Mögliche Auto-Sperrung - Wie die Umgestaltung einer DDR-Einkaufsstraße zum Problem wurde
Die Berliner Friedrichstraße ist kein Einzelfall: Auch in Brandenburg gibt es Debatten über Einkaufsstraßen. In Frankfurt (Oder) wird nun heftig über eine Sperrung für Autos auf der Magistrale diskutiert – doch es gibt weitere Zukunftsideen.
Die Karl-Marx-Straße in Frankfurt (Oder) wird künftig wahrscheinlich ganz anders aussehen: Seit Monaten wird in der Stadt über eine Umgestaltung der als Magistrale bekannten Einkaufsstraße aus DDR-Zeiten diskutiert. Dabei geht es auch um eine mögliche Test-Sperrung für Autos in der Magistrale im Herbst oder im kommenden Jahr. Erste Veränderungen sollen laut Stadtverwaltung in fünf Jahren erkennbar sein.
Testsperrung steht noch nicht fest
Die Debatte ging erst ab dem 8. März richtig los: Am diesen Tag kündigte Stadtentwicklungsdezernent André-Benedict Prusa (CDU) eine Sperrung der Magistrale zu Testzwecken an. Zuvor hatte der Linken-Stadtverordnete Stefan Kunath eine Anfrage dazu gestellt. Wie die "Märkische Oderzeitung" berichtete, nannte Prusa zwei mögliche Zeiträume für den Versuch: den Herbst dieses Jahres oder den Frühling 2024. Die Pläne wurden unter anderen vom CDU-Kreisverbgand und vom Handelsverband Berlin-Brandenburg (HBB) kritisiert. Der Versuch sollte 35.000 Euro kosten.
Kurz darauf ruderte die Stadtverwaltung zurück. "Wichtig ist mir klarzustellen, dass ein Testversuch nicht entschieden ist, sondern zunächst Voraussetzungen dafür zu erfüllen sind", sagte Stadtentwicklungsdezernent Prusa Mitte März. Geplant sei zuerst eine Verkehrssimulation, aber auch die Beteiligung der Händler sowie der Stadtverordnetenversammlung. Eine mögliche Verlagerung des Autoverkehrs sollte nicht zulasten eventueller Ausweichstrecken führen, so Prusa. "Eine unvorbereitete und unabgestimmte Sperrung könnte mehr Schaden anrichten als Nutzen erzeugen."
Eine Straßenseite für den Verkehr, die andere als Aufenthaltsort
Die Magistrale wurde als städtebauliche Struktur in den 1950er und 1960er Jahren errichtet und steht heute als Flächendenkmal unter Denkmalschutz. Ebenso geschützt ist die auf ihr befindliche Baumallee. Entlang der Straße finden sich Wohnblöcke, in deren Erdgeschossen Geschäfte untergebracht sind.
Nun soll die Einkaufsstraße revitalisiert werden: Dreispurig sollen "öffentlicher Nahverkehr, mobilisierter Individualverkehr und Experimente wie autonomes Fahren oder Roller" ihren Platz auf der Magistrale haben, sagte Prusa dem rbb. Der Verkehr soll auf einer Straßenseite gebündelt werden. Parallel soll die Aufenthaltsqualität auf der anderen Straßenseite mit ihren Läden und Cafés verbessert werden.
Die Frankfurterinnen und Frankfurter haben auch unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft ihrer Magistrale: "Ich bin eigentlich vor Jahren immer gern hier durchgegangen, aber jetzt nicht", sagte eine ältere Frau auf der Karl-Marx-Straße dem rbb. "Es muss eine Geschäftsstraße bleiben, aber der Verkehr muss trotzdem durchfahren", sagte ein Anwohner noch dazu.
Eine Chance für kleine Läden
Matthias Krebs von der Baukultur-Initiative Brandenburg hält das Konzept von Krupa für umsetzbar: "Wichtig ist, dass die Aufenthaltsqualität hier gesteigert werden kann, dass es Spaß macht, hier in dieser Stadt zu bleiben." Mit dem jetzigen Vorschlag könnte das gelingen, so Krebs. Die Mobilität werde sich in den kommenden fünf bis zehn Jahren radikal ändern.
Für kleine Boutiquen sieht Krebs trotz Booms im Online-Handel eine Chance: "Wir sehen auch bei dem digitalen Einzelhandel, dass der eine oder der andere Anbieter den Schritt wieder in die analoge Welt zurückmacht. Denken wir nur an Showrooms oder an Beratungsbereiche." Die Magistrale biete die Möglichkeiten, diesen Änderungen gerecht zu werden, sagte Krebs.
Verkehrsausschuss tagt am 10. Mai
Bei den möglichen Baumaßnahmen geht es auch um die Linden auf der Magistrale. Einige von ihnen könnten während der Umgestaltung gefällt werden. Doch die Straße ist eine Nord-Süd-Achse mit hoher Sonneneinstrahlung, im Sommer werfen die Bäume einen angenehmen Schatten. Carla Ruhrmann, Sprecherin des Grünen-Kreisverbands in Frankfurt, forderte deswegen bereits im vergangenen Jahr, dass alle Baumaßnahmen von Anfang an baumerhaltend geplant werden. "Jeder einzelne große Baum ist wichtig und wertvoll für das dortige Mikroklima. Von einer hohen Aufenthaltsqualität profitiert letztendlich auch der Einzelhandel."
Die nächste Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Verkehr, Umwelt und Klimaschutz ist für den 10 Mai geplant. Stefan Kunath von der Linken-Fraktion hat bereits einen Beratungsschwerpunkt zur Magistrale beantragt. "Unsicherheit ist der größte Feind der Veränderungsbereitschaft", sagte Kunath dazu.
Sendung: Antenne Brandenburg, 12.04.2023, 14:10 Uhr
Mit Material von Elke Bader