Interview | Ulf Leo Sommer und Peter Plate - "Der Berliner ist ein bisschen arrogant was die Kultur betrifft"

So 25.06.23 | 17:03 Uhr
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Archivbild: Ulf Leo Sommer und Peter Plate bei einer Pressekonferenz in Berlin am 29.09.2022 (Quelle: dpa/Anita Bugge)
Bild: dpa/Anita Bugge

Ulf Leo Sommer und Peter Plate zählen zu den erfolgreichsten deutschen Songwritern und Musikproduzenten. Nun leben sie ihre Kreativität im Musical aus. Im Interview sprechen sie über die spröde Hauptstadt, den verwöhnten Berliner und das Alter.

rbb|24: Am Montag ist Ihr Musical "Romeo & Julia" seit 100 Tagen in Berlin zu sehen, wie läuft es?

Ulf Leo Sommer: Es ist gut verkauft, eindeutig ein Erfolg, aber am Wochenende läuft es schlechter als unter der Woche. Das liegt daran, dass die Berliner und Brandenburger unter der Woche gehen und am Wochenende die Touristen. Und die fehlen, in der Touri-Branche herrscht immer noch Kater nach dem großen C.

Zur Person

Ulf Leo Sommer (li.) und Peter Plate, Foto: imago images
imago images

Die Berliner Musikproduzenten Ulf Leo Sommer und Peter Plate haben gemeinsam mit Sängerin AnNa R. als Rosenstolz eine neue deutsche Popmusik geprägt. Für zahlreiche deutsche Künstlerinnen und Künstler schrieb das Erfolgsduo Songs.

2021 schlugen Sommer und Plate ein neues Kapitel auf und feierten am Theater des Westens mit "Ku'damm 56" ihre Musical-Premiere - mit über 300.000 Besuchern. Seit März wird das Stück "Romeo & Julia" aufgeführt.

Peter Plate: Das KaDeWe ist ja auch noch grottenleer. Alle hoffen, dass die Touristen zurückkommen, aber selbst dann ist es schwer, jeden Abend 1.600 Plätze zu füllen. Das hat noch keiner geschafft in der Geschichte des Theater des Westens, noch nicht mal Helmut Baumann in den seligen 80ern mit 'La Cage aux Folles'. Damals gab es übrigens obendrauf noch Subventionen vom Senat, drei Mark pro Ticket, wir kriegen nichts, wie müssen kommerziell laufen.

Kann Berlin überhaupt Musicals, so wie Hamburg?

Plate: Unsere spröde Hauptstadt ist speziell. Hier ist kein Pflaster für Mainstream-Musicals, die von großen Anbietern nach Marketinganalysen geschrieben werden und wo es nur um die Frage geht: Zieht der Stoff mindestens eine Million Zuschauer? Busladungen voller Menschen, die Musicalhopping zu den Mainstream-Disney-Schiffen machen, das wird es hier nie geben, das passt nicht zu Berlin.

Sommer: Berlin ist Indie gegen Hamburg und der Berliner ist ein bisschen arrogant was die Kultur betrifft. Er will die Uraufführung, was Originales, nichts Aufgewärmtes, er steht auf Edel-Camp mit Anspruch.

"Romeo & Julia" ist so gut inszeniert, komponiert, gesungen und ausgestattet, so stimmig, dass es doch auch international ein Erfolg werden könnte?

Plate: Dann müsste man einen sehr langen Atem haben, bis sich die Qualität zu den Reiseveranstaltern rumgesprochen hat, die die Busse chartern. Aber wir wollen Abwechslung, wir wollen es kreativ und spannend halten. Mich würde es langweilen, zehn Jahre dasselbe Musical zu betreuen.

Deshalb ist mit "Romeo & Julia" am 5. Januar 2024 auch schon wieder Schluss. Weil dann unser nächstes Musical kommt, das wir gerade schreiben: "Ku'damm 59" – Die Geschichte von vier furchtlosen Berliner Frauen Ende der 50er Jahre.
[Anm. d. Redaktion: Die Premiere findet im Mai 2024 am Theater des Westens statt]

Woher kommt diese plötzliche Leidenschaft für Musicals, ist das ein Altersding?

Sommer: Ja, keine nackten Oberkörper mehr, aber Musicals können sie! Kannste als Titel nehmen. Oder schlaffe Haut - aber gute Musicals.

Plate: Talk for yourself.

Sommer: Es ist einfach befriedigend, Musicals zu kreieren. Denn es ist fast so ein Gefühl wie bei Rosenstolz: Wir sind total unabhängig, keiner redet uns rein, keiner kommt vorbei und will die nächste Hitsingle hören. Man lässt uns machen. Und wir können es jetzt, weil wir das Alter und die Erfahrung haben.

Da fällt mir aber ein, schon 1990, als ich 19 war und mich in Peter mit den blauen Augen, den schönsten Mann der Welt verliebte, haben wir uns bei unserem ersten Treffen die ganze Nacht über Abba unterhalten - und zwar vor allem über ihr Musical "Chess".

Plate: Das ein Flop war.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview mit Peter Plate und Ulf Leo Sommer führte Anja Caspary, rbb-Kulturredaktion.

Sendung: Radioeins, 26.06.2023, 19:30 Uhr

14 Kommentare

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  1. 14.

    Die Klassiker wie "Cats", "Phantom of the Opera", "Evita" etc sind gut. Heute wird aber aus jedem Filmchen ein Musical entwickelt. Ganz übel: Das Wunder von Bern. Aus einem Fußballmärchen ein Tralala zu machen, auf diesen Müll muss man erstmal kommen.

  2. 13.

    Ist klar, der Berliner will nur Originales...deswegen lief "Tanz der Vampire" hier auch so gut, obwohl die Uraufführung in Wien war. Vielleicht sind es manche aber auch leid, aus jedem Stoff ein Musical hinzurotzen. Die Kudamm-Nummer ist einfach nur ausgelutscht.

  3. 11.

    Stimmt nicht. Ich habe dieses großartige Musical gesehen. Gerade die Kinder und Jugendlichen waren total begeistert. Zurecht!

  4. 10.

    Mir graut es vor Musicals! Sorry:(

  5. 9.

    Nich die Berliner (oder sind es gar die Zugereisten sind) arrogant, sie können/müssen tgl. entscheiden wer etwas von ihrer Gunst abbekommt. Kunst ist mit viel Ruhm verbunden , wenns passt.
    Subventionen bedeuten immer, daß der Empfänger sich nicht anstrengen muss, um wirtschaftl. zu überleben.
    Eine Rückführung dieser würde auch mehr Quallität bedeuten. Die Arroganz und Überheblichkeit dieser subventionieren Kunschteliten ist ekelhaft.


  6. 7.

    Aua, tuts n bißchen weh? Was sollen diese dummen und arroganten Plattitüden eigentlich? Und die Herren Sommer und Plate, Zitat Sommer:"Berlin ist Indie gegen Hamburg und der Berliner ist ein bisschen arrogant was die Kultur betrifft. Er will die Uraufführung, was Originales, nichts Aufgewärmtes, er steht auf Edel-Camp mit Anspruch.", sind als nicht in Berlin Geborene genauso arrogant und ahnungslos. Denn die, die sie und Sie meinen, sind, wie die beiden, Zugezogene mit falschem Weltbild." Der Berliner" ist in Sachen Kultur aufgeschlossen, braucht keine Provinzialität, möchte Vielfältigkeit und leben. Ihr Provinzler seid die, die hier mit überzogenen Ansprüchen alles kaputtmachen und - reden.

  7. 6.

    Fette Unterstützung gabs/gibts doch durch die Senatsverwaltung für Bildung mit massenhaft kostenlosen Tickets für die Berliner Schülerinnen und Schüler. Die werden schließlich finanziert aus öffentlichen Steuern. Also warum heulen die hier rum?

  8. 5.

    Chess war ein Flop damals im Gegensatz zum Phantom der Oper zur Zeit in London.

  9. 4.

    Na klar, gegen Rundfunkgebühren wettern, aber die Wahnsinnspreise für Musicalproduktionen auf Fernsehgartenniveau ausgeben wollen. Gern auch ein parr hundert Euro für ein Pandamusical mit den lieben Kleinen. Muss ich nicht verstehen. Wer schon Weltliteratur nicht kennt, sollte sein Allgemeinwissen wenigstens mit einer Light-Variante aufpeppen. Aber manche kommen zeitlebens nicht über das Bierbike-Niveau hinaus ....

  10. 3.

    Der Berliner ist nicht nur arrogant, was die Kultur betrifft. Der Berliner wohnt in einem Moloch und denkt,er ist der Nabel der Welt.

  11. 2.

    Der Titel "Romeo und Julia" ist schon nicht der Börner. Das schreckt viele Männer ab und für Kinder ist das auch nix.
    Toy-story, Fantomas, Spiderman, was mit singenden Pandabären, sowas, wo auch Kinder reinwollen.
    Oder was nach einer Geschichte von Sophie Reinheimer.
    Mehr Fernsehgarten, weniger Scheksbier.

  12. 1.

    Ich habe Chess in den 90er in London gesehen, es lief doch richtig gut und ich fands toll. Für mich kein Flop ;-)

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