Verkehrspolitik - ADFC fordert deutlich mehr Geld für Radwegeausbau in Brandenburg

Mi 03.07.24 | 19:21 Uhr
  69
An der Baustelle eines Radwegneubaus befindet sich reger Strassenverkehr. (Quelle: dpa/Sascha Steinach)
Bild: dpa/Sascha Steinach

Viele Radwege in Brandenburg enden im Nichts. Der ADFC fordert zur Landtagswahl, die Lücken zu schließen und ein Radwegenetz von 7.000 Kilometern Länge im Land aufzubauen. Mit geteiltem Echo aus der Politik. Von Andreas B. Hewel

  • Radwege in Brandenburg bis zu 40 Jahre alt
  • Für höhere Geschwindigkeiten oft nicht ausgelegt
  • ADFC will Ausbau - und Radwegebenutzungspflicht für Radfahrer abschaffen

Die Forderung ist kühn, die der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) in Brandenburg an die Landesregierung richtet. 200 Millionen Euro müsse das Land für den Radwegebau ausgeben und das jedes Jahr. Eine beträchtliche Summe und eine Vervielfachung des jetzigen Budgets. Derzeit sind es rund 45 Millionen Euro jährlich.

Doch Stefan Overkamp vom ADFC in Brandenburg hält die Steigerung der Investitionen für dringend notwendig, wie er sagt. Dabei geht es um neue Radwege und die Sanierung vieler alter. "Die meiste Infrastruktur, die wir heute vorfinden, ist bis zu 40 Jahre alt", beklagt Overkamp. Die seien gebaut worden, als Radfahrer noch zehn bis 15 km/h schnell unterwegs gewesen seien.

Die Wege seien deshalb klein, eng und oft auch in die Jahre gekommen. "Und dann sehen wir, dass die Leute mit 25 km/h, was so ein eBike eben hergibt, da drüber brettern, auch in einem mangelnden Bewusstsein, dass Wege und Geschwindigkeit nicht gut zusammenpassen."

Geschwindigkeitsunterschiede von Radfahrern sind problematisch

So sind die Geschwindigkeiten, mit denen Radfahrerinnen und Radfahrer heute unterwegs sind, sehr unterschiedlich. Beim ADFC spricht man sogar schon von unterschiedlichen Zielgruppen, die normalen und die schnellen Radfahrer. Das liegt nicht nur an der Kondition oder der Sportlichkeit der Radfahrerinnen und Radfahrer.

Auf den Radwegen tummeln sich neben gewöhnlichen Rädern auch Rennräder, eBikes, Elektroroller und S-Pedelecs. Letztere sind eine Art Elektromoped, die mit 50 km/h und mehr unterwegs sein können. "Da wird einem manchmal schon angst und bange", sagt Overkamp.

Adfc fordert, Radwegebenutzungspflicht zu streichen

Diese großen Unterschiede bei den Geschwindigkeiten sind ein Problem. Breiter und gerader sollen die Radwege werden und die Radwegebeläge noch besser, fordert daher der ADFC. Das alles ist offenbar nicht mehr auf einen normalen Radweg zu realisieren. "Der rollende Verkehr, der richtig schnell unterwegs sein will", sagt Overkamp, "der braucht eine richtige Fahrbahn, der braucht Asphalt, der braucht gerade Strecken".

Im Seitenraum, wo Radwege in der Regel sind, sei das zunehmend schwierig darzustellen. Overkamp fordert daher, die Straßenverkehrsordnung zu ändern und die Radwegebenutzungspflicht einfach zu streichen. "Dann können die blauen Schilder dastehen, jeder weiß, wo ein Radweg ist. Und die, die sich stark fühlen, die gern schnell fahren, die können dann auf der Fahrbahn fahren."

Rücksichtnahme eingefordert

Doch dass sich Radfahrer trotz eines Radweges einfach aussuchen können, ob sie auf dem Weg oder auf der Straße fahren wollen, überzeugt die Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig (CDU) nicht. Und schon gar nicht die Idee, das an der Geschwindigkeit festzumachen. Wo sei da die Grenze, fragt sie. "Da verlagern wir Konflikte vom Radweg noch zusätzlich auf die Straße", so Ludwig.

Überhaupt, so Ludwig, seien die Ansprüche von Radfahrern wie auch anderer Verkehrsteilnehmer sehr hoch. Das erschwere die Lösung von Konflikten. So appelliert sie auch an die Verkehrsteilnehmerinnen und -nehmer selbst, ihr Fahrverhalten anzupassen. "Wir müssen, glaube ich, auch beim Thema Verkehrserziehung wieder deutlich mehr darauf hinweisen, was Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung bedeutet, nämlich gegenseitige Rücksichtnahme."

Lücken im Radwegenetz sind besonders gefährlich

Als definitiv verbesserungswürdig bezeichnet auch Saskia Ludwig das Radwegenetz. Besonders die Lücken in diesem Netz seien das Problem. Attraktive und sichere Radwege fordert auch Clemens Rostock (Grüne). Radwege müssten durchgängig sein. Nicht selten aber enden sie genau da, wo es verkehrsmäßig eng wird und somit gerade für Radfahrerinnen und Radfahrer besonders gefährlich.

"Eine kleine Lücke auf einer ganz langen Strecke", so Rostock, "kann darüber entscheiden, ob ich die Strecke überhaupt antrete. Deswegen müssen wir gerade diese schwierigen Stellen und Lücken angehen." Das neue Mobilitätsgesetz, so Rostock, habe zwar den Bau von Radwegen vorangetrieben. Trotzdem müsse man das Tempo und auch die Gelder hierfür deutlich erhöhen. Radwege müssten zudem deutlich mehr Platz bieten als bislang, weil eben schneller gefahren würde. "Deshalb dürfen wir nicht zu sehr knausern beim Platz für den Radverkehr", so Rostock.

Tempolimit für Radfahrer?

Ein Problem bei den unterschiedlichen und zum Teil sehr hohen Geschwindigkeiten sei auch, so Stefan Overkamp vom ADFC, dass Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer die Geschwindigkeiten oft falsch einschätzen und unterschätzen. Von einem Tempolimit für Radfahrer aber will Overkamp nichts wissen und lehnt es ab. Doch dann sagt er gleich hinterher. "Vielleicht braucht man doch irgendwann eine Geschwindigkeitsbegrenzung, wer weiß das schon?"

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.07.2024, 18:20 Uhr

 

Die Kommentarfunktion wurde am 04.07.2024 um 16:25 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

69 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 69.

    Warum verschwinden soviele ?
    Ich denke es liegt auch daran ,daß zu wenig Nachwuchs noch Bäcker,Fleischer... lernen will?
    Ich merke ja es auch bei uns im Betrieb ,die jungen Leute (bitte nicht die fleißigen) wollen oftmals nicht früh und schon gar nicht 8-10 Stunden arbeiten .
    Darüber spreche ich tagtäglich auch mit anderen die das selbe Problem haben.
    Also wird der Betrieb geschlossen.

  2. 68.

    Ja dank Yanosik und Blitzer de bist Du sicher vor Blitzer.
    Da hilft nur noch Strecken Abschnitt Blitzer.
    Oder Blitzer "ohne" Blitz mit Infrarotblitz bei Nacht.

  3. 67.

    "was haben denn Generationen davor gemacht teilweise hatten die nichtmal ein Fahrrad?" Wenn Sie so weit zurückgreifen wollen: Auf dem Dorf hatte jeder Bauer ein Pferdefuhrwerk - einige bei uns immer noch. Und Fahhräder waren selbst nach dem letzten Krieg noch in Masse auf den Straßen in Städten und Dörfern zu sehen - zumindest nach meiner Erinnerung und dem Photoarchiv.

  4. 66.

    "also nah sind für mich 20 km!" Das mag aus Berliner Sicht schon stimmen, da will ich Ihr persönliches Empfinden gar nicht in Frage stellen. Meine täglichen Pendelstrecken sind ca. 100 km pro Strecke - früher nach Berln, jetzt innerhalb von Brandenburg. Mit den eigenen Pkw brauche ich dafür etwa die Hälfte der Fahrzeit im Vergleich zur Lösung mit dem ÖPNV - das war nach Berlin so und ist jetzt innerhalb Brandenburgs immer noch. Und nach Erhebungen zum Pendlerverkehr in Brandenburg und meinen täglichen Beobachtungen auf der Strecke, bin ich da bei weitem nicht allein in Brandenburg.

  5. 65.

    Das ist dringend erforderlich. Und mehr Tempolimits. Wie oft radle ich bange über eine enge Ortsausfahrtsstraße, an der es nicht mal einen Fußweg gibt, trotz vielerlei Häuser und dicht rauschen dicke Autos mit 70 km/h an mir vorbei.

  6. 64.

    Vielleicht gab es damals in jedem Ort einen Tante Emma Laden/ Bäcker/Fleischer/Schuhmacher/Nähstube... Heute nur noch in jedem 10. Ort. Schon mal drüber nachgedacht?

  7. 63.

    Sie sind lustig. Erst schreiben sie was von Kennzeichen für Fahrräder, dann von ihrem 25er-E-Faltbike. Das braucht doch auch kein Kennzeichen, wiegt aber rd. 20-25 Kg. Doppelt siviel wie ein "Bio-Bike". Hoffentlich macht das Knie das auf Dauer mit.

  8. 62.

    Dort bräuchte man eine Gasmaske, um bei den Abgasen, die man dort einatmet, gesund zu bleiben.

  9. 61.

    Es geht um das ein jeder für seinen Bedarf Steuern entrichten sollte.
    Ich bin Radfahrer aus Überzeugung und empfinde es für unverschämt das der Autofahrer meinen Radweg bezahlen soll .

  10. 60.

    Ich bin weder der Finanzminister noch Verkehrsminister aber ich habe eine Meinung und empfinde es eben als ungerecht, daß Fahrradfahrer sich nicht alle aktiv an die Kosten der Infrastruktur beteiligen dürfen bzw. müssen!
    Es sind Leute wie Sie die es nicht wahr haben wollen, daß dies ungerecht ist .
    Gleichgeitsgrundsatz für alle und nicht einen!
    Also sollten sich alle beteiligen in einem vernünftigen Verhältnis.

  11. 59.

    Na immerhin gerade gegoogelt ist die Stadtgrenze Berlin in 37 km also nah sind für mich 20 km!
    Und wir mussten zum Einkaufen ins entfernte Leegebruch oder vehlefanz und für den Großeinkauf bis nach Oranienburg oder Hennigsdorf.
    Also keine Ausrede sich Auto anschaffen zu müssen.
    Ich kann diese Ausreden nicht mehr hören was haben denn Generationen davor gemacht teilweise hatten die nichtmal ein Fahrrad?
    Die Gesellschaft ist verwöhnt und kann sich nur beklagen.

  12. 58.

    Egal ist es nicht, sondern immer spezifisch - spezifisch gemäß vorfindbarer Lage, also vorhandenem Radweg oder nicht, spezifisch bei überschießenden Naturellen oder - wünschenswert - bei rücksichtsvollen Naturellen. Für Pauschalisierungen ist da m. E. kein Platz, eher schon sollten die Auswirkungen diskutiert werden, die so ein Fehlverhalten anrichtet. Da sieht dann der jeweils angerichtete Schaden bzw. die Verletzung schon erheblich anders aus. Überschießende Naturelle bei Radfahrenden gefährden in erster Linie sich selbst und das muss auch so benannt werden.

    (Ich denke da, bei aller Einfühlnahme, an jenen Radfahrer, der sichtlich zu ungeduldig war, an der Kreuzung Koenigsallee / Hagenstraße einen LKW bis zur Vollendung rechts abbiegen zu lassen und vom dann links ausscherenden LKW-Hinterteil erwischt wurde.)

  13. 57.

    Radwege müssen gebaut werden weil Verkehrsteilnehmer mit 15-30km/h und Verkehrsteilnehmer mit 50-70km/h nicht so eng zusammen gehören.

  14. 56.

    Sie schreiben es ... sie bezahlen wie alle anderen auch. Ändert nichts an einem zu erwartenden Steueverhältnis Rad zu Auto ... oder? Oder eben dem Eigentor von Autofahrern, Steuern für Radfahrende zu fordern.

  15. 55.

    Ganz im Gegenteil - die Zunahme des Radverkehrs beim deutschen Volk, beweisen die Zahlen dazu. Es wird immer beliebter, aber nicht nur bei den E-Bikes. Der neueste Trend ist wieder ein Zurück zum einfachen (leichten) klassischen Fahrrad!

  16. 54.

    "sie skalieren für Autos entsprechend nach oben ... das wird spaßig" Als Pkw brauche ich aber gar nicht für Schwerlastverkehr ertüchtigte Straßen und bezahle sie trotzdem (wie auch alle anderen) über Steuern mit. Verbannen Sie allen Lkw-Verkehr über Landstraßen und Autobahnen und es wird für alle preiswerter in der Straßenunterhaltung. Nebenbei: Warum wurde eigentlich gestattet, daß Lkw auch Kraftfahrstraßen benutzen dürfen - vorallem auch immer wieder schwierig bei dieser Brandenburger Variante der Kraftfahrstraße mit 3 Spuren (Mittelspur wechselseitig benutzt).

  17. 53.

    Für Sie ist das ja auch eine individuell sinnvolle Lösung. Aber für weite Teile der Brandenburger Bevölkerung halt nicht, da kann man nicht einmal mit dem Fahrrad sinnvoll einkaufen, da der nächste Laden erst viele Kilometer entfernt in einem anderen Ort ist. Im Gegensatz zu Berlin sind in Brandeburg (wie auch in anderen Flächenländern wie MVP) die Städte (und vorallem größere Städte) in der Minderheit, es ist hautpsächlich mit ÖPNV kaum erschlossenes Land und kleine verstreute Ortschaften.

  18. 52.

    Seit vielen Beiträgen hier im rbb24 gibt es aber Ihrerseits keine nachvollziehbare Begründung oder Ideen zur Ausgestaltung dieser Steuer. Nur Gegenargumente, auf die Sie nicht eingehen.

  19. 51.

    Oberkrämer liegt direkt bei Berlin. Viele Pendlerstrecken innerhalb BRB oder zwischen BRB und BLN sind pro Strecke 50-100 km. Mit Land meine ich nicht die berlinnahen Gebiete wie Oberkrämer.

  20. 50.

    Die alte Leier ... x-mal weniger Platzbedarf, x-mal weniger Gewicht und Abnutzung, x-mal weniger Emissionen. Skalieren sie gern entsprechend nach unten, bleibt da nix mehr übrig, was ein Fahrradfahrer bezahlen müsste. ODER: Radfahrer bezahlen und sie skalieren für Autos entsprechend nach oben ... das wird spaßig. Vielleicht denken Sie aber einfach mal drüber nach.

Nächster Artikel