Berlin und Brandenburg - Kita-Beschäftigte im Schnitt mehr als 30 Tage im Jahr arbeitsunfähig

Di 20.08.24 | 18:12 Uhr
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Eine Kindertagesstätte mit spielenden Kindern und Spielzeug .(Quelle: dpa/Monika Skolimowska)
Video: rbb24 Abendschau | 20.08.2024 | Nachrichten | Bild: dpa/Monika Skolimowska

In Berlin und in Brandenburg fehlen Beschäftigte in der Kinderbetreuung besonders häufig. Das zeigt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Auch im Vergleich zu anderen Berufsgruppen fehlen Erzieher in der Region oft.

Kindergärten, Kinderheime und Horte in Berlin und Brandenburg gehören laut einer Studie bundesweit zu den Kinderbetreuungseinrichtungen mit den höchsten Fehlzeiten.

Die Beschäftigten in Brandenburg waren 2023 im Schnitt an 35 Tagen arbeitsunfähig gemeldet, gegenüber knapp 30 Tagen im Bundesschnitt, so eine Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung. Nur in Berlin fehlten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit rund 36 Tagen noch häufiger.

Der deutschlandweite Durchschnittswert aller Berufsgruppen lag bei rund 20 Tagen.

Atemwegsinfektionen und psychische Erkrankungen

Auch der Berliner Krankenstand, also der Anteil der ärztlich attestierten Krankentage an den Soll-Arbeitstagen, fiel in dem Bereich mit 9,8 Prozent deutlich höher aus als der bundesweite Durchschnitt von rund 8,0 Prozent. Sowohl bei der Zahl der Tage mit Arbeitsunfähigkeit als auch beim Krankenstand weist die Bundeshauptstadt die höchsten Werte im Ländervergleich auf. Der Krankenstand in Brandenburg fiel mit 9,5 Prozent ebenfalls höher aus als der Durchschnitt.

Am häufigsten waren die Kita-Beschäftigten im Jahr 2023 wegen Atemwegsinfektionen krankgeschrieben, auf Platz zwei folgen psychische Erkrankungen. Insbesondere die Arbeitsunfähigkeitstage infolge psychischer Erkrankungen seien in der Kinderbetreuung in den letzten Jahren stark angestiegen sowie deutlich höher als im Schnitt aller Berufsgruppen, hieß es.

Teufelskreis aus Krankenfällen und Überlastung

Die Gründe für den hohen Krankenstand sieht die pädagogische Leiterin der Berliner Kindertagesstätten Nordwest, Katrin Gralla-Hoffmann, auch im Personalmangel. "Ich glaube dieser Spagat, zwischen der Realität, zwischen dem, was ich machen kann und den Abstrichen, die ich im Beruf machen muss wegen des Personalmangels im Alltag - das führt auch zu Erschöpfung, zu Müdigkeit und zu Frustration", sagte Gralla dem rbb.

Viele Kitas steckten in einem Teufelskreis, so die Bertelsmann-Stiftung: "Aufgrund der steigenden Krankenstände fallen immer mehr Fachkräfte aus, wodurch die Überlastung für die verbleibenden Beschäftigten weiter zunimmt." Sie fordert deshalb von der Politik eine verlässliche, zusätzliche Personalausstattung für Vertretungen aller Ausfallzeiten. Die Forderung unterschützt der Berliner Vorsitzende des Landeselternausschusses.

Kosten: 5,8 Milliarden Euro pro Jahr

Um die Ausfallzeiten, die durch Krankheit, Urlaub und Fortbildungen anfallen, aufzufangen, bräuchte es laut Stiftung deutschlandweit knapp 97.000 vollzeitbeschäftigte Fachkräfte zusätzlich. Der Kosten dafür lägen bei 5,8 Milliarden Euro im Jahr. Die Berliner Bildungsverwaltung äußerte sich bislang noch nicht.

Die Stiftung verwendet in ihrer Studie den Begriff Kita anders als in Berlin und Brandenburg üblich nicht nur für Kindergärten oder Krippen. Den Berufen der Kinderbetreuung und -erziehung werden zum Beispiel auch Beschäftigte in Horten oder Erzieher in Kinder- und Jugendheimen zugeordnet. Es wurden auch Tagesmütter/Tagesväter und Au-pairs berücksichtigt.

Für die Studie wurden Daten der Krankenversicherung DAK ausgewertet.

Sendung: Antenne Brandenburg, 20.8.2024, 7:30 Uhr

87 Kommentare

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  1. 87.

    Guter Vorschlag mit dem Kontakt zum echten Leben und echten Menschen! Auch in Gesprächen mit Leuten, die schon länger im Beruf sind, würde ihnen dann auffallen, dass die meisten Kinder und Eltern sich in den letzten 20 Jahren tatsächlich in ihren Grundfähigkeiten und Erziehungsfähigkeiten verändert/verschlechtert haben. Die wenigen Kinder mit sogar besseren Grundfertigkeiten und guter Erziehung gleichen das leider nicht aus.

  2. 86.

    Und jetzt eine Neuigkeit, Erzieher werden tatsächlich auf Eignung geprüft. Tatsächlich, es ist keine Erkenntnis Ihrerseits. Versuchen Sie es unter Einstellungstest Sozialberuf.

  3. 85.

    Ja und heute alle dumm und respektlos, aber früher alles besser. Diese Geschichte der alten Leute wird sich sicher durch alle Generationen ziehen. Langweilig. Einfach mehr Kontakt mit Menschen im wahren Leben, dann vergisst man das Vorurteil.

  4. 84.

    Hat Ihnen der Buschfunk das mitgeteilt? Quellenangaben sind von Vorteil, wenn man etwas glaubwürdig vertreten will.

  5. 83.

    Und jetzt das Neueste, niemand muss es lesen, niemand muss es kommentieren, man kann es überlesen und kommentarlos ignorieren, wenn es einen nicht interessiert.

    Früher war das jedenfalls so.

  6. 82.

    Genau meine Beobachtungen in der Öffentlichkeit.
    "... Was geben diese Eltern den Kindern mit auf den Lebensweg. ..."? Ein Handy in die Hand oder einen Schnuller in die Schnute, wenn das Gör plärrt, nervt und Fragen stellt. Statt mit dem Kind zu reden, damit es sprechen lernt, wird auf dem Mobiltelefon rumgedaddelt oder mit der Verwandtschaft gesabbelt! Kein Wunder, wenn sich bei vielen Kindern immer öfter ADHS einstellt, wo man dann rumjammert, dass es bei Kinderpsychlogen keine Termine gibt.
    Neulich selbst erlebt: Mutter eines Dreijährigen mit Handy immer griffbereit um den Hals "Der spricht nicht!", zeigt mit Fingern auf die Bonbons, die er haben will und schmeißt die dann durch die Gegend - mit drei Jahren!
    Okay, es gibt Kinder mit kognitiven Beeinträchtigungen, aber das sind die wenigsten. Und es gibt auch viele Eltern, die der Verantwortung ihren Kindern gegenüber nachkommen.

  7. 80.

    Ja die Zeiten haben sich geändert, siehe auch den Kommentar Nr. 60 von Lieschen M.(beschreibt das Desaster sehr gut)
    Tochter ist auch Erzieherin und wenn sie erzählt was da den Kindern teilweise leider nicht mehr mitgegeben wird wie ein Mindestmaß an Respekt (haben die Erwachsenen ja leider auch nicht) und dass man sich an Regeln zu halten hat ( haben die Eltern oft auch nicht drauf -z.B. Pünktlichkeit), da fällt man vom Glauben ab. Auch ist es erschreckend, dass viele Kinder wenn sie erst mit drei Jahren in die Kita kommen nicht in der Lage sind Dinge zu bezeichnen (wo ist die Nase, das Ohr, der Mund, was ist ein Haus, ein Garten u.a.) und das betrifft deutsche und migrantische Kinder gleichermaßen. Was geben diese Eltern den Kindern mit auf den Lebensweg. Das kann nicht alles von den Erzieherinnen aufgefangen werden!

  8. 79.

    Vergesst bitte alle bei Euren "Schimpftiraden" nicht, dass es für Erzieher auch einschlägige Vorschriften aus dem Infektionsschutzgesetz gibt.
    Ein bisschen Durchfall: Im Büro kein Problem, Arbeit in der Kita verboten. Athenwegserkrankung das Gleiche. Corona? Kein Homeoffice möglich, mit einem Bürojob schon. Rückenschmerzen? Kann am Stehschreibtisch funktionieren. In der Kita gibt es keine Möglichkeit sich die Arbeitsposition nachhaltig auszusuchen.

  9. 77.

    Allen, die hier von faulen Erzieherinnen berichten: Ich kenne niemanden in diesem Job, der sich faul auf die Haut legt, im Gegenteil: Wir Erzieher:innen wissen ganz genau, was es heißt, die Arbeit von anderen mitzumachen. Krank sein fühlt sich an wie die Kollegen "im Stich lassen". Wer dauerkrank ist, hat in der Regel wirklich eine schlimme Zeit und seine Gründe, und ich rechne es meinem Arbeitgeber hoch an, dass er diese Leute nicht auf die Straße setzt und Leid noch vergrößert! Aber wer mit so vielen Keimen zu tun hat, wird öfter krank und man muss das auskurieren, sonst geht man vor die Hunde. Ja, auch Pflegekräfte haben viele Keime und viel Stress - aber sie haben keine Patient:innen, die kuscheln möchten, Körperkontakt brauchen. Und ein MNS gehört zur Ausstattung, niemand wundert sich darüber. Das kann man bei Kleinkindern nicht bringen.

  10. 76.

    Eine Woche Karenz? Was für ein Unsinn! Hunderttausende Arbeitnehmer/innen würden in die Schuldenfalle rutschen, weil ihnen Hunderte Euro im finanziellen Existenzkampf verloren gehen. Menschen haben vielleicht Angehörige, die gepflegt werden müssen, haben Häuser abzuzahlen und die Kinderarmut ist jetzt schon unerträglich hoch (was wir Erzieher sehr explizit erleben!). Wie man so reden kann, ist mir ein Rätsel.

  11. 75.

    Kinder dürfen nicht mehr Kinder sein und einfach mal spielen.
    Der pädagogische Bildungsauftrag muss durchzuknüppelt werden, um auf das auch krankende Schulsystem entsprechend vorbereitet zu sein. Begeleitet von steigender Dokumentationspflicht und ja auch von alles in Zweifel ziehender Elternschaft.
    Früher reichte es den Kindern Softskills in der Gruppe zu vermitteln. Heute muss jedes Kinder individuell gefördert werden. Zusammenhalt geht sowieso verloren und eine Erzieherin kann in einer Gruppe von 10 Kindern nicht jedem Kind gerecht werden!

    Wenn Sie dann auch noch krank wird oder in den Urlaub geht, sprengt der pädagogische Schlüssel alle Möglichkeiten.

  12. 74.

    " Waldhexe " Ich denke eher, Sie haben eine "Einstellung brrrr" Es scheint heute alles Selbstverständlich zu sein, dass jeder einen Kindergartenplatz ( Kostenfrei für die Eltern ) zur Verfügung stehen muss. Eigeninitiative, scheint heute bei vielen nicht mehr angesagt zu sein. Es ist mit den Jahren, eine Mentalität bei einigen Menschen vorhanden, da kann man nur " brrrrr " sagen.

  13. 73.

    Die Zahen sprechen für eine grundlegende Reform. Das aktuelle Modell scheint nicht gut zu sein. Wie war es damals mit Ganztagsbetreuung in der ehemaligen DDR, wie läuft es in anderen EU-Ländern? Grundsätzlich sollte Krankengeld erst nach 1 Woche Karenz an Arbeitnehmer gezahlt werden.

  14. 72.

    „ statt froh zu sein, überhaupt einen Platz zu bekommen ...“
    Was für eine Einstellung - brrrr!

  15. 71.

    Es hat sich wohl nur die Art und Weise geändert, alles und jedes in den Medien breit zu klatschen.
    Es gab schon immer schwierige Kinder, gestresste Erzieher, überkandidelte Eltern usw. man hat es nur nirgens lesen müssen!

  16. 70.

    Nein, ich kenne Ihre Kinder ja nicht. Da kann ich nicht mitreden.

  17. 69.

    Weder noch, die Eltern sind heutzutage anders eingestellt. Die Ansprüche sind weit größer und die Breitschaft zur Zusammenarbeit mit Erzieherinnen schwindet zusehends. Und wenn ich manchmal höre, nach welchen Kriterien junge Eltern Kitas für ihren Nachwuchs aussuchen - brrr - statt froh zu sein, überhaupt einen Platz zu bekommen ...

  18. 68.

    Kennen Sie das eigentlich, dass die Erzieher den Eltern sagen, dass die Kinder in der Kita „ganz anders“ sind und auch „alles essen“.
    Und nun zu Ihrem Kommentar, Sie haben keine Ahnung von dem Verhältnis Erzieher/Kinder/Eltern !!!

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