E-Mobilität in Brandenburg - Kann Bio-Ethanol ländlichen Regionen zu mehr E-Ladestationen verhelfen?

Mi 13.12.23 | 08:13 Uhr | Von Torsten Sydow
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E-Ladestation Stromtankstelle Stromtanke Elektro-Autos (Bild: imago images/Michael Gstettenbauer)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 12.12.2023 | Bild: imago images/Michael Gstettenbauer

Seit 2019 ist die Zahl öffentlicher E-Ladestationen in Brandenburg um das Sechsfache gewachsen. Ein Unternehmen aus Wildau will nun dort Mobilität bereitstellen, wo das Stromnetz an seine Grenzen kommt. Von Torsten Sydow

Die Kurve zeigt kontinuierlich nach oben. In den vergangenen vier Jahren haben viele Brandenburgerinnen und Brandenburger tief in ihre Taschen gegriffen: Bis Juli dieses Jahres hat sich die Zahl der E-Autos fast verzehnfacht - sie stieg von 2.156 auf 23.020.

Nach Aussagen des Wirtschafts- und Energieministeriums in Potsdam laden rund 80 Prozent die Batterien ihrer Elektroautos zu Hause oder im Unternehmen auf. Für die Fahrten durchs Land stehen öffentliche Ladestationen bereit – an Tankstellen aber auch an Supermärkten. In den vergangenen vier Jahren stieg deren Zahl von 338 auf 2.095 - also etwa um das Sechsfache.

Statistisch gesehen müssen sich in Brandenburg elf E-Autos eine öffentliche Ladestation teilen, im Bundesschnitt sind es zwölf E-Autos, wie aus den Zahlen der Energieagentur Brandenburg hervorgeht. Die Ladeleistung liege mit 4,2 KW deutlich höher als im Bundesmaßstab.

Mobile Schnellladestation verbrennt Bioethanol

Doch die netzgebundenen E-Ladestationen sind in Brandenburg sehr ungleich verteilt: In Potsdam finden sich viele, in der Uckermark kaum Stationen. Dort fehlt oft die Strommenge, die benötigt wird, um die Batterie eines Lastwagens oder eines Teslas schnell laden zu können. Es bräuchte so viel Strom, wie für die Versorgung von 50 Haushalten erforderlich ist.

Für ländliche Regionen könnte das Wildauer Unternehmen "me energy" eine Lösung anbieten. Denn nach dessen Darstellung sind im Moment noch etwa zehn bis 20 Prozent der Orte in Brandenburg noch nicht für Schnelllade-Systeme ausgelegt.

Das will das Unternehmen ändern. Die Idee: Elektroenergie erzeugen durch die Verbrennung von Bio-Ethanol. Der sogenannte "Rapid Charger 150" des Unternehmens hat fast Ausmaße eines Lkw-Anhängers und produziert auf diese Weise Strom für E-Autos. "So kann in jedem Ort mit Schnelllade-Stationen Strom bereitgestellt werden", schildert "me energy"-Geschäftsführer Alexander Sohl. Er spricht von einem wichtigen Puzzlestein für die Bereitstellung von Elektroenergie.

Seiner Meinung nach könnte mit Bio-Ethanol aus Pflanzenfasern bis zum Jahr 2030 etwa zehn Prozent des Ladestroms erzeugt werden. Es sei ungefähr die gleiche Menge an Bio-Ethanol, die nicht mehr als Beimischung für die sinkende Menge herkömmlichen Kraftstoffs benötigt werde.

Nischentechnologie – mehr nicht

Bestehende Unterschiede in Sachen E-Mobilität im Land Brandenburg bestreitet auch Volker Quaschning nicht. Er ist Experte für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Ähnlich wie beim Ausbau der Mobilfunknetze müsse der Staat dafür sorgen, dass ländliche Regionen nicht benachteiligt bleiben bei der Versorgung mit Ladesäulen, sagt er. Auf den freien Markt werde man sich jedoch nicht allein verlassen können.

Bis die Stromnetze so ausgelegt sind, überall E-Ladestationen zu versorgen, könnten "Rapid Charger" eine Nischentechnologie sein. "Für eine Übergangszeit, bis Stromanbieter eine Ladesäule anschließen, wäre das interessant. Aber keine gute Alternative für 20 Jahre", urteilt Wissenschaftler Quaschning. Mit Bio-Ethanol seien überdies Kohlendioxid-Emissionen verbunden – weil Dieseltraktoren bei der Pflanzenernte und Lkw beim Bioethanol-Transport zum Einsatz kommen würden.

Wenig Hoffnung auf öffentliche Förderung

Seit 2021 produziert das Unternehmen in Wildau die Schnellade-Stationen mit dem hellgrauen Gehäuse. Firmenchef Sohl wünscht sich, dass sein Projekt bei der Förderung so berücksichtigt würde wie die netzgebundenen Ladestationen - und dass nicht mit "willkürlichen Argumenten" reagiert werde, wie er sagt.

Wie Sebastian Saule von der Energieagentur Brandenburg im Interview mit rbb|24 Brandenburg aktuell erklärt, gibt es keine direkte Förderung vom Land für diese Ladestruktur. "me energy" sei aber in der Anfangsphase vom Land unterstützt worden. Hochschulprofessor Quaschning betont: Gefördert werden sollte das, was man langfristig haben wolle.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 12.12.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Torsten Sydow

23 Kommentare

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  1. 23.

    Nächster Versuch: Ursprünglich ging es in diesem Diskussionsstrang um das Verhältnis BEV zu Ladepunkten in Brandenburg. Erst Sie haben das Themengebiet erweitert.
    "Carmakers Can Kiss Pre-Pandemic Combustion Car Sales Goodbye" schlagzeilte Bloomberg am 09.03.2023 und lieferte dazu weltweite PKW-Absatzzahlen
    2015: 79,4 Mio. ICE + HEV, 0,2 Mio. PHEV + 0,2 Mio. BEV = 79,9 Mio.
    2016: 84,0 + 0,3 + 0,4 = 84,7
    2017: 85,9 + 0,4 + 0,7 = 87,0
    2018: 84,7 + 0,6 + 1,3 = 86,7
    2019: 81,5 + 0,5 + 0,6 = 83,6
    2020: 69,7 + 1,1 + 2,2 = 72,9
    2021: 68,6 + 2,0 + 4,6 = 75,2
    2022: 69,1 + 2,9 + 7,5 = 79,6

  2. 22.

    "Brandenburg ist ja auch so wichtig für den globalen Markt." Sie weichen aus und wechseln das Thema. Es ging nicht um den globalen Markt, sondern genau um Brandenburg und erweitert um Deutschland. Dazu hatten Sie Zahlen in den Ring geworfen, nicht zum globalen Markt. Zu https://www.statistikportal.de/de/ugrdl/ergebnisse/verkehr-und-umwelt/kfz - allein die Steigerung im Gesamtbestand entspricht etwa den Neuzugelassenen BEV in BRB. So wird das nichts mit den avisierten Zielen im geplanten Zeitrahmen.
    "Es hat schon seine Gründe, warum EV das einzige seit Jahren wachsende PKW-Segment sind, während weltweit der Absatz an Verbrenner schrumpft." Ein neues Segment wächst immer schneller als das etablierte, eine hohe relative Steigerung ist halt einfacher bei geringen Zahlen. Für die weltweite Schrumpfung hätte ich gern eine Quellenangabe, die das wirklich weltweit zeigt (nicht nur OECD o.ä.).

  3. 21.

    "Die Zahlen wachsen aber exponentiell." Wo sehen Sie das? Dazu die Zeitreihe hier:
    https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/marktentwicklung-von-e-autos/
    Ende 2022 war eine Eintagsfliege, 2023 stagniert es. Wenn die Förderung zurückgefahren wird, wird es noch flacher werden, so meine Beführchtung. Und wie lange wird es schon gefördert mit welchen Endeffekt? Ich sehe momentan nicht, daß die avisierten Ziele so erreicht werden können.

  4. 20.

    Brandenburg ist ja auch so wichtig für den globalen Markt. Die Zeiten, wo ein Hersteller Auto vornehmlich für den Heimarktmarkt baut, sind lange vorbei. Bekanntlich bereitet Mercedes die Einstellung von Verbrennungsmotoren in Berlin vor, BMW hat das Werk in München schon geschlossen. Auch wenn es manche nicht wahr haben wollen, befindet sich die Autoindustrie im Wandel. Ab der Mittelklasse sind BEV schon bei den TCO konkurrenzfähig. Batterie-Kleinwagen zum Preis eines Verbrenners sind zumindest angekündigt. Es hat schon seine Gründe, warum EV das einzige seit Jahren wachsende PKW-Segment sind, während weltweit der Absatz an Verbrenner schrumpft.

  5. 19.

    Spannender als die absoluten Zahlen sind die Wachstumsraten bei den Zulassungen. Vor wenigen Jahren waren bev auch bei den Neuzulassungen verschwindend. Die Zahlen wachsen aber exponentiell. In einigen Jahren schon kann man damit rechnen dass Verbrenner bei den Neuzulassungen kaum noch eine Rolle spielen. Viele Hersteller haben ein Ende der Entwicklung ja schon öffentlich angekündigt.

  6. 18.

    Weil das viel zu einfach wäre und man nicht das grüne Fähnlein schwenken könnte.

  7. 17.

    https://www.statistikportal.de/de/ugrdl/ergebnisse/verkehr-und-umwelt/kfz
    BRB hat eine Bestand von ca. 2 Mio Fahrzeugen. Da sind Zulassungen von 20ooo BEV doch eher noch eine Randerscheinung im Moment.

  8. 16.

    https://de.statista.com/themen/608/elektromobilitaet/#topicOverview
    Der Anteil am Bestand hat aber gerade erst 2% erreicht. Die Seigerungen bei den Zulassunge täuschen über die sehr geringe absolute Zahl relativ zum Gesamtbestand etwas vor.

  9. 15.

    https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Neuzulassungen/neuzulassungen_node.html
    2,65 Mio. Neuzulassungen. Also rund 18% BEV. Nur ca. 1/3 waren Privat-Pkw.
    https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Bestand/bestand_node.html
    Gesamtbestand ca. 50 Mio. bei durchschnittlicher Nutzungszeit von 10 Jahren. BEV ist also immer noch eher ein Randphänomen und könnte eher Firmenflotten betreffen. Aber wo findet man dort die Zahlen nach Bundesländern?

  10. 14.

    Link zum KBA: kba.de ;-) 469.565 BEV wurden in D. bis 11/2023 neu zugelassen, 470.559 sind es im gesamten Jahr 2022 gewesen, wobei im März angeblich einige Autos noch nicht ausgeliefert gewesen sein sollen.

  11. 13.

    Link zum KBA: kba.de ;-) 469.565 BEV wurden in D. bis 11/2023 neu zugelassen, 470.559 sind es im gesamten Jahr 2022 gewesen, wobei im März angeblich einige Autos noch nicht ausgeliefert worden sind.

  12. 12.

    "In Brandenburg sind zum vergangenen Jahreswechsel laut KBA knapp 20.000 reine BEV zugelassen gewesen."
    1) Welchen Anteil am Bestand entspricht das? Wie ist das Verhältnis zu den zugeallsenen Verbrennern gewesen?
    2) Gab es nicht zum Jahresende noch eine Run und danach einen Einbruch im aktuellen Jahr?
    3) Wie ist die Verteilung Privatwagen:Firmenwagen?
    Evtl. auch mit einem Link auf die Details antworten.

  13. 11.

    Warum dann nicht gleich Ethanol tanken und den Umwandlungsverlust sparen - siehe Brasilien?

  14. 10.

    Sie verbreiten Satire. In Brandenburg sind zum vergangenen Jahreswechsel laut KBA knapp 20.000 reine BEV zugelassen gewesen. Die Zahl der öffentlichen Ladepunkte lag bei etwas über 2.000. 11 BEV pro Ladepunkt passt also schon.

  15. 9.

    Wer will das bezahlen? Ethanol kostet an der Börse so etwa zehn Cent pro Kilowattstunde Heizwert . Wenn die Ladestation den verbrennt kann man wohl bestenfalls mit 40% Effizienz rechnen, also 25c/kWh reiner Preis für den Treibstoff. Dann kommt noch die Abschreibung für die ganze Technik drauf, diverse Steuern, und was verdienen will der Hersteller auch noch. Zudem muss man damit rechnen, dass die Subventionierung für Ethanol stark rückläufig sein wird. Photovoltaik auf dem Feld bringt zwanzig mal mehr Energie als Ethanol aus Pflanzen. In Brandeburg ist wohl der Anteil der Garagenlader auch deutlich höher als zum Beispiel in Berlin.

  16. 8.

    Warum wird immer nur über die Neuanschaffung von Wagen geredet? Wer Fahreinsteiger ist, kauft sich erstmal einen gebrauchten Polo o.ä., da reichen 3500€ aus und man kommt locker 700km weit mit einer Tankfüllung.

  17. 7.

    Leider wird im Bericht nicht zwischen reinen EAutos und Hybride unterschieden. Richtig wird also eher sein: Auf 1 reines eAuto kommt eine Ladestation.

  18. 6.

    Sie haben die falschen Freunde ;-) Bzgl. der Energiekosten schneiden BEV i.d.R. günstiger ab. Knackpunkt sind gerade bei Kleinwagen deren höheren Anschaffungspreise im Vergleich zu Verbrennern, die die TCO nach oben treiben. Der ADAC hatte dazu erst im November wieder einen Kostenvergleich veröffentlicht.

  19. 5.

    In ländlichen Regionen gibt es so gut wie keine E Autos, das dürfte sich in den nächsten 20 Jahren kaum ändern. Benzin auf 100km ist billiger als Strom für 100km, die Menschen wollen und lassen sich nichts mehr vorschreiben. Ich kenne nicht einen Kollegen, Bekannten oder sonst jemand der ein E Auto kauft. Alle bestellen die letzten Verbrenner und das ist auch gut so! Die Autoindustrie wird sich umgucken wenn keine Verbrenner mehr angeboten werden, einige schreiben jetzt schon rote Zahlen was den Verkauf von E Autos betrifft.

  20. 4.

    "Der sogenannte "Rapid Charger 150" des Unternehmens hat fast Ausmaße eines Lkw-Anhängers", auf den maximal ein Mitteklasse-PKW passt. Der Brandenburgische Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen hat zusammen mit seiner Presssemitteilung auch Bilder der Ladestation veröffentlich: https://blb.brandenburg.de/blb/de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/~18-04-2023-pm-pilotprojekt-zum-aufbau-der-ladesaeuleninfrastruktur
    Dann muss man nicht einen 22kW-Lader aus Düsseldorf zeigen. ;-)

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