Güterzugunfall in Niedersachsen - Sperrung der ICE-Strecke Berlin-Hannover bis Ende November verlängert

Sa 19.11.22 | 18:11 Uhr
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Archivbild:Zwei Güterzüge sind am 17.11.2022 nahe Gifhorn kollidiert.(Quelle:dpa/F.M.Lopez)
Audio: rbb 88,8 | 18.11.2022 | Natascha Gutschmidt | Bild: dpa/F.M.Lopez

Nach einem Unfall zweier Güterzüge in Niedersachsen ist die ICE-Strecke zwischen Berlin und Hannover in beiden Richtungen gesperrt. Züge werden umgeleitet oder fallen aus. Mindestens bis zum 27. November kommt es zu Einschränkungen.

Nach der Kollision zweier Güterzüge im niedersächsischen Landkreis Gifhorn müssen Bahnreisende mindestens bis Ende November mit Zugausfällen und Verspätungen rechnen.

Mindestens bis zum 27. November werde der Bahnverkehr massiv gestört sein, gab die Deutsche Bahn (DB) am Freitag bekannt. "Bevor nicht die leckgeschlagenen Kesselwagen aufgegleist sind und die Unfallstelle geräumt ist, können wir nicht mit den Reparaturen beginnen", sagte eine Bahnsprecherin. Solange bleibe die Strecke zwischen Hannover und Berlin gesperrt. Die Züge würden umgeleitet. Es komme zu Verspätungen und Zugausfällen. Reisende sollen sich vor Fahrtantritt über ihre Verbindungen informieren, wie das Unternehmen mitteilte.

Ursprünglich war die Bahn davon ausgegangen, dass die Sperrung bis Sonntagabend anhalten sollte.

Viele Verbindungen von und nach Berlin gestört

Betroffen sind neben der ICE-Verbindung zwischen Berlin und Hannover die ICE-Züge von der Schweiz über Frankfurt und Kassel nach Berlin. Die IC-Verbindungen zwischen Amsterdam und Berlin führen nur bis Hannover und starteten auch dort in Gegenrichtung. Auch Züge, die von Hamm und Münster aus über Hannover bis nach Berlin fahren, sind nach Angaben der DB betroffen.

Konkret geht es laut Internetseite der Deutschen Bahn [bahn.de] um folgende Verbindungen:

ICE-Züge Hamm bzw. Münster/Westf - Hannover - Berlin werden umgeleitet und verspäten sich um etwa 90 Minuten. Der Halt Wolfsburg entfällt. Ersatzweise halten die Züge in Stendal.

ICE-Züge Schweiz - Karlsruhe - Frankfurt(M) - Kassel - Berlin werden umgeleitet. Die Halte Kassel-Wilhelmshöhe, Göttingen und Wolfsburg entfallen. Ersatzweise halten die Züge in Erfurt und Halle.

IC-Züge Ostseebad Binz - Berlin - Hannover - Dortmund - Köln werden umgeleitet und verspäten sich um mindestens 90 Minuten. Der Halt Wolfsburg entfällt. Ersatzweise halten die Züge in Stendal und Salzwedel.

IC-Züge Leipzig – Magdeburg – Hannover – Bremen – Emden – Norddeich Mole fallen zwischen Leipzig und Hannover aus.

IC-Züge Amsterdam - Osnabrück - Hannover - Berlin enden/beginnen bereits in Hannover Hbf. Die Halte in Wolfsburg, Stendal und Berlin entfallen.

Die Bahn bietet allen Fahrgästen, die ihre für den Zeitraum 18.11.2022 bis 27.11.2022 geplante Reise aufgrund der Zugkollision in Leiferde verschieben möchten, an, ihr bereits gebuchtes Ticket für den Fernverkehr ab sofort bis einschließlich sieben Tage nach Störungsende flexibel nutzen zu können. Sitzplatzreservierungen können demnach kostenfrei storniert werden.

Karte zu dem Unfall auf der Zugstrecke zwischen Berlin und Hannover.(Quelle:rbb24)

Züge kollidierten am Donnerstag - Gas entweicht noch immer

Die Güterzüge waren am frühen Donnerstagmorgen im Landkreis Gifhorn nahe Wolfsburg kollidiert. Einer der Züge hielt an einem Signal, der zweite Güterzug aus 25 mit Propangas gefüllten Kesselwaggons fuhr auf - warum, ist noch unklar. Vier Kesselwagen kippten um, aus zwei Wagen trat Gas aus.

Solange immer noch explosives Propangas entweiche, könne die Unfallstelle nicht geräumt werden, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. "Jeder Funke könnte eine Katastrophe auslösen", so der Sprecher. Jeder Kesselwagen sei mit 50 Tonnen Gas beladen - es sei davon auszugehen, dass pro Stunde rund 250 Kilogramm entwichen.

Am Freitag liefen die Vorbereitungen für die Bergung der havarierten Kesselwaggons weiter. Die intakt gebliebenen Waggons des ersten Zuges wurden inzwischen aus der Gefahrenzone gezogen, wie der Sprecher erklärte. Damit werde Platz für Bergungsgerät geschaffen. Auch einige intakte Kesselwagen des anderen Zuges wurden bereits weggefahren, wie es am Freitagabend hieß. Kräfte des Technischen Hilfswerkes (THW) bauten Lichtmasten auf, um die Unglücksstelle auszuleuchten. Geplant sei, dass Propangas aus den leckgeschlagenen beiden Kesselwaggons abzupumpen - zunächst zumindest zur Hälfte, sagte der Sprecher. Dann sollten die Waggons vorsichtig aufgerichtet werden und der Rest solle abgepumpt werden. Im Einsatz an der Unfallstelle sind auch Spezialisten der Werksfeuerwehr des Chemieparks Marl.

Auch die Lok wurde aus den Gleisen gehoben und stark beschädigt. Der 45 Jahre alte Lokführer des auffahrenden Zuges kam leicht verletzt ins Krankenhaus. Unfallermittler hätten Papiere aus der Lok sichergestellt.

Die Beamten richteten im Umkreis von einem Kilometer um den Unfallort Absperrungen ein. Gefahr für die Bevölkerung wegen des ausströmenden Gases bestehe aber nicht, sagte ein Feuerwehrsprecher. Die Unfallstelle sei "weit weg von der nächsten Bebauung", der Wind verteile das Gas zusätzlich.

Sendung: rbb 88,8, 18.11.2022, 12 Uhr

56 Kommentare

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  1. 56.

    Die fahren mit einer genehmigten Dauer-Lademaß-Überschreitung auf dafür freigegeben Strecken. Die Metropolitan gehören auch dazu, dass es die noch gibt.

  2. 54.

    Das mit der Qualität der Ausbildung hat nicht unbedingt der Länge der Ausbildung zu tun ich bin seit 25 Jahren Lokführer und meine Ausbildung war sogar nur 6 Monate Theorie und Praxis lang plus 2monate Schuppen und ich fahre immernoch ohne irgendwelche Unfälle Personenunfälle mal ausgeklammert. Bei uns waren 12 Kollegen in der Klasse und auch die fahren alle noch also ist nicht jeder Quereinsteiger ein schlechter Lokführer Sachverständnis vorausgesetzt. Der Rest zum Unfall wird sich klären

  3. 53.

    Nö, selbst nach deutschen Standard sind ICE 1 und ICE 2 eigentlich zu breit.

  4. 52.

    Hallo Enrico,
    ersten ist die sogenannte "Weddeler Schleife" nur eingleisig ausgebaut,
    es gibt bei den 30km Streckenlänge in etwa der Mitte bei dem Ort Lehre eine Kreuzungsmöglichkeit,
    leider wurde bei der Ertüchtigung für den ICE Verkehr das zweite Gleis "optimiert." - weggespart .-)
    das zweite Gleis ist dort zwar erneut in Planung - da gibt es momentan Streit um die Finanzierung
    und
    die Weddeler Schleife ist wegen z.Zt. vorbereitenden Arbeiten für den Ausbau der Zweigleisigkeit gesperrt.
    VG
    Wilfried

  5. 51.

    Vielleicht hab ich nicht so viel Insiderwissen und Fachwissen wie sie oder wie sie es zumindest vorgeben.
    Fakt alle Unfälle haben auf der Strecke Wolfsburg Hannover stattgefunden und auch den Bahnverkehr mehrtägig unterbrochen bzw eingeschränkt. Egal wie sie das sehen. Ich bin normaler Bahnkunde und finde diese Schlagzahl von Unfällen dort bedenklich. Ich schaue nur mit der Brille eines Bahnkunden. Durch diese geschaut mache ich mir Gedanken wann mal ein Vollbesetzter ICE betroffen ist.

  6. 50.

    Die ICE1&2 entsprechen voll dem deutschen Lichtraumprofil nach EBO. Das Problem mit diesen Zügen ist das das Profil in Deutschland von den in anderen EU-Staaten abweicht. Bei diesen ICE sind beispielsweise die Wagenkaesten für Frankreich zu breit. Allerdings erfüllen die deutschen Normen auch nicht die internationalen Standards - das hier übliche Profil ist im oberen Bereich kleiner als das im europäischen Verkehr geforderte Profil ‘GC’. Bei Neubauten und Umbauten wird dieses angewendet.

  7. 49.

    Den aktuellen Zustand kenne ich nicht - aber ich bin in den letzten Jahren mit den “schnellen” ICE Richtung Frankfurt/Mannheim (ohne Halt in Hannover) prinzipiell über diese Strecke gefahren. Weiter ging es dann via Hildesheim auf die Schnellfahrstrecke. Also möglich wäre es schon, Bauarbeiten oder die geringe Kapazität sind natürlich hinderlich….

  8. 48.

    Haben Sie sich auch gefragt, wie u.a. die Streckenklasse, die technische Ausstattung und Kapazität der Strecke ist oder ebenfalls nur in einen alten Atlas geschaut? Haben Sie bedacht, dass z.B. ICE 1 und ICE 2 besondere Anforderungen an das Lichtraumprifil stellen?

  9. 47.

    Die Strecke Braunschweig -Wolfsburg ist bis zum 10.12. wegen Bauarbeiten gesperrt und steht deshalb nicht zur Verfügung.

  10. 46.

    In der Weihnachtszeit gibt es viel Spekulatius. Dabei hat sich in Bischowswerda noch nicht herum gesprochen, dass an der Unfallstelle LZB als Zugsicherung zum Einsatz kommt.

  11. 45.

    Guten Morgen Enrico,
    genau das habe ich mich auch gefragt. Es wäre quasi wie der Umfahrungsstrecke um Stendal herum.
    Schöne Grüße und ein schönes Wochenende

  12. 44.

    Schlimm wären hier Mißverständnisse, wenn der Fahrdienstleiter den falschen Abschnitt frei prüft und der Tf die Signalbezeichnung nicht richtig vergleicht. Was ich nicht verstehe: Der Unfall passierte im Landkreis Gifhorn nahe Wolfsburg. Warum können die Züge nicht über die Strecke Braunschweig – Abzw Weddel – Lehre – Fallersleben – Wolfsburg fahren? Diese Strecke führt laut meinem Atlas von ca. 1994 nirgendwo durch den Landkreis Gifhorn, zweigt im Stadtkreis Wolfsburg von der Strecke Hannover – Wolfsburg ab und führt dann durch die Kreise Helmstedt und Braunschweig.

  13. 43.

    Mögliche Unfallursachen sind, daß 1. der Fahrdienstleiter den 2. Güterzug mit Ersatzsignal Zs1 oder schriftlichen Befehl irrtümlich zur Fahrt in den besetzten Blockabschnitt beauftragt hat oder 2. der Lokführer des 2. Zuges die punktförmige Zugbeeinflussung (PZB) ausschaltete oder die Befehlstaste, die eine Vorbeifahrt am haltzeigendem Signal ermöglicht, unerlaubt bediente und so in den besetzten Blockabschnitt einfuhr. Das Vorsignal in Warnstellung vor dem 1. Güterzug hilft wenig bei 1000 m Vorsignalabstand und bis zu 750 m möglicher Zuglänge des vor dem nächsten Hauptsignal haltenden Güterzuges. Da bleiben schlimmstenfalls nur 250 m zum Bremsen. Zs1 oder schriftlicher Befehl ist nötig, um bei gestörter Sicherungstechnik fahren zu können. Die Sicherheitsverantwortung hat dann der Mensch, der dann besonders aufpassen muß. Der Tf muß dann die Befehlstaste bedienen, um keine Zwangsbremsung am haltzeigendem Hauptsignal zu bekommen. Die PZB darf man nur ausschalten, wenn sie gestört ist.

  14. 42.

    Da ist der "Fachmann" erkennbar! Fernsteuerung beim Rangieren ist mit autonomen
    Zug-Betrieb keineswegs gleichzusetzen. Im Rangierbetrieb war bei Fernsteuerung der Lokführer/Rangierführer nur nicht mehr an den Führerstand der Rangierlok gebunden, sondern befand sich zum Beispiel an der Spitze der geschobenen Wagengruppe.

  15. 41.

    Dann werden wir die nächsten Tage nichts hören das ein Zugfahrer den Bahnhof in Wolfsburg übersehen hat und ihn einfach links liegen ließ. (ACHTUNG! IRONIE!!!)

  16. 40.

    Sehr geehrte Frau Karin,
    nach neuesten Infos ist auch die Oberleitung auf dem dementsprechenden Abschnitt zerstört, sodaß sie an der dortigen Stelle erneuert werden muß.
    Mit freundl. Grüßen

  17. 38.

    ich habe geahnt, die da anderen Unfälle nicht mehr mit diesem gemeinsam haben als dass es Zugunglücke in der gleichen Region sind, ansonsten aber so gut wie nix gemeinsam haben. Deshalb tun Sie das ja auch bewusst mit "googeln sie mal." abgetan.

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