Netzabdeckung - Brandenburg will Mobilfunk-Netz für Firmen und Haushalte aufrüsten

Mi 12.07.23 | 18:58 Uhr | Von Markus Woller
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Sendemast einer Luftaufnahme in der Gemeinde Leegebruch Oberhavel,Brandenburg (Quelle: dpa/Lakomski)
Video: rbb|24 Brandenburg aktuell | 12.07.2023 | Nachrichten | Bild: dpa/Lakomski

So schnell wie das menschliche Nervensystem: In Brandenburg sollen schon Ende 2023 zwei von drei Haushalten die neueste Mobilfunktechnik 5G+ nutzen können. Unternehmen bietet das neue Chancen. Von Markus Woller

  • Mobilfunkanbieter will superschnelles 5G-Netz ausbauen
  • Brandenburg schafft Testorte für Unternehmen und Forschungseinrichtungen
  • IHK kritisiert späte Vorstellung der Strategie

Frontal-Zusammenstoß, ein Auto fährt auf einer Brandenburger Allee gegen einen Baum. Um die Insassen zu retten, muss es nun schnell gehen. Die Firma Peitel aus Teltow hat eine App entwickelt, um Ersthelfern und Rettungsteams zur Seite zu stehen. Mit ihrer Hilfe könnten Notärzte, die in Brandenburg oft sehr weit vom Unfallort entfernt stationiert sind, per Handy zugeschaltet werden und kompetente ärztliche Anweisungen geben.

Mitübermittelt würden live und in Echtzeit auch die Vitaldaten des Patienten, wie Herzschlag und Blutdruck. Das alles lange bevor der Arzt tatsächlich vor Ort wäre - und hoffentlich rechtzeitig, um das Schlimmste zu verhindern. Alles, was die Firma jetzt noch für die App braucht, ist sichereres, schnelles Internet im Land – am besten mit dem neuesten Standard 5G+.

5G+ reagiert so schnell wie die Nerven im menschlichen Körper

Eine größere Verfügbarkeit des Netzes, weniger Stromverbrauch, eine extrem schnelle Verbindung: Das alles verspricht eine neue Kooperationsvereinbarung, die Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) am Mittwoch mit dem Netzbetreiber Vodafone getroffen hat. Zwei von drei Haushalten im Land sollen so bis zum Jahresende in Brandenburg mit dem superschnellem Netzstandard 5G+ erreicht werden können. Bis Ende 2025 sogar 90 Prozent aller Haushalte, was allerdings immer noch große Lücken im Flächenland Brandenburg bedeuten wird.

Vodafone selbst bewirbt den leistungsfähigen Standard als "Echtzeit-Netz". Die Reaktionszeit verkürzt sich nach Einschätzungen von Experten von bisher 35 Millisekunden im bisherigen 5G-Netz auf nur noch 10 bis 15 Millisekunden. Das entspreche in etwa der Reaktionszeit im Nervensystem des menschlichen Körpers. Vor allem für die Steuerung von Fahrzeugen oder Drohnen gilt die verzögerungsfreie Kommunikations-Technologie als wegweisend. Unter anderem auch, weil mit ihr mehr Nutzer pro Funkzelle möglich sind. In jedem Quadratkilometer sollen sich bis zu eine Million Geräte vernetzen lassen – ohne Qualitätseinbußen.

Handy könnte länger laufen

Ob der moderne Netzstandard aber auch für Handynutzer Vorteile bringt, muss sich noch zeigen. Zwar profitieren Handynutzer zukünftig wohl von einem geringeren Energieverbrauch. Andererseits bringt das Netz laut Experten bisher nicht die hohen Bandbreiten, die mit dem bis dato üblichen Koppeln von 5G- und 4G-Netz erreicht werden können. Heißt: Es kann nicht so viel, dafür aber deutlich schneller kommuniziert werden.

Das Netz könnte also bald besser sein. Woran es aber im Land weiter mangelt sind Firmen, die das als Chance sehen. Das Brandenburger Wirtschaftsministerium hat in einer Analyse festgestellt, dass besonders kleine und mittlere Unternehmen im Land die 5G- und 5G+-Potenziale kaum nutzen. Oft, weil schlicht nicht bekannt ist, welche Vorteile die neue Technologie bietet oder weil die Unternehmen aus Kostengründen keine Möglichkeiten sehen, in dem Bereich zu forschen.

5G-Strategie soll Firmen zukunftsfest machen

Um den digitalen Anschluss nicht zu verlieren, hat das Ministerium nun eine 5G-Strategie aufgelegt und vor allem vier Orte, sogenannte Testbeds geschaffen, an denen sowohl die 5G+-Infrastruktur als auch Experten zur Beratung für Testanwendungen zur Verfügung stehen. "Wir haben ein Konsortium geformt, wo das an vier Orten praktisch durchführt wird. Firmen können diese Orte besuchen, wo sie selbst eigene Fragestellungen mal ausprobieren können", erläutert Wirtschaftsminister Steinbach.

Zu den Orten gehört der Smarte Campus in der TH Brandenburg, der Flugplatz Schönhagen (Teltow-Fläming), betreut durch die TH Wildau, die BTU-Modellfabrik in Cottbus und der Flugplatz Welzow (Spree-Neiße). Mögliche Anwendungsgebiete sieht das Ministerium unter anderem bei der Entwicklung von autonomen Fahrzeugen, Transport- oder Löschdrohnen, virtueller Realität oder im vernetzten Gesundheitswesen. Die Anwendungsmöglichkeiten seien aber völlig offen.

Testorte für Unternehmen mit kleinem Budget

Die Landesregierung sieht die Schaffung der Testorte als Unterstützung für Brandenburger Unternehmen. "Das ist die Chance für Unternehmen, sich in einem immer härter umkämpften Markt zukunftssicher aufzustellen", so Wirtschaftsminister Steinbach. Technischer Dienstleister wird auch hier das Mobilfunkunternehmen Vodafone sein.

Das Projekt wird mit 6,5 Millionen Euro vom Bundesministerium für Verkehr und Digitales unterstützt und läuft bis Ende 2024.

IHKs kritisieren späten Start

Als "längt überfällig" stufen die Industrie- und Handelskammern in Brandenburg die Vorstellung der 5G-Strategie des Landes ein. Inhaltlich sei sie zudem nicht konkret genug, so IHK-Präsidentin Ina Hänsel. "Die meisten Maßnahmen sind weder zeitlich terminiert noch in der Durchführung und Finanzierung definiert."

Zudem bemängeln die Kammern, dass das 5G-Netz schon seit mehreren Jahren viel besser hätte ausgebaut sein müssen. Um eine möglichst vollständige Abdeckung des Landes zu erreichen, bedürfe es mehr finanzieller Anreize und einer Optimierung der Bauordnung durch das Land. Um Fortschritte festzustellen, böte sich die Fortführung des 2020 durchgeführten Mobilfunk-Monitorings mit realen Messdaten an, heißt es von den Handelskammern.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 12.07.23, 19:30 Uhr

Beitrag von Markus Woller

13 Kommentare

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  1. 13.

    „In Sachen Digitalisierung lacht inzwischen die halbe Welt über uns, weil wir es nicht gebacken bekommen.“
    Ich find ja solche Bemerkungen immer interessant.
    Ich denke mindestens der halben Welt ist es ziemlich egal ob wir in Deutschland irgendetwas gebacken bekommen oder nicht.
    So wichtig ist unser Land nun wirklich nicht.
    Der Rest spielt wiederum mit dem Gedanken, wie komme ich in dieses Land das laut den eigenen Bürgern gar nix gebacken bekommt.

  2. 12.

    Wie wäre es, wenn man erstmal die bestehenden Funklöcher in Brandenburg schließen könnte, damit man dort überhaupt mal mobil telefonieren kann? Von 5G wollen wir erst gar nicht reden. Handynetz löchrig wie ein schweizer Käse, je weiter man sich von Berlin entfernt. Von voller Netzabdeckung kann nicht die Rede sein. Mancherorts bleibt das Handy einfach tot, weil kein Netz da ist. Aber der Staat und die Wirtschaft erwarten, dass man jederzeit mobil sein soll. Das ist ohne ausreichende Mobilfunk-Abdeckung ein Witz! In Sachen Digitalisierung lacht inzwischen die halbe Welt über uns, weil wir es nicht gebacken bekommen.

  3. 11.

    Rund 80 % der Deutschen über 40 nutzen das Smartphone zum Surfen. Bei den jüngeren sind es noch mehr. Was nutzt denen das Glasfaserkabel? Eines schließt das andere allerdings nicht aus. Beides wird gebraucht.

  4. 10.

    Wer Funk kennt, liebt Kabel. Darum ist Glasfaser für die stationäre Versorgung ohne Alternative. Da dies teuerer ist, wollen uns Politik und Firmen mit dem billigeren und unzuverlässigeren 5G abspeisen. Genau da liegt der Fehler, denn Funk ist für Störungen immer anfälliger, darum erfolgt viel zu oft der Rückfall auf 4G. Mein täglich Brot…

  5. 9.

    sommerloch??
    zeitungsente??
    88 haben sie uns das erstemal was versprochen.
    und jedes jahr kommt mindestens 1 versprechen dazu.
    die realität in der fläche sieht ganz anders aus.
    man muss ja auch nicht immer erreichbar sein.

  6. 8.

    Ich hab auch mitten in Berlin oft so schlechten Empfang, dass es selbst für's telefonieren eng wird. In anderen Ländern hat man selbst irgendwo beim Wandern in den Bergen 5G. Deutschland hat den Netzausbau komplett versaut, aber was will man auch wenn man die Zuständigkeit zum CSU geführten Verkehrsministerium gibt.

  7. 7.

    Da bin ich aber gespannt. Ich bin häufiger in Deutsch Wusterhausen, einem Ortsteil von Königs Wusterhausen, also kurz hinter der Berliner Stadtgrenze, und habe da jedes Mal Probleme mit dem Datenempfang. Ein Bekannter war vor kurzen auf auf einem der höchsten Berge Nepals unterwegs und postete von da aus lustig Bilder. Davon kann man in Brandenburg nur träumen.

  8. 5.

    Es wäre schon toll, wenn man auf Landstraßen, aber selbst auf Bundesstraßen oder Autobahnen LTE oder 4 G halbwegs empfangen könnte. Auch entlang der Bahnstrecken ist meist kein Empfangsbalken zu sehen.
    Und wir sind in Deutschland. Da sind andere Länder, auch in Osteuropa, besser aufgestellt.

    Aber nun wird es ja voran gehen...

  9. 3.

    5 G+, ha ha.! Oft genug springt die Verbindung bei uns von 4G + auf E. Wochenlang haben wir keine vernünftige Verbindung. Bei Nachfrage im Kreis warum bei uns kein Glasfaserkabel gelegt wurde, wurde gesagt dass wir schon eine gute Verbindung haben in in unserem Straßenzug

  10. 2.

    An vielen Stellen geht es gar nicht um die Verfügbarkeit des modernsten Netzes in Brandenburg, sondern um überhaupt einen Mobilfunkempfang. Und "bis 2025 großflächig abrufbar sein" heißt ja wohl wieder mit Löchern dort, wo nicht viele Nutzer zu erwarten sind.

  11. 1.

    Leider hat man diese Versprechungen schon sehr oft gehört und es nur sehr wenig passiert. Deutschland ist mit der Netzabdeckung einer der schlechtesten Länder in Europa!

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