Bönitz (Elbe-Elster) - Was will ein Wohnungskonzern mit einem Landwirtschaftsbetrieb?

Mi 02.08.23 | 11:17 Uhr | Von Aline Anders-Lepsch und Florian Ludwig
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Auf einem Gerstenfeld der Röderland GmbH wird Getreide geerntet (Foto: dpa/Settnik)
Video: rbb|24 | 04.08.2023 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Bild: dpa-Zentralbild

Als bekannt wurde, dass eine Immobilienagentur einen Landwirtschaftsbetrieb in Elbe-Elster kaufen will, war der Aufschrei groß. Vermutet wurde, dass die Fläche zum Spekulationsobjekt wird. Was hat die Agentur vor? Von A. Anders-Lepsch und F. Ludwig

"Land-Grabbing" lautete der Vorwurf, als bekannt wurde, dass eine Leipziger Immobilienagentur einen Landwirtschaftsbetrieb im Elbe-Elster-Kreis kaufen will. Der Begriff beschreibt eine Praxis, bei der Flächen der Landwirtschaft entzogen werden, um sie als Bauland zu verwenden - also als Spekulationsobjekte.

Das Objekt, um das es geht, ist die Röderland GmbH in Bönitz, einem Ortsteil von Uebigau-Wahrenbrück. 2.500 Hektar Land gehören dazu, außerdem rund 900 Rinder - es ist einer der größten Milchviehbetriebe Brandenburgs.

Mit dem Kauf verpflichtete sich die Leipziger "Quarteback Immobilien GmbH" zum Weiterbetrieb der Agrargenossenschaft. Zudem sei zugesichert worden, dass die Immobilienagentur über die nötigen finanziellen Mittel verfüge, um etwa Investitionen zu stemmen oder Krisen des Betriebs zu überstehen, erklärte der Geschäftsführer der Röderland GmbH, Steffen Höppner im Februar.

Wenn der Betrieb wie gehabt weiterlaufen soll, stellt sich die Frage, was eine Leipziger Immobilienfirma mit einem Landwirtschaftsbetrieb in einer strukturschwachen Region anfangen will.

Große Flächen zur Stromproduktion

"Die Röderland GmbH wird so bestehen bleiben, wie sie bisher auch war", sagte Quarterback-Vorstandsmitglied Henrik Thomson am Dienstag bei einem Treffen mit dem Geschäftsführer Steffen Höppner und mit der Bürgermeisterin von Uebigau-Wahrenbrück, Dittgard Hapich.

Er bekräftigte damit seine Aussagen vom Jahresanfang und erläuterte zudem die genauen Pläne des Wohnungsunternehmens.

Der Kerngedanke des Kaufs ist die Nutzung der Landwirtschaftsflächen für die Produktion erneuerbarer Energie, so Thomson. Auf rund zehn Prozent der Flächen sollen Photovoltaik-Anlagen errichtet werden. "Energie ist eben die zweite Seite von Immobilien", so Thomson.

Win-Win-Situation für Betrieb und Investor

Quarterback kann damit die eigene Nachhaltigkeitsbilanz aufbessern, hat für die Solarstromsparte ein eigenes Unternehmen gegründet.

Auch der Landwirtschaftsbetrieb wird nachhaltiger, es gibt zudem weitere Vorteile für die Röderland GmbH. "Es sind einige Flächen, die doch sehr sandig sind", so Geschäftsführer Höppner. Diese seien gut geeignet, sie aus der landwirtschaftlichen Nutzung herauszunehmen. Zudem sei ein Teil der Fläche zu sogenannten roten Gebieten erklärt worden, diese seien nitratbelastet.

Auf diesen Flächen sollen die Photovoltaik-Anlagen entstehen. Der Investor verdient an der Energie, die Röderland GmbH ist nicht mehr durch schwierige Flächen belastet.

Dennoch wolle man kritisch beobachten, was mit dem Betrieb zukünftig passiere, sagte Bürgermeisterin Hapich nach dem Gespräch mit Thomson. Die Arbeitsverträge sollen erhalten bleiben, das sei zugesichert worden, so Hapich. Auch der Landwirtschaftscharakter solle erhalten bleiben, inklusive Hofladen, der von den Einwohnern stark genutzt werde, so Hapich.

Gute Stimmung im Betrieb

"Die Mitarbeiter haben es sehr gut aufgenommen, dass mit Quarterback ein finanzkräftiger Investor kommt und dass wir hier weiter bewirtschaften können", sagt Höppner. Schlechte Stimmung gebe es aufgrund des Verkaufs der GmbH nicht. Vorstandsmitglied Thomson verspricht zudem Modernisierungen und Innovationen im Betrieb.

Der Verkauf des Landwirtschaftsbetriebes scheint eine Win-Win-Situation für Investor und Betrieb zu sein. Von "Landgrabbing" ist längst keine Rede mehr, viel mehr ist klar geworden, was sich das Unternehmen vom Kauf erhofft - und zwar jede Menge Platz für Photovoltaik.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 04.08.2023, 19:22 Uhr

Beitrag von Aline Anders-Lepsch und Florian Ludwig

6 Kommentare

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  1. 6.

    Sie haben den Text aber schon zu Ende gelesen? Es geht um landwirtschaftlich nicht (effizient) nutzbare Flächen, weil teils zu sandig oder zu nitratbelastet. Was spricht denn Ihrer Meinung dagegen, diese Flächen für Photovoltaik zu nutzen?

  2. 5.

    Hoffe, die Verträge werden gut durchgelesen, kleinste Unstimmigkeiten und fehlende darin schriftliche Absprachen müssen erkannt und ergänzt werden.
    Aber warum macht der Betrieb das nicht alleine?
    Viel Glück

  3. 4.

    1 Jahr reicht für Dachanlagen aus, aber kaum für größere Freiflächenanlagen.
    Da stehen einige baurechtliche und energiewirtschaftliche Hindernisse im Weg, die überwunden werden müssen.
    In einem Jahr wird also kaum mehr als etliche Ordner mit Plänen greifbar sein.

  4. 3.

    Einfach mal in einem Jahr mal wieder kieken, was davon noch übrig ist von den Versprechen des Herrn Vorstand.

  5. 2.

    Das erinnert an den Kauf der Karstadt- und Wertheim Kaufhäuser durch den Immobilienmogul Benzko. Der hat den Erhalt der Kaufhäuser auch versichert. Nun werden die meisten abgewickelt. Da ging es vermutlich auch eher um die "Filetgrundstücke" als um die Häuser.

  6. 1.

    Na, großflächige Landschaftszerstörung durch Photovoltaik ist auch nicht besser als eine Umwandlung in Bauland.

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