Viktoria Frauen vor den Aufstiegsspielen - Auf dem Weg, sich selbst zu überholen
Die Frauen von Viktoria Berlin wollen innerhalb von fünf Jahren in die Bundesliga. Schon jetzt sind sie Regionalliga-Meister und spielen damit in Aufstiegsduellen um die 2. Liga. Mit der rasanten Entwicklung haben sie auch sich selbst überrascht.
"Die Nummer eins, die Nummer eins, die Nummer eins der Stadt sind wir!", sangen die Spielerinnen von Viktoria Berlin am Sonntag bei strahlendem Sonnenschein und tanzten dabei in ihren himmelblauen Trikots ausgelassen auf dem Rasen. Gerade hatten sie das letzte Saisonspiel der Regionalliga Nordost gewonnen - mit 4:0 gegen den Bischofswerdaer FV. Als Meister stand das Team aus Lichterfelde aber schon vor dem Spieltag fest und konnte jetzt endlich den Pokal entgegennehmen. "Es ist ein unbeschreibliches Gefühl", sagt Toptorschützin Aylin Yaren glücklich, nachdem sie die silbern glänzende Trophäe geküsst hat. "Das haben wir uns über die ganze Saison auch verdient."
"Die Anspannung ist riesengroß"
Die Meisterschaft ist ein erster Meilenstein auf dem Weg zum großen und durchaus ambitionierten Ziel des Vereins: In fünf Jahren will Viktoria in der Bundesliga spielen. Sechs Gesellschafterinnen stehen hinter dem Projekt, durch das auch die Aufmerksamkeit für den Frauenfußball gesteigert werden soll. Dazu sind bereits zahlreiche prominente Investorinnen, darunter Ex-Schwimmerin Franziska van Almsick oder Ski-Olympiasiegerin Maria Höfl-Riesch, eingestiegen. "Wir haben natürlich gehofft, dass wir eine erste sehr gute Saison miteinander spielen werden", sagt Felicia Mutterer, eine der Gründerinnen. "Aber dass es natürlich jetzt so verläuft, dass wir als Meisterinnen die Regionalliga Nordost beenden dürfen, ist großartig für uns."
Doch zur ganz großen Party können die Berlinerinnen noch nicht ansetzen. "Wir genießen natürlich den Pokalsieg [im Landespokal, Anm. d. Red.] und auch die Meisterschaft. Aber um ganz ehrlich zu sein: Die Anspannung ist riesengroß, weil wir natürlich alle Augen auf die Relegationsspiele haben und auf das große Ziel: die 2. Liga", so Mutterer weiter.
Denn ähnlich wie auch in der Regionalliga der Männer steigen nicht alle Meister direkt auf. Und so hat Viktoria zwar schon zwei Pokale in der Vitrine, die zwei wichtigsten Spiele der Saison aber noch vor sich. In den Aufstiegsspielen geht es gegen den Meister der Regionalliga Nord, den Hamburger SV. Am 11. Juni findet das Hinspiel in Hamburg statt, eine Woche darauf, am 18. Juni, steigt das Rückspiel in Lichterfelde.
HSV mit nur einer Niederlage in der Regionalliga Nord
"Unterm Strich können wir nichts anderes machen, als es so annehmen, wie es ist", sagt Ariane Hingst, ebenfalls Gesellschafterin und künftig auch Geschäftsführerin im Verein, über die Aufstiegsregelung. Nach dem letzten Spieltag habe sie sich im Stadion schon mit dem HSV-Trainer ausgetauscht. Welche Mannschaft den Aufstieg schafft, sei offen. "Es werden zwei Spiele auf Augenhöhe. Für beide Mannschaften ist es eine 50:50-Chance", so die zweifache Fußball-Weltmeisterin.
Mutterer rechnet mit einem "super starken HSV". Die junge Mannschaft sei "eingespielt und sehr spielstark". Nur eine Partie haben die Norddeutschen in ihrer Liga in dieser Saison verloren. "Da habe ich schon ordentlich Respekt. Aber unser Team hat auch eine tolle Saison gespeilt und sich wahnsinnig kämpferisch gezeigt", ist die Gesellschafterin optimistisch.
Planungen für die neue Saison laufen zweigleisig
Doch auch auf einen Verbleib in der Regionalliga sind die Berlinerinnen vorbereitet. Zwar würde ein Aufstieg auch mit Blick auf Sponsoren und die Entwicklung neue Möglichkeiten eröffnen, aber die Planungen laufen nach wie vor zweigleisig. "Alles andere wäre unprofessionell", so Hingst, die trotz der großen Chance keinen Druck beim Team sieht. "Wenn wir den Aufstieg in diesem Jahr nicht schaffen, bedeutet es nicht, dass dann alles vorbei ist. Dann geht die Mission trotzdem weiter und wir haben die Chance, hier etwas Großes aufzubauen."
Doch der Ehrgeiz bei den Spielerinnen rund um Torschützenkönigin Aylin Yaren, die mit 44 Toren fast ein Drittel aller Viktoria-Treffer beisteuerte, ist nach der kleinen Meisterfeier erst recht geweckt. "Das ist jetzt eine einmalige Gelegenheit. Die 2. Liga ist so greifbar und sehr nahe. Wenn die Mädels alle den Traum haben und fest an sich glauben, können wir dieses Ziel auch erreichen." Und vielleicht tanzen die Spielerinnen auch am 18. Juni - dann als Aufsteigerinnen - wieder ausgelassen auf dem Rasen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 28.05.2023, 19:30 Uhr