Interview | Cottbuser Torschütze Nicolas Wähling - "Wir müssen uns das Spielglück neu erarbeiten"
Ein Sieg aus vier Spielen lautet die Bilanz von Energie Cottbus im Jahr 2023 vor dem Spiel gegen Chemie Leipzig. Im Meisterschaftsrennen der Regionalliga braucht es also dringend Erfolge. Grund genug für ein Gespräch mit Top-Torschütze Nicolas Wähling.
rbb|24: Herr Wähling, vier Tage nach dem Spiel gegen Meuselwitz empfangen Sie und Ihre Mannschaft schon am Mittwoch Chemie Leipzig. Was ist anders in so einer Woche mit zwei Spielen?
Nicolas Wähling: In der Gegnervorbereitung ist da kein großer Unterschied. Aber wir haben natürlich weniger Trainingstage und der Fokus liegt – vor allem am Tag nach dem Spiel – eher auf der Regeneration. In diesem Fall ist es gut, dass wir direkt wieder spielen, weil wir mit dem Ergebnis in Meuselwitz ja nicht so zufrieden waren. Jetzt haben wir die Chance, es gleich auszubessern.
Das besagte Ergebnis in Meuselwitz war ein 1:1-Unentschieden. Zuvor gab es im Jahr 2023 bereits zwei Niederlagen in drei Spielen für ihre Mannschaft. Wie erleben Sie diesen eher schleppenden Start ins neue Jahr?
Ergebnistechnisch können wir mit den bisher gesammelten Punkten natürlich nicht zufrieden sein. Ich finde, wir spielen oft ordentlich bis gut, sind aber in den entscheidenden Momenten nicht präsent genug, um die Spiele auch zu gewinnen. Wir lassen hinten ein paar Dinger zu viel zu und nutzen vorne die Chancen, die wir uns ja erspielen, nicht eiskalt genug. So wie zuletzt auch in Meuselwitz.
Ende des vergangenen Jahres war das noch anders. Da setzte es zwischen September und Dezember insgesamt nur zwei Niederlagen. Was war da besser? Was lief anders?
Wenn ich an den Sommer zurückdenke, dann sind wir auch nicht optimal gestartet. Wir haben gegen Lichtenberg 0:0 gespielt, gegen den BAK verloren und hatten so auch schon früh sieben Punkte Rückstand. Wir haben dann aber konzentriert weitergemacht und uns dieses Spielglück erarbeitet, das uns gerade fehlt - zum Beispiel bei den Alutreffern oder der Gelb-Roten Karte aus den letzten Spielen. Wir müssen uns dieses Spielglück jetzt erneut erarbeiten.
Sie selbst spielen mit bislang neun Toren und sechs Vorlagen eine überzeugende Saison. Wie sehr sind Sie nach Ihrem Wechsel vom SSV Ulm vergangenen Sommer mittlerweile in Cottbus angekommen?
Ich bin im Nachhinein sehr zufrieden, den Schritt nach Cottbus gegangen zu sein, weil ich mich hier sehr wohlfühle – in der Mannschaft, aber auch mit dem Trainer. Ich spüre da ein großes Vertrauen und versuche das zurückzugeben. Die Statistik könnte sogar noch ein bisschen besser sein, aber wir haben ja auch noch ein paar Spiele, um sie aufzubessern.
Mit dem SSV Ulm haben Sie zuletzt in der Regionalliga Südwest gespielt, mit Cottbus treten Sie nun in der Regionalliga Nordost an. Gibt es große Unterschiede zwischen den Ligen?
Gerade in diesem Jahr gibt es in der Nordost-Liga viel mehr Traditionsvereine, mehr große Vereine. Und gerade in der Breite ist richtig Qualität in der Liga. Die ersten zehn, elf Mannschaften sind alle stark.
Und abseits der fußballerischen Qualität?
Was das Reisen angeht, hatten wir letztes Jahr in Ulm den geografisch schlechtesten Standort der Regionalliga Südwest – direkt an der Grenze zu Bayern. Wir mussten oft ins Saarland, waren oft viereinhalb Stunden unterwegs und haben auswärts immer übernachtet. Mit Cottbus fahren wir jetzt sehr oft nach Berlin. Im Vergleich ist das ein Katzensprung und deutlich angenehmer.
Die Hauptgründe für Ihren Wechsel nach Cottbus dürften allerdings eher sportliche gewesen sein. Welche Rolle hat die Aussicht auf einen möglichen Aufstieg gespielt?
Das war auf jeden Fall ein Faktor, der mich hierhergezogen hat. Wenn du einen neuen Klub suchst, möchtest du mit dem, wenn es geht, natürlich immer um die Meisterschaft spielen. Der Hauptgrund nach Cottbus zu kommen war allerdings unser Trainer [Claus-Dieter Wollitz, Anm.d.Red.]. Er hat mich nach Cottbus eingeladen, hat mit mir über Fußball, aber auch die Stadt gesprochen. Ich habe vom ersten Gespräch an gemerkt, dass er Bock hat, mit mir zu arbeiten.
Inwiefern machen Claus-Dieter Wollitz und Sie als Mannschaft Meisterschaft und Aufstieg denn im derzeitigen Alltag zu einem Thema?
Wir haben von Anfang an zurecht sehr offen kommuniziert, dass wir Meister werden und in die Aufstiegsrunde einziehen wollen, aber wir nicht der Top-Favorit sind. Den gibt es in dieser Liga nicht, da viele qualitativ gut besetzte Mannschaften mitspielen. Natürlich ist das immer wieder ein großes Thema im Umfeld, weil dieses Ziel über allem steht, was wir investieren. Aber es ist nicht so, dass bei uns in der Kabine eine Tabelle hängt, wir uns jeden Tag den Spielplan angucken und sagen: 'Den müssen wir schlagen, den auch und den auch.' Die Meisterschaft ist unser Ziel, wegen dem wir uns aber auch nicht verrückt machen.
Aktuell haben Sie – bei einem Spiel mehr – vier Punkte weniger als Tabellenführer Rot-Weiß Erfurt auf dem Konto. Entsteht da zusätzlicher Druck?
Wenn ich jetzt sagen würde, dass kein Druck da ist, wäre das natürlich gelogen. Wir wissen natürlich um die Erwartungen, sind aber sehr fokussiert und auch sehr selbstbewusst. Einerseits wissen wir, dass wir zuletzt Punkte liegen gelassen haben. Andererseits wissen wir auch, dass wir absolut in der Lage waren und sind, diese Punkte einzusammeln. Damit wollen wir gegen Leipzig direkt anfangen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Jakob Lobach, rbb Sport.
Sendung: rbb24, 22.02.2023, 21:45 Uhr