Elektromobilität - Emissionsfreie Boote kommen nicht in Fahrt

Do 01.08.24 | 06:08 Uhr | Von Linh Tran
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Elektroboote in Grünau (Quelle: rbb)
Video: rbb24 Abendschau | 01.08.2024 | Juliane Gunser | Bild: rbb

In Berlin und Brandenburg bieten einige Verleiher Elektroboote an. Für eintägige Ausflüge reicht der Akku aus. Für eine echte Elektromobilitätswende braucht es jedoch Ladesäulen. Experten sprechen von einem Henne-Ei-Problem. Von Linh Tran

  • Elektromobilitätswende auf dem Wasser nicht in Sicht
  • Keine gewerblichen Ladesäulen für E-Boote in Berlin und Brandenburg
  • E-Boote vor allem im Wassertourismus im Einsatz
  • Amsterdam rüstet auf E-Mobilität auf dem Wasser um

André Prager ist einer der ersten Anbieter von rein elektrisch betriebenen Ausflugsbooten in Berlin. Acht silberne Aluminiumboote stehen in seinem Hafen an der Dahme in Grünau bereit. Seit zwei Jahren vermietet er sie tageweise an Familien und Gruppen bis zu zwölf Personen.

Seine Motivation für den Verleih mit E-Booten: die Ruhe auf dem Wasser. "Ich habe selbst früher mal Boote gemietet. Man hat immer das Motorgeräusch und die Abgase ziehen nach vorne", erzählt Prager. "Deswegen haben wir gesagt, wir machen mal Elektroboote, weil das ist Entspannung pur ab der ersten Sekunde."

André Pager, Bootsverleih Spree Ahoi (Quelle: rbb)
André Prager, Bootsverleih Spree Ahoi | Bild: rbb

Je nach Geschwindigkeit hält der Akku sechs bis zwölf Stunden. Sollte er doch mal schlapp machen, gebe es mehrere Möglichkeiten, so Prager: "Entweder wir kommen vorbei, stellen ein Dieselaggregat drauf, erzeugen Strom auf dem Boot, was natürlich ein bisschen widersinnig zum Elektroboot ist. Ansonsten hat jedes Boot ein Ladekabel bei, mit einer Schuko-Steckdose und könnte theoretisch bei jedem Bürger, Anwohner oder Restaurant anhalten und sich mit dem 15-Meter-Kabel Strom holen."

Bisher gibt es keine gewerblichen Ladesäulen in Berlin und Brandenburg

Nötig seien diese Optionen aber so gut wie nie, sagt Prager. Normalerweise hielten die E-Boote einen Tagesausflug gut durch und lüden über Nacht in seinem Hafen. Größere Boote wie E-Yachten bräuchten jedoch leistungsstärkere Akkus. Um die zu laden, reichen keine Haushalts-Steckdosen mehr aus.

Stattdessen bräuchte es gewerbliche Ladesäulen auf den Wasserstraßen. Bisher gibt es keine einzige davon in Berlin und Brandenburg, wie der Bundesverband Wassersportwirtschaft angibt. Doch solange diese Ladeinfrastruktur fehlt, werden auch die Yachten nicht auf Elektromotoren umgerüstet. Die Elektromobilitätswende auf dem Wasser stockt.

Ladesäulen könnten Henne-Ei-Problem lösen

Tino Buschmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Technischen Universität Berlin (TU) am Institut für Land- und Seeverkehr, forscht zur Ladeinfrastruktur auf den Gewässern. Wie viele in der Branche spricht er von einem Henne-Ei-Problem, das auch lange im Straßenbereich das Problem war: "Energieanbieter, die sagen, ich habe keine Kunden, weil ja noch niemand ein Elektrofahrzeug hat. Und Kunden, die sagen: Warum soll ich mir ein Elektrofahrzeug kaufen, wenn ich nicht weiß, wo ich es laden kann?" Keine Ladesäulen, keine E-Boote. Keine E-Boote, keine Ladesäulen.

Genau deshalb spricht sich Buschmann dafür aus, in die Ladesäulen-Infrastruktur zu investieren. "Dieses Henne-Ei-Problem kann man dadurch lösen, dass man Ladesäulen bereitstellt." Dann kämen auch die Kunden. "Man muss den potenziellen Anbietern entgegen kommen und ihnen Sicherheiten und auch Anreize schaffen."

Der Ausbau von gewerblichen Ladesäulen sei mit hohen Investitionskosten verbunden, sagt Buschmann. Dass es in diesem Bereich weder Studien noch Fördermaßnahmen gebe, kritisiert er. Es wäre hilfreich, herauszufinden, welche Touren realisierbar sind, wo die Nachfrage groß ist und an welchen Standorten sich Ladesäulen besonders lohnen würden. Doch bisher bewegt sich nicht viel bei der Politik.

Bisher keine staatlichen Förderungen für E-Ladesäulen

Nach rbb|24-Recherchen gibt es bisher keine staatlichen Fördertöpfe für den Ausbau von Ladesäulen in Berlin und Brandenburg. Die Wassertourismus-Initiative Nordbrandenburg will Marinas und Yachthäfen deshalb dabei unterstützen, sich um Finanzierungshilfen zu bewerben. Erste Versuche, Ladesäulen für Boote zu bauen, werden vor allem von Start-ups wie Bouillet Energy, Solar-Yacht oder Me Energy unternommen.

Caroline Boehnke, Geschäftsführerin Spreemarine GmbH (Quelle: rbb)Caroline Boehnke, Geschäftsführerin Spreemarine GmbH | Quelle: rbb

Doch selbst wenn E-Ladesäulen entlang vielbefahrener Wasserstraßen installiert werden würden, braucht es eine Nachrüstung bei vorhandenen Booten und Schiffen. Diese sei jedoch sehr kompliziert und teuer, sagt Caroline Boehncke. Sie ist Maklerin für Charter-Yachten an der Dahme und Geschäftsführerin der Spreemarine GmbH.

Sie sieht zwar den Willen bei Wassersportbetreibern, wie sie sagt, ihrer Meinung nach wird es bis zur Elektromobilität auf dem Wasser jedoch noch "sehr, sehr lange" dauern. "Weil es – anders als bei PKW - noch nicht die Technologie gibt, die solche verschiedenen Boote, wie wir sie haben, universell bedienen kann."

Grundsätzlich sei jedes Boot ein Individualbauwerk, sagt Boehnke. Es gebe nicht die eine Lösung für jede Art von Fahrzeug. "Und da ein elektrisches Äquivalent mal eben herzuzaubern, das dann noch mit einer Infrastruktur und einer Schnellladesäule im Hafen versorgt werden kann, dafür ist die Nische viel zu klein."

Deutsche Güterboote im Schnitt über 50 Jahre alt

"Ein durchschnittliches Güterboot ist in Deutschland über 50 Jahre alt", sagt Tino Buschmann von der TU Berlin. In diesen Zyklen müsse man mit Investitionen rechnen - die dann auch wieder ein halbes Jahrhundert halten sollten.

Dementsprechend längere Vorlaufzeit braucht die Mobilitätswende auf dem Wasser – Wassersport-Experten schätzen, dass sie dem E-Auto-Verkehr um Jahrzehnte hinterherhinkt. E-Boote sind momentan vor allem für den Wassertourismus im Einsatz. E-Mobilität hätte einen großen positiven Einfluss auf Umwelt und Natur. Denn anders als motorgetriebene Boote sind elektrische Wasserfahrzeuge emissionsfrei und geräuschärmer.

Elektroboote - langsamer und leiser

"Wenn ich die Wahl zwischen einem Verbrennermotor und einem Elektroboot habe, würde ich natürlich das Elektroboot wählen", sagt Nora Kraatz, Referentin für Gewässerschutz vom Naturschutzbund Berlin (Nabu). Elektroboote hätten den Vorteil, dass sie generell langsamer und auch leiser fahren.

Beim Aufladen gibt es Experten zufolge auch nicht die Gefahr, dass das Wasser womöglich durch Diesel oder Benzin verschmutzt wird. Besser als Motorboote sind natürlich Boote, die mit Muskelkraft betrieben werden, wie Kanus, Stand-up-Boards oder Kajaks. Diese verursachen unter all den Wassersportfahrzeugen wohl den wenigsten Schaden.

Allerdings reiche es nicht aus, nur auf Elektroboote umzusteigen, sagt Kraatz. "Überall wo Schiffe fahren können, kommt es zu Übernutzung. Es sind viel zu viele Leute auf dem Wasser." Helfen könne dabei, die Nutzung der Gewässer zu reduzieren und Gäste gut über Verhaltensregeln zu informieren.

Amsterdam und Bayern sind schon weiter

In den Niederlanden oder auch am Bodensee in Bayern und Baden-Württemberg ist Elektromobilität schon weiter. Ab 1. Januar 2025 dürfen im Stadtzentrum von Amsterdam nur noch emissionsfreie Sportboote fahren. Schon 2020 experimentierte der Hafen mit mobilen Ladesäulen. Mittlerweile gibt es laut der Stadt etwa 15 Ladesäulen, bis zu 2.500 Ladepunkte sind in den nächsten fünf Jahren geplant.

Auch auf dem Bodensee in Süddeutschland sollen bis 2040 nur noch Boote fahren, die zu 100 Prozent regenerative Energiequellen nutzen. Eine ausgebaute Ladeinfrastruktur fehlt jedoch auch da noch.

Bootsverleiher André Prager aus Berlin-Grünau hat bisher kaum Probleme mit seinen Elektrobooten gehabt, wie er sagt. Nur einmal hätte er eine Gruppe zurückholen müssen, weil der Akku nicht mehr mitgemacht habe. Daran sei aber der ineffiziente Fahrstil schuld gewesen.

Bis es flächendenkend gewerbliche Ladesäulen gibt, handelt Prager unter anderen mit anliegenden Restaurants aus, dass seine Gäste dort notfalls laden oder auch mal auf die Toilette springen können.

Eine Recherche von Linh Tran, Jenny Barke und Juliane Gunser.

Sendung: rbb24 Abendschau, 01.08.2024, 19:30 Uhr


Beitrag von Linh Tran

65 Kommentare

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  1. 64.

    >“ Wo sollen denn die Kommunen, wo weit und breit kein industrieller Erzeuger der Wärme zu sehen ist, die Wärme denn herbekommen?“
    Wie in meiner Stadt aus Blockheizkraftwerken (gleichzeitige Stromerzeugung), Solarwärme, CO2 neutralem Holzheizwerk und Biogas der Kläranlage. Ab 2027 dann aus Geothermie statt Gas-BHKW. Das alls für rund 15000 Haushalte, öffentliche Gebäude, Verwaltungskomplexe und Gewerbebetriebe für Prozesswärme derzeit. Und das ohne eine Großindustrie mit massig Abwärme in der Nähe. Geht doch…

  2. 63.

    Mit der Argumentation kann auch sogenannte grüne Energieerzeugung das niemals reinfahren, da sie schließlich den Rucksack names indutrielle Revolution mit sich herumschleppt, ohne die es das nicht geben würde.

  3. 62.

    Eigentlich ging es um Elektroboote. Können wir bitte darauf zurückkommen?
    Hier jemanden als Parteissekretär oder Kinderbuchschreiber zu deklarieren ist nutzlos und sinnlos. Knebelnde Ideologien sehe ich auch nicht so viel on der Praxis, wie immer gerufen wird. Alle mal locker bleiben ;-)

  4. 61.
    Antwort auf [Fine] vom 02.08.2024 um 08:51

    Einen Zusammenhang haben sie (unbewusst) richtig festgestellt: "teuren Sprit (im Verhältnis Einkommen)".
    Denn in einer funktionierenden Ökonomie sollten im Preis nicht nur die Gewinne und ausgewürfelten Kosten, sondern die REALEN Gesamtkosten enthalten sein. Dann und nur dann ist der marktwirtschaftliche Output überhaupt vernünftig im Sinne der Wechselwirkungen und Interaktionen und die Mobilität würde sich beispielsweise wieder auf das eher Notwendige beschränken, als weiter ungehemmt zu wachsen.
    Der richtige Preis würde auch ihre Vorstellungen von Freiheit sinnvoll nivellieren.

  5. 60.
    Antwort auf [Fine] vom 02.08.2024 um 08:51

    Ja, so kommt es, wenn eine gute Absicht zur knebelder Ideologie mutiert.
    Die Geschichte sollte uns gelehrt haben, solchen Versuchungen nicht nachzugeben.

  6. 59.

    Sichere Energiegewinnung durch Kernspaltung? An diesem Prinzip ist nichts sicher noch wirtschaftlich, auch wenn im Betrieb, zumindest keine C02-Treibhausgase entstehen, aber wie bei allen Wärme-Kraft-Maschinen ordentlich Wasserdampf (Treibhausgas).
    Billig und primärverträglich kann die Energie von morgen nur sein, wenn sie zu 90% grün ist.
    Ich kann jedenfalls nicht erkennen, inwieweit Merkel ihren eigenen Prinzipien und Aussagen als Physikerin und Umweltministerin als spätere Kanzlerin treu blieb. Das sind die eigentlich verschenkten, ausgesessenen 16 Jahre an deren (EU-weiten)-Beschlüsse jetzt auch die Grünen gebunden sind und diese, trotz Mehrbelastung durch den Ukraine-Krieg und "Schuldenbremse", irgendwie ratifizieren müssen. Nur diese Zusammenhänge werden immer gerne übersehen, wenn man bequem auf den ausgemachten Buhman Grüne eindreschen kann.
    Das Problem ist nur, die Naturwissenschaften lassen sich im Gegensatz zu den Grünen NICHT abwählen.

  7. 58.

    Lesen sie bitte nochmals meinen Kommentar #21 auf den sich ihr Kommentar #53 offenbar bezieht, denn es exitiert überhaupt kein Bezug zu meinem Thema E-Mobilität und ihrem Fernwärme-Kommentar.

  8. 57.

    Ja, aber auch konventionell angetriebene Fahrzeuge erfordern kaum weniger Raubbau andernorts. Bei den Batterien wird sich absehbar einiges ändern: die Natrium-Chlorid-Batterien können den LiFePo4 schon beinahe das Wasser reichen. Abraum-Salz und Salz überhaupt gibt es billig und in Masse.
    Läuft doch. Solarzellen sind auch gerade so günstig wie nie.

  9. 56.

    Ja, das "reinfahren" ist so ein Argument. Verbrenner-Boote blauen die gesamten Abgase, ungefiltert, mit unverbranntem Sprit und Öl und Ruß und natürlich Co2 direkt ins Wasser, und der Dreck bleibt dort, wo er nichts Gutes tut. "Reinfahren" wird in dieser Hinsicht auch kein einziger Verbrenner seinen Rucksack, wenn man sich die ganze Kette des Wahnsinns verdeutlicht, bevor die tolle Energie aus der Zapfsäule läuft.

  10. 55.

    Ich verstehe das Konzept des Grünen Kinderbuchautors nun gar nicht. Fernwärme ist nur dort sinnvoll, wo industrielle Prozesswärme ohnehin anfällt und der Nutzen dadurch entsteht, dass andernfalls diese Prozesswärme einfach nur die Atmosphäre aufheizt. Nun sollen alle Kommunen unterschiedslos, ob dort industrielle Prozesswärme überhaupt anfällt, "Wärmepläne" machen, für mich eher ein bürokratisches Monster. Wo sollen denn die Kommunen, wo weit und breit kein industrieller Erzeuger der Wärme zu sehen ist, die Wärme denn herbekommen?

  11. 54.

    Die e-Mobilität in der heutigen Form wird weitaus inflationärer sein als es bei der fossilen Energiegewinnung ist. Die Umweltbelastende Ressourcen-Gewinnung für den Batteriebau ist immer noch weit schädlicher, sowie die spätere Entsorgung. Parallel bauen wir sichere Energiegewinnung ab ohne echte Alternativen und dazu eine katastrophale Infrastruktur. Die Grünen werden hier eher zur Bremse bei dieser gewollten Grundidee und gefährden Deutschland als Wirtschaftsstandort wie wir es live erleben

  12. 53.
    Antwort auf [Xenia] vom 01.08.2024 um 22:39

    Findet für E-Fahrzeuge aller Art nicht der totale Raubbau an nur anderer Stelle statt? Ansonsten...Feldberger Seen seit Jahrzehnten ausschließlich Elektromotor Boote. Null Problem.

  13. 52.

    Niemand in der Welt erzeugt Fernwärme CO2 frei, etwa über Grünen Wasserstoff, sondern über herkömmliche Verbrennung von Hausmüll, Kohle oder Gas. Gesamtökologisch kann Fernwärme die CO2 Bilanz noch verschlechtern, da zusätzlich hohe Wärmeverluste in den Fernwärmewasserleitungen anfallen.

  14. 51.

    Mal abgesehen davon, dass das beschriebene Verhalten, also weltumspannende Mobilitäts-Bespaßung, immer nur ausgeliehene Ressourcen sein können; so verkennt dieser Kommentator die Weiterentwicklung und verharrt in seiner Analyse im Status Quo.

  15. 50.

    Wenn es dabei um irgendeine politische Imagination, irgendein Narrativ, ginge; hätten sie Recht, leider sind die Konsequenzen physikalisch, also nicht imaginär sondern (für jedermann messbar) real. Sie betreffen uns und insbesondere die nächsten Generationen.
    Zum Thema „grüne“ Politik äußere ich mich nicht, denn es ist zur Widerlegung ihrer Behauptung überhaupt nicht notwendig.

  16. 49.

    Was erwarten Sie, wer nur Verbote und Bevormundung kann hat mit den Konsequenzen zu Leben!

  17. 46.

    Das können Sie doch selber ,,googel'' oder recherchieren, nicht wahr? Oder möchten Sie nur Zweifel hegen?

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