Darts Premier-League in Berlin - Wo Luigi, Lucky Luke und ein Hummer zusammen "180" schreien
In diesem Jahr kämpfte die Darts-Elite in Berlin erneut um einen Sieg in der Premier League. Auch ohne deutsche Spieler-Beteiligung war die Begeisterung für den "Karneval" in der Halle wieder groß. Von Patrick Richter
In der U-Bahnlinie U1 in Richtung Warschauer Straße, kurz vor der Endhaltestelle lassen sich zu bestimmten Zeiten so einige interessante Outfits entdecken. Doch Krokodile, Lucky Luke, Bayrische Trachten, Mario und Luigi - die Kombination ist selbst für den eifrigsten Partygänger speziell. Schon auf dem Weg in die Mercedes-Benz-Arena stellt sich einem die Frage, wo man hier gelandet ist. Irgendetwas zwischen Zoo, Disneyland und Oktoberfest. Die Premier League des Darts hat eben viele Gesichter
Freude, Spaß und Bier
Schon knapp eine Stunde vor Anwurf der ersten Partie ist der Innenraum der Arena gut gefüllt. Immer wieder erheben sich die Fans von ihren Bierbänken, weil im Zwei-Minuten-Takt "Stand up, if you love the darts" angestimmt wird. Es steht eine Masse an Bier auf den Tischen, bei deren Anblick selbst einem eingefleischten Fußball-Kurvengänger schwindelig werden könnte.
Es ist der zweite Spieltag der Premier League. Für einen Darts-Abend wie diesen ist Andre und seinen Freunden selbst der Weg aus dem knapp 300 Kilometer entfernten Goslar nicht zu weit: "Ich freue mich auf viel Spaß, gutes Darts, kühle Getränke und einfach geile Stimmung", sagt er.
Hier sind alle willkommen: Ob jung, alt, Mario, Wikinger oder eine geschälte Banane. In dieser verrückten Welt kann jeder für einen Abend sein, wer er möchte. Auch Marvin und seine Freunde, die sich heute Abend optisch in eine lebende Dartscheibe verwandelt haben. Die feiernde Gruppe ist nicht zum ersten Mal da - und voraussichtlich auch nicht zum letzten Mal: "Es war überragend, ansonsten wären wir nicht nochmal hier. Es ist einfach ein schöner Abend, es gibt coole Leute und es ist gute Stimmung."
Beim Darts wird gefeiert was passiert, nicht wem es passiert
Dann kommt endlich der Moment, auf den die Kostümierten warten. Das Licht verdunkelt sich, Rauch zieht in der Halle auf und es wird einen kurzen Augenblick fasst angsteinflößend still. Plötzlich dröhnt "Mr. Brightside" aus den Boxen. Mit Nathan Aspinall läuft der erste Spieler des Abends ein und die Menge tobt. Es ist nahezu unmöglich, sich den Klängen des Klassikers zu verweigern und nicht mitzusingen. Ein Mix aus Spannung und purer Ekstase durchströmt die Halle.
Nur wenige Minuten später fliegen die ersten Pfeile und es gelingt fast der bestmögliche Start ins Spiel. Auf zwei Triple-20 folgt eine einfache 20 - Knapp am Maximum von 180 Punkten vorbei. Dieses lässt aber nicht lange auf sich warten. Die Präzision, mit welcher die Pfeile der Profis immer wieder in das höchstmögliche Segment der Scheibe fliegen, ist beeindruckend.
Eine "180" nach der anderen wird von den Fans abgefeiert. Bei jedem Maximum fliegen die 180- Zettel hoch wie die Hüte beim Abschluss an einer amerikanischen High School. Es entwickelt sich ein sportliches Fest, das nur schwer mit anderen Sportarten vergleichbar ist. Beim Darts wird gemeinsam gefeiert was passiert ist und nicht wem es passiert.
Der 17-jährige Littler stiehlt dem Gewinner die Show
Ein respektvoller Umgang miteinander, den an diesem Abend nicht nur alle Fans pflegen, sondern auch die Darts-Profis vorleben. Die Ex-Weltmeister Gerwyn Price und Michael Smith checken innerhalb kürzester Zeit beide 170 Punkte, den sogenannten "Big Fish", das höchste Finish im Darts. Jedes Mal folgt ein Handschlag der Anerkennung.
Insgesamt neun WM-Titel haben die Spieler gewonnen, die an diesem Abend in Berlin antreten. Doch der ohrenbetäubend lauteste Applaus geht an einen Spieler, der noch keinen erringen konnte und noch nicht einmal volljährig ist: der 17-jährige Luke Littler. Das Wunderkind, das es bei der vergangenen Weltmeisterschaft bis ins Finale schaffte und sich mit seinen Leistungen direkt in die Herzen der Fans warf.
Für die PDC (Professional Darts Corporation) ein Grund, ihn direkt an der Premier League teilnehmen zu lassen, ihn kann man gut vermarkten. Zum Sieg in Berlin reicht es für Luke Littler nicht. Nach einem engen Finale setzt sich der erfahrene Niederländer Michael van Gerwen im entscheidenden Leg mit 6:5 durch.
Kein Tanzen auf den Tischen mehr
Nicht zu übersehen an diesem Abend: Die große Menge an Sicherheitspersonal in der Arena. Es versucht, Ordnung in die wilde Party zu bringen. Nicht jedem gefällt diese Professionalisierung des Events. Niko und seine Freunde, schon mehrfach in Berlin dabei gewesen, wollen im nächsten Jahr nicht mehr wiederkommen: "In den letzten Jahren haben wir mit den Engländern auf den Tischen getanzt und heute sollen wir uns hinsetzen. Scheiße ist das!"
Bleibt zu hoffen, dass die Veranstalter die Marios, Luigis und Lucky Lukes dieser Welt nicht aus den Augen verlieren. Denn sie sind es, die diese Abende, diesen Sport und auch einmal im Jahr die Fahrt mit der U1 so besonders machen.
Sendung: Der Tag, 08.02.2024, 19.15 Uhr