Mietmarkt - Wie der Wohnungstausch in Berlin in Gang kommen soll

So 05.02.23 | 12:34 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Zwei Maenner und eine Frau tragen in einer Wohnung in Berlin Umzugskartons. (Quelle: dpa/Christin Klose)
Audio: rbb24 Inforadio | 05.02.2023 | Franziska Ritter | Bild: dpa/Christin Klose

Neben Mieten und Kaufen gibt es noch einen dritten Weg, um in Berlin an eine neue Wohnung zu kommen: Tauschen. Doch so recht will der Tausch-Markt nicht in Gang kommen. Nun liegen neue Ideen vor, das zu verbessern. Von Sebastian Schöbel

  • Der Tauschmarkt bei Wohnungen in Berlin kommt kaum in Gang.
  • Seit 2018 wurden im Portal der landeseigenen Immobilienunternehmen rund 15.000 Tauschangebote inseriert.
  • Es wurden aber nur 454 Tauschgeschäfte abgeschlossen.
  • Ein Grund: Viel mehr Menschen wollen größere Wohnungen. Nur wenige wollen kleinere.
  • Alle Landesparteien befürworten Wohnungstausch, haben aber unterschiedliche Ideen zur Förderung.

Es klingt ein wenig nach Verzweiflung, wenn man die Idee der Berliner Wohnungstauschbörsen auf ihren Kern reduziert: Die Hoffnung, dass irgendwo in dieser Stadt jemand in einer Wohnung wohnt, die perfekt für einen selbst wäre – und man selbst in der Wohnung wohnt, die für genau diese Person ebenso perfekt wäre. Ein einfacher Tausch wäre die ideale Lösung für beide Seiten.

Ganz so einfach ist es allerdings nicht: Zwar gibt es bereits seit einigen Jahren Wohnungstauschbörsen, sowohl privatwirtschaftliche als auch die der landeseigenen Unternehmen. Doch richtig in Gang gekommen ist die Tauscherei bislang kaum.

Auf dem Portal der sechs landeseigenen Immobilienunternehmen, inberlinwohnen.de, wurden seit Ende 2018 zwar etwas mehr als 15.000 Inserate eingestellt, doch erfolgreiche Tauschgeschäfte gab es bislang nur 454. Das ergibt sich aus aktuellen Zahlen des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), die dem rbb vorliegen. Zwar wurden seit Gründung des Portals, bei dem Mieter der landeseigenen Unternehmen Tauschwohnungen anbieten und suchen können, mehr als 200.000 Tauschverfahren angeregt - doch nur knapp 1.000 davon wurden in den vergangenen vier Jahren tatsächlich in Gang gebracht.

Der Grund dafür ist offenbar ein grundsätzlicher: Angebot und Nachfrage passen nicht zueinander. Das räumte auch Snezana Michaelis, Vorstandsmitglied bei der Gewobag, im September 2022 ein. "Wir haben eine ungefähr fünfmal höhere Nachfrage nach Wohnraumvergrößerung, als wir eine Nachfrage nach Wohnraumverkleinerung haben", sagte Michaelis damals im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses.

Tatsächlich zeigen das auch die neuen Zahlen des BBU: 51 Prozent der Interessenten suchten eine größere Wohnung, 11 Prozent eine kleinere. Der Rest wollte sich aus anderen Gründen verändern, zum Beispiel wegen der Ausstattung der Wohnung oder der Lage. "Wir stellen fest, dass in der Theorie die Wohnungstauschbörse sicher ein gutes Instrument ist, aber bei einer derart geringen Fluktuation und einem so geringen Leerstand, den wir im Bestand haben, ist schlicht und ergreifend das Matching von Angebot und Nachfrage an der Stelle schwierig."

Der wohnungspolitische Sprecher der Linken, Niklas Schenker, fordert nun, dass die Politik den Tauschbörsen entgegenkommt. Das Recht auf Wohnungstausch müsse im Bundesmietengesetz verankert werden, so Schenker. Vorbilder seien Schweden und Österreich. Die Justizminister haben sich im Herbst 2022 bereits auf ein gesetzliches Wohnungswechselmodell geeinigt: Es soll den einvernehmlichen Wohnungstausch beim selben Vermieter möglich machen.

Schenker will aber auch erreichen, dass Mieter bei einem Tausch den günstigeren Quadratmeterpreis mitnehmen können. Das soll das Problem der fehlenden großen Wohnungen im Angebot beheben. "Wir schlagen vor, dass beide Mietparteien ihren alten Preis behalten", so Schenker. Bislang ist es bei der Tauschbörse der landeseigenen Unternehmen so, dass lediglich die Nettokaltmieten der beiden Wohnungen gleich bleiben, also keine Miete erhöht wird.

Zudem sollen zusammenziehende Haushalte Prämien bekommen: Das soll, so Schenkers Kalkulation, vor allem viele ältere Mieter dazu bewegen, ihre großen Wohnungen mit vor allem jüngeren Mitbewohnern zu teilen. "Das ist auch eine gute Maßnahme gegen die wachsende Vereinsamung in der Stadt." Das Land könne diese Generationen-WGs unterstützen, indem Umzug und sonstige Kosten erstattet und eine Prämie gezahlt würde.

Versuche in diese Richtung gab es bereits 2014: Damals einigten sich Senat und landeseigene Wohnungsunternehmen, dass Mieter, die von größeren in kleinere Wohnungen umzogen, eine Prämie erhalten konnten, zwischen 1.500 und 2.500 Euro. "Eine spürbare Erhöhung der Tauschaktivitäten war hieraus nicht ersichtlich", resümierte die Stadtentwicklungsverwaltung im vergangenen Jahr auf Nachfrage der Grünen.

Beim bisherigen Koalitionspartner, den Grünen, rennt Schenker mit seinem Vorstoß offene Türen ein. "Der Wohnungstausch ist ein wichtiger Baustein, um Wohnflächen bedarfsgerechter und effizienter zu nutzen", sagt deren wohnungspolitische Sprecherin Karin Schmidberger. Auch sie setzt sich dafür ein, dass Mieter der landeseigenen Unternehmen, die von großen in kleine Wohnungen wechseln wollen, den niedrigeren Quadratmeterpreis mitnehmen können. In der Pflicht seien aber auch die privaten Vermieter, so Schmidberger. Unternehmensübergreifender Wohnungstausch sei im Rahmen des Wohnungsbündnisses vereinbart worden. "Eine Umsetzung sind Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel und die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey bisher schuldig geblieben. Nichts ist in diesem Bereich passiert."

Die SPD spricht sich in ihrem aktualisierten Wahlprogramm ebenfalls dafür aus, Wohnungstausch zu fördern – spricht mit Blick auf die Privaten allerdings nur von einer "Aufforderung", keiner Pflicht. Die Idee der Mietmitnahme unterstützen die Sozialdemokraten ebenfalls. "Ältere Menschen sollen mit ihrem Mietvertrag in kleinere Wohnungen wechseln können."

Konsensfähig ist der Wohnungstausch aber auch über die rot-grün-roten Parteigrenzen hinweg. Die CDU will ein "Recht auf Tausch" auf Bundesebene rechtlich prüfen, unterstützt die Idee aber grundsätzlich. "Zwei Mietparteien sollen einfach in das Vertragsverhältnis des anderen eintreten können, ohne dass der Vermieter dem ohne wichtigen Grund widersprechen kann", heißt es im Wahlprogramm. Allerdings sollen kleine Vermieter mit weniger als zehn Wohnungen davon ausgenommen werden.

"Der Wohnungstausch muss raus aus seiner Nische", sagt auch AfD-Bauexperte Harald Laatsch. Er fordert, dass vor allem die Informationsangebote zu Tauschmöglichkeiten ausgebaut werden, zum Beispiel mit Tauschbörsen in Ladenlokalen. "Wichtig ist, dass der Zugang niedrigschwellig ist und nicht erst durch komplexe Verwaltungswege führt", so Laatsch.

Dass der Wohnungstausch ein brauchbares Instrument sein kann, um den Berliner Mietmarkt zu entspannen, darin sind sich alle Parteien weitgehend einig. Ein Blick auf die aktuellen Angebote der landeseigenen Wohnungstauschbörse zeigt allerdings, wie weit der Weg noch ist: Stand heute sind dort lediglich knapp 90 Wohnungen inseriert – davon weniger als zehn mit mehr als vier Zimmern, und bis auf zwei alle außerhalb des S-Bahn-Rings.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.02.2023, 15 Uhr

 

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Beitrag von Sebastian Schöbel

132 Kommentare

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  1. 132.

    Bei Immoscout werden mir fast nur noch irgendwelche Tauschwohnungen angezeigt. Auch bei inberlinwohnen war ich mal registriert...
    Was macht man denn wenn sich halt einfach niemand für die eigene Wohnung interessiert? Aus der man ja nun auch nicht ohne Grund heraus möchte. Oder gar muss (zum Beispiel wegen Modernisierung und Mieterhöhung, wo ein Tausch dann auch kaum in Frage kommen dürfte).
    Wenn man nur ein bestimmtes Budget hat und sich einfach alle Angebote darüber befinden etc.

    Das ganze Thema ist doch viel komplexer, und dies ist nur wieder einer dieser hilflosen Versuche damit umzugehen.
    (Man könnte auch zB auch mal die Unsitte abschaffen, Wohnungen dem offiziellen Markt zu entziehen und / oder für bestimmte Gruppen vorzuhalten. Das entspricht nicht der Fairness und Transparenz, die die landeseigenen sich auf die Fahne schreiben!)

  2. 131.

    Ja, stimme Ihnen zu. In allen Bereichen jammern die Menschen immer sofort und rufen nach dem Staat anstelle selbst die richtigen Weiche zu stellen bzw. die Konsequenzen der eigenen Entscheidungen auch selbst zu tragen. Mehr Eigenverantwortung in Deutschland wäre top. Zugegeben ist es so einfach immer mit dem Finger auf andere zu zeigen statt bei sich selbst anzufangen.

  3. 130.

    Na, entweder Eigentum und Sicherheit oder Miete und Ungewissheit. Das eine grundsätzliche Befristung von Mietverträge gut für den Wohnungstausch wäre sehen Sie doch hoffentlich auch.

  4. 129.

    Keiner hat gesagt, dass einem alles in den Schoß fällt. Natürlich müssen sie sich vorbereiten, aber das tun sie für andere Situationen ja auch, z.B. Klausuren oder Prüfungen. Nicht wahr? Also klappt es dann auch mit dem eigenverantwortliche Aufbau von Eigenkapital über 10-15 Jahre, wenn man Mitte 40 ist. Sonst ist man selbst für die Resultate der falschen Entscheidungen der eigenen Vergangenheit Schuld, nicht der Staat, nicht die Anderen.

  5. 128.

    Bitte schließen Sie nicht von sich auf andere. Neutral betrachtet: Wenn man den Wohnungstausch fördern möchte muss man die Verträge deutlich verändern, z.B. Laufzeitverträge wie bei der Privathaftpflicht. Mieten kontinuierlich entwickeln, damit hier ein Wechsel zu annähernd aktuellen Kosten möglich ist.

  6. 127.

    Was soll ich getan haben? runtergetechnet? Also die Küche kann ich mitnehmen und einen Fußboden habe ich in jeder Wohnung vorgefunden, ebenso weiße Wände. Wo ist ihr pseudo-Problem?

  7. 126.

    Und da wundern sich Menschen, dass es keinen Wohnungsneubau gibt. Also angesichts solcher Mieter durchaus nachvollziehbar, dass das Mietwohnungsangebot über die Jahre immer weiter abnimmt in Berlin.

  8. 125.

    Da stimme ich Ihnen zu. Mieterrechte sollten ein wenig eingeschränkt werden und wieder mehr Vertragsverhandlungen unter Erwachsenen stattfinden ohne das der Vermieter im Streitfall oft den Kürzeren zieht. Es muss möglich sein, sich von Mieternnauch wieder zu trennen, wenn es mal nicht mehr passt.

  9. 124.

    Doch es ist immer noch so, wenn man als Vermieter entsprechend haushalten und Vorsorge trifft. Regelmäßige Investitionen, Instandhaltungsrücklage privat wie als WEG ist doch der Standard. Also von unseren abbezahlten Immobilien können wir im Alter gut mit netten Mietern leben

  10. 123.

    Tauschwohnungen aktuell veröffentlicht 3050, NICHT 90

  11. 122.

    Du liebe Güte, mir kommen gleich Tränen. Dann Augen auf bei der Mieterwahl, bevor Sie hier solche Forderungen ggü. dem Staat aufmachen. Apropos: Wieso haben Sie, aus Ihren Worten folgernd, eigentlich so viel mit Mietnomadentum zu tun, obgleich Mieter wg. der stark gestiegenen Mieten nachweislich seit Jahren kaum noch umziehen (Umzugsquote)? Da habe ich einen Verdacht. Ein Segen, dass ich einen privaten Vermieter habe, ohne Dollarzeichen in den Augen und Herz am rechten Fleck. Und klar, kann sich ja jeder den Kauf einer Wohnung in Berlin leisten statt zur Miete wohnen zu müssen, wie Sie verlauten lassen. OMG. Berlin war immer eine Mieterstadt und das hat, oh Wunder, natürlich Ursachen/Gründe.

  12. 121.

    Das heute viele Interessenten zur Wohnungsbesichtigung kommen, ist normal.

    Ich habe neulich für eine meiner Wohnungen eine Besichtigung mit 100 bereinigten Interessenten durchgeführt.

    Vor einer Besichtigung sichte ich die Unterlagen der Bewerber und lade nur ein, wer in die engere Wahl kommt.

  13. 120.

    Man finanziert immer so, dass bis zum Renteneintritt alles bezahlt ist. Natürlich sollte man einen gewissen Betrag auf die hohe Kante legen, um Reparaturen ect zu bezahlen.

    Das Mieter bei Renteneintritt umziehen müssen, ist keine Seltenheit mehr. Experten gehen davon aus. dass die Mieten in den nächsten Jahren sehr stark steigen werden.

    Günstig bauen geht nicht mehr, Modernisierung ist nicht mehr bezahlbar..

  14. 119.

    "Das eine Immobilie immer noch die beste Altersversorgung darstellt, ist bekannt." Das ist lange her! Selbst wenn ich im Alter eine bezahlte Wohnung habe, bin ich doch für jede Reparatur selbst oder mit der Eigentümergemeinschaft selbst zahlungspflichtig. Habe ich dann nur eine kleine Rente, muss ich mich entweder verschulden oder Daumenlutschen, von der Immobilie werde ich nicht ernährt. Und wer mag sich dann noch mit Verkauf und Umzug in eine Mietwohng auseinandersetzen? Das muss -trotz aller überlieferten Weisheiten - jeder für sich entscheiden.
    Ich bin froh über eine kleine, bezahlbare Mietwohnung und hoffe nie mehr umziehen zu müssen.

  15. 118.

    Widerspruch ... nicht unbedingt.
    Wenn die Immobilie nicht bis zum Renteneintritt abbezahlt ist oder der Rentner kann die Nebenkosten, anfallende Sanierungen, Umlagen ect. nicht finanzieren, bleibt nicht selten nur der Verkauf und die Suche nach einer Mietwohnung.
    Fazit: Es muss auch noch genug "anderes" Geld vorhanden sein.

  16. 117.

    "Ich frage mich immer, wie haben wir das eigentlich früher "überlebt" mit 6 Personen in einer 3 Zimmer-Wohnung zu wohnen bzw. groß zu werden...!?" Wir sind auf dem besten Weg zurück zu diesen Zuständen: ich musste 2014 umziehen und habe eine kleine 2-Zimmer-Wohnug gesucht....bei jeder Besichtigung 50 Personen und immer Familie mit zwei und mehr Kindern....

  17. 116.

    Wer sich keine Wohnung kaufen möchte, wohnt halt zur Miete und muss das bezahlen, was vom Vermieter gefordert wird.

    Es wird Zeit, dass endlich was für uns Privatvermieter getan wird. Weniger Bürokratie, Entlastung bei steuern und Abgaben, besserer Schutz vor Mietnomaden und Erhöhung der Kaution auf mindestens 6 Kaltmieten

  18. 115.

    "Tja, wer sich unnötigerweise in Abhängigkeit begibt, und in Miete wohnen will, um eventuell super flexibel zu sein, der kann 1 und 1 nicht zusammen zählen"

    Doch. Wer sagt denn, dass dies die einizegn Gründen wären von einem Immobilienkauf abzusehen?
    Alles hat Vor und Nachteile. Großstadt hin oder her.

  19. 114.

    Das eine Immobilie immer noch die beste Altersversorgung darstellt, ist bekannt.

    Viele verlassen sich auf die gesetzliche Rente und landen damit ne Bruchlandung. Das das Rentenniveau sinken muss, steht fest.

    Es können sich viel mehr Menschen Wohneigentum leisten, als gedacht.

  20. 113.

    "Gott sei Dank bewillige ich meinen Mietern weder Untervermietung, noch Haltung von Hunden oder Katzen und schon gar kein Wohnungstausch."Warum auch??? Es stehen ja genug Nachmieter Schlange, falls einer nicht spurt....
    Darum werden solche -ansich gute - Ideen auch nicht funktionieren

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