BKA-Zahlen - So viele Drogentote in Berlin wie noch nie

Di 23.07.24 | 11:02 Uhr
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Ein Spritzbesteck mit einer bereits aufgezogenen Heroinspritze (Quelle: dpa/Boris Roessler)
Video: rbb24 Abendschau | 22.07.2024 | Martin Schmitz | Bild: dpa/Boris Roessler

Im vergangenen Jahr sind in Deutschland über 2.000 Menschen an Drogen gestorben - mehr denn je zuvor. Auch in Berlin ist die Zahl der drogenbedingen Todesfälle auf einem Allzeithoch.

Noch nie sind in Deutschland so viele Menschen durch Drogenkonsum gestorben wie im Jahr 2023. Insgesamt verzeichnete das Bundeskriminalamt 2.227 Drogentote. Das sind mehr als doppelt so viele wie noch vor 10 Jahren.

Auch in Berlin ist die Zahl der Drogentoten gestiegen. Im Jahr 2023 starben 271 Menschen an ihrem Drogenkonsum. Gemessen an der Einwohnerzahl war Berlin das am stärksten von drogenbedingten Todesfällen betroffene Bundesland, heißt es im Bundeslagebild 2023 der Rauschgiftkriminalität des Bundeskriminalamtes. In Brandenburg sind im vergangenen Jahr 27 Menschen an Drogen gestorben.

In dieser Statistik werden Alkohol und Tabak nicht mitberücksichtigt.

Männer sterben häufiger an Drogen

Der Großteil der im vergangenen Jahr am Konsum von illegalen Drogen gestorbenen Personen waren Männer. Sie machen über 80 Prozent der Drogentoten aus. Insgesamt starben 1.844 Männer an ihrem Drogenkonsum.

Nur rund 17 Prozent der Drogentoten des Jahres 2023 waren Frauen - insgesamt 383. Diese Zahl bezieht sich auf das gesamte Bundesgebiet. Das Durchschnittsalter der Drogentoten lag bei 41 Jahren. Dass das Alter der Drogentoten immer höher wird, macht Rüdiger Schmolke vom Drogennotdienst Berlin Sorgen. "Das weist darauf hin, dass es eine Gruppe gibt, die schon sehr lange konsumiert. Zum Teil bereits mehrere Jahrzehnte. Und die haben jetzt ein deutlich höheres Risiko, weil mit dem Alter die Gefahr steigt, bei einer akuten Überdosierung tatsächlich zu sterben." Neben dem erhöhten Alter berge vor allem der Mischkonsum große Gefahren, so Schmolke.

Eine tödliche Mischung

Konsumentinnen und Konsumenten greifen immer häufiger nicht nur zu einer Droge, sondern mischen verschiedene Substanzen oder Wirkrichtungen miteinander. So gibt es aufputschende Drogen wie Kokain oder sedierende Drogen wie Heroin. Der Mischkonsum dieser Substanzen oder Wirkrichtungen kann lebensgefährlich sein, wie die Zahlen des Bundeskriminalamts zeigen. Von den über 2.000 an Drogen verstorbenen Menschen starben 1.479 an den Folgen eines Mischkonsums. Die Zahl stieg erheblich an. 2023 waren es 34 Prozent mehr als noch im Vorjahr.

Warum Mischkonsum besonders gefährlich ist, weiß Rüdiger Schmolke vom Drogennotdienst Berlin: "Wenn ich Stoffe aus verschiedenen Wirkrichtungen zusammenmische, dann ist es nicht mehr so einfach möglich, die Verlaufskurve der Drogen abzuschätzen." Besonders risikoreich ist der Mix aus Kokain und Beruhigungsmitteln wie Benzodiazepinen. "Dann kann die Atmung aussetzen und das ist natürlich höchst gefährlich", erklärt Schmolke.

Meiste Drogentote durch Heroin

Heroin bleibt die tödlichste Droge. Bei 712 Todesfällen aus dem Jahr 2023 war Heroin im Spiel. Allerdings war die Zahl etwas rückläufig im Vergleich zum Jahr 2022. Damals waren es noch 37 Todesfälle mehr, die in Verbindung mit Heroin standen.

Die Droge Fentanyl hat vor allem in den USA viele Todesfälle verursacht. Fentanyl ist ein synthetisches Opioid, das nur schwer zu dosieren ist. Es kann bei Konsumentinnen und Konsumenten schnell eine Überdosis auslösen - oft mit Todesfolge. In Deutschland ist Fentanyl noch nicht auf dem Vormarsch, dennoch hat Rüdiger Schmolke vom Drogennotdienst große Bedenken. "Für die Zukunft müssen wir uns ganz schnellstens vorbereiten. Zum Beispiel, indem wir Naloxon für alle rezeptfrei verfügbar machen. Das ist ein hochwirksames Gegengift, was aber bisher in Deutschland rezeptpflichtig ist."

Die Zahlen, die das Bundeskriminalamt veröffentlicht hat, beziehen sich auf die polizeilich registrierten Todesfälle, die in Verbindung mit Drogenkonsum stehen. Die Dunkelziffer dürfte noch höher sein.

Sendung: rbb24 Abendschau, 22.07.2024, 19:30 Uhr.

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104 Kommentare

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  1. 104.

    Ich glaube, das einzige was wirklich hilft ist dem "Markt" die Konsumenten zu entziehen. Auch Zwangsprostitution kann nur wirksam bekämft werden, wenn deren "Freier" zur Verantwortung gezogen werden. Wenn wir das nicht wollen, müssen wir mit den Zuständen halt leben.

  2. 103.

    Um den Sumpf auszutrocknen, muss man die Wasserzufuhr unterbinden. Anders ausgedrückt, die Drogen Lieferanten müssen viel härter bekämpft werden. Drogenverkauft an fast jeden Bahnhof, muss doch zu unterbinden sein, wenn der politische Wille vorhanden ist.

  3. 102.

    Drogen, Tabak, Alkohol, Medikamente mit einander hier anzusprechen, löst kein einziges Problem für sich. Jede Art an schädlichen Konsum bedarf ein separates Vorgehen.
    Drogensüchtige sind gefangen bei ihrer Sucht. Wenn sie keine Hilfe zur Therapie zulassen, was kann der Staat ihnen noch helfen? Mit Zwang kann die Politik nichts machen, außer ihnen Hilfe geben. Man kann Dealer verfolgen und bestrafen mehr nicht. Alkohol verbieten, wie soll das gehen? Wer raucht hat die eigene Verantwortung darüber. Medikamentenmissbrauch passiert, wenn man selbst die Dosis immer höher setzt ohne Arzt. Die Apotheke verkauft freiverkäufliche Medikamente, Missbrauch kann sie nicht abwenden. Unsere Demokratie ist so zu bewerten, dass nicht alles über Verbote gesetzt werden kann. Wäre es so, dann würde jeder von uns sagen, wo bleibt unsere Freiheit der Selbstentscheidung. Überhaupt kein schädliches Laster zu haben, dass nehme ich keinen Menschen ab, der fragliche Angebote vom Markt konsumiert

  4. 101.

    Gleichzeitig werden Gelder für Prävention, Beratung und Betreuung gestrichen. Die Toten kosten nicht mehr, die Verelendung der Städte aber sehr wohl. Wenn schon keine humanitären Gründe zählen, vielleicht wenigstens diese....ich kann diese ewigen Lippenbekenntnisse leider nicht mehr hören. Warum wird nicht endlich mehr Geld in die Jugend und Sozialarbeit gesteckt..

  5. 100.

    ...Drogensüchtige können z.B. lange leben...

    Natürlich ist diese Lebensqualität sehr unterschiedlich.

  6. 99.

    Wenn ein Arzt "Nichtnatürliche Todesursache" angibt, muss immer ermittelt werden.
    Außerdem ist das BKA als Bundesbehörde für die Ermittlungen zum internationalen Handel mit Betäubungsmitteln, Waffen, Munition und Sprengstoffen sowie der Herstellung von Falschgeld verantwortlich.

  7. 98.

    Gut erkannt. Aber dabei nicht vergessen, es gibt in der Apotheke auch Mittelchen die das Leben verlängern helfen und sogar einige die der Gesundheit förderlich sind. Dagegen sind harte Drogen jeder Art kein Mittel für eine Verschreibung durch Ärzte. Also keine billigen Argumente oder direkte Unterstützung der Drogenmafia durch dumme Sprüche von Ideologen.

  8. 97.

    Was hat eigentlich das BKA mit den Drogentoten zu tun?
    Es sind im Normalfall schließlich Selbstmörder und im Zweifel vorher Beschaffungskriminelle.

  9. 96.

    Also ich finde es schon von Vorteil, dass Cannabis-Konsum und -Eigenanbau entkriminalisiert wurde, zumal es keine harte Droge ist, an der man sterben kann. Wichtiger wäre den Kampf gegen das ganze chemische Zeugs wie Ecstasy, Speed Crystal Meth etc. zu forcieren.
    Jetzt können sich Polizei und Justiz verstärkt um den illegalen Drogenhandel kümmern.

  10. 95.

    So ist es, Doreen!
    Eine Zeitlang bin ich auch mit ÖPNV zur Arbeit gefahren - fast die gesamte U7 entlang.
    Wirklich schlimme Zustände. Überall Dreck, Urin, benutzte Spritzen, Drogendealer, Obdachlose und, und, und…. Das kann man doch nicht gut finden oder als Begleiterscheinung einer Großstadt akzeptieren. Da stehe ich morgens dann doch lieber mal im Stau - ist sicherer und obendrein dennoch schneller!

  11. 94.

    Na ja, das ist nicht ganz richtig. Regelmäßig werden Verfahren eingestellt gegen Drogendealer. Das heißt, die Polizei macht schon ihre Arbeit - aber leider für den Papierkorb. Inzwischen wird so ziemlich in jedem Park gedealt, im ÖPNV kann man es herrlich beobachten. Nimmt man die Dealer fest, sind diese wieder frei, bevor die Polizei ihre schriftlichen Arbeiten dazu abgeschlossen hat. Es stimmt vieles nicht in der Drogenpolitik. Legalisieren ist aus meiner Sicht der falsche Weg!

  12. 93.

    Es wär doch mal interessant, die Zahlen mit Tabak und Alkohol zu sehen, speziell für Berlin. Gern auch mit Toten durch Medikamentenmissbrauch.

  13. 92.

    In Singapur wird bei etwas höheren Drogenbesitz schon hart bestraft. Wie hart, darüber kann sich jeder vorher informieren der nach Singapur reist. Es ist eine falsche Annahme von manchen Leuten im Netz, dass Touristen nicht belangt werden die zum Bsp. die legale Menge Cannabis von Deutschland erlaubt, mit sich führen. Cannabis- Kiffer sollten vorsichtig sein. Cannabis zuhause lassen, nichts mit sich führen bei der Reise nach Singapur. Die Polizei, der Zoll fackelt dort nicht lange.





  14. 91.

    Wenn die nicht alle auf der Strasse leben, werden Wohnungen frei. Also eigentlich keine so schlechte Nachricht hinsichtlich der Selbstregulation der Stadt.

  15. 90.

    Genau! Irgendwann ist jeder für sich selbst verantwortlich. Dann kann er/sie machen was sie wollen. Müssen aber auch die Konsequenzen tragen. Alkohol wird hier immer verharmlost. Alk ist genau so gefährlich, tödlich und macht abhängig wie andere "harte" Drogen. Es ist alles eine Sache der Dosierung und Gewöhnung.

  16. 89.

    So jetzt möchte ich Ihnen mal was erklären, gerade letzte Woche am Innsbrucker Platz auf der U4 die kürzeste U-Bahn in Berlin. Auf dem Bänken drei Typen die sich gerade ja Rauschmittel auf Alu Streifen warm machen und daneben eine Schulklasse. Und jetzt überlegen Sie vielleicht einmal ob das nicht verstörend für die Kinder ist. Krankheit hin oder her. Aber vielleicht sind Sie ja ehrenamtlich tätig und kümmern sich um diese Leute. Dann bekommen sie Applaus, ansonsten kann ich Ihnen nur sagen sie sollten einmal überlegen ob man das so hinnehmen muss.

  17. 88.

    Sehr richtig, vor über 30 Jahren habe ich von meinen Eltern und Lehrerinnen und Lehrern
    gelernt, dass illegale und legale Drogen, also auch Zigaretten, Alkohol und Industriezucker, besonders bei zu hoher und regelmäßiger Einnahme den Organismus schädigen und süchtig machen können. Vor allem lösen sie keine Probleme. Heute vergeht kein Monat, in dem diese Problematik nicht in den Medien thematisiert wird. Wenn es immer mehr sorglose, dumme, ignorante Menschen gibt, sind sie selber schuld.

  18. 87.

    Stimmt, aber wir brauch ja nicht noch mehr, die süchtig machen. Als Argument ist es für mich jedenfalls kein Grund noch mehr Abhängigkeiten zu fördern. Punkt.

  19. 86.

    Es wird hier immer nur darüber geschrieben, dass Alkohol und Tabak ja auch Drogen sind und abhängig machen. Hat vielleicht schon mal jemand darüber nachgedacht wie viel Medikamente eingeworfen werden? Es geht ja kaum noch jemand ohne Apotheke in der Handtasche aus dem Haus. So gut wie jeder hat für irgendwelche Wehwehchen Tabletten dabei. Traurig sowas. Es sind sehr viele Menschen abhängig von Medikamenten.

  20. 85.

    Im Vergleich zu Alkohol und Tabak sind das erfreulich niedrige Zahlen. Wenn ohne Frage jede einzelne Person ein tragisches Ereignis ist.
    Aufklärung, Tests der Drogen auf Verunreinigung und Entkriminalisierung der Konsumenten sollten Ziele sein.

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