Erste Erfolge und Baustellen - So viel Fiél-Fußball steckt bereits in Hertha BSC

So 08.09.24 | 15:01 Uhr | Von Marc Schwitzky
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Hertha-Trainer Cristian Fiél gibt seinen Spielern Anweisungen. (Foto: IMAGO / Nordphoto)
Bild: IMAGO / Nordphoto

Hertha BSC hat einen durchwachsenen Saisonstart hingelegt, doch zuletzt zeigte die Formkurve klar nach oben. Das liegt vor allem daran, dass die Mannschaft die Spielphilosophie von Trainer Cristian Fiél immer stärker verinnerlicht. Von Marc Schwitzky

"Man könnte es darauf runterbrechen, dass ich lieber 4:3 gewinne als 0:0 spiele", charakterisierte Cristian Fiél einst seine Spielphilosophie. Angesichts des 4:3-Sieges von Hertha BSC gegen den 1. FC Kaiserslautern am vergangenen Zweitliga-Spieltag muss der Berliner Trainer seine Mannschaft also wohl auf dem goldrichtigen Weg sehen.

Doch selbstverständlich ist die "alte Dame" nach vier Spieltagen unter dem neuen Übungsleiter noch nicht am Ende des Lernprozesses angelangt – trotz der bereits erkennbaren Handschrift ist noch viel für Fiél und seiner Trainerteam zu tun. Das zeigt auch die bisherige, noch ausbaufähige Bilanz von sieben Punkten aus vier Ligaspielen.

Neuer Trainer und neue Spieler für Herthas angestrebte Philosophie

In der vergangenen Saison sind die sportlichen Differenzen zwischen Ex-Trainer Pal Dardai und den Vereinsverantwortlichen sehr offensichtlich geworden. Der Ungar bewertete den Profi-Kader deutlich anders als Sportdirektor Benjamin Weber oder Andreas "Zecke" Neuendorf, Leiter der Lizenzspielerabteilung. Während Dardai immer wieder behauptete, dass mit dieser Mannschaft einzig destruktiver "Umschaltfußball" möglich sei, wiesen die Verpflichtungen eher daraufhin, dass Herthas sportliche Führung mehr Ballbesitz und Spielkontrolle anstrebt. Sie erkannten mehr Potenzial.

Auch deshalb hatten sich die Berliner für Cristian Fiél entschieden, der vom spanischen Ballbesitzspiel sehr hohe Dominanz anstrebt. Jenen Spielstil konnte der 44-Jährige bei seinen vorherigen Stationen in Dresden und Nürnberg aufgrund der individuellen Qualität der Spieler jedoch kaum umsetzen. In Berlin traf Fiél nicht nur auf einen für die zweite Liga fußballerisch bereits sehr guten Kader, Neuverpflichtungen wie Michael Cuisance oder Diego Demme erleichtern einen Ansatz mit Ball deutlich.

Ballbesitz-Werte sind explodiert

Bereits die ersten Ligaspiele haben klargestellt: Fiél hat eine überaus ambitionierte Spielphilosophie, die ein Höchstmaß an Konzentration, Mut und Lauffreude von ihren Spielern abverlangt. Immer die spielerische Lösungen finden, immer aktiv sein, immer mutig in den Druck hineinspielen, viele Positionsrochaden und ein aggressives Gegenpressing – der Deutsch-Spanier stellt nahezu alles auf den Kopf, was die Spieler zuvor von Vorgänger Dardai gelernt hatten.

Dass die Mannschaft jedoch erste Erfolge erzielt und die Handschrift des Trainer umsetzt, zeigt sich vor allem darin, dass die Ballbesitzwerte der Blau-Weißen regelrecht explodiert sind. In der zurückliegenden Saison gehörte Hertha statistisch in nahezu allen Werten mit Ball zum schlechtesten Drittel der 2. Bundesliga, in einzelnen Aspekten belegten die Berliner sogar Rang 16 oder 17. Unter Fiél hat sich das Bild komplett gedreht. Mit vier Prozent Abstand hat Hertha nach vier Spielen den meisten Ballbesitz in der Liga – 59 Prozent. Ganz nach Fiéls Geschmack.

Ballbesitz als Selbstzweck ist selbstredend nicht zielführend. So könnten sich die beiden Innenverteidiger ja auch stundenlang die Kugel zuschieben, ohne dass etwas dabei entsteht. So stellte es sich oft in der letzten Saison, in der Hertha viel "tiefen" Ballbesitz hatte, dar. Doch unter Fiél verbucht Hertha den zweithöchsten Ballbesitz im mittleren und vordersten Bereich des Felds, zudem die zweitmeisten Ballkontakte im gegnerischen Strafraum. Herthas Spiel ist also klar nach vorne ausgerichtet.

Hinzu kommt die bislang beste Passquote aller Zweitligisten (87,5 Prozent), die ein Nachweis für kontrollierten Ballbesitz ist. Allerdings passieren Hertha noch zu viele Leichtsinnsfehler im Spielaufbau. So kassierten die Berliner in Kaiserslautern zwei absolut vermeidbare Gegentore - auch im Pokal gegen Hansa Rostock lud man den Gegner durch einen individuellen Patzer zum Toreschießen ein.

Spielaufbau im Vergleich zur Vorbereitung angepasst

Jene Werte sind auch deshalb beeindruckend, weil Fiél im Spielbetrieb Anpassungen vornehmen musste. In der Vorbereitung baute Hertha noch dogmatisch in einem 3-2-System auf. Bedeutet: Im Spielaufbau rückt ein Außenverteidiger neben die beiden Innenverteidiger, während der andere Außenverteidiger neben den defensiven Mittelfeldspieler nach innen zieht. So sollen sich variable Spieleröffnungen durch das nummerisch überlegene Zentrum ergeben, von wo aus schnell auf den offensiven Außenbahnen gespielt werden soll.

Doch Fiél musste nach den ersten Pflichtspieleindrücken erkennen, dass jeder Spielaufbau noch zu anspruchsvoll für seine Mannschaft ist. Deshalb wich er davon ab und stellte um. Mittlerweile baut Hertha öfter mit der Unterstützung mehrerer zentraler Mittelfeldspieler auf, damit die Außenverteidiger ihre gewohnteren Rollen in der Spielbereite ausfüllen können. Es ist nicht der ursprüngliche Plan Fiéls, passt derzeit aber besser zum vorhandenen Personal und zeigt, dass sich der Trainer anpassen kann.

Entscheidungsfindung auf dem Flügel mangelhaft

Dass die Verteidiger im Spielaufbau nun etwas freier sind und dadurch höher stehen können, ist auch den Problemen auf den offensiven Flügelpositionen geschuldet. Besonders durch den längerfristigen Ausfall von Unterschiedsspieler Fabian Reese hat Hertha derzeit ein Qualitätsdefizit auf Links- und Rechtsaußen. Das zeigt sich vor allem in der Entscheidungsfindung. Den Berlinern gelingt es unter Fiél bereits herausragend, den Ball durch klare Spielmuster und ständige Dreiecksbildungen kontrolliert in die offensiven Räume zu befördern. Das Überleiten ins letzte Angriffsdrittel funktioniert.

Doch dort angekommen, tut sich Hertha noch schwer. Zwar schlägt Hertha die ligaweit meisten Flanken aus dem Spiel heraus, verbucht allerdings nur die elfmeisten Torschüsse in Liga zwei. Herthas offensive Flügelspieler treffen noch zu oft die falsche Entscheidung, nehmen beispielsweise Tempo aus dem Spiel, trauen sich nicht, die Tiefe zu bespielen oder ins direkte Dribbling zu gehen. So fällt es den Gegnern noch zu leicht, gegen Hertha einfach nur tief zu stehen und so nur wenig gefährliche Chancen zuzulassen. Hertha kriegt die letzte Abwehrreihe noch zu selten geknackt und muss dringend zwingender werden. Das letzte Spiel gegen Kaiserslautern war dahingehend eine klare Verbesserung, doch es wird mehr Partien jener Art brauchen, um einen robusten Trend abzuleiten.

Läuferische Werte reichen noch nicht aus - Gegenpressing noch zu schwankend

Verbesserungspotenzial gibt es auch im Läuferischen – mit und gegen den Ball. Im Vergleich zur Vorsaison sind Herthas Spieler zwar deutlich präsenter im Ballbesitz, sie bieten sich merklich öfter an, doch hier ist längst noch nicht das Maximum erreicht. Um langfristig mit dominantem Ballbesitz auftrumpfen zu können, braucht es noch mehr Bewegung abseits des Balles, um den Gegner auseinanderzuziehen und dadurch Räume zu öffnen. Sonst wird als Ballbesitz sehr schnell ein lahmendes Element.

Im Bereich der Laufdistanz als auch den Sprints belegen die Hauptstädter bislang Rang elf in der Liga, bei den intensiven Läufen Rang neun. Das sind – auch aufgrund des vielen Ballbesitzes – akzeptable Werte, aber bei weitem noch keine guten. Besonders gegen den Ball muss Hertha noch aktiver werden, denn das aggressive Gegenpressing ist eine Grundkomponente des Fiél’schen Fußballs, da seine Mannschaften in der Regel so hoch stehen, dass ein Ballverlust sehr teuer werden kann. Herthas Gegenpressing greift bereits in vielen Situationen gut, doch ist definitiv noch verbesserungswürdig – auch um solch hektische Spielverläufe wie gegen Kaiserslautern zukünftig zu verhindern.

Doch wie bei so vielen anderen taktischen Aspekten zeigt sich: Hertha ist unter Fiél auf dem richtigen Weg. Doch jener Weg, der möglichst im Aufstieg münden soll, ist noch ein sehr langer.

Sendung: rbb UM6, 08.09.2024, 18 Uhr

Beitrag von Marc Schwitzky

22 Kommentare

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  1. 22.

    Nur mal der Sache wegen...der Artikel ist gut.

    Ha Ho He

  2. 21.

    Woher "wissen" Sie, was ich gern wäre???
    Aber immerhin traueb Sie mir "Hoch..." zu!
    Auf diese Idee käme ich bei Ihnen nicht!
    Übrigens ist Prozentrechnung Stoff in der Mittelstufe, also nicht hochschulverdächtig, obwohl in Berlin.....?

  3. 20.

    Ach Gott, der eine wäre gerne Hochschulprofessor, der andere … eben Schalalala.
    Grandios, prozentual gesehen an der Trefferquote gemessen, besser hätte es nicht laufen können.
    Grüße

  4. 19.

    #Berliner 62
    Ich frage mich, wer sich hier abarbeiten.
    Ich wette, nach den fünf Beiträgen in zehn Minuten werden noch einige mehr folgen.
    Sie haben eben etwas zu sagen. Vor allen Dingen haben Sie Ahnung.

  5. 18.

    Und 5 von 13 stammen von IHNEN! Stand Nr.13.
    Damit sind Sie der/die Abarbeiter*in des Tages!
    Ihren prozentualen Anteil von 13 können Sie selber ausrechnen.

  6. 17.

    Nee, der RBB ist Medienpartner vom Berlin und Brandenburg. Wenn dich diese Artikel nicht interessieren lies einfach etwas über Bienenzucht oder Maulwurfhaufen.

  7. 16.

    Dann hätte man das analysiert und versucht, daraus zu lernen, um dann wieder erfolgreicher zu sein.
    Es hat ja hier auch niemand geschrieben, dass alles gut war. Und der Artikel kommt im übrigen vom RBB und nicht von den Hertha Verantwortlichen. Und jeder der das Spiel in Kaiserslautern gesehen hat, weiß auch selbst, dass man dieses Spiel auch mit etwas Glück gewonnen hat. Ein völlig realistischer Artikel zu dem man nichts hinzudichten muss, auch wenn man Hertha nicht mag.

  8. 15.

    Anstatt Sinnlose Antworten zu geben berichten Sie doch mal wenn der Fall eingetreten wäre wenn das Spiel in Kaiserslautern verloren gegangen wäre.

  9. 14.

    Da sehen Sie mal wie nötig es ist Hertha abzuarbeiten. So als unnütze Peinlichkeit Berlins.

    HeHaHo

  10. 13.

    Super Klasse, wie sich die üblichen Verdächtigen wiederholt an einem Artikel über Hertha BSC abarbeiten. Der Sonntag ist gerettet.
    Ha Ho He ...

  11. 11.

    Deshalb spielen sie in der Freizeitliga und Profis halt in der ... na ja, sie wissen schon.

  12. 10.

    Sinnfreier Kommentar ihrerseits, mehr ist dazu nicht zu sagen ...

  13. 9.

    Entschuldigung, aber das, was Sie da schreiben, stimmt nicht. Zu einem intensiven Rehabilitationstraining gehören auch entsprechende Ruhephasen. Nach so einer schweren Verletzung ist die richtige Dosierung im Aufbautraining der Weg zur hundertprozentigen Genesung.

  14. 8.

    Ach man Klausemann, über Dich berichtet niemand , denn Du bist null interessant.

  15. 7.

    HERTHA hat nur " Unterschiedsspieler " ! Das macht eben den Unterschied zu erfolgreichen Mannschaften. Wichtig sind aber die hohen Gehälter. Die machen dann noch den Unterschied perfekter und natürlich die vielen negativen Schlagzeilen.
    Ich würde als Spieler auch das Geld mitnehmen, möglichst schonend agieren und lieber mal einen Sprint aussetzen bevor ich ins Schwitzen komme.

  16. 6.

    Es gab nur 1974/75 eine richtige Mannschaft von Hertha BSC unter Georg Kessler!!!
    Heute Super Fiel und Super Reese morgen Super Looser.

  17. 5.

    Ist der Rbb eigentlich Medienpartner von Hertha?Wegen der Fülle von Artikeln?

  18. 4.

    Ich wette, sie haben nur die Überschrift gelesen. Der Artikel stellt nur die nüchternen Statistikzahlen dar, mehr nicht. Der einzige Katzenjammer sind ihre jämmerlichen Hetzversuche, Klausemännchen.

  19. 3.

    Besser nach vorne blicken.

    Hertha kann in der Liga mithalten und hat das Glück der Tüchtigen auf ihrer Seite. Gegen Düsseldorf könnte, erstmals nach Jahren, wieder ein dritter Sieg in Folge möglich werden und den Beginn einer Serie einläuten.

  20. 2.

    Ich bin schon etwas verwundert, wenn ich "Besonders durch den längerfristigen Ausfall von Unterschiedsspieler Fabian Reese ..." lesen darf und dann vor Tagen erleben durfte, dass der " langfristig Ausfallende", statt sich durch intensives Aufbautrainig wieder in die Mannschaft zu integrieren, sich lieber mit seinem zur Schau gestellten Anhängsel, irgendwelchen Fans, die über soziale Portale akquiriert wurden, zeigte.
    Vielleicht macht das einen "Unterschiedsspieler" aus.

  21. 1.

    Was wäre gewesen wenn Hertha in Kaiserslautern verloren hätten, worüber sich auch keiner beschweren hätte dürfen.
    Dann wäre wahrscheinlich wieder der Hertha Katzenjammer und der Trainer wäre nicht der Supertrainer wie er es jetzt ist.

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