 Uhr