Mögliche Auto-Sperrung - Wie die Umgestaltung einer DDR-Einkaufsstraße zum Problem wurde

Mi 12.04.23 | 17:53 Uhr | Von Juan F. Álvarez Moreno
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Archivbild: Blick auf Frankfurt (Oder). Hier: Die Karl-Marx-Strasse, auch Migistale genant. (Quelle: dpa/K. Hick)
Audio: Antenne Brandenburg | 12.04.2023 | Elke Bader | Bild: dpa/K. Hick

Die Berliner Friedrichstraße ist kein Einzelfall: Auch in Brandenburg gibt es Debatten über Einkaufsstraßen. In Frankfurt (Oder) wird nun heftig über eine Sperrung für Autos auf der Magistrale diskutiert – doch es gibt weitere Zukunftsideen.

Die Karl-Marx-Straße in Frankfurt (Oder) wird künftig wahrscheinlich ganz anders aussehen: Seit Monaten wird in der Stadt über eine Umgestaltung der als Magistrale bekannten Einkaufsstraße aus DDR-Zeiten diskutiert. Dabei geht es auch um eine mögliche Test-Sperrung für Autos in der Magistrale im Herbst oder im kommenden Jahr. Erste Veränderungen sollen laut Stadtverwaltung in fünf Jahren erkennbar sein.

Testsperrung steht noch nicht fest

Die Debatte ging erst ab dem 8. März richtig los: Am diesen Tag kündigte Stadtentwicklungsdezernent André-Benedict Prusa (CDU) eine Sperrung der Magistrale zu Testzwecken an. Zuvor hatte der Linken-Stadtverordnete Stefan Kunath eine Anfrage dazu gestellt. Wie die "Märkische Oderzeitung" berichtete, nannte Prusa zwei mögliche Zeiträume für den Versuch: den Herbst dieses Jahres oder den Frühling 2024. Die Pläne wurden unter anderen vom CDU-Kreisverbgand und vom Handelsverband Berlin-Brandenburg (HBB) kritisiert. Der Versuch sollte 35.000 Euro kosten.

Kurz darauf ruderte die Stadtverwaltung zurück. "Wichtig ist mir klarzustellen, dass ein Testversuch nicht entschieden ist, sondern zunächst Voraussetzungen dafür zu erfüllen sind", sagte Stadtentwicklungsdezernent Prusa Mitte März. Geplant sei zuerst eine Verkehrssimulation, aber auch die Beteiligung der Händler sowie der Stadtverordnetenversammlung. Eine mögliche Verlagerung des Autoverkehrs sollte nicht zulasten eventueller Ausweichstrecken führen, so Prusa. "Eine unvorbereitete und unabgestimmte Sperrung könnte mehr Schaden anrichten als Nutzen erzeugen."

Eine Straßenseite für den Verkehr, die andere als Aufenthaltsort

Die Magistrale wurde als städtebauliche Struktur in den 1950er und 1960er Jahren errichtet und steht heute als Flächendenkmal unter Denkmalschutz. Ebenso geschützt ist die auf ihr befindliche Baumallee. Entlang der Straße finden sich Wohnblöcke, in deren Erdgeschossen Geschäfte untergebracht sind.

Nun soll die Einkaufsstraße revitalisiert werden: Dreispurig sollen "öffentlicher Nahverkehr, mobilisierter Individualverkehr und Experimente wie autonomes Fahren oder Roller" ihren Platz auf der Magistrale haben, sagte Prusa dem rbb. Der Verkehr soll auf einer Straßenseite gebündelt werden. Parallel soll die Aufenthaltsqualität auf der anderen Straßenseite mit ihren Läden und Cafés verbessert werden.

Die Frankfurterinnen und Frankfurter haben auch unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft ihrer Magistrale: "Ich bin eigentlich vor Jahren immer gern hier durchgegangen, aber jetzt nicht", sagte eine ältere Frau auf der Karl-Marx-Straße dem rbb. "Es muss eine Geschäftsstraße bleiben, aber der Verkehr muss trotzdem durchfahren", sagte ein Anwohner noch dazu.

Eine Chance für kleine Läden

Matthias Krebs von der Baukultur-Initiative Brandenburg hält das Konzept von Krupa für umsetzbar: "Wichtig ist, dass die Aufenthaltsqualität hier gesteigert werden kann, dass es Spaß macht, hier in dieser Stadt zu bleiben." Mit dem jetzigen Vorschlag könnte das gelingen, so Krebs. Die Mobilität werde sich in den kommenden fünf bis zehn Jahren radikal ändern.

Für kleine Boutiquen sieht Krebs trotz Booms im Online-Handel eine Chance: "Wir sehen auch bei dem digitalen Einzelhandel, dass der eine oder der andere Anbieter den Schritt wieder in die analoge Welt zurückmacht. Denken wir nur an Showrooms oder an Beratungsbereiche." Die Magistrale biete die Möglichkeiten, diesen Änderungen gerecht zu werden, sagte Krebs.

Verkehrsausschuss tagt am 10. Mai

Bei den möglichen Baumaßnahmen geht es auch um die Linden auf der Magistrale. Einige von ihnen könnten während der Umgestaltung gefällt werden. Doch die Straße ist eine Nord-Süd-Achse mit hoher Sonneneinstrahlung, im Sommer werfen die Bäume einen angenehmen Schatten. Carla Ruhrmann, Sprecherin des Grünen-Kreisverbands in Frankfurt, forderte deswegen bereits im vergangenen Jahr, dass alle Baumaßnahmen von Anfang an baumerhaltend geplant werden. "Jeder einzelne große Baum ist wichtig und wertvoll für das dortige Mikroklima. Von einer hohen Aufenthaltsqualität profitiert letztendlich auch der Einzelhandel."

Die nächste Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Verkehr, Umwelt und Klimaschutz ist für den 10 Mai geplant. Stefan Kunath von der Linken-Fraktion hat bereits einen Beratungsschwerpunkt zur Magistrale beantragt. "Unsicherheit ist der größte Feind der Veränderungsbereitschaft", sagte Kunath dazu.

Sendung: Antenne Brandenburg, 12.04.2023, 14:10 Uhr

Mit Material von Elke Bader

Beitrag von Juan F. Álvarez Moreno

42 Kommentare

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  1. 42.

    Ja einfach geht es nicht, wie man an der öffentlichen aber auch der politischen Diskussion sieht.
    Wenn es einfach wäre, wäre es wahrscheinlich schon gelöst.
    Den grenzüberschreitenden Verkehr auf die A12 umleiten wäre ein großer Schritt.
    Die B112n ist auch noch lange nicht das wofür sie ausgelegt ist.
    Da trödelt man sich aber an der nördlichen und südlichen Anbindung seit Jahren aus.
    Beides könnte viel motorisierten Durchgangsverkehr aus der Stadt raus leiten.
    Wenn Sie von gut ausgebauten Radwegen in FF schreiben, müssen Sie in einem anderen FF als ich wohnen.
    Außerhalb der Stadt geht es schon, aber in der Stadt ist das Fahrrad außerhalb der PKW Spuren doch kaum nutzbar wie sich auch am sichtbaren Anteil des Fahrradverkehrs zeigt.
    Die Fernradler müssen damit klar kommen. Außen rum fahren ist keine Alternative, ist ja schließlich der Oder-Neiße Radweg und nicht der um FF herum Weg.

  2. 41.

    Das Problem ist ähnlich gelagert wie bei der Teilsperrung der Friedrichstraße in Berlin. Einfach mal eine Fußgängerzone draus machen und auf Belebung irgendwie hoffen, ist halt kein durchdachtes Gesamtkonzept.

  3. 40.

    Nur ein kleine Anmerkung zu dem Blödsinn unserer Stadtoberhäupter. Seit Jahren hat sich in der Magistrale in Sachen Einzelhandel nicht viel getan. Die Läden in welche man wirklich noch gehen kann, die kann ich an einer Hand abzählen. Wo also soll dort eine Qualitätssteigerung herkommen? Man sollte vielleicht auch einmal die Altersstruktur dieser Stadt beachten. Ich für meinen Teil würde mir die Magistrale mit den Angeboten wie vor 50 Jahren wünschen, wo es auch noch Spaß machte dort am Wochenende zu flanieren. Und die ging auch ohne Verkehrsberuhigte Zone. Vielleicht einfach mal ne Bürgerbefragung machen.

  4. 39.

    Dann sollen die die Strasse zu machen. Man spart sich das fahren aus dem Umland nach Frankfurt Oder. Online oder Eisenhüttenstadt geht auch gut zum einkaufen.

  5. 38.

    Sehr aus Berliner Perspektive. Versuchen Sie das mal von den eingemeindeten Vororten von Ffo, aus Güldendorf, Lossow, Kliestow usw. Außerdem sind die anderen Nord-Süd-Routen oft schon reichlich voll und die geplante Straßenbahn nach Nord wird es wohl nicht so schnell geben.

  6. 36.

    Es gibt aber in der Innenstadt von Ffo schon jede Menge Bereiche ohne Verkehr (siehe Gr. Scharrnstraße und Oderpromenade) und eine große Parkanlage (Lennépark) entlang der gesamten Innenstadt parallel zur Magistrale. Mit welcher Begründung sollte gar keine Straße für den Verkehr entlang des Odertals innerhalb Ffo übrigbleiben?

  7. 35.

    Wozu soll dem Schleichverkehr denn noch eine weiterer Zugang eröffnet werden? - Wenn voll ist, ist voll. Diese Logik begreifen schon Menschen im Kindesalter, nur Erwachsene versuchen da tausend Tricks, genau das zu unterlaufen.

  8. 34.

    Ich finde es gut und ökologisch wichtig, dass nicht alles befahren wird. Diese Straße in FfO gehört zu unserem "ehemaligen" Osten.
    Als Treffpunkt ist eine Beruhigung von Straßen wichtig
    Wenn sich Deutschland die Zulassung von unendlich vielen Autos leisten will, dann ist es auch gerecht dass Fußgänger ihren Bereich bekommen. Wir haben auch
    ein Fahrzeug , aber nur für weitere Strecken. In der Stadt ( Berlin ) fahren wir mit Öffentlichen und finden es gut keinen Parkplatz suchen zu müssen.

  9. 33.

    Trozdem sollte man sich als Frankfurter noch in Nord-Süd-Richtung bewegen können und da wird es eng bei gesperrter Magistrale. Das Luftbild täuscht etwas bezüglich der Geographie. Das Stadtzentrum liegt im Odertal und links neben dem Lennépark geht es an der Halben Stadt auf einen Höhenzug rauf. Eine Route innerhalb des Odertals in der Stadt in Nord-Süd-Richtung sollte es schon noch geben.

  10. 32.

    " Ich wüsste auch keinen nachvollziehbaren Grund, warum Auswärtige über die Karl-Marx-Straße zur Stadtbrücke fahren müssten, wo doch die B5 die direkte Verbindung ist." Mit dem kleinen Schlenker durch die Magistrale kann man sich u.U. "vordrängeln", da man sich die oft volle offizielle Anfartsroute spart.

  11. 31.

    Sackgasse bringt für den innerstädtischen Verkehr der Frankfurter nichts, außerdem läuft ja die Straßenbahntrasse auch über die B5-Kreuzung. Schlagartig würde der Verkehr zurückgehen, wenn es eine Ortsumfahrung für den grenzüberschreitenden Verkehr gäbe - also vielleicht eine neue Brücke nördlich des WInterhafens über die die Oder zum Ochsenwerder und auf der Gegenseite als Ortsumfahrung weiter (ich denke mal, daß man den dichten Verkehr auch in Polen aus der Stadt haben will). Wenn man die Magistrale zur Sackgasse macht, gäbe es keine sinnvolle Möglichkeit in der Innenstadt von Süd nach Nord zu kommen (über Halbe Stadt ist nicht wirklich sinnvoll) - bleibe noch den Verkehr evtl. unter der Rampe zur Stadtbrücke zu führen als Untertunnelung. Die Alternativroute um die Magistrale (Große Oderstr) im Osten ist für Durchgangsverkehr viel zu schmal bei aktuellem Verkehr.

  12. 30.

    Okay, dann wäre aber eine generelle Sperrung jeweils an der B5 doch sinnvoller, oder? Also quasi von beiden Seiten Sackgasse, sonst wird der Verkehr nicht wirklich weniger sondern dreht Schleifen, um zur Stadtbrücke zu kommen. Ich wüsste auch keinen nachvollziehbaren Grund, warum Auswärtige über die Karl-Marx-Straße zur Stadtbrücke fahren müssten, wo doch die B5 die direkte Verbindung ist.

  13. 29.

    Die Erfahrungen aus anderen Städten zeigen genau das Gegenteil. Wenn die Aufenthaltsqualität für Fußgänger bescheiden ist fährt man lieber raus in die Mall. Für Autos ist das nämlich immer bequemer, egal wie sehr sich die Innenstadt bemüht. Verkehrsberuhigung hingegen belebt das Geschäft enorm. Aber in Deutschland sind wir ja nicht in der Lage mal über den Tellerrand zu schauen was woanders klappt und was nicht.

  14. 28.

    Die Wege rechts und links sind bereits als gemeinsamer Fahrrad-/Fußweg ausgewiesen. Wenn Sie schneller durchkommen wollen, nehmen Sie die parallele Scharrnstraße mit dem Fahrrad, da fährt gar kein Auto - oder richtig schnell geht es an der Oder entlang mit dem Fahrrad - alles nur immer ein oder zwei Parallelweg(e) weiter; auf der anderen Seite könnten Sie auch den Lennépark mit dem Fahrrad nutzen, zieht sich durch die ganze Innenstadt bis zum Topfmarkt/Ritterplatz.

  15. 27.

    "Ist schon mal ne gute Idee, die Hälfte der Breite für fußläufige Nutzung umzugestalten." Wie man leicht auf dem Photo oder vor Ort nachvollziehen kann, ist die Magistrale bereits zu über der Hälfte der Breite für eine fußläufige Nutzung verfügbar - den Rest teilen sich Parktaschen mit mehreren Unterbrechungen durch Fußwege, Straße und Straßenbahntrasse.

  16. 26.

    "Nur ist die kreuzende B5 halt eine grenzüberschreitende Bundestraße, die auch in Slubice als Fernverkehrstraße weiterverläuft. Die kann die Stadt Frankfurt nicht mal einfach so sperren" Wenn man das Rechtsabbiegen vin der Magistrale Richtung Stadtbrücke verbietet und das Linksabbiegen von der Stadtbrücke in die Magistrale, sperrt man nicht die Bundesstraße, da diese eigentlich sowieso vom Verkehrskonzept her vom Luxemburgberg für den Grenzübergang angefahren werden soll, der auch entsprechend breite Zugangsstraßen hat (zweispurig pro Richtung ausgebaut ab Autobahn bzw. über Kieler Richtung Nord).

  17. 25.

    Beidseitig ein ebener Fahrradweg rechts der Oberleitungsmasten zwischen Parkstreifen und Grünanlage würde mir gefallen.

  18. 24.

    Na da wünsche ich doch mal gutes Gelingen und vielleicht auch Experiment, was mit solchen breiten Magistralen anstellen kann. Richtig einladend urban sind diese breiten Straßen ja nicht, siehe Karl-Marx-Allee in Berlin. Ist schon mal ne gute Idee, die Hälfte der Breite für fußläufige Nutzung umzugestalten. Gibt halt immer noch die Nebensachen dabei nicht aus den Augen zu verlieren. Dass der Autoverkehr insgesamt nicht weniger wird, der da lang will z.B. Ohne Umleitungskonzepte wirds dann auch nicht gehen, sonst suchen die Autos sich den Weg durch die links und rechts liegenden Wohngebiete parallel zur einstigen Durchfahrtstraße. Dass der Straßenlärm sich dann auf eine Seite der Straße vereint, nehmen viele Anwohner dieser Seite dann sicher auch nicht klaglos hin. Das wird schon ne Weile dann dauern, bis sich die Autofahrer dann an andere Routen ohne diese Straße gewöhnt haben.

  19. 23.

    "Warum die Fussgängerbereiche hier nicht zugunsten von grün verknappt werden/wurden erschliesst sich mir auch nicht.
    Mir erscheinen die auch zu breit angelegt." Die Fußgängerbereiche werden bei passendem Wetter auch als Freiluftbereiche von Restaurants genutzt, dann ist da gar nicht mehr so viel "ungenutzter" Platz übrig. Außerdem ist das kein reiner Fußgängerweg, sondern ein zur gemeinsamen Nutzung von Fußgängern und Fahrrädern freigegebener Weg - da braucht man schon etwas mehr Platz, damit sich beide nicht unnötig in die Quere kommen und die Fahrräder trotzdem noch mit vernünftiger Geschwindigkeit fahren können.

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