Interview | Waldökologe zu Waldbrandforschung - "Das ist eine unangenehme Frage, ob das auch mit Betretungsverboten einhergehen muss"
Der Waldökologe Pierre Ibisch will durch seine Forschung herausfinden, wie Wälder am besten gegen Brände geschützt werden können. Im Bezug auf Brandstiftung müsse dabei auch über bessere Überwachung und Betretungsverbote diskutiert werden.
In Brandenburg gab es im vergangen Jahr besonders viele Waldbrände: Registriert wurden nach Angaben der Landesregierung 502 Wald- und Flächenbrände mit einer gesamtbetroffenen Fläche von ca. 1.500 Hektar - deutlich mehr als im Vorjahr.
Pierre Ibisch leitet das Forschungsprojekt "Pyrophob" und untersucht, wie Wälder gegen Brände und den Klimawandel besser geschützt werden können. Der Waldökologe und Professor für Naturschutz an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde (HNEE) hat auch direkte Erfahrungen mit Waldbränden gesammelt: Im Juni brannte ein Teil der Versuchsflächen seines Projekts in Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark).
rbb|24: Herr Ibisch, Sie forschen zur effektiven Waldbrandbekämpfung und Waldbrand-Prävention. Was ist aus ihrer Sicht und auch aus den Erfahrungen ihres Forschungsprojektes da eigentlich wichtig?
Pierre Ibisch: Wenn wir über Waldbrand sprechen sind verschiedene Aspekte relevant. Einmal geht es darum, dass eine Entzündbarkeit gegeben ist. Das hat mit dem Material zu tun, das im Wald verteilt ist, und auch mit der Art und Weise, wie der Wald bewirtschaftet wird. Es hat auch mit dem Wetter zu tun, das sich durch den Klimawandel verändert.
Dann geht es um die Frage: Wie kommt das Feuer in den Wald? Es sind die Menschen vor allem, die bewusst oder fahrlässig Brand stiften. Und es geht auch um die Ausbreitung des Feuers. Diese drei Aspekte sind mit unterschiedlichen Maßnahmen zu begegnen. Da geht es aber auch um Prioritäten: Manche Dinge sind kurzfristig, andere langfristig machbar.
Gibt es innerhalb ihres Forschungsprojekts neue Erkenntnisse?
Wir betreiben sehr langfristige Forschung. Wir sammeln Daten, die ausgewertet werden, und es sind auch erste Dinge veröffentlicht worden. Wir dokumentieren beispielsweise, wie unterschiedliche Behandlungen von Waldbrandflächen darauf wirken, dass überhaupt wieder Bäume wachsen.
Wir haben auch Befunde dazu, wie die Behandlung von Flächen – wie zum Beispiel das Kahlschlagen und Rollen – dazu beiträgt, dass das Wetter noch extremer wird, was sich auch ungünstig auf das Wiederwachsen von Bäumen auswirkt.
Welche Rolle spielt Brandstiftung?
Im Fall von Treuenbrietzen, wo wir ja arbeiten, und auch aus anderen Gebieten ist bekannt, dass Brandstiftung eine große Rolle gespielt hat. Das ist ganz plausibel, wenn es eine Kette von Brandereignissen gibt in diesen Orten – nacheinander über Wochen verteilt. Das bereitet uns Sorgen, weil die Trockenheit zunimmt und diese Kiefernforste sehr leicht entzündbar sind.
Da wird man schauen, wie man wirkungsvoller verhindert, dass Menschen in den Wald gehen und etwas anzünden. Das ist eine unangenehme Frage, ob das auch teilweise mit Betretungsverboten einhergehen muss, ob in kritischen Bereichen auch eine bessere Überwachung stattfinden muss. Das muss diskutiert werden.
Sie sprachen von der leicht entzündlichen Kiefer. Gibt es da andere Baumarten, die da nicht so feuerempfindlich sind, bei denen sich der Umstieg lohnt?
Es ist eigentlich schon klar, dass die heimischen Laubbäume, die normalerweise unseren Mischwald aufbauen würden, deutlich weniger brennbar sind beziehungsweise diese Waldbrände gar nicht aufkommen lassen. Das muss der Weg sein, es ist die einzige richtige Strategie. Das Problem ist, wie man schnell genug Laubbäume in den Unterwuchs bekommt – das würde nämlich schon helfen. Kurzfristig geht es auch um die Entwicklung von Waldbrandriegeln, wo auch Pionierbaumarten eine Rolle spielen können, da sie die Ausbreitung von Feuer hemmen können.
Am Donnerstag fand die erste Waldbrandkonferenz in der Brandenburger Staatskanzlei statt. Waren Sie da auch mit involviert? Hat man Waldforscher dazu eingeladen?
Nein, offenkundig waren Wissenschaftler nicht eingeladen. Das ist eine politische Veranstaltung, wo es auf höchster Ebene darum geht, Ressourcen zu bekommen vom Bund, damit Brandenburg diese Herausforderung besser stemmen kann, die mit den Waldbränden einhergeht.
Aber nutzt Brandenburg auch diese Erfahrung, die Sie auf den Forschungsflächen machen, und die Empfehlungen, die Sie geben? Stoßen Sie damit auf offene Ohren oder verhallt das irgendwo?
Unser Vorhaben wird ja in einem Konsortium durchgeführt, in dem auch das Land Brandenburg beteiligt ist, also das Landeskompetenzzentrum Forst aus Eberswalde. Wir sind zum Thema Waldbrand auch im Gespräch mit dem Ministerium. Ich habe den Eindruck, dass die Information aufgenommen wird und sie in Zukunft intensiver einfließen kann, auch in die Bildung und Weiterbildung der Förster.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Gespräch führte Jeanette Bederke für Antenne Brandenburg.
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um eine gekürzte und redigierte Fassung.
Sendung: Antenne Brandenburg, 12.01.2022, 16:12 Uhr