Bundesverfassungsgericht angerufen - Ex-Justizsenator Heilmann beantragt Stopp des Klimaschutzgesetzes

Mi 24.04.24 | 15:12 Uhr
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Archivbild: Bundestagsabgeordneter Thomas Heilmann gibt am 06.07.2023 in der Bundespressekonferenz eine Pressekonferenz. (Quelle: dpa/Kay Nietfeld)
Audio: rbb24 Inforadio | 24.04.2024 | Kubina, Mario | Bild: dpa/Kay Nietfeld

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann zieht gegen die Ampel-Reform des Klimaschutzgesetzes vor das Bundesverfassungsgericht. Mit einer einstweiligen Anordnung will er verhindern, dass das Gesetz am Freitag verabschiedet wird.

Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Justizsenator Thomas Heilmann will das geplante Klimaschutzgesetz der Ampel-Regierung stoppen. Wie sein Büro in Berlin am Mittwoch mitteilte, wurde eine einstweilige Anordnung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht.

Die Bundesregierung will die Vorgaben für einen geringeren CO2-Ausstoß ändern. So sollen nicht mehr für die einzelnen Ressorts Ziele vorgegeben werden, sondern nur noch für alle zusammen. Vor allem im Bereich Verkehr wurden die Vorgaben nicht erreicht.

Änderungsantrag mit neuen Aspekten

Als Grund für die Klage nannte Heilmann, dass die Ampel am vergangenen Freitag einen Änderungsantrag mit bisher unbehandelten neuen Aspekten eingebracht habe, die zudem den Klimaschutz schwächten. Dazu hätte es einer neuen parlamentarischen Anhörung bedurft. Dieser Antrag der Union sei aber abgelehnt worden.

Heilmann will die für diesen Freitag geplante Verabschiedung der Reform des Klimaschutzgesetzes im Bundestag verhindern. Er hat eine Entscheidung bis um 9.00 Uhr am Freitag beantragt.

Die geplante Reform

Die Reform des Klimaschutzgesetzes sieht grundlegende Änderungen vor. Bisher gilt: Wenn einzelne Sektoren wie der Verkehrs- oder Gebäudebereich gesetzliche Vorgaben zum CO2-Ausstoß verfehlen, müssen die zuständigen Ministerien im nachfolgenden Jahr Sofortprogramme vorlegen. Mit der Reform sollen die Klimaziel eingehalten und nicht mehr nur rückwirkend nach Sektoren kontrolliert werden, sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend. Wenn sich in zwei aufeinander folgenden Jahren abzeichnet, dass die Bundesregierung bei ihrem Klimaziel für das Jahr 2030 nicht auf Kurs ist, muss sie nachsteuern.

Bis 2030 muss Deutschland laut Gesetz seinen Treibhausgas-Ausstoß um mindestens 65 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 senken. Bis 2040 sollen die Treibhausgase um 88 Prozent sinken und bis 2045 soll Treibhausgasneutralität erreicht werden - dann dürften also nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen werden als auch wieder gebunden werden können.

Umweltverbände haben Bedenken

Umweltverbände hatten die Reform als Verwässerung der geltenden Regeln kritisiert. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bemängelt, dass nach der Reform erst ab 2030 zusätzliche Klimaschutzanstrengungen für das Erreichen der Klimaziele späterer Jahre vorgeschrieben seien - was Klimaschutz de facto in die Zukunft verschiebe.

Daten für den Zeitraum 2031 bis 2040 sollten zudem erst ab 2029 veröffentlicht werden - also reichlich spät zum Nachsteuern. Zudem würden einzelne Ministerien deutlich weniger stark für die Erreichung der Ziele in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich in die Pflicht genommen. Stattdessen soll künftig stärker der deutsche Gesamtausstoß an CO2 zählen und die Bundesregierung als Ganzes dafür gerade stehen.

Änderungen am Gesetzentwurf lagen seit Tagen vor

Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, hatte die Bedenken der Unionsfraktion zuvor zurückgewiesen. "Also, wir beschleunigen da nichts, sondern es ist ein ganz normales Verfahren, und deswegen haben wir damit kein Problem, das auch so zu machen", sagte sie am Mittwoch noch vor Heilmanns Antrag in Karlsruhe zur Kritik aus der Opposition. Die jüngsten Änderungen am Gesetzentwurf lägen den Abgeordneten schon seit Tagen vor. "Es hatten alle die Gelegenheit, sich damit auseinanderzusetzen, und deswegen sehen wir nicht, warum das Gesetzgebungsverfahren nicht wie geplant durchgeführt werden kann."

Das Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Sommer die Verabschiedung des Heizungsgesetzes (Gebäudeenergiegesetz) gestoppt, bei dem Heilmann ebenfalls den engen Zeitplan bemängelt hatte. Das Gesetz wurde dann im September vom Bundestag verabschiedet.

Heilmann war von 2012 bis 2016 Senator für Justiz in Berlin. Seit 2017 sitzt er für den Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf im Bundestag. Er ist auch Vorsitzender der CDU-nahen Klimaunion.

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.04.2024, 15:02 Uhr

46 Kommentare

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  1. 46.

    Ein T.limit ist der Einstieg, 130 der Anfang? Oder gleich 90? Mehrheitsfähig ist es genau deshalb nicht.
    Unfälle bei hohen Geschwindigkeiten finden kaum statt. So selten, dass die Erfassung nicht lohnt. Bei 120 steigt sie sogar wieder an! Das hohe Verkehrsaufkommen reguliert automatisch und ist mit ein Grund, warum die praktische Einsparung nicht erzielt werden kann so wie die Theorie es annimmt. Wie auch immer, in beiden Fällen ist die sehr kleine Differenzgeschwindigkeit so sehr klein, dass es nicht lohnt darüber nachzudenken. Einen Klimaeffekt gibt es nicht.
    Eine automatische Verkehrsbeeinflussung macht da mehr Sinn. Und,... den Schulterblick beim Spurwechsel werden Sie nicht los! Bitte immer daran denken.

  2. 45.

    Ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen nützt der Umwelt, weil der Ausstoß an CO2 sich deutlich verringert und hilft, Sprit zu sparen. Es dient der Verkehrssicherheit, weil es hilft, Unfallfolgen zu mindern,die umso drastischer sind, je höher die gefahrene Geschwindigkeit ist. Ein Tempolimit kann helfen, die Zahl der Unfälle auf Autobahnen zu reduzieren, weil es den Verkehrsfluss harmonisiert.

  3. 44.

    "Als ob ein Tempolimit die Lösung aller Sorgen wäre."

    Das behauptet keiner. Es ist aber eine kleine Maßnahme, die günstig umzusetzen ist, die niemanden wehtut (außer ideologisch verbohrte Zeitgenossen), und weitere Vorteile hat.

  4. 43.

    Und wer stoppt Heilmann?!

  5. 42.

    So ein Unsinn … Als ob dieses Gesetz zu diesem wichtigen Problem inhaltlich sooo kompliziert und dessen Begründung und Ausführung sooo neu sei … Nein, Herr Heilmann … Die Diskussion ist uralt und längst auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen abgeschlossen … Die Meinungsfindung der Parlamentarier muss daher ebenfalls längst abgeschlossen sein … Wenn Sie das Gegenteil behaupten, dann aus Missgunst oder regelrecht blöder Fundamental-Opposition … Sie tun sich, der CDU, dem Bürger, der Sache selbst und (leider) auch unserer parlamentarischen Demokratie überhaupt gar keinen Gefallen … Im Gegenteil … Ein Bärendienst ist das (leider) sogar !

  6. 41.

    Ach, der Helmut aus Potsdam.
    Wenn Sie die Hochgeschwindigkeitsfahrt des Bugatti gesehen haben, der weit über 320kmh fuhr, sehen Sie, dass es zu keinem Zeitpunkt "Abbrems- und Beschleunigungsmanövern" kam.
    Auch Ihr Einwand, dass es bei 60 bis 130kmh weniger zu "Abbrems- und Beschleunigungsmanövern" ist fern jeglicher Realität und da frage ich mich, wann Sie das letztemal die Autobahn benutzt hast und die Mittelspurfahrer, die Spurwechsler erlebt hast.
    Auch bei 130kmh.

  7. 40.

    Von der Angelegenheit hat Heilmann Recht, dass er klagt und kann wohl getrost als taktisches Manöver angesehen werden - so wie analog die Klage der CDU/CSU-Fraktion gegen das Luftsicherheitsgesetz gegen Verteidigungsminister Struck, als es um den Abschuss von Passagierflugzeugen ging. Selbstredend war auch die CDU/CSU für so etwas und sah doch die Verfassungswidrigkeit solchen Ansinnens, Menschenleben gegen Menschenleben gegenzurechnen.

    Es ist einzig der Bockigkeit von Volker Wissing zuzuschreiben - analog zu Andreas Scheuer -, die Wirkungen eines Tempolimits zu leugnen. Alle beauftragten Untersuchungen sehen denn infolgedessen so aus, die Wirkungen linear zu betrachten, anstatt die Gesamtszenerie auf Autobahnen zu betrachten bei einer stärkeren und schwächer ausgeprägten Spreizung der Geschwindigkeiten. Wo von 60 bis 300 km/h gefahren werden kann, kommt es weitaus mehr zu Abbrems- und Beschleunigungsmanövern als dort, wo zw. 60 und 130 km/h gefahren wird.

  8. 39.

    Ob es dem Klima nützen wird, oder nur dem Ego von Herrn Heilmann?

  9. 38.

    Was meinen Sie mit "Parteienkonglomerat"?
    Werder die Ampel, noch der Berliner Senat sind an der Klage beteiligt.
    Im Text steht "Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete", damit geht man aus, dass er als Einzelperson handelt, der mal Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Justizsenator ist oder war. Also, verbreiten Sie kein Whataboutism, die geradezu in eine Denunziation und Diffamierung endet.
    Und neiden Sie der klagenden Person, dass er etwas mehr kann, als Sie, der hier nur seinen populistischen Müll ablädt und sich servil beugt, um nichts in Frage zu stellen?

  10. 37.

    „Heilmann klagt letztlich für mehr Klimaschutz“
    Der Witz des Tages. Weder er, noch das Parteienkonglomerat, dem er angehört, interessieren sich dafür. Heilmann macht PR für Heilmann, und wendet dabei das an, was er kann: juristische Winkelzüge.

  11. 36.

    Nur mal ne Empfehlung:
    ZDF heute-show spezial vom 17. Juni 2022 - "Quo vadis, CDU?" ab Minute zehn!!!
    https://www.zdf.de/comedy/heute-show/heute-show-spezial-vom-17-juni-2022-100.html

  12. 35.

    Es fragt sich, wer so zweifelhafte Studien finanziert hat. Ich bin jahrelang in den USA mit Tempolimit gefahren, habe aber deshalb keinerlei Aggression entwickelt.
    Klar ist es ermüdend, wenn man ständig am Tempolimit fahren muss. Aber muss man das? Etwas variierend wird man wieder wach.
    Viele kennen sicher noch die Transitstrecke und dieses furchtbar langweilige und ermüdende Tatack-Tatack-Tatack über die grottige Autobahn. Da musste man aufpassen, nicht zu träumen. Wer das nicht schafft, sollte vom Steuer wegbleiben.

  13. 34.

    Würde Deutschland morgen aufhören zu existieren, hätte das keinerlei Auswirkungen auf die Klimaentwicklungen. Ja, es muss etwas getan werden, aber nicht mit der Brechstange.

  14. 33.

    Naja - so ganz unrecht haben sie ja nicht, allerdings vor diesem Hintergund ....
    "Studien zeigen außerdem, dass ein konstantes Fahren am Tempolimit bei den Piloten einerseits Aggressionen schürt und andererseits das Großhirn, der Monotonie geschuldet, zum Abschalten neigt. Das wiederum führt zu einem erhöhten Unfallrisiko."
    ... niemand wird ja gezwungen am Tempolimit zu fahren. So zehn, zwanzig drunter geht doch auch - freiwillig - dann ist ja noch Luft nach oben. Also schon fast "stressless".
    Für alles andere gibts die Nordschleife u.a. - ok, da greift der normale Versicherungsschutz nicht - No Risk - no Fun.

  15. 32.

    Wenn wir aber keinen Klimaschutz betreiben, wird uns das alle noch viel viel mehr kosten - vielleicht nicht heute, vielleicht nicht morgen, aber schon sehr sehr bald. Ist also sehr kurzsichtig gedacht...

  16. 31.

    Der Verkehrssektor sind WIR ALLE.
    Eine kleine praktisch erzielbare Differenzgeschwindigkeit (!) bringt Null, null. Wollen Sie haften für Falsches?
    Fahrverbote, Reiseverbote u.Ä. können helfen, will aber keiner.

    P.S. Die T.limitdiskussion ist eine Wertediskussion und keine Klimadiskussion.

  17. 30.

    Wie sich Deutschland gerade annimmt, will es alle supranationalen Vertragswerke zum Klimaschutz revidieren.
    Die Folgen klimatischer Unbilden im Land werden nicht vom Staat getragen es sei denn, es handelt sich um Bundesbauten.
    Das bedeutet, dass jeder auf sich allein gestellt ist.
    Das ist genau das, was Trump und Co auch wollen.
    Ich verstehe nicht, warum in so einem Kontext die AfD derart an den Pranger gestellt wird. Sie scheint die Vorgaben der deutschen Oligarchen sehr gut verstanden zu haben.

  18. 29.

    Ein sehr zutreffender Kommentar, da kann ich Ihnen nur zustimmen. Bei dem "gegen die Wand fahren" habe ich allerdings immer noch die Hoffnung, dass das uns irgendwie erspart bleibt, oder zumindest der Aufprall nicht ganz so hart wird.

  19. 28.

    Interessant, denn ich sehe das völlig anders als Sie und verstehe auch nicht, warum Sie das gerade auf den Kommentar von Dieter geantwortet hatten, aber Sie werden es schon wissen.

    "Klimaschutz! Unwichtig. Die Bevölkerung hat andere Sorgen!"

    Und auch diese Aussage von Ihnen sehe ich anders als Sie. Wie ich es schon in meinem ersten Kommentar geschrieben hatte, werden die Probleme und damit auch die Kosten größer werden, wenn der Klimaschutz nicht so schnell und so effektiv wie nur irgend möglich angegangen wird. Wen wird das dann wohl noch mehr belasten?

  20. 27.

    Nein, das ist kein Jammern, wenn ich drauf Hinweise, das Millionen Menschen verarmen werden. Und das werden sie, wenn ALLE Klima/Klimaschutzmassnahmen nicht SOZIAL gestaltet werden.

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