Morddrohungen gegen linke Aktivistin - "Meine Eltern machen sich Sorgen, wenn ich am Tag das Haus verlasse"
Morddrohungen und rechte Hetze gegen eine 16-Jährige, die sich in der Linksjugend engagiert: In Eisenhüttenstadt ermittelt nun der Staatsschutz. Die betroffene Schülerin will sich nicht von ihrer politischen Arbeit abhalten lassen. Von L. Heisterkamp und J. Reinschmidt
Nach Morddrohungen gegen eine Jugendliche in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) ermittelt inzwischen der Staatsschutz.
Unbekannte hatten am 24. August an eine leerstehende Schule in der Stadt Hakenkreuze und die Worte "Pia wir kriegen dich" sowie "Tod für Links" gesprüht. Die Drohungen richten sich gegen eine 16-jährige Schülerin, die sich bei der Linksjugend Brandenburg engagiert.
16-Jährige bereits in Vergangenheit angefeindet
"Besonders in der ersten Woche nach dem Geschehen saß der Schock tief", teilte diese dem rbb schriftlich mit. "Auch meine Eltern haben sehr mit der Situation zu kämpfen. Sie machen sich Sorgen, wenn ich am Tag das Haus verlasse." Sie sei in der Vergangenheit schon wegen ihres Engagements bespuckt oder beleidigt, niemals aber mit dem Tode bedroht worden. Mittlerweile gehe sie nur noch selten allein vor die Tür.
Hakenkreuze übermalt - Morddrohungen noch nicht
Die bedrohte Schülerin selbst und auch die Stadt Eisenhüttenstadt hatten Anzeige erstattet. Die Hakenkreuze wurden inzwischen im Auftrag der Stadt übermalt, sind allerdings immer noch zu erkennen. Die Morddrohungen wurden bislang nicht entfernt. Man müsse sich zuerst mit dem Eigentümer des leerstehenden Gebäudes verständigen, teilte ein Sprecher der Stadt mit.
Dass Mitglieder der Linksjugend Brandenburg angefeindet werden, komme immer wieder vor, so Marek Lipp von der Jugendorganisation. Viele junge Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagierten, hätten die Region inzwischen verlassen.
Walter: "Brandenburg hat Problem mit Rechtsradikalismus"
"Der Vorfall reiht sich ein in verschiedene Vorfälle der letzten Monate und zeigt, wir haben ein massives Problem mit Rechtsextremismus in Brandenburg", sagte Brandenburgs Linken-Fraktionschef Sebastian Walter. Im April hatten zwei Lehrkräfte an einer Schule in Burg im Spreewald öffentlich gemacht, dass sie täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert seien. Sie waren danach rechten Anfeindungen ausgesetzt und verließen die Schule.
Walter forderte unter anderem mehr Mittel für Projekte, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Die Bundesregierung plane in dem Bereich massiv Gelder zu kürzen. "Hier muss Brandenburg Widerstand leisten. Wir müssen deutlich machen: Brandenburg hat eine starke Demokratie, wir werden es nicht mehr zulassen, dass es Angsträume gibt in diesem Land."
Solidarität für Schülerin
Unterdessen erhält Pia, die bedrohte Schülerin, Unterstützung von der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte. Die Gesellschaft erklärte am Dienstag in Potsdam, sie verurteile "jede Form rechter Gewalt und Bedrohung" und solidarisiere sich mit ihrer Projektmitwirkenden. Die Drohungen und andere rechtsextreme Schmierereien waren in der Nacht zum 24. August unter anderem auf Teilen eines Kunstprojekts der Gesellschaft angebracht worden.
Das Museum Utopie und Alltag in Eisenhüttenstadt erklärte, es herrsche Entsetzen über die rechtsradikale, verfassungsfeindliche Straftat. Das Museum stehe für eine offene, demokratische und vielfältige Gesellschaft und verurteile die Tat sowie jede Form rechter Gewalt und Bedrohung auf das Schärfste. Das Wichtigste sei nun, die bedrohte Jugendliche zu schützen. Ihr Engagement sei "von unschätzbarem Wert für die Stadt und für eine offene und demokratische Gesellschaft".
"Werde mich nicht unterkriegen lassen"
Pia will sich trotz der Drohungen weiter politisch engagieren. "Ich werde mich davon nicht unterkriegen lassen und weiter für eine hass- und gewaltfreie Gesellschaft kämpfen und mich für meine Heimatstadt, Eisenhüttenstadt, engagieren." Der Vorfall zeige einmal mehr, wie wichtig das ist.
Sendung: Antenne Brandenburg, 05.08.2023, 16:40 Uhr