"Job-Turbo"-Programm - Geflüchtete Lehrerin wird Erzieherin in Brandenburger Kita
Im Oktober 2023 startete die Bundesregierung den "Job-Turbo", um Geflüchtete aus der Ukraine schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Der Bundesrechnungshof bewertet das Programm als mangelhaft. Ein Beispiel aus Woltersdorf zeigt jedoch, dass es funktionieren kann. Von Michel Nowak
Elena Beikovska geht langsam durch den Raum der Kita "Weinbergskids", vorbei an kleinen Tischen, an denen die Kinder eifrig basteln. Auf dem Tisch liegen Papier, Scheren, Kleber und viele verschiedene Farben. Seit einem Monat arbeitet die Ukrainerin in der Woltersdorfer Kita im Landkreis Märkisch-Oderland. Vor zweieinhalb Jahren floh sie aus der Ukraine nach Brandenburg. Eigentlich ist sie Lehrerin. Jetzt arbeitet sie als Erzieherin: "Ich habe große Erfahrung in der Arbeit mit Kindern und deshalb macht mir diese Arbeit großen Spaß", erklärt die 51-Jährige.
Beikovska gehört zu einem Kreis von Geflüchteten, die das Programm "Job-Turbo" schneller in reguläre Arbeit bringen soll. Auf Initiative von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) starteten im Herbst 2023 Maßnahmen gezielt für Menschen aus der Ukraine. Dazu gehören ein schnellerer Deutsch-Spracherwerb in Kursen, das Qualifizieren für Beschäftigung und das Stabilisieren der neuen Arbeitsplätze.
Hat das "Job-Turbo"-Programm funktioniert?
Die Bundesregierung wertet den seit 2023 laufenden "Job-Turbo" als Erfolg [bundesregierung.de]. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 flohen mehr als eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer nach Deutschland. Rund anderthalb Jahre später - im Oktober 2023 - gingen rund 71.000 einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Ein Jahr später waren es bereits 266.000.
Für die Ukrainerin war das Programm die Eintrittskarte für ein Praktikum, sagt der Woltersdorfer Bürgermeister Christian Stauch (SPD): "Wir konnten mit dem Jobcenter eine kurze Absprache treffen. Wir hatten uns am Donnerstag mit Frau Beikovska verabredet und am Montag war sie da und hat ihr Praktikum begonnen. Und die Sprachbarriere war jetzt in unserem Fall auch definitiv nicht gegeben. Das hat ja dann auch zum Erfolg geführt, so dass Frau Beikovska jetzt bei uns auch festangestellt ist."
Auch die Kita-Leiterin Simone Schober sieht das Programm als Bereicherung: "Ich glaube, wenn man sich mal ausprobieren kann in so einem Berufsfeld und es dann für sich gewinnt, dann kommen die Menschen dann auch mit einer anderen Einstellung zu uns und sind bereiter, diese Jobs zu machen."
Lange Wartezeiten für Sprachkurse und Zeugnisse
Der Bundesrechnungshof bezeichnet die Betreuung ukrainischer Geflüchteter hingegen als mangelhaft. Auch gebe es keine Evidenz dafür, dass der "Job-Turbo" eine große Wirkung habe. Die Beschäftigung steige seit 2022, nach Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine, nur sehr langsam, heißt es. Der Rechnungshof kritisiert, dass Deutschland mit rund 30 Prozent eine zu geringe Beschäftigungsquote von ukrainischen Geflüchteten im europäischen Vergleich habe.
Janina Räde, Arbeitsvermittlerin im Kreis Märkisch-Oderland, verweist auf weitere Hemmnisse. Häufig müssten Betroffene zu lange auf Sprachkurse warten und Behörden bräuchten immer noch zu viel Zeit, um auf Anträge zu antworten, so Räde: "Ich bin ganz doll davon abhängig, dass die Arbeitgeber offen sind und auch auf kurze Absprachen reagieren, weil wir schon in anderen bürokratischen Prozessen sehr lange brauchen. Also zum Beispiel so eine Zeugnisbewertung dauert manchmal sechs Monate und länger."
Auch Elena Beikovska fehlt noch die Berufsanerkennung. Aber dank des Programms, kann die 51-Jährige wieder arbeiten und sieht auch ihre Zukunft im Kindergarten: "Dieser Beruf ist mein Traumjob", erklärt die Erzieherin.
Sendung: Antenne Brandenburg, 02.01.2024, 16:10 Uhr